Anatomie der Wirbelsäule

Einleitung

Die Wirbelsäule stellt unser „Stützkorsett“ des aufrechten Ganges dar. Bänder, zahlreiche kleine Gelenke und Hilfstrukturen garantieren uns neben Stabilität auch ein gewisses Maß an Flexibilität.

Aufbau der Wirbelsäule

Unsere Wirbelsäule gliedert sich vom Kopf beginnend in folgende verschiedene Abschnitte:

Abbildung Wirbelsäule

  1. Erster Halswirbel (Träger) -
    Atlas
  2. Zweiter Halswirbel (Dreher) -
    Axis
  3. Siebenter Halswirbel -
    Vertebra prominens
  4. Erster Brustwirbel -
    Vertebra thoracica I
  5. Zwölfter Brustwirbel -
    Vertebra thoracica XII
  6. Erster Lendenwirbel -
    Vertebra lumbalis I
  7. Fünfter Lendenwirbel -
    Vertebra lumbalis V
  8. Lenden-Kreuzband-Knick -
    Promontorium
  9. Kreuzbein - Os sacrum
  10. Steißbein - Os coccygis
    I - Halswirbelsäule (rot)
    II - Brustwirbelsäule (grün)
    III - Lendenwirbelsäule (blau)

Eine Übersicht aller Abbildungen von Dr-Gumpert finden Sie unter: medizinische Abbildungen

Als Folge des aufrechten, zweifüßigen Ganges und der Fortbewegung sind in diesen Abschnitten verschiedene Krümmungen durch das Abfedern und Belasten entstanden, die von der Seitansicht erkennbar sind. In der Medizin werden sie als Lordose und Kyphose bezeichnet. Erstere ist eine Vorwölbung der Wirbelsäule nach vorn, die Kyphose krümmt sich in der Seitansicht nach hinten, wie ein Buckel. Beim Neugeborenen fehlen diese speziellen Krümmungen noch vollständig. Sie entwickeln sich erst im Laufe des Lebens. Aus der bei der Geburt vorherrschenden durchgehenden Krümmung nach hinten (Kyphose) entsteht unter Mitwirkung der stärker werdenden Nackenmuskulatur die Halslordose zur Balance des Kopfes.

Im weiteren Verlauf – mit dem Erlernen des Sitzens, Stehens und Gehens – wird die Lendenlordose ausgeprägt. Diese verstärken sich, bis die Beine in den Hüftgelenken durchgestreckt werden können, wird aber erst im Laufe der Pubertät endgültig fixiert. Beim ausgewachsenen Menschen findet sich also eine Halswirbellordose, Brustwirbelkyphose, Lendenlordose undSakralkyphose. Im Bild ergibt sich somit eine doppelt S-förmige Krümmung. Von hinten jedoch sollte eine einigermaßen gerade Linie zu sehen sein.

Das Bauelement der Wirbelsäule stellen die einzelnen Wirbel dar. Grundsätzlich lassen sich alle Wirbel in einen Wirbelkörper, Wirbelbogen und verschiedene Fortsätze (Dorn-, Quer- und Gelenkfortsatz) unterteilen. Ausnahmen bilden hier der 1. und 2. Halswirbel. Aber auch die einzelnen Wirbelsäulenabschnitte weisen nach ihrer Funktion spezielle Besonderheiten auf.

Allgemein bilden die Wirbelkörper und die Wirbelbögen das Wirbelloch und in ihrer Gesamtheit den Wirbelkanal, der das Rückenmark beherbergt. Die Fortsätze, die dem Wirbelbogen entspringen, dienen Muskeln und Bändern als Ansatz. Im Bereich der Brustwirbelkörper bilden sie die Rippenwirbelgelenke. Zwischen jedem Wirbel befindet sich eineZwischenwirbelscheibe, die sogenannte Bandscheibe.

