Sehbahn

Einleitung

Die Sehbahn ist ein Teil des Gehirns, denn alle ihre Komponenten stammen ursprünglich daher, auch der Sehnerv. Die Sehbahn beginnt an der Retina (Netzhaut), deren Ganglienzellen den Ausgangspunkt darstellen, und endet in der Sehrinde im Großhirn. Ihr komplexer Aufbau ermöglicht uns zu sehen.

Anatomie der Sehbahn

Der Aufbau der Sehbahn des Menschen ist sehr komplex. Sie beginnt am Hinterpol eines jeden Auges und endet in der Hirnrinde des Großhirns.

Bereits in der Netzhaut finden sich die ersten Nervenzellen, welche zur Sehbahn gehören. Die Ganglienzellen der Netzhaut vereinigen sich zum Sehnerv (Nervus opticus) und treten aus der Augenhöhle (Orbita) aus. Der Sehnerv besteht aus zwei verschiedenen Anteilen von Faserbündeln. Betrachtet man die Netzhaut, lässt sie sich in einen lateralen (äußeren) und medialen oder nasalen (inneren, zur Nase hin gelegenen) Teil unterteilen.

Demnach ergibt sich folgendes, wenn man den Beginn der Sehbahn schematisch von oben betrachtet: Am rechten Auge liegt der laterale Teil der Netzhaut rechts und der nasale Teil links, während es sich beim linken Auge genau anders herum gestaltet. Das Verständnis dieser Tatsache ist für das Verständnis des weiteren Verlaufs der Sehbahn unabdingbar.

Zunächst lagern sich die Faserbündel der Nervenzellen der Netzhaut des jeweiligen Auges einander an, kreuzen teilweise, um sich wenig später in einer anderen Kombination wieder zu vereinigen.
Die Verzweigungsstelle nennt sich Chiasma opticum. Hier kreuzen nur die Fasern, die die jeweils nasalen Netzhautpartien abbilden. Nach der Kreuzung also laufen im so genannten Tractus opticus auf jeder Seite jeweils die Fasern der korrespondierenden Seiten der Netzhaut.

Der rechte Tractus opticus führt nun also die Fasern der rechten Netzhauthälften, der linke Tractus die der linken Hälften. Anders ausgedrückt: Die ungekreuzten Fasern des rechten Auges und die gekreuzten Fasern des linken Auges vereinigen sich nun also im rechten Tractus opticus. Diese Netzhautabschnitte entsprechen den linken Gesichtsfeldhälften. Die ungekreuzten Fasern des linken Auges und die gekreuzten Fasern des rechten Auges vereinigen sich im linken Tractus opticus, was den rechten Gesichtsfeldhälften entspricht.

Verlauf der Sehbahn

Die Sehbahn erstreckt sich von der Netzhaut der Augen bis hin zu diversen Hirnarealen. Dabei liegt das am weitesten entfernte Areal des Hirns an der Hinterwand des Schädels und somit am Kopf auf der gegenüberliegenden Seite der Augen.

Der Beginn der Sehbahn wird durch die Sinneszellen der Netzhaut, die Stäbchen und Zapfen, dargestellt. Der erste sichtbare Teil der Sehbahn wird durch den austretenden Nervus opticus, den Sehnerven, gebildet. Dieser Nerv wird an der Rückseite beider Augen zuerst sichtbar.

Von dort aus laufen die Sehnerven nach hinten-mittig durch die Augenhöhle und bilden vor dem Hirnstamm das so genannte Chiasma opticum, die Sehbahnkreuzung. Hier kreuzen die nasalen Fasern des Sehnervs. Im weiteren Verlauf werden die Nervenfasern Tractus opticus genannt.

Auf jeder Seite mündet je ein Tractus opticus in das Zwischenhirn. Von hier führen Fasern zu der primären und sekundären Sehrinde.

Was ist die Sehbahnkreuzung?

Die Sehbahnkreuzung entsteht an der Stelle, an der sich die Sehbahnen beider Augen treffen. Diese liegt zwischen den Augenhöhlen und dem Hirnstamm. In der Sehbahnkreuzung kommt es zu einer Kreuzung der mittleren, nasalen Nervenfasern auf die Gegenseite. Die äußeren, temporalen Nervenfasern verbleiben auf ihrer Seite und kreuzen nicht.

Nach der Sehbahnkreuzung enthält jede Sehbahn somit einen Anteil an nasalen und einen Anteil an temporalen Nervenfasern. Dies hat zu Folge, dass die Reize der rechten Sichtfeldhälfte im linken Hirn verarbeitet und die Reize der linken Sichtfeldhälfte im rechten Hirn verarbeitet werden.

