Musaril®

 

ACHTUNG: Seit dem 01.08.2013 darf dieses Medikament nicht mehr verschrieben werden!
 

Allgemeines

Der Hauptwirkstoff von Musaril® ist Tetrazepam, welches zur Gruppe der Benzodiazepine gehört und auf die Muskelreflexion wirkt.
Durch diese Wirkung dämpft Musaril® krankhafte Muskelverspannungen, Erregung (Panikattacken), Angstzustände und fördert den Schlaf. Außerdem kann Tetrazepam gegen Epilepsie angewendet werden.

Der Wirkstoff darf seit dem 01.08.2013 nicht mehr verschrieben werden, da eine umfassende Studie der Europäischen Kommission ergab, dass es unter Einnahme von Tetrazepam bei einigen Behandelten zu starken Hautreaktionen kam, die lebensbedrohlich bis tödlich verliefen. Diese Hautreaktionen waren nicht vorhersehbar und konnten zu einem beliebigen Zeitpunkt der Therapie auftreten.

Wirkungsweise

Im menschlichen Nervensystem gibt es verschiedene Neurotransmitter (Botenstoffe), die hemmend oder aber aktivierend wirken können. Normalerweise liegen diese Botenstoffe in einem Gleichgewicht vor und ermöglichen so eine angemessene Reaktion auf äußere Umstände wie Stress oder Ruhe.

Tetrazepam nun verstärkt die Wirkung des Botenstoffs GABA, der hemmend auf das Nervensystem wirkt, sobald er an einen Rezeptor andockt.
Durch diesen Wirkmechanismus vermag Tetrazepam eine Muskelentspannung (Relaxation) und Beruhigung (Sedierung) zu bewirken.

Wirkungseintritt und –dauer

Der Wirkstoff Tetrazepam wird komplett im Darm aufgenommen und die Wirkung von Tetrazepam kann mehrere Tage anhalten.
Ebenso sind die Stoffe, die nach der Verstoffwechselung durch die Leber entstehen, wirken noch weiterhin.

Anwendungsgebiete und Hinweise

Musaril® mit dem Wirkstoff Tetrazepam wurde vor seinem Verbot durch die Europäische Kommission eingesetzt bei:

  • krankhaften Muskelverspannungen durch Schmerzen
  • Panikattacken
  • Angststörungen
  • spastische Nervensystem-Erkrankungen (Morbus Little, Multiple Sklerose)

Eingesetzt wurde Tetrazepam in Form von Tabletten und Tropfen. Dabei betrug die Dosierung von Tetrazepam zu Beginn der Therapie 50mg/Tag und wurde langsam auf bis zu 200mg/Tag gesteigert.
Bei eingeschränkter Nierenfunktion, bei Kindern, Jugendlichen und älteren Patienten musste die Dosierung an die individuelle Stoffwechsellage angepasst werden.
Dosisänderungen mussten in beide Richtungen jeweils schleichend, also schrittweise über einen Zeitraum von mehreren Wochen, durchgeführt werden.

Nebenwirkungen

Bei 1 – 10% der behandelten Patienten kam es nach der Einnahme von Musaril® zu den typischen Tetrazepam-Nebenwirkungen wie Schwindel, Benommenheit, Koordinationsstörungen, Sprachstörungen und Magen-Darm-Beschwerden. Diese Symptome klangen dann im Behandlungsverlauf oft ab.

Bei etwa 0,1% der Behandelten traten allergische Hautreaktionen und Muskelschwäche auf, bei einem geringen Anteil von behandelten Patienten kam es zu schweren Hautreaktionen, Menstruationsstörungen und verminderter sexuellen Lust (Libido).

Möglich ist auch eine Wirkumkehr: Paradoxerweise kam es in diesen Fällen zu einer Aktivierung des Nervensystems mit Erregungszuständen, Angst, Schlafstörungen, Aggressionen und Muskelkrämpfen.

Verkehrstüchtigkeit und Bedienen von Maschinen

Durch Tetrazepam kommt es zu deutlichen Einschränkungen des Reaktionsvermögens, weshalb Patienten unter Behandlung mit Tetrazepam davon abgeraten wird, schwere Maschinen zu bedienen oder aktiv am Straßenverkehr teilzunehmen.
Verstärkt wird die Wirkung zudem noch durch den Genuss von Alkohol.

Suchtgefahr

Tetrazepam ist nicht zur langfristigen Einnahme geeignet, da es bereits nach kurzer Teit abhängig machen kann. Insbesondere, wenn das Medikament plötzlich abgesetzt wird, kann es bei den behandelten Patienten zu Schlafstörungen und Panikattacken kommen.

Wechselwirkungen

Mit vielen anderen Medikamenten, insbesondere mit zentral wirkenden Medikamenten (Psychopharmaka, Schmerzmittel, Schlafmittel, Allergiemittel) kann es zu Wechselwirkungen von Musaril® in Form von Wirkungs- und Nebenwirkungsverstärkung kommen.

Schwangerschaft und Stillzeit

Eine Behandlung von Schwangeren mit Musaril® war insbesondere während des letzten Drittels der Schwangerschaft als höchst kritisch anzusehen, da es dann bei der Geburt zum „Floppy-Infant-Syndrom“ kommen konnte. Dies ist ein Schwächezustand bei Neugeborenen, der mit Trinkschwäche, verlangsamter Atemfrequenz, verringertem Puls, Sauerstoffmangel und Muskelschwäche einhergeht.

Es war empfohlen, stattdessen auf Ibuprofen und Diclofenac (bis zur 30. Schwangerschaftswoche) und Diazepam zurückzugreifen.

Anstellte von Tetrazepam war während der Stillzeit das Schmerzmedikament Ibuprofen und physiotherapeutische Maßnahmen anstatt von Tetrazepam empfohlen.

Gegenanzeigen

Nicht angewendet werden durfte Musaril® bzw. Tetrazepam auch vor dem Verbot am 01.08.2013, wenn schwere krankhafte Muskelschwäche (Myasthenia gravis), Atemaussetzer im Schlaf (Schlafapnoe-Syndrom), schwere Leberschäden oder von Rückenmark oder Gehirn ausgehende Bewegungsstörungen (spinale und zerebelläre Ataxien) vorlagen.

Außerdem durfte Tetrazepam nicht angewendet werden, wenn eine Medikamenten-, Drogen- oder Alkoholabhängigkeit besteht oder bestand.

Weiterführende Informationen

Weiterführende Informationen zum Thema Musaril® finden Sie hier:

Eine Auswahl der bisherigen Themen der Rubrik Medikamente finden Sie unter Medikamente A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 23.10.2014 - Letzte Änderung: 22.10.2021