A - Fünfter Halswirbel (rot)
B - Sechster Brustwirbel (grün)
C - Dritter Lendenwirbel (blau)

  1. Wirbelkörper - Corpus vertebrae
  2. Wirbelloch - Foramen vertebrale
  3. Dornfortsatz
    (bei Halswirbeln meist
    zweigeteilt) -
    Processus spinosus
  4. Querfortsatz -
    Processus transversus
  5. Gelenkfläche für die Rippe -
    Fovea costalis processus
  6. Oberer Gelenkfortsatz -
    Processus articularis superior
  7. Wirbelbogen - Arcus vertebrae
  8. Gelenkfläche für die Rippe
    am Wirbelkörper -
    Fovea costalis superior
  9. Rippen-Querfortsatz-Gelenk -
    Articulatio costotransversaria
  10. Rippe - Costa
  11. Rippenkopfgelenk -
    Articulatio capitis costae
  12. Querfortsatzloch
    (nur bei Halswirbeln) -
    Foramen transversarium
  13. Querfortsatz des Lendenwirbels
    ("Rippenfortsatz") -
    Processus costiformis

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Bandscheiben und Bänder

Eine Bandscheibe (= intervertebral disk; Zwischenwirbelscheibe) stellt die knorpelige Verbindung zwischen zwei Wirbelkörpern dar. Sie besteht aus einem bindegewebigen und knorpeligen äußeren Ring, dem so genannten Annulus fibrosus und einem weichen inneren Gallertkern, den man als Nucleus pulposus bezeichnet.

  1. Bandscheibe
    (Zwischenwirbelscheibe) -
    Discus inter vertebralis
  2. Gallertkern - Nucleus pulposus
  3. Faserring - Anulus fibrosus
  4. Rückenmarknerv - N. spinalis
  5. Rückenmark - Medula spinalis
  6. Dornfortsatz - Processus spinosus
  7. Querfortsatz -
    Processus transversus
  8. Oberer Gelenkfortsatz -
    Processus articularis superior
  9. Zwischenwirbelloch -
    Foramen intervertebrale
  10. Wirbelkörper - Corpus vertebrae
  11. Vorderes Längsband -
    Lig. longitudinale anterius

Die Bandscheibe übernimmt die Funktion eines Puffers und federt somit Stöße und Erschütterungen ab, die auf die Wirbelsäule wirken. Darüber hinaus ermöglicht sie den einzelnen Wirbeln auch eine bessere Beweglichkeit miteinander. Nicht alle Wirbel besitzen einen solchen Puffer: Der erste und zweite Halswirbel bilden ein besonderes Gelenk und besitzen somit einen anderen Aufbau. Gleiches gilt für die Kreuz- und Steißbeinwirbel, die im Rahmen der Entwicklung miteinander verschmelzen (siehe: Kreuzbein und Steißbein weiter oben).

Aufgrund der wichtigen Aufgaben und Funktionen, die der Bandscheibe zugeschrieben werden, ist es verständlich, dass ihr in besonderer Weise eine Verantwortung gegenüber gezeigt werden muss. Dies bedeutet: Schäden der Wirbelsäule müssen nach Möglichkeit vermieden werden. Dies erreicht man beispielsweise durch ein „rückengerechtes“ Verhalten („Rückenschule“).

Darüber hinaus ist es allerdings auch von besonderer Bedeutung, dass die Bandscheibe als solches richtig ernährt wird. Diese „richtige“ Ernährung hat mit gesunder Nahrungsaufnahme als solches prinzipiell nichts zu tun. Die Beweglichkeit und Elastizität der Bandscheibe wird durch eine regelmäßige Flüssigkeitsaufnahme erreicht, was wiederum nur durch eine gesunde und ausreichende Bewegung des Menschen erreicht werden kann. Wird die Bandscheibe im adäquaten Wechsel jeweils be- und entlastet, ist eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme durch ein „Einarbeiten in die Bandscheibe“ in der Regel gewährleistet.

Für den Erhalt der Elastizität der Bandscheibe ist nichts so wichtig wie Bewegung. Dieses Bewegungsmaß sollt aber angemessen sein. Dies bedeutet, dass auch eine permanente Bewegung mit nur geringfügigen Ruhepausen sich genauso negativ auswirken kann wie ein chronischer Bewegungsmangel.

In beiden Fällen kann der knorpelige äußere Ring spröde und rissig werden. Der innere Gallertkern erhält dadurch die Möglichkeit aus herauszutreten, so dass sich unter Umständen dann ein Bandscheibenvorfall herausbilden kann.

