Agoraphobie

Häufige Verwechslungen: Angst vor engen Räumen (Klaustrophobie)
Zusatz: tritt häufig gemeinsam mit einer Panikstörung auf.

siehe auch: Therapie Agoraphobie

Definition

Früher:

Der Begriff der Agoraphobie setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern Agora (Markt(platz)) und phobos (Phobie) und beschreibt in seiner ursprünglichen Bedeutung die Angst vor Plätzen.

Heute:

Allgemein versteht man immer noch unter der Agoraphobie „Die Angst vor bestimmten Orten“. Personen, die an einer Agoraphobie leiden, verspüren eine intensive Angst oder ein unangenehmes Gefühl sobald sie sich an einem Ort befinden, an dem keine Flucht möglich wäre, falls plötzlich unerwartete Panik oder unangenehme körperliche Reaktionen für die eigene Person auftreten würden.
Des Weiteren haben die Betroffenen Sorge, dass im „Notfall“ Hilfe für sie nicht erreichbar wäre oder sie in eine peinliche Situation geraten. Die betroffenen Personen sehen die Vermeidung dieser Orte als einzige Möglichkeit, um die Ängste und unangenehmen Gefühle zu umgehen.
Folgende Orte werden beispielsweise von Personen gemieden, die an einer Agoraphobie leiden:

  1. Fahrstühle
  2. große Menschenansammlungen
  3. Flugzeuge
  4. Züge
  5. Busse
  6. große Kaufhäuser

Wenn die Angst und das unangenehme Gefühl für die Personen zu belastend werden, isolieren sie sich völlig und vermeiden es, das Haus zu verlassen. Wenn es jedoch notwendig ist, sich in eine, von der Person gefürchtete Situation zu begeben, werden oftmals andere Personen als Begleitung mitgenommen, die eine Sicherheit für die betroffene Person darstellen.

Symptome

Die Symptome, die im Rahmen einer Agoraphobie auftreten bzw. bei der Konfrontation mit den angstbesetzten Orten, lassen sich in vier Bereiche einteilen:

  1. Gedanken
  2. Gefühle
  3. Körperliche Anzeichen
  4. Verhaltensweisen

Gedanken:

Die Gedanken kreisen meist um die Befürchtung, dass ein schreckliches Ereignis eintreten könnte. Dabei steht die Angst im Vordergrund, in dieser Situation keine Hilfe erhalten zu können oder alleine zu sein. Als Folge dieser Gedanken werden Situationen vermieden, vor denen die Person Angst hat, beispielsweise Menschenansammlungen und Reisen mit Bus, Bahn, Flugzeug etc.

Gefühle:

Die betroffenen Personen erleben in den gefürchteten Situationen intensive Angst, die folgende Inhalte haben könnte:

  • Angst davor, hilflos und alleine zu sein
  • Angst vor einem Herzinfarkt
  • Angst vor der Atemlosigkeit
  • Angst, die Kontrolle über die Situation zu verlieren
  • Angst, in der Situation verrückt zu werden
  • Angst davor, ohnmächtig zu werden

körperliche Reaktionen

In jeder der angstauslösenden Situationen zeigt die betroffene Person körperliche Reaktionen. Nicht immer müssen jedoch alle der unten zum Teil genannten Symptome gemeinsam auftreten:

  • Schweißausbrüche, übermäßiges Schwitzen (link)
  • Beschleunigter Herzschlag
  • Kurzatmigkeit, Schmerzen in der Brust
  • Die Situationen werden als nicht real wahrgenommen
  • Zittern
  • Übelkeit
  • Magen – Darm – Beschwerden
  • Schwindelgefühl
  • Gefühl, der Ohnmacht nahe zu sein
  • Hitzewallungen, Kälteschauer

Verhalten

Die Angst spiegelt sich auch im Verhalten der betroffenen Personen wieder. Die Personen fangen an, die angstbesetzten Situationen zu vermeiden. Falls es sich nicht umgehen lässt, die angstbesetzten Situationen zu meiden, werden diese nur mit großer Angst und einem Gefühl von Unwohlsein aufgesucht und durchstanden. Wenn die Angst oder das Unwohlsein zu intensiv wird, flüchten die betroffenen Personen aus der Situation oder suchen diese nur in Begleitung anderer Personen auf.

Ursachen der Agoraphobie

Traumatisches Ereignis

Ähnlich wie bei der spezifischen Phobie (link), kann eine Ursache für die Entstehung einer Agoraphobie das Erlebnis eines traumatischen Ereignisses gewesen sein, beispielsweise der Tod einer nahe stehenden Person, eine Trennung / Scheidung vom Lebenspartner, Probleme in der Partnerschaft, Probleme am Arbeitsplatz oder Arbeitslosigkeit.

Eine Agoraphobie kann auch kombiniert mit einer spezifische Phobie auftreten.

Individuelle Ursachen

Das Erleben eines traumatischen Ereignisses allein, reicht noch nicht aus, um eine Agoraphobie auszulösen. Oftmals spielt eine anfällige, sensible Persönlichkeit eine große Rolle, die zur Entwicklung einer Agoraphobie beitragen kann. Die Ängstlichkeit einer Person lässt sich einerseits durch die Vererbung von bestimmten Persönlichkeitseigenschaften erklären. Auch die Entwicklung von bestimmten Charakterzügen durch den Einfluss der Eltern (Erziehung) und anderen nahe stehenden Personen (Freundeskreis) während der Kindheit. Kleine Kinder lernen durch das Beobachten des elterlichen Verhaltens, wie man sich in bestimmten Situationen verhalten kann. Sofern die Eltern des Kindes eine ängstliche Persönlichkeit besitzen, liegt es nahe, dass das Kind später auch Ängste entwickeln kann. Das Kind wird vielleicht erst gar nicht versuchen, eigene Verhaltensweisen in bestimmten Situationen ausprobieren, sondern das beobachtete Verhalten der Eltern übernehmen.
In einer Psychotherapie ist es möglich, den Ursachen, die für die Entstehung einer Agoraphobie verantwortlich sein könnten, auf den Grund zu gehen und durch therapeutische Verfahren die Agoraphobie zu behandeln.

Prävalenz/ Vorkommen

Die Agoraphobie ist in Deutschland, im Vergleich zu anderen Angsterkrankungen (z.B. die spezifische Phobie) eher selten vertreten. Bei 3 % der Frauen und bei ca. 1 % der Männer wird die Krankheit diagnostiziert (gemessen innerhalb eines Jahres). Meist beginnt eine Agoraphobie zwischen dem 20.- 30. Lebensjahr.

Diagnose

Eine gesicherte Diagnose der Agoraphobie kann nur durch einen Arzt (in der Regel ein Arzt für Psychiatrie) oder von einem Psychotherapeuten gestellt werden. Er kann beispielsweise mit Hilfe von diagnostischen Kriterien für eine Agoraphobie in einem persönlichen Gespräch herausfinden, ob diese bei der betroffenen Person vorliegen oder nicht.

Gleichzeitig wird versucht, andere mögliche Erkrankungen mit in Betracht zu ziehen, da die Symptome der Agoraphobie auch auf andere Krankheitsbilder zutreffen können (z.B. bei sozialer Phobie, spezifischer Phobie, Zwangsstörung, Depression)

Weitere Informationen zu diesem Thema

Weitere Informationen zur Therapie der Agoraphobie:

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 05.08.2008 - Letzte Änderung: 22.10.2021