Knorpelschaden

Allgemeines

Knorpel gehört zu den Binde- und Stützgeweben. Er besteht aus Knorpelzellen und der diese umgebenden Interzellularsubstanz. Je nach dem wie diese Substanz zusammengesetzt ist, unterscheidet man zwischen hyalinem, elastischem und Faserknorpel.

Die Knorpelglatze beschreibt den Zustand, wenn kein Knorpel mehr vorhanden ist. Lesen Sie für mehr Informationen den Artikel unter: Knorpelglatze - Ist das gefährlich?

Knorpelgewebe generell ist sehr druck- und biegungselastisch, weshalb es sich zum einen an Körperstellen finden lässt, die im Alltag hohen Druckbelastungen ausgesetzt sind (wie zum Beispiel Gelenkflächen) und zum anderen in Bereichen, die eine hohe Elastizität aufweisen müssen (wie zum Beispiel Ohrmuschel und äußerer Gehörgang). Knorpelgewebe enthält beim Erwachsenen weder Gefäße noch Nerven. Es muss also auf einem anderen Wege versorgt werden. Diese Versorgung erfolgt per Diffusion, was bedeutet, dass die Nährstoffe vom Ort ihrer höheren zum Ort ihrer niedrigeren Konzentration passiv wandern. Der Gelenkknorpel bezieht die Nährstoffe, die er zum Überleben braucht, aus der Gelenkschleimhaut (Synovia). Knorpel an anderen Stellen besitzt eine sogenannte Knorpelhaut (Perichondrium), die die gleiche Funktion erfüllt.

Einteilung

Um einen Knorpelschaden besser einstufen zu können, bedient man sich der Klassifikation nach Outerbridge, in der die Grade 0 bis 4 unterschieden werden.

  • Grad 0: keine vorhandenen Knorpelschäden;
  • Grad 1: der Knorpel ist zwar komplett erhalten, erweicht aber, vor allem unter Druckbelastung;
  • Grad 2: der Knorpel ist oberflächlich ein wenig aufgeraut;
  • Grad 3: der Knorpel ist bis zum Knochen hin aufgerissen, wodurch sich so etwas wie ein kraterförmiger Defekt im Gewebe finden lässt;
  • Grad 4: der Knorpel ist bis hin zum Knochen vollständig verloren, der Knochen liegt also frei.

Wichtig ist allerdings, dass das Ausmaß der objektiv feststellbaren Veränderungen im Knorpel nicht immer genau mit dem Ausmaß der Beschwerden von Patienten in Einklang zu bringen ist. Manche Patienten haben kaum Schmerzen, obwohl bereits schwere Schädigungen nachweisbar sind, andere haben einen sehr hohen Leidensdruck, obwohl sich mit Hilfe von Untersuchungen kaum etwas feststellen lässt. Aus diesem Grunde ist es von Bedeutung, die Behandlung sehr gut mit dem Betroffenen zu besprechen und zu planen, da ja dessen Wohlbefinden und nicht das Röntgenbild wiederhergestellt werden soll.

Abbildung eines Knorpelschadens

  1. Gelenkknorpel
    (hyaliner Knorpel) -
    Cartilago articularis
  2. Umbauzone von Knorpel
    in Knochen -
    Zona ossificationis
  3. Gelenkkörper (Gelenkknorren
    des Oberschenkelbeins) -
    Condylus femoris
  4. Oberschenkelknochen -
    Femur
  5. Gelenkknorpel -
    Cartilago articularis
  6. Außenband -
    Ligamentum collaterale fibulare
  7. Äußerer Meniskus -
    Meniscus lateralis
  8. Innerer Meniskus -
    Meniscus medialis
  9. Wadenbein - Fibula
  10. Schienbein - Tibia

Eine Übersicht aller Abbildungen von Dr-Gumpert finden Sie unter: medizinische Abbildungen