Damit der Wirbelsäule ein maximaler Halt, aber auch eine maximale Beweglichkeit zugesichert werden kann, müssen kräftige Bänder vorhanden sein, die sich zum einen über die gesamte Länge der Wirbelsäule erstrecken. Darüber hinaus sind weitere Bänder notwendig, die im Verlauf vorgestellt werden sollen.

  • Das vorderen Längsband ist für die Stabilisierung zwischen Bauchraum und Wirbelsäule verantwortlich.
  • Das hintere Längsband erstreckt sich über die hinteren Wirbelkörperflächen und kleidet den vorderen Wirbelkanalbereich aus.
  • Das gelbe Band (= Ligamentum flavum),
    befindet sich zwischen den jeweiligen Wirbelbögen.
  • Ein Band – System verbindet die Querfortsätze der einzelnen Wirbel mit den Zwischenquerfortsätzen.
  • Ein Band – System (= Zwischendornfortsatz – Bänder) verbindet die Dornfortsätze und somit die Wirbelrückseiten miteinander.
  • Ein Band erstreckt sich darüber hinaus über alle Dornfortsätze und stützt die Wirbelsäule in Form einer hinteren Stabilisierung.

Die Rückenmuskulatur sorgt darüber hinaus für eine zusätzliche Stützung des gesamten Bandsystems. Nur die gemeinsame Wirkung und gegenseitige Unterstützung ermöglicht die bekannte elastische und stabilisierende Funktion und Struktur der Wirbelsäule und ermöglichen somit die zahlreichen Bewegungsmöglichkeiten in alle Richtungen, inklusive etwaiger Drehbewegungen.

Bandscheiben

Die Bandscheibe dient als Puffer zwischen zwei Wirbeln. Sie besteht aus einem äußeren Faserring (Anulus fibrosus) und einem innen gelegenen Kern aus galertartiger Masse (Nucleus pulposus). Der Kern dient der reversiblen Wasserbindung, das heißt er kann – je nach aktuellem Belastungszustand des jeweiligen Wirbelsäulensegments – Wasser abgeben (starke Belastung) oder aufnehmen (abnehmende Belastung), er fungiert somit wie eine Art Wasserkissen oder Schwamm.

Die Bandscheibe ist also der Stoßdämpfer der Wirbelsäule und somit enormen Kräften ausgesetzt, was sich in immer häufiger auch in frühen Jahren auftretenden Bandscheibenvorwölbungen oder gar -vorfällen des heutigen Patientenklientels niederschlägt. Bei einem solchen Bandscheibenvorfall wird der äußere Faserring porös und rissig, sodass Teile des Kerns austreten und teilweise bis in den Wirbelkanal vorgleiten, wo sie dort verlaufende Nerven (s.u.) irritieren können.

Bandapparat

Zahlreiche Bänder sorgen für eine Stabilisierung der knöchernen Wirbelsäule. Hierzu zählen unter anderem das vordere und hintere longitudinale Band (Lig. longitudinale anterius und posterius), die entlang der gesamten Wirbelsäule von kranial nach kaudal verlaufen, die gelben Bänder (Ligamenta flava), die die benachbarten Wirbelbögen miteinander verbinden und die Bänder zwischen den Dornfortsätzen (Ligamenta interspinalia).

Weitere Informationen finden Sie hier: Die Bänder der Wirbelsäule

Rückenmark

Das Rückenmark verläuft durch den Spinalkanal, der von den einzelnen Wirbellöchern (Foramina vertebralia) gebildet wird nach kaudal und gibt hier an jedem Wirbelkörper einen Nervenstrang (den Spinalnerv) nach rechts und links ab. Dieser Spinalnerv verläuft durch die Zwischenwirbellöcher (Foramina intervertebralia) und verlässt so den Wirbelkanal.

