Wasserkopf

Volksmund = „Wasserkopf“
Plural = Hydrozephali
Engl. = hydrocephalus

Unter einem Wasserkopf (Hydrozephalus) versteht man eine zunehmende Erweiterung der Liquorräume (Ventrikel) des Gehirns als Folge einer gestörten Zirkulation, Resorption oder Produktion von Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis).

50% aller vom Krankheitsbild „Hydrozephalus/ Wasserkopf“ betroffenen Patienten sind Säuglinge und Kleinkinder, die andere Hälfte wird von Erwachsenen gebildet, wobei vor allem Menschen über 60 Jahren an einem Wasserkopf erkrankt sind.

Davon ausgehend sind 25% der Hydrozephalus-Fälle angeboren oder mit einem Defekt des Neuralrohrs (Entwicklungsstufe des zentralen Nervensystems) kombiniert.

Die Inzidenz dieser angeborenen Formen (kongenitaler Hydrozephalus) beträgt 1 bis 4 pro 1000 Geburten.

Anatomischer Exkurs

Das Liquorsystem, welches beim Hydrozephalus/ Wasserkopf von Veränderungen betroffen ist, gliedert sich in innere sowie äußere Liquorräume.

Die inneren Liquorräume werden hierbei von den Ventrikeln gebildet, worunter man sich ein kommunizierendes System von Erweiterungen im Inneren des Gehirns vorstellen kann. Insgesamt existieren 4 Ventrikel, nämlich 2 Seitenventrikel (I. und II. Ventrikel), der mittig gelegene III. Ventrikel sowie der IV. Ventrikel, welcher vor dem Kleinhirn zu finden ist. Verbunden werden III. und IV. Ventrikel über den Aquädukt (Aquäductus cerebri).

Unter den äußeren Liquorräumen versteht man einen Raum zwischen den Blättern der weichen Hirnhaut (Pia mater und Arachnoidea), welcher Subarachnoidalraum genannt wird. Dieser umgibt das Gehirn und das Rückenmark und weist an bestimmten Stellen größere Erweiterungen auf, die sogenannten Zisternen.

Zwischen den inneren und äußeren Liquorräumen bestehen Verbindungen, die eine ständige Zirkulation des Liquors durch diese Räume ermöglichen.

Der Zirkulationsweg beginnt in den Seitenventrikel, setzt sich in den III. und IV. Ventrikel fort und gelangt von dort in die äußeren Liquorräume des Gehirns und Rückenmarks. Von dort fließt der Liquor über Venengeflechte (Venenplexus) oder in Venen ragende Ausstülpungen der Hirnhaut (Arachnoidalzotten) in das Venen- und Lymphsystem ab.

Die Aufgabe der Liquorproduktion wird von Konvoluten aus Gefäßzotten übernommen, welche in den Wänden der Seiten- sowie des III. und IV. Ventrikels lokalisiert sind. Bezeichnet werden diese Gefäßzotten als Plexus choroideus, der den Liquor wohl durch Sekretion oder Filtration bildet, wobei der letztliche Bildungsweg bisher noch nicht geklärt ist.

Die in den Liquorräumen zirkulierende Liquormenge beträgt beim Kind etwa 50ml, beim Erwachsenen etwa 150ml.

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Symptome und Diagnose

Symptome eines Wasserkopfs bei Erwachsenen

Die Symptome bei einem Wasserkopf bei Erwachsenen entstehen durch die Druckzunahme im Schädel. Bei Erwachsenen bildet der Schädelknochen einen abgeschlossenen Raum, welcher nicht erweiterbar ist.
Durch die Überproduktion von Hirnwasser oder ein Abflusshindernis kommt es zu einer Druckzunahme auf das Gehirngewebe. Die Hohlräume im Gehirn, welche das Hirnwasser enthalten, dehnen sich auf und drücken auf sensible Strukturen am Gehirn. Durch diese Drucksteigerung kommt es zu ähnlichen Ausfällen wie bei Schlaganfällen.

