Erkennen einer Depression

Einleitung

Depression ist eine Krankheit mit tausend Gesichtern. Daher ist es auch nicht unbedingt leicht, eine Depression zu erkennen, besonders nicht, wenn man selbst der/die Betroffene ist. Landläufig ist allgemein bekannt, dass Depression etwas mit Unglücklichsein, schlechter Stimmung und im schlimmsten Fall mit Selbstmord zu tun hat. Die Krankheit Depression ist aber sehr viel umfassender und tiefgebender und kann sich auf viele verschiedenen Wegen äußern.

Viele Betroffene leiden schon eine lange Zeit unter einer beeinträchtigten Lebensqualität und merken, dass sie nicht mehr so leistungsfähig wie früher sind. Nach einiger Zeit kommen auch oft noch körperliche Symptome hinzu, wie etwa Schmerzen, Schlafstörungen, chronische Erschöpfung oder auch Appetitlosigkeit.

Vereinfacht lassen sich einige Haupt- und Zusatzsymptome einer Depression festhalten.

Hauptsymptome

  • gedrückte, traurige Stimmung
  • Interessenverlust und Freudlosigkeit
  • Antriebslosigkeit

Ziemlich oft weisen eine Depression und der Burnout-Syndrom ähnliche Symptome auf. Mehr hierzu lesen Sie unter: Depression oder Burnout - Was habe ich?

Zusatzsymptome

  • Einbruch der Konzentrations- und Leistungsfähigkeit
  • Vermindertes Selbstwertgefühl und -vertrauen
  • Schuldgefühle und Gefühl der Wertlosigkeit
  • pessimistischer Blick in die Zukunft
  • Selbstverletzendes Verhalten bis hin zum Suizid
  • Schlafstörungen
  • Appetitverlust

Körperliche Symptome, die mit einer Depression einhergehen können:

  • Schlaflosigkeit
  • Müdigkeit und schnelle Erschöpfung
  • Verlust der Libido
  • körperliche Schmerzen (meist Kopf-, Rücken-, Gelenk- oder Muskelschmerz)
  • Herz- und Kreislaufprobleme
  • Verdauungsstörungen
  • Atemnot

Verändertes Erleben

Viele Patienten berichten, dass Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit dominieren. Sie fühlen sich innerlich leer, empfinden Schuld und Angst, Trauer und Verzweiflung, oft empfinden sie sich aber auch als unfähig, überhaupt noch „richtige Gefühle“ empfinden zu können, fühlen sich innerlich „wie versteinert“. Allgemein herrschen negative Denkmuster vor.

Depressive haben oft eine pessimistische Einstellung sich selbst und der eigenen Zukunft gegenüber und neigen dazu, sehr viel zu grübeln und sich Sorgen zu machen. Daraus resultieren eine stark selbstkritische Haltung und schwere Konzentrations- und Leistungsprobleme. Bisweilen leiden die Patienten auch unter sogenannten Wahnvorstellungen, sind etwa der festen Überzeugung, der Familie Schande zu bringen, sie finanziell in den Ruin zu treiben oder selbst unheilbar krank zu sein und sterben zu müssen. Diese Vorstellungen sind für die Betroffenen so real, dass es als Angehöriger schwer bis unmöglich ist, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Dazu braucht es professionelle Hilfe.

Verändertes Verhalten

Oft ist ein sozialer Rückzug von an Depression Erkrankten zu beobachten. Hobbys, denen früher gern und ausgiebig nachgegangen wurde, werden nun mehr und mehr vernachlässigt oder ganz aufgegeben. Die Hausarbeiten werden aufgeschoben und die Betroffenen verbringen viel Zeit im Bett. Auch die Stimme wird bei Manchen leiser und monoton, Mimik und Gestik wirken stark eingeschränkt. Einige Patienten verspüren allerdings auch eine starke innerliche Anspannung und laufen rastlos und wie getrieben im Zimmer auf- und ab (sogenannte agitierte Depression).

Körperliche Veränderungen

Am markantesten sind wohl die viel beobachteten Schlafprobleme. die Depressiven können nur schlecht einschlafen, wachen des Nachts immer wieder auf und finden nur sehr schwer in den Schlaf zurück und sind bereits sehr früh am Morgen wach, fühlen sich allerdings müde, kaputt und wie gerädert. Daraus resultiert eine den ganzen Tag über andauernde Müdigkeit und schnelle Erschöpfung.

Der Leistungseinbruch verstärkt die Schuldsymptomatik. Wenn man die Patienten sagt, warum sie nicht schlafen können, antworten sie oft, dass sie sehr viel grübeln würden, ihnen gehen immer und immer wieder die gleichen Sorgen und Ängste durch den Kopf, eine Teufelsspirale, der sie sich mit rationalen Überlegungen nicht entziehen können. Dazu kommen oft noch ein Verlust der Libido, multiple körperliche Schmerzen und Appetitverlust (verbunden mit einer ungewollten Gewichtsabnahme).

Um die Arten einer Depression kennenzulernen, bitte hier klicken.

Diagnose

Um die Diagnose Depression stellen zu können, müssen über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen mehrere Haupt- und Zusatzsymptome auftreten:

  • leichte Depression: mindestens zwei Hauptsymptome + mindestens zwei Zusatzsymptome
  • mittelgradige Depression: mindestens zwei Hauptsymptome + mindestens drei-vier Zusatzsymptome
  • schwere Depression: alle drei Hauptsymptome + mindestens vier Zusatzsymptome

Man sieht also, dass eine Depression sowohl körperliche Veränderungen, als auch Veränderungen des Verhaltens und Erlebens mit sich bringen kann.

Erkennen

Aus diesen mannigfaltigen Symptomen und Beschwerden lassen sich einige Fragen kreieren, mit denen Menschen, die befürchten, an einer Depression erkrankt zu sein, etwas Klarheit verschaffen können und dann vielleicht Hilfe seitens des Hausarztes oder gleich eines Psychologen aufsuchen zu können.

  • Können Sie noch Freude empfinden? Oder sind Sie oft freudlos, können nicht einmal mehr auf ein erfreuliches Ereignis gemütsmäßig positiv reagieren?
  • Fühlen Sie sich kaputt, elend, zerschlagen, wie schwer erkrankt, finden aber keinen richtigen Grund?
  • Fällt es Ihnen neuerdings schwer, Entscheidungen zu treffen, auch wenn es nur um ganz Alltägliches geht wie etwa „was ziehe ich heute an?“
  • Haben Sie das Interesse an Dingen verloren, die sie sich früher begeistert haben?
  • Neigen Sie in letzter Zeit oft zum Problem-Grübeln, sogar bei total belanglosen Dingen?
  • Fühlen Sie sich fast permanent niedergeschlagen, resigniert, hoffnungslos, von einer Schwermut so sehr herabgedrückt, dass man es schon nahezu körperlich spürt?
  • Fühlen Sie sich müde, antriebslos und ohne Initiative, ohne Elan oder Kraft - obwohl Sie sich vorher nicht groß verausgabt haben?
  • Sind Sie plötzlich völlig verunsichert, ohne jegliches Selbstbewusstsein, voller Minderwertigkeitsgefühle?
  • Machen Sie sich übertriebene oder gänzlich haltlose Selbstvorwürfe? Fühlen sich irgendwie wertlos und schuldig, ohne einen konkreten Grund nennen zu können?
  • Denken, sprechen oder bewegen Sie sich in letzter Zeit wie verlangsamt, träge, sind sich unschlüssig, wankelmütig in Ihren Entscheidungen, ängstlich abwiegend geworden und können damit nicht einmal mehr ihre ganz alltäglichen Aufgaben bewältigen?
  • Können Sie sich nur sehr schwer konzentrieren, vergessen oft Dinge, sind bestürzt über Ihre "Leere im Kopf" und fürchten eventuell sogar eine beginnende Geistesschwäche?
  • Können Sie nicht mehr schlafen: erschwertes Einschlafen, zerstückelter Schlaf, zermürbendes Früherwachen mit großer Angst vor dem kommenden, zu bewältigenden Tag?
  • Schmeckt nicht mehr alles so wie früher?
  • Haben Sie Ihren Appetit und damit an Gewicht verloren?
  • Haben Sie seit einiger Zeit Probleme auch in sexueller Hinsicht?
  • Spüren Sie immer wieder anhaltende, schwer zu beschreibende Druckgefühle, Missempfindungen, Schmerzen, besonders im Kopf, in der Brust, im Rücken usw.?
  • Haben Sie immer öfter das Gefühl, Ihr Leben sei sinnlos geworden?
  • Denken Sie manchmal über Ihren Tod nach oder haben Sie sich sogar schon einmal vorgestellt, wie Sie aus dem Leben scheiden könnten?

Lesen Sie auch unseren Artikel: Was können Anzeichen für einen Suizid sein?

Wenn Sie mehrere dieser Fragen eindeutig mit „Ja“ beantworten können, ist dies ein Zeichen dafür, dass sie Hilfe aufsuchen sollten. Sie können zum Beispiel zu Ihrem Hausarzt gehen oder einem anderen Arzt Ihres Vertrauens und ihnen von Ihren Problemen und Ihrem Verdacht einer Depression erzählen. Schämen Sie sich nicht und erzählen Sie ruhig alles - der Arzt unterliegt der Schweigepflicht und so wird niemand von ihren intimen Beschwerden erfahren. Denn wenn Sie dem Arzt nicht von Ihren Problemen berichten, ist es für Ihn nur sehr schwer möglich, Ihnen auch adäquate Hilfe angedeihen zu lassen.

Über die Hälfte aller Depressionen bleibt trotz Arztbesuch unerkannt, gerade weil es für die Betroffenen nach wie vor ein schambesetztes Thema ist.

Wird eine Depression jedoch nicht erkannt und professionell therapiert, läuft man schnell Gefahr, dass die Depression sich chronifiziert und nicht selten endet es für die Betroffenen mit dem Suizid als einzigen Ausweg.

Welche Tests gibt es, die eine Depression erkennen lassen?

Da es sich hierbei um eine psychische Erkrankung handelt, gibt es keine eindeutigen Untersuchungen oder Laborwerte, die Depressionen erkennen lassen würden. Die Diagnostik erfolgt mithilfe von Fragebögen und psychologischen/psychotherapeutischen Sitzungen. Vor allem Fragebögen gibt es in Hülle und Fülle, von einfachen Online-Selbsttests bis zu validen standardisierten Skalen, die von Ärzten verwendet werden. Dazu zählen zudem einfache Symptom-Checklisten wie die SCL-90 („symptom-checklist“ mit 90 Fragen) oder die HSCL-25 („Hopkins-symptom-checklist“ mit 25 Fragen), die eine allgemeine psychische Belastung feststellen sollen.

Spezifischere Ergebnisse liefern die speziell für Depressionen entwickelten Tests, wie beispielsweise die Hamilton-Skala, die u.a. die Schwere einer Depression aufzeigt. Andere Fragebögen helfen, eine depressive Störung von anderen Erkrankungen abzugrenzen, wie beispielsweise Angst- oder Persönlichkeitsstörungen. Daher gibt es eine Unmenge an Tests, die beim Verdacht auf eine Depression eingesetzt werden können und je nach Ermessen des Therapeuten kombiniert werden. Dieses Verfahren macht das Erkennen und Definieren einer Depression zwar kompliziert, ist aber verlässlicher als Selbsttests, die lediglich den Verdacht auf eine Depression lenken können.

Wie erkennt man eine Schwangerschaftsdepression?

Je nach Studienlage erleben ca. 10% aller Schwangeren eine mehr oder weniger ausgeprägte depressive Episode, besonders am Ende der Schwangerschaft. Nicht immer lässt sich diese eindeutig von den typischen Stimmungsschwankungen abgrenzen und die Betroffenen fühlen sich häufig schuldig, wo doch eigentlich von ihnen erwartet wird, sich auf das kommende Baby zu freuen. Es ist daher nicht ganz einfach, eine Schwangerschaftsdepression zu erkennen.

Typische Symptome wären Lust- und Freudlosigkeit, übermäßige Reizbarkeit und das Gefühl von Hilflosigkeit. Auch körperliche Beschwerden wie Schlafprobleme, massiver oder gar kein Appetit, Konzentrationsstörungen und ähnliches kommen vor. Bedenkt man die enormen Belastungen und die möglichen Ängste und Sorgen, die auf die werdenden Mütter einwirken, sind Schwangerschaftsdepressionen verständlich. Da sie sich auch langfristig auf die Gesundheit von Mutter und Kind auswirken können, sollten erste Anzeichen dennoch ernst genommen werden.

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Wie erkennt man eine Winterdepression?

Die Winterdepression wird vom Arzt als saisonal-affektive Störung bezeichnet und tritt in den Herbst- und Wintermonaten auf, wenn die Tage kürzer werden und die Temperaturen sinken. Zu den typischen Symptomen zählen (wie bei der Depression allgemein) eine ausgeprägte Freud- und Lustlosigkeit, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Abgeschlagenheit und ähnliches. Anders als bei der Saison-unabhängigen Depression leiden die Patienten aber weniger unter Appetitsverlust und verkürztem Schlaf, sondern eher unter einer Appetitszunahme und einer Erhöhung des Schlafbedürfnisses. Ein regelrechter Heißhunger auf Süßigkeiten und Kohlenhydrate allgemein ist nicht ungewöhnlich für eine Winterdepression.

Hierfür anfällige Menschen leiden jedes Jahr erneut mehr oder weniger unter diesen Symptomen. Wahrscheinlichster Auslöser ist das mangelnde Licht und die daraus resultierende Störung des Tag-Nacht-Rhythmus und Hormonhaushalts des Körpers. Treten die oben genannten Symptome also ungefähr zeitgleich mit einer Verkürzung der Sonnenstunden auf, ist eine Winterdepression wahrscheinlich.

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Kann man eine Depression im MRT erkennen?

Nein, ein MRT ist kein geeignetes Verfahren in der Depressions-Diagnostik, da die Struktur des Gehirnes auch bei Depressionen in der Regel in Takt bleibt. Ab und zu finden sich zwar Anomalien wie beispielsweise eine verkleinerte Hirnrinde oder Entzündungsprozesse bei Patienten mit schweren und/oder lang bestehenden Depressionen, diese treten aber erst spät auf und können auch durch Begleiterkrankungen (z.B. Demenz) begründet sein. Ein MRT kommt daher eher dann zum Einsatz, wenn andere Ursachen für die Symptome ausgeschlossen werden sollen.

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen zum Thema Depression erkennen und ähnlichen Themen erhalten Sie auf folgenden Seiten:

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 07.05.2015 - Letzte Änderung: 22.10.2021