Funktion der Sehbahn

Die Sehbahn dient der Weiterleitung der visuellen Eindrücke und Signale vom Auge zum Gehirn. Der Transport dieser in elektrische Signale umgewandelter Information ist notwendig, um die Seheindrücke wahrzunehmen. Würde das Gesehene nicht ins Großhirn weitergeleitet, könnten wir das Gesehene nicht wahrnehmen.

Die Sehbahn ist unter anderem auch mit dem Gleichgewichtssinn und den Stellreflexen gekoppelt. Weicht die Impression des Auges von der des Gleichgewichtsorgans ab, wird durch die Stellreflexe ausgeglichen. Auf einem Schiff, welches im Seegang schwankt, nehmen sowohl die Augen, als auch das Gleichgewichtsorgan/ Vestibularorgan die Schwankungen wahr und aktivieren die entsprechenden Muskeln, damit wir auch weiterhin fest stehen.

Wenn Sie mehr Interesse an diesem Thema haben, lesen Sie dann unseren nächsten Artikel unter: Wie funktioniert das Sehen?

Einschub des Gesichtsfeldes

Die Netzhautabschnitte spiegeln die Gesichtsfelder in gegensätzlicher Anordnung wieder. Der rechte Anteil des Gesichtsfeldes jedes Auges wird jeweils auf der linken Netzhautseite aufgenommen. Die linken Hälften der Gesichtsfelder werden dementsprechend auf den rechten Anteilen der Netzhaut abgebildet.

Der rechte sowie linke Tractus werden im Mittelhirn umgeschaltet. Von hier aus zieht die so genannte Sehstrahlung in die Hirnrinde. Sie endet im Hinterhauptlappen an der Innenseite der jeweils beiden Hirnhälften (Hemisphären) im Sehzentrum.

Zur untersuchung des Gesichtsfeldes finden Sie mehr unter: Untersuchung des Gesichtsfeldes

Was ist die Folge eines Ausfalls der Sehbahn?

Verletzung der Sehbahn hat grob immer einen kompletten oder einen inkompletten Verlust des Sichtfelds als Folge formuliert. Sollte die sekundäre Sehrinde betroffen sein, so kommt es zu einer Störung der Reizverarbeitung. Je nach Lokalisation der Verletzung nimmt der Verlust des Sichtfeldes verschiedene Formen an.

Liegt die Verletzung vor dem Chiasma opticum, fällt ein komplettes Auge aus. Liegt die Verletzung im Chiasma opticum, fällt das Gesichtsfeld auf derselben Seite beider Augen aus. Sollte eine Verletzung der Sehbahn nach dem Chiasma opticum auftreten, so kann der Ausfall des Sichtfeldes mitunter stark variieren.

Die Schädigungen der Sehbahn kann man auf drei Abschnitte aufteilen: Prächiasmale, Chiasmale und Retrochiasmale Erkrankungen.
Bei der prächiasmalen Erkrankung ist hauptsächlich der Sehnerv betroffen. Es kommt zu einer einseitigen Sehstörung, wie etwa Blindheit oder Gesichtsfeldausfall, auf der Seite der jeweiligen Läsion.
Die chiasmale Erkrankung befindet sich auf Höhe der Vereinigung beider Sehnerven, des sog. Chiasma Opticums.
Hierbei kommt es meistens, wenn ein Geschwulst der Hirnanhangsdrüse (Hypophysenadenom) auf diese Struktur drückt.
Der Patient weist dann typischerweise eine sogenannte bitemporale Hemianopsie auf, auch bekannt als Scheuklappephänomen, da beidseits das äußere Gesichtsfeld ausfällt.
Retrochiasmale Erkrankungen beschreiben Schädigungen, die die Abschnitte nach der Vereinigung beider Sehnerven betreffen. Ein typisches Erkrankungsbild ist die homonyme Hemianopsie: Hier sind die gleichseitigen Gesichtsfelder beider Augen betroffen.

Was ist ein Chiasmasyndrom?

Ein Chiasmasyndrom besteht aus drei Komponenten und tritt auf, wenn die Sehbahnkreuzung entlang der Mittellinie geschädigt wird. Dabei kommt es zu einer Leitungsstörung der mittleren Anteile der Netzhaut und das Sichtfeld der Außenseiten beider Augen wird nicht mehr wahrgenommen. Außerdem wird die Sehschärfe häufig gemindert.

Dies kann ein- oder beidseitig auftreten. Da die Nervenzellen des Sehnervs nun nicht mehr vollständig genutzt werden können, kommt es weiterhin zu einem Verlust der verletzten Nervenzellen.

Mehr ausführlichere Informationen zu diesem Thema lesen Sie unter: Chiasmasyndrom

Weitere Informationen zum Thema "Sehbahn":

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 19.11.2007 - Letzte Änderung: 25.07.2023