Betroffene klagen über Sehstörungen, Kopfschmerzen und Schwindel. Auch Bewegungsstörungen, wie eine Gangunsicherheit, sind bekannt. In manchen Fällen sind auch Wesensveränderungen und Gedächtnisstörungen möglich.
Bei einer späten Diagnose sind auch Einklemmungen des Gehirns möglich. Die Betroffenen werden ohnmächtig, da Anteile des Gehirns eingeklemmt werden und in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Hierzu zählt besonders der Hirnstamm, welcher das Kreislaufzentrum und das Atemzentrum enthält. Dieser Zustand ist akut lebensbedrohlich.

Ausführliche Informationen zu diesem Thema lesen Sie unter: Symptome eines Wasserkopfes

Diagnose eines Wasserkopfs

Um die Diagnose „Wasserkopf“ stellen zu können, ist in erster Linie die Erfragung der Krankheitsgeschichte (Anamnese) nötig. Daran schließt sich eine neurologische Untersuchung (siehe auch: Neurologie) an, bei welcher auf die typischen Symptome eines Wasserkopfes besonderes Augenmerk gerichtet wird.

Desweiteren finden bildgebende Verfahren Anwendung, nämlich ein Computertomogramm (cCT) oder ein Kopf-MRT (cMRT, Kernspin). Außer in der Notfallsituation wird jedoch in der Regel bevorzugt, ein Kopf-MRT zur Entdeckung eines Wasserkopfes durchgeführt.

Auch die Ableitung der Hirnströme mittels EEG (Elektroenzephalogramm) kann wichtige Hinweise auf das Vorliegen eines Hydrozephalus liefern.

Zu weiteren Möglichkeiten der Diagnostik zählen eine Druckmessung des Liquors oder auch eine Szintigraphie. Erstere wird in der Regel nicht mehr zur Diagnostik angewendet, letztere dient der Aufdeckung einer gestörten Resorption des Liquors mit Hilfe von radioaktiven Substanzen.

Es sollte regelmäßig der Kopfumfang gemessen werden, um eine Volumenzunahme des Schädels und somit einen Wasserkopf rechtzeitig zu erkennen. Zur Abklärung einer bestehenden Ventrikelvergrößerung führt man als Erstes eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) des Kopfes durch und als nächste Maßnahme ein CT oder MRT des Kopfes. Außerdem ist eine Spiegelung des Augenfundus hilfreich, um eine Blutung oder Stauungspapille als Hinweis auf einen Wasserkopf zu entdecken. Auch eine Magnetresonanztomographie (MRT) dient der Erkennung eines Hydrozephalus. 

Hier gelangen Sie zu allen Themen der Diagnostik

Behandlung des Wasserkopfs

Ohne Behandlung besteht bei einem Wasserkopf Lebensgefahr. Die Therapie ist davon abhängig, welche Ursache dem Wasserkopf zu Grunde liegt.
Bei einer Abflussstörung wird versucht, die Ursache direkt operativ zu beseitigen. Hierbei kann es sich um einen Tumor oder eine Verklumpung im Abflussbereich handeln.

Weiterhin gibt es verschiedene operative Möglichkeiten zur Behandlung eines Wasserkopfes. Eine Variante ist ein Umgehungsweg, der mit einem Endoskop in das Hohlraumsystem des Gehirns eingesetzt wird. Dies ist ebenfalls nur bei einem Verschluss der Abflusswege nutzbar.
Die zweite Möglichkeit besteht in der Anlage eines Shunts. Dies ist ein Schlauchsystem, welches das Hirnwasser direkt in den Bauchraum oder das Herz abführt. Dies kann auch bei einer Überproduktion von Hirnwasser verwendet werden.

Als kurzfristige Lösung eignet sich auch die Hohlraumdrainage. Hierbei wird bei akuten Abflussstörungen Hirnwasser entnommen. Dies ist allerdings nur eine kurzwirksame Notfalllösung.
Medikamente zur Verringerung der Hirnwasserproduktion sind bisher nicht verfügbar.