Es gibt 31 Spinalnervenpaare. 8 zervikale (der Halswirbelsäule zugehörig), 12 thorakale (der Brustwirbelsäule zugehörig), 5 lumbale (der Lendenwirbelsäule zugehörig), 5 sakrale (dem Kreuzbein / der Sakralwirbelsäule zugehörig) und 1 coccygales (dem Steißbein zugehörig), das beim Menschen jedoch nur rudimentär ausgebildet ist.
Im Bereich der Halswirbelsäule tritt der erste Spinalnerv (C1) oberhalb der ersten Halswirbels (HWK 1) aus, sodass also im Bereich der Halswirbelsäule der Spinalnerv jeweils oberhalb seines zugehörigen Wirbelkörpers austritt. Dass es 8 cervikale Spinalnerven gibt und nur 7 Halswirbelkörper ändert sich dieses Schema jedoch mit dem 8. Spinalnerv, der unterhalb des 7. HWK austritt.
Somit tritt der 1. thorakale Spinalnerv (Th 1) unterhalb seines zugehörigen Wirbelkörpers (BWK 1) aus.

Das Rückenmark als solches endet in Höhe des 1. Lendenwirbelkörpers, während die Spinalnerven auf dem Weg zur den ihnen zugeordneten Austrittsöffnungen noch weiter nach unten verlaufen. Dieses Bündel an Spinalnerven, das jedoch nicht mehr das Rückenmark selbst beinhaltet nennt man Cauda equina (zu Deutsch: Pferdeschwanz). Bei einer Entnahme von Hirnwasser im Bereich des Rückens (Lumbalpunktion oder Liquorpunktion) kann man also ab dem 2. Lendenwirbelkörpers (meist jedoch zwischen dem 3. und 4. Lendenwirbel) eine Nadel einstechen ohne Gefahr zu laufen, das Rückenmark zu verletzen. Die dort verlaufende Cauda equina ist flexibel und kann der Nadelspitze ausweichen.

Nerven

Die Wirbelsäule bildet einen knöchernen Schutzwall um das menschliche Rückenmark, durch das die Nervenstränge verlaufen, die elektrische Impulse zu den Muskeln senden. Auch sensible Sinneswahrnehmungen werden aus der Peripherie über das Rückenmark zum Gehirn geleitet, wo sie bewusst wahrgenommen werden können. Um zu den peripheren Bereichen des Körpers, zum Beispiel in die Arme und Beine, zu gelangen, ziehen zwischen den einzelnen Wirbelkörpern Nervenstränge aus dem Rückenmark heraus.

Bei jeglichen Schäden der Wirbelsäule, zum Beispiel Wirbelbrüchen, Bandscheibenvorfällen und degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen, sind die Nerven an der Wirbelsäule durch ihre räumliche Nähe in Gefahr. Bei Schmerzen, die am Rücken entstehen und sich in die Peripherie fortleiten, liegt womöglich eine Nervenbeteiligung vor, die dringend behandelt werden muss.

Das Rückenmark selbst, welches innerhalb der Wirbelsäule im Spinalkanal verläuft, besteht aus Nervengewebe. Im Querschnitt erscheint das Rückenmark als annähernd runde helle Fläche (weiße Substanz), in deren Mitte sich eine schmetterlingsförmige dunklere, graue Struktur zeigt (graue Substanz). Während die graue Substanz von den Körpern der Nervenzellen (Perikaryen) gebildet wird, stellt die weiße Fläche außen herum deren Fortsätze (Axone) dar.

Das Rückenmark enthält verschiedene Bahnen mit unterschiedlichen Qualitäten, die sowohl Informationen vom Gehirn an den restlichen Körper (die Peripherie), als auch von der Peripherie aus zurück ans Gehirn leiten. So werden Bewegungsbefehle vom Gehirn aus an die Muskulatur geleitet oder andersherum Wahrnehmungen wie Schmerz von der Haut ans Gehirn geleitet. Das Rückenmark ist so essenziell als Vermittler zwischen dem Gehirn und dem restlichen Körper.

Jeweils zwei untereinander liegende Wirbelkörper bilden miteinander rechts und links je ein Zwischenwirbelloch (Foramen intervertebrale), durch das die Spinalnerven austreten. Diese entspringen zu 31 Paaren direkt aus dem Rückenmark, gehören jedoch zum peripheren Nervensystem. Sie sind allesamt gemischte Nerven, enthalten also sensible (z.B. Gefühls-oder Schmerzempfindung), motorische (Bewegung) und vegetative (z.B.Schwitzen) Qualitäten.