Ursachen

Schäden des Gelenkknorpels sind weltweit bei mehreren Millionen Menschen beschrieben und können auf die verschiedensten Ursachen zurückzuführen sein. Generell lassen sich chronische Auslöser von akuten unterscheiden. Der häufigste akute Grund für einen Knorpelschaden ist eine Verletzung, die sich meistens im Rahmen eines Sportunfalls oder eines Sturzes ereignet. Durch eine massive Gewalteinwirkung auf das Gelenk oder ein Verdrehen bzw. Umknicken (dies kommt besonders häufig im Sprunggelenk vor) kann der Knorpel mehr oder weniger stark beschädigt werden. Meist beschränkt sich dieser Defekt auf eine Stelle, trotzdem kann es bei einem tiefen Einriss oder gerade auch bei einem Herauslösen kleiner Knorpelstücke mit anschließender Einklemmung in einer anderen Stelle des Gelenks bei Betroffenen zu erheblichen Beschwerden kommen.
Der chronische Knorpelschaden ist meistens durch Abnutzungserscheinungen bedingt. Dieser Verschleiß geschieht zum einen im Rahmen einen ganz natürlichen Alterungsprozesses. Das Ergebnis daraus bezeichnet der Fachmann als Arthrose (chronisch degenerative Gelenkerkrankung). Die Gelenke müssen je nach Lokalisation mehr oder weniger unseres Körpergewichtes tragen und werden tagtäglich vielen weiteren Belastungen und Bewegungen unterzogen.

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Risikofaktoren

Die Art und Intensität dieser Belastungen wirkt sich auch auf die Geschwindigkeit der Abnutzung vom Knorpelgewebe aus. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Risikofaktoren für einen Knorpelschaden vor allem Übergewicht und falsche bzw. übermäßige Belastungen wie zum Beispiel bestimmte Sportarten und selbstverständlich ein fortgeschrittenes Alter sind.
Außerdem spielen auch gewisse genetische Faktoren eine Rolle. Manche Leute haben einfach eine schlechtere Knorpelqualität und deshalb eine Veranlagung dazu, schneller einen Knorpelschaden zu entwickeln als andere, ohne dass sie daran etwas ändern könnten. Darüber hinaus können auch Fehlstellungen und die daraus resultierenden Fehlbelastungen die Entstehung von Knorpeldefekten begünstigen. Eine weitere Ursache für einen Knorpelschaden kann eine langfristige Ruhigstellung (Immobilisierung) von Gelenken sein.

Symptome

Akut kommt es im Rahmen von Knorpelschäden häufig zu ausgeprägten Schmerzen, manchmal nur bei Belastung, zum Teil aber auch schon in Ruhe. Außerdem ist bei vielen die Beweglichkeit im Gelenk eingeschränkt. Bei Knorpelschäden, die sich chronisch entwickeln, können Symptome über einen längeren Zeitraum hinweg fehlen. Komplikationen bei diesem Krankheitsbild sind vor allem Ergüsse, die sich aus der reaktiven Flüssigkeitseinlagerung im Gelenk ergeben und als Schwellung auffällig werden und die Arthrose, die sich auf dem Boden von längerfristig bestehenden Knorpelschäden fast unweigerlich ausbildet.

Das Problem bei Knorpelschäden ist außerdem, dass der menschliche Körper in nur sehr geringem Umfang dazu in der Lage ist, Knorpelgewebe wieder regenerieren zu lassen. Das liegt daran, dass dieser Gewebetyp nicht durch Nervenzellen und Blutgefäße versorgt wird, die aber für einen Heilungsprozess von großer Bedeutung sind. Man geht davon aus, dass nur etwa 4% der Knorpelzellen erneuert werden können, was jedoch mitunter vom Alter abhängt. Das reicht nicht aus, um entstandene Schäden ohne Hilfe von außen korrigieren zu können. Meistens kommt es eher dazu, dass die Schäden im Laufe der Zeit zunehmen als dass sie sich bessern.

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Test für eine mögliche Arthrose

Knorpelschaden in den unterschiedlichen Gelenken

Knorpelschaden im Knie/ Kniescheibe

Knorpelschäden im Kniegelenk sind keine Seltenheit. Im Laufe des Lebens findet eine natürliche Abnutzung statt. Das Kniegelenk wird das ganze Leben lang durch alltägliches Gehen und Stehen gefordert. Zusätzlich erfolgt weitere Abnutzung durch andere belastende Tätigkeiten wie Sport, Fehlstellungen des Kniegelenkes und Verletzungen der Knochen- und Bandstrukturen am Kniegelenk. Der chronische Abbau und Defekt von Knorpel im Knie wird als Gonarthrose bezeichnet. Dieser Mangel an Knorpel äußert sich in Form von Schmerzen bei Belastung und später auch in Ruhe. Weiterhin kommt es an dementsprechenden Knie zu Einschränkungen in der Bewegbarkeit.

Neben der beschriebenen degenerativen Variante des Knorpelverschleißes kann ein Knorpelschaden traumatisch (unfallbedingt) entstehen. Oft geschieht dies im Zuge von Sport- und Sturzverletzungen. In diesem Fall bricht ein Knorpelstück von wenigen Zentimetern Durchmesser aus der Knorpelfläche heraus. Der restliche Knorpel des Knies ist aber weiterhin intakt, genauso wie der darunter liegende Knochen. Bei dieser Form des Knorpelschadens bestehen gute Therapiemöglichkeiten für die Wiederherstellung einer intakten Knorpeloberfläche.

Bei beiden Formen der Knorpelschäden ist eine Entlastung des Knies indiziert. Das heißt, dass der Patient bei einer Gonarthrose belastende Tätigkeiten (Sport, Fehlhaltungen, schweres Gewicht tragen) langfristig reduzieren soll. Bei einem traumatischen Knorpelschaden sollte in der Zeit der Regeneration und Therapie ebenfalls auf unnötig belastende Tätigkeiten für das Kniegelenk verzichtet werden.

In beiden Fällen kann eine physiotherapeutische Behandlung hilfreich sein, um Schmerzen und Problematiken zu reduzieren.

Eine weitere Risikozone für Knorpelschäden im Kniebereich ist der Knorpel zwischen Kniescheibe und den Gelenkknochen. Dabei findet eine Überreizung und Schädigung dieser Knorpelzone durch Fehlbelastung des Knies auf. Oft ist dieser Zustand bedingt durch Fehlstellungen im Kniegelenk, verkürzte Muskeln und auch dauerhafte Überlastungen durch Laufen und Radfahren, deshalb wird auch vom Runner‘s Knee gesprochen. Dieser Schmerzzustand kann mehrere Wochen anhalten und bis zur Beeinträchtigung des normalen Gehens führen. Die Therapie besteht hier in einer Trainingspause, Voltarenverbänden, Eisbeuteln sowie Dehnungsübungen für die Muskelgruppen, die das Knie und den Rumpf stabilisieren. Weiterhin sollte auf die Auswahl der Laufschuhe geachtet werden. Sollte sich die Problematik nicht verbessern, kann das Setzen einer Cortisonspritze ins Knie und in Ausnahmefällen auch ein chirurgischer Eingriff nötig sein.

Knorpelschaden in der Hüfte

Das Hüftgelenk verfügt im Gegensatz zu anderen Gelenken über eine relativ dünne Knorpelschicht. Diese ist unverzichtbar für die lebenslange Funktionalität des Hüftgelenkes.

Schäden am Knorpel können wie an anderen Gelenken degenerativ sein. Das heißt, sie entstehen im Laufe des Lebens durch Belastung und Abnutzung. Es entsteht eine Arthrose.

An der Hüfte kann ein Knorpelschaden aber auch traumatisch bedingt sein. Durch eine übermäßige und falsche Belastung des Gelenkes, z.B. beim Sport, bei einem Unfall oder Sturz kann der Knorpel verletzt werden und Teile von ihm abbrechen. Im Zuge der nächsten Zeit kann sich aus so einer relativ kleinen Verletzung eine chronische Problematik entwickeln. Dabei handelt sich bei der ursprünglichen Verletzung meist um eine verhältnismäßig kleine Fläche am Knorpel, während Knorpelschäden, die sich über Jahre entwickeln, eher größere Knorpelanteile betreffen.

Weitere Ursachen für Knorpelschäden an der Hüfte finden sich in Stoffwechselstörungen wie Gicht wieder. Dabei lagern sich kleine Kristalle von Stoffen im Gelenk ab, die der Körper nicht mehr ausreichend ausscheiden kann, und verursachen dann Schmerzen und weitere Abnutzungen am Knorpel.

Manche Bakterien verursachen im Zuge der Infektion im Körper chronische Schäden in Gelenken, so auch dem Hüftgelenk. Dabei handelt es sich um eine bakteriell bedingte Arthritis. Hier sollte sich die Problematik durch eine richtig gewählte Antibiotika-Therapie zurückbilden.

Knorpelschaden im Sprunggelenk

Das Sprunggelenk muss bei Bewegung und Ruhe das komplette Körpergewicht halten. Der Knorpel ist ständigen Belastungen ausgesetzt und dementsprechend stark beansprucht.

Das Gelenk ist oft großen Krafteinwirkungen von außen ausgesetzt, die zu Kompressionen des Knorpels, wie auch Verletzungen von Knorpel und anderen Gelenkstrukturen führen können. Bei Kompressionen des Knorpels kann es zu stärkeren Quetschungen und Rissen kommen. Weiterhin kann es auch hier zum Absplittern von Knorpelanteilen kommen.

Bei anderen Verletzungen des Sprunggelenkes wie Supinationstraumen (Umknicken nach außen) und Verletzungen von Knochen und Bandstrukturen wird ebenfalls oft der Knorpel in Mitleidenschaft gezogen. Neben Quetsch- und Rissverletzungen besteht hier die Gefahr, dass Knochenstücke absplittern und akut bzw. auch langfristig Schäden am Knorpel verursachen.

Betroffene Personen haben oft eine eingeschränkte Belastbarkeit und Bewegungsfähigkeit des betroffenen Fußes. Weiterhin treten Schmerzen und Instabilitäten auf, die im Zusammenhang mit der Verletzung anderer Struktur stehen können.

Knorpelschaden in der Schulter

Das Schultergelenk ist im Zuge des Alterns oft Ort für Schmerzen und somit für Schwierigkeiten in der Bewegungen verantwortlich. Dies ist oft durch Schäden an Sehnen von Muskeln der Rotatorenmanschette bedingt. Aber auch der knorpelige Bereich des Gelenkes, die Cavitas glenoidalis, kann von Abnutzungserscheinungen betroffen sein.

Ein weiterer Grund für Beschwerden sind akute traumatische Ereignisse wie Stürze und Unfälle, bei denen große Kräfte auf das Gelenk wirken und Teile des Knorpels beschädigt werden.

Oft finden sich Knorpelschäden aber auch bei langfristigen Überbelastungen des Schultergelenkes im Zuge von ausgeübten Sportarten, bei denen die Schulter durch einseitige und oft ausgeführte Bewegungen überlastet wird (Tennis) bzw. bei denen in regelmäßigen Abständen unnatürliche Zug- und Stoßbewegungen gegen das Schultergelenk ausgeführt werden (Football).

Weiterhin zeigen sich starke Abnutzungen bei Personen, die über längere Zeit Kraftsport ausüben.

Erste Anzeichen für Schäden stellen sich oft in Form von Bewegungseinschränkungen, schmerzhaften Bewegungen, Knacken im Gelenk sowie Schwellungen und Schwäche dar.

Diagnostik und Therapie

Um den Knorpelschaden genauer einschätzen zu können, kann neben einem Röntgenbild auch eine Kernspintomographie (MRT; Magnetresonanztomographie) angefertigt werden. Noch exakter lässt sich der vorhandene Defekt jedoch mithilfe einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) ermitteln. Dies ist eine minimal-invasive Operationstechnik, die den Vorteil hat, dass sie nicht nur für diagnostische Zwecke verwendet werden kann, sondern auch direkt die Möglichkeit zu einigen Therapieansätzen bietet.
Bei diesem Eingriff können gegebenenfalls Knochen- bzw. Knorpelteile entfernt werden, der Knorpel geglättet werden und das Gelenk gesäubert und gespült werden (Lavage bzw. Debridement).

Bei geringer ausgeprägten Veränderungen kann eine Physiotherapie schon ausreichend sein, um einem Betroffenen ein beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. Begleitend können Schmerzmittel und / oder Schuheinlagen zum Einsatz kommen.
Darüber hinaus ist es natürlich zunächst einmal von Bedeutung, dass alle Risikofaktoren soweit wie möglich ausgeschaltet oder vermindert werden. Übergewicht sollte reduziert werden, belastende Sportarten und andere Überanstrengungen sollten vermieden werden, Grunderkrankungen oder Fehlstellungen sollten beseitigt werden. Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, um die Beschwerden deutlich zu verbessern, so gibt es noch einige neuere Methoden, um einem Knorpelschaden zu Leibe zu rücken: Gerade bei jüngeren Patienten bietet es sich an, gesundes Knorpelgewebe zu transplantieren, was zuvor aus weniger betroffenen Gelenkteilen entnommen wird.

Außerdem gibt es ganz neue Medikamente auf dem Markt, die sehr spezifisch bestimmte Entzündungsauslöser hemmen, die für die Schädigung des Gelenkknorpels mitverantwortlich sind. Diese sind zwar zurzeit noch in Erprobung und sehr teuer, versprechen aber einen sehr großen Erfolg.
Als letztes sollte noch erwähnt werden, dass derzeit Knorpelzüchtungen erforscht werden. So ist man mittlerweile in der Lage, Knorpelzellen aus Blutstammzellen im Labor anzuzüchten und solche Knorpelzüchtungen mit anschließender Transplantation werden in einigen Bereichen Deutschlands auch bereits erfolgreich durchgeführt.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 21.06.2012 - Letzte Änderung: 30.03.2024