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Shunt bei einem Wasserkopf

Der Shunt ist eine operative Möglichkeit, einen Wasserkopf, welcher durch eine Überproduktion oder eine fehlerhafte Aufnahme von Hirnwasser entsteht, langfristig zu behandeln. Da bei einem Wasserkopf zu viel Hirnwasser im Kammersystem des Gehirns vorhanden ist, wird ein starker Druck auf das Gehirn ausgeübt.
Dieser Druck kann durch die künstliche Entnahme von Hirnwasser verringert werden.

Der Shunt besteht aus mehreren Schläuchen und Ventilen.
Ein Schlauch wird in das Hohlraumsystem des Gehirns eingeführt. Zur Regulation der Abflussmengen befindet sich am Ende des Schlauchs ein Ventil. Ohne dieses Ventil würde das gesamte Hirnwasser abfließen, welches jedoch für die Hirnfunktion notwendig ist.
Ein weiterer Schlauch liegt im Bauchraum oder im Herzen. Hierhin wird das Hirnwasser, welches zu viel produziert wird, abgeleitet und vom Körper aufgenommen.

Bei der Anlage eines Shunts sind verschiedene Komplikationen möglich. Eine mögliche Komplikation ist ein defektes Ventil, durch das es zu einer zu geringen oder zu starken Abführung von Hirnwasser kommen kann. Weiterhin sind Infektionen durch das körperfremde Material möglich. Bei einer solchen Infektion muss der Shunt entfernt werden.

Verlauf und Prognose

Prognose eines Wasserkopfes

Ein untherapierter frühkindlicher Wasserkopf verläuft in mehr als 50% der Fälle tödlich, bei der anderen Hälfte der kleinen Hydrozephalus-Patienten bleibt meist eine Behinderung zurück.

Bei rechtzeitiger Therapie jedoch, also Anlage eines Shunts, sinkt die Letalität eines Wasserkopf auf unter 10% und über 66% der Patienten behalten weder eine körperliche noch eine geistige Behinderung zurück. Beim Rest der an einem Hydrozephalus Erkrankten findet man jedoch Teilleistungsstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten.

Patienten mit einem Wasserkopf haben meist auch einen erhöhten Hirndruck. Was dagegen unternommen werden kann und wie die Prognose ist, erfahren Sie unter: Erhöhter Hirndruck - Anzeichen, Ursachen und Theapie

Wie ist die Lebenserwartung mit einem Wasserkopf?

Die Lebenserwartung von Wasserkopfpatienten hängt von verschiedenen Faktoren ab. Hierbei spielt besonders der Zeitpunkt der Diagnose und die Ursache eine große Rolle.
Bei fehlender Diagnose kann ein Wasserkopf akut lebensbedrohlich sein, da hierbei durch den gesteigerten Druck lebenswichtige Gehirnbereiche eingeklemmt werden. Bei einer Abflussstörung, durch zum Beispiel einen Tumor, kann eine Operation eine dauerhafte Heilung bedeuten und die Lebenserwartung unterscheidet sich nicht von der Lebenserwartung anderer Menschen.
Bei einer Shuntanlage, welche meist dauerhaft belassen werden muss, ist in den meisten Fällen ebenfalls nicht mit einer Einschränkung der Lebenserwartung zu rechnen. Da es jedoch in einigen Fällen zu einer Infektion des Schlauchs mit einer Beteiligung des Gehirns und der Hirnhäute kommt, besteht in akuten Fällen Lebensgefahr.

Die Lebenserwartung hängt also besonders davon ab, wie schnell die Diagnose Wasserkopf gestellt wird. Ohne Behandlung kann der Wasserkopf tödlich sein, während mit einer frühzeitigen Behandlung die Lebenserwartung deutlich länger ist. Je nach Ursache des Wasserkopfes, kann jedoch die Grunderkrankung die Lebenserwartung einschränken.

Welche geistige Entwicklung ist bei einem Wasserkopf zu erwarten?

Auch bei der geistigen Entwicklung ist der Diagnosezeitpunkt entscheidend. Ein dauerhaft gesteigerter Druck auf Gehirnbereiche kann zu deutlichen Einschränkungen führen. Weiterhin ist auch die Ursache für den Wasserkopf entscheidend.

Bei einem Wasserkopf aufgrund einer Gehirnfehlbildung ist nahezu immer mit einer deutlichen geistigen Behinderung zu rechnen. Auch bei Kindern, welche bereits im Mutterleib einen Wasserkopf entwickeln, ist mit geistigen Einschränkungen zu rechnen, da während der Schwangerschaft noch keine Behandlung möglich ist.
Grundsätzlich ist die Grunderkrankung entscheidender für die Entwicklung des Kindes als der Wasserkopf selbst.

Die Vorhersage der Einschränkungen ist meistens nicht unmittelbar nach der Diagnose möglich. Viele Kinder sind durch entsprechende Therapien zu einem eigenständigen Leben fähig. Dies zeigt sich erst über viele Jahre und kann anhand von bestimmten Entwicklungsmeilensteinen beurteilt werden.

Bei passender Behandlung ist von einem bereits bekannten Wasserkopf keine weitere Schädigung zu erwarten.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Wasserkopf beim Baby

Ist ein Wasserkopf heilbar?

Ein Wasserkopf kann je nach Ursache heilbar oder unheilbar sein. Bei einer Abflussstörung kann durch eine Operation eine vollständige Heilung möglich sein.

In anderen Fällen handelt es sich jedoch um eine Überproduktion oder eine schlechte Wiederaufnahme des Hirnwassers. Dies ist in vielen Fällen nicht dauerhaft heilbar.
Hierbei kann durch einen Shunt Abhilfe geschaffen werden. Die Betroffenen müssen zu regelmäßigen Kontrollen und tragen dieses Shuntsystem meistens ihr ganzes Leben. Die Spätfolgen könne so eingegrenzt oder ganz verhindert werden, aber eine komplette Heilung ist dies nicht.

Wasserkopf mit Spina Bifida

Einige Kinder mit einem Wasserkopf haben zusätzlich eine Spina Bifida. Hierbei handelt es sich um eine Fehlbildung des Rückenmarks und des Rückenmarkskanals. Dies wird auch offener Rücken genannt. Diese Erkrankung führt in den meisten Fällen zu einer Gehbehinderung.

Diese Kinder haben jedoch häufig eine gute Prognose im Bezug auf ihre geistige Entwicklung, da sie deutlich engmaschiger kontrolliert werden, als andere Kinder. In einigen Spezialzentren ist heute bereits eine operative Versorgung der Spina Bifida im Mutterleib möglich, was in manchen Fällen die Gehfähigkeit erhält.

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Wasserkopf durch Kreatin- Ein Mythos?

Reines Kreatin ist ein körpereigener Stoff aus Aminosäuren und dient dem Körper als Energiereserve. Der Abbaustoff Kreatinin wird über die Nieren ausgeschieden.
Durch die zusätzliche Einnahme von Kreatin zum Muskelaufbau sind einige Nebenwirkungen, wie Übelkeit, Durchfall und Wassereinlagerungen möglich.
Zu diesen Nebenwirkungen zählt jedoch nicht, dass das Risiko eines Wasserkopfes steigt. Bei Einnahme von Kreatin ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten, um den Wasser- und Salzhaushalt im Gleichgewicht zu halten.

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Zusammenfassung

Ein Hydrozephalus/ Wasserkopf bezeichnet eine Erweiterung der Ventrikel des Gehirns, in welchen sich das Nervenwasser, der Liquor cerebrospinalis, befindet. Je nach Ursache klassifiziert man einen Hydrozephalus näher; es können entweder der Abfluss, die Produktion oder aber die Resorption des Liquors abnormal verändert sein, so dass in der Folge auf einen Hydrozephalus hinweisende Beschwerden wie beispielsweise Kopfschmerzen, Übelkeit, psychische Veränderungen, Bewusstseinsstörung oder bei Kindern Zunahme des Kopfumfanges auftreten.

Zur Behandlung eines Hydrozephalus wird im Normalfall ein sogenannter Shunt angelegt, mit Hilfe dessen der Liquor abgeleitet und somit der Stau des Liquors in den Ventrikeln beseitigt wird.

Weiter zum Thema:

Weiterführende Informationen

Weitere allgemeine Informationen können Sie hier nachlesen: 

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 16.08.2010 - Letzte Änderung: 19.07.2023