Lesen Sie mehr zum Thema: Rückenmarksnerven

Nervenwurzel

Nervenwurzeln sind Fasern, die in das Rückenmark hinein oder hinaus treten. Auf jedem Abschnitt der Wirbelsäule (Segment) befinden sich rechts und links jeweils 2 Nervenwurzeln, eine Hintere und eine Vordere.
Die vorderen Wurzeln leiten motorische Befehle vom Gehirn an die Muskulatur, wohingegen die Hinteren sensible Informationen wie Schmerz oder Berührung vom Körper zum Gehirn leiten. Die 2 Wurzeln einer Seite vereinigen sich im Rückenmarkskanal zu einem Rückenmarksnerven (Spinalnerven). Auf jeder Seite verlässt so ein Spinalnerv durch ein Zwischenwirbelloch den Wirbelkanal.

Halswirbelsäule

Von den insgesamt 7 Halswirbeln weichen der erste (Atlas) und zweite (Axis) am stärksten von der Grundform der Wirbel ab. Sie sind so gebaut, dass sie sowohl die Hauptlast des Kopfes aufnehmen können als auch die Bewegung, einem Kugelgelenk entsprechend, in drei Freiheitsgrade ermöglichen. Der nach der griechischen Mythologie benannte erste Halswirbel „Atlas“ liegt direkt unter dem Hinterhauptloch (Foramen magnum) des Schädels, trägt seine gesamte Last und umfasst dabei den Zahn des zweiten Halswirbels, der Dreher (Axis). Die übrigen fünf Halswirbel (Halswirbelsäule) haben einen verhältnismäßig kleinen und in der Aufsicht annähernd würfelförmigen Wirbelkörper und ein großes, dreieckiges Wirbelloch, in dem sich die vom Schädel kommenden Nervenbahnen als Rückenmark fortsetzten. Als anatomische Besonderheit sind die Querfortsätze der Halswirbelsäule gespalten und bilden damit einen Kanal, der jeweils links und rechts eine hirnversorgende Arterie (Arteria vertebralis) führt. Die obere Fläche des Querfortsatzes weist vom 3. Halswirbel an eine tiefe, breite Rinne auf, durch die der jeweilige Spinalnerv durch das Zwischenwirbelloch nach außen vortritt. So entspringen zu jeder Seite acht Nervenbündel im Bereich der Halswirbelsäule. Die oberen vier bilden dabei das Halsnervengeflecht, welches die Halsmuskulatur und das Zwerchfell, der wichtigste Atemmuskel, innerviert.

Bei einer Verletzung oberhalb dieser Rückenmarkssegmente, z.B. durch einen Autounfall, ist eine eigenständige Atmung nicht mehr möglich. Die unteren vier Nervenbündel bilden zusammen mit dem ersten der Brustwirbelsäule das Armnervengeflecht, das für die Motorik der Arm- und Brustmuskulatur sowie der Hautareale in diesen Bereichen zuständig ist.
Der siebte Halswirbel lässt sich von außen schnell durch den nach hinten vorspringenden Dornfortsatz identifizieren. Dadurch bekam er seinen eigenen Namen: Vertebra prominens.
Die Gelenkfortsätze verbinden nach oben und unten die einzelnen Wirbel gelenkig miteinander.

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Brustwirbelsäule

Die Brustwirbelsäule besteht aus 12 Wirbeln. Die Wirbelkörper werden im Verlauf zur Lendenwirbelsäule hin allmählich höher und breiter. Das Wirbelloch ist annähernd rund und kleiner als in der Hals- und Lendenwirbelsäule, die Endflächen sind abgerundet und dreieckig. Da die Dornfortsätze lang und stark nach hinten unten abgeknickt sind, sind die Brustwirbel in besonderer Art und Weise miteinander (wie Dachziegel) verzahnt. An den Brustwirbeln setzen die Rippen an, deswegen sind sie sowohl an den Wirbelkörpern als auch an den Querfortsätzen mit überknorpelten Gelenkflächen ausgestattet. So ergeben sich zwei Rippen-Wirbel-Gelenke: das Rippenkopfgelenk und das Rippenhöckergelenk.
Ersteres wird bei der 2.-10. Rippe von jeweils zwei übereinanderstehenden Brustwirbelkörpern und dem Rippenkopf mit ihren Gelenkflächen gebildet.

