Erektionsstörungen

Synonyme

Potenzstörung, Impotenz,
medizinisch: Erektile Dysfunktion (ED)

Definition

Eine Erektionsstörung ist beim Mann gegeben, wenn es ihm innerhalb einer bestimmten Zeit nicht oder nur selten gelingt, seinen Penis in den für den Geschlechtsverkehr erforderlichen, voll erigierten (steifen) Zustand zu bringen, beziehungsweise diesen Zustand aufrechtzuerhalten. Ist dies jedoch nur vereinzelt oder kurzfristig der Fall, so spricht man nicht von einer Erektionsstörung.
Eine Erektionsstörung hat nichts mit einer Einschränkung der Fruchtbarkeit des Mannes zu tun. Bei einer bestehenden Impotenz bleibt die Fähigkeit zur Ejakulation und zur Samenproduktion bis auf wenige Ausnahmen erhalten.

Epidemiologie

Studien zufolge beträgt die Neuerkrankungsrate (Inzidenz) der Erektionsstörung in Deutschland und international ca. 20%. Bei den über 70jährigen Männern beträgt sie jedoch schon 70%, was zeigt, dass diese Erkrankung stark vom Alter abhängig ist. Unter 40jährigen Männern ist diese Störung zu ca. 5% vollständig, zu ca. 17% mäßig ausgeprägt. Weiterhin besagen neuere Studien, dass jeweils 20 – 70% aller Patienten mit der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Bluthochdruck (Hypertonie) oder Fettstoffwechselstörungen einmal eine behandlungsbedürftige Erektionsstörung bekommen werden.

Grundlagen zur Erektion

Damit eine Erektion beim Mann zustande kommen kann, spielen mehrere Systeme ineinander. Wichtig für ihre Entstehung sind funktionstüchtige Blutgefäße, Nerven, bestimmte Anteile des Penis sowie eine gesunde psychische Ausgangssituation. Wichtig zum Verständnis der Erektion und damit auch ihrer Störung ist die Kenntnis ihrer Physiologie, sowie eine Vorstellung von der Anatomie des Penis:
Der Penis besitzt drei sogenannte Schwellkörper (Corpus cavernosum), die an- und abschwellen können. Ihre Füllung mit Blut, und damit auch der Zustand des Penis, wird über Blutgefäße gesteuert, die am Penis entlang verlaufen. Ein wichtiges, Blut zuführendes Gefäß ist die Arteria dorsalis penis, die paarig unter der Oberseite des Penis verläuft. Von ihr aus gehen kleine Äste in die zwei großen Schwellkörper hinein und füllen diese bei Bedarf mit Blut. Im Innern dieser beiden Schwellkörper befindet sich noch ein Gefäß, die Arteria profunda penis, die die selbe Aufgabe erfüllt.
Der dritte Schwellkörper umschließt die Harnröhre und wird von einer eigenen Arterie gespeist. Alle drei Gefäße haben jedoch jeweils Verbindung zueinander. Im schlaffen Zustand des Penis versorgen diese Arterien ihn mit Sauerstoff, das hinein fließende Blut wird von den zugehörigen Venen wieder abtransportiert, ohne dass die Schwellkörper sich füllen können. Das wird durch kleine Muskelfasern erreicht, die die Flüssigkeitsspeicher (Sinusoide) der Schwellkörper umgeben. Man kann sie sich also ähnlich wie einen Schwamm vorstellen.
Diese Muskeln sind im schlaffen Zustand angespannt, so dass die Arterien einen engen Durchmesser haben und in den Kavernen des Schwellkörpers nicht viel Platz für Blut ist.
Durch bestimmte Nervenimpulse erschlaffen die Muskelfasern, wenn es zu einer Erektion kommen soll. Das bewirkt, dass die oben genannten Arterien an Durchmesser zunehmen und somit mehr Blut in die Schwellkörper pumpen können. Dieses sammelt sich dann in den Kavernen (Sinusoiden), was dazu führt, dass die Venen, die es abtransportieren, in ihrem Durchmesser verengt werden. Sie haben eine weitaus weichere Wand als die Arterien. Somit kommt es also zu einer sogenannten positiven Rückkopplung: Je mehr Blut einströmt, desto mehr füllen sich die Schwellkörper, desto weniger Blut fließt ab.
Der Penisschaft wird länger, er nimmt an Durchmesser zu und wird steif.
Die dazu notwendigen Nervenimpulse kommen vom autonomen (vegetativen, unwillkürlichen) Nervensystem, genauer gesagt vom sogenannten Parasympathikus. Dieser ist besonders aktiv, wenn wir schlafen, verdauen, oder allgemein entspannt sind.

Typen der Erektion

Grundsätzlich werden drei Erektionstypen unterschieden:

  • Reflexogene Erektion: Sie erfolgt durch die Stimulation des Genitalbereichs und die dazugehörigen Nervenverschaltungen im Bereich des unteren Rückenmarks.
  • Psychogene Erektion: Sie wird durch erotische Stimulation des Gehirns, also beispielsweise durch Gedanken oder Bilder, ausgelöst. Die Impulse dafür werden also zentral im Gehirn gesteuert und über den Parasympathikus weitergeleitet.
  • Nächtliche Erektion: Sie erfolgt praktisch automatisch, da der Parasympathikus nachts am aktivsten ist. Daher kann bei einer bestehenden nächtlichen Erektion eine psychisch bedingte Erektionsstörung ausgeschlossen werden.

Prophylaxe der Erektionsstörung

Um der Impotenz möglichst frühzeitig und effektiv vorzubeugen, sollte der allgemeine Lebensstil dementsprechend angepasst werden. Risikofaktoren wie Tabak, Cholesterin (tierische Fette) und zu viel Zucker sollten gemieden werden. Eine regelmäßige körperliche Betätigung ist auch die Erektionsstörung betreffend eine sinnvolle Präventionsmaßnahme. Besteht bereits eine Gefäßerkrankung oder ein Diabetes mellitus, so sollte auf eine gut überwachte und sinnvolle medikamentöse Behandlung geachtet werden, um die Impotenz als Langzeitfolge der Erkrankung zu vermeiden. Eine offene Partnerschaftliche Beziehung kann sich ebenfalls positiv auf das Sexualleben auswirken, so dass partnerschaftlich bedingte, psychische Auslöser vermieden werden können.

Prognose der Erektionsstörung

Sie richtet sich nach der Anzahl und der Schwere der zugrunde liegenden Faktoren. Weiterhin wird die Prognose dadurch beeinflusst, ob die eventuell bestehende Grunderkrankung behandelt werden kann und wie gut der Patient auf die angewandte Therapie anspricht.
Sie ist umso besser, je frühzeitiger und effektiver das Problem behandelt wird. Dies ist nicht immer leicht durchführbar, da sich die meisten Patienten für ihre Potenzprobleme schämen und deshalb im Schnitt über ein Jahr warten, bevor sie überhaupt zum Arzt gehen.

Zusammenfassung Erektionsstörung

Die Erektionsstörung ist eine genauso verbreitete wie verschwiegene Erkrankung der Männer. Trotz ihrer Häufigkeit ist sie noch immer ein gesellschaftlich tabuisiertes Thema. Sie betrifft die über 50jährigen besonders stark; jedoch haben auch schon Männer unter 40 Jahren hin und wieder Probleme mit der Potenz.
Oft liegen ihr chronische Erkrankungen zu Grunde, die den Stoffwechsel, die Hormone, das Nerven- oder das Gefäßsystem betreffen. Eine ausgereifte und gute Diagnostik im Fachbereich der Urologie ermöglicht eine genaue Bestimmung der Auslöser der Erektionsstörung und schafft das Fundament für eine effiziente und weitgehend nebenwirkungsarme Therapie (siehe: Therapie Erektionsstörung). Hier existieren mehrere verschiedene Ansätze, die individuell auf den Patienten angepasst werden können. Gerade die letzten Jahre brachten in der Forschung viele neue Erkenntnisse hervor, die die Therapieeffekte und den Komfort der Patienten noch verbessern konnten.

Eine wichtige, nicht invasive und in vielen Fällen indizierte Möglichkeit zur Behandlung der Potenzstörung ist die Psychotherapie. Ihre Möglichkeiten werden jedoch speziell von Männern häufig unterschätzt und ihre Methoden als eher unangenehm und beschämend angesehen, was sie in ihrer Beliebtheit hinter die medikamentöse oder technische assistierte Therapie treten lässt. Die Prognose der Erektionsstörung reicht von sehr gut bei leichten und gut therapierbaren Fällen bis eher schlecht bei multifaktorieller Genese und schwerwiegenden Grunderkrankungen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zur Prävention und besseren Therapie der Erektionsstörung die Aufklärung der männlichen wie auch weiblichen Gesellschaft zur Verbreitung und Entstehung von Potenzproblemen erheblich verbessern sollte.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 02.12.2010 - Letzte Änderung: 22.10.2021