Bei der 1., 11. und 12. Rippe artikuliert nur ein Brustwirbel mit dem Rippenkopf. Alle Gelenkkapseln der Rippenkopfgelenke werden durch Bänder verstärkt. Bei den Rippenhöckergelenken der 1.-10. Rippe artikulieren die Rippenhöcker mit der Gelenkfläche des entsprechenden Brustwirbelquerfortsatzes.

Bei der 11. und 12. Rippe fehlt ein entsprechendes Gelenk, da die Querfortsätze dieser Brustwirbel keine Gelenkflächen haben. Auch diese Gelenke werden durch insgesamt 3 Bänder verstärkt. Sie verlaufen dabei nicht nur zwischen den Rippen und ihrem zugehörigen Brustwirbel sondern auch zwischen Rippenhals und dem Querfortsatz des nächsthöheren Wirbels.
Beide Rippengelenke sind zwar morphologische vollständig voneinander getrennt, bilden aber in ihrer Beweglichkeit eine Einheit.

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Lendenwirbelsäule

In der Lendenwirbelsäule sind die Rippenanlagen in Form der Querfortsätze sehr viel kräftiger ausgebildet als an der Halswirbelsäule. Deshalb werden die Querfortsätze in diesem Bereich auch als Rippenfortsätze bezeichnet. Zusätzliche Rippen können vorkommen, machen meistens jedoch keine Beschwerden. Hingegen kann bei einer zusätzlichen Halsrippe das Armnervengeflecht und die begleitende Arterie eingeengt werden und es kommt zum sogenannten Skalenus- bzw. Halsrippensyndrom.
Die Lendenwirbelsäule besitzt 5 kräftige, in der Aufsicht querovale Wirbelkörper. Ihre wuchtigen Wirbelbögen umschließen ein nahezu dreieckiges Wirbelloch und vereinigen sich zu einem kräftigen, abgeplatteten Dornfortsatz. Durch den aufrechten Gang lastet gerade auf der Lendenwirbelsäule ein enormes Gewicht. Diese Belastung kann zu verschiedenen Krankheitsbildern führen. Von unspezifischen Schmerzen über degenerative Veränderungen bis hin zum gefährlichen Bandscheibenvorfall, welcher in diesem Bereich gehäuft anzutreffen ist, rückt die Lendenwirbelsäule besonders in den Augenschein der Kliniker.
Im Inneren des Wirbelkanals verbirgt sich eine Besonderheit der Lendenwirbelsäule, bzw. des in ihm verlaufenden Rückenmarks.

Bei den meistens Menschen endet dieses nämlich in Höhe des 2. Lendenwirbelkörpers. Diese Tatsache geht auf die Entwicklungsgeschichte des Menschen zurück. Bis zur 12. Entwicklungswoche im Mutterleib sind Rückenmark und Wirbelkanal gleich lang, so dass Spinalnervenpaar durch das in gleicher Höhe liegende Zwischenwirbelloch austritt. Mit dem Alter wächst die Wirbelsäule aber schneller als das Rückenmark, so dass schon bei der Geburt das Rückenmark auf Höhe des 3. Lendenwirbels endet. Folge dieses unterschiedlichen Wachstums ist, dass die Spinalwurzeln der Nerven schräg abwärts im Wirbelkanal nach unten zu ihrem jeweiligen Zwischenwirbelloch ziehen und dort austreten. Als Gesamtheit bezeichnet man diese Wurzeln zusammen den sogenannten „Pferdeschwanz“ (Cauda equina). Zwar trifft man in diesem Bereich keine Rückenmarkssegmente mehr an, jedoch ziehen die das Rückenmark umgebenden Hüllen bzw. Häute noch bis in den Sakralkanal weiter. Das ist der Grund, warum in diesem Bereich gefahrlos Liquor cerebrospinalis (Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit) entnommen werden kann. Diese Lumbalpunktion dient zur Diagnostik bei verschiedenen Erkrankungen. Ebenso kann in diesem Bereich im Rahmen eines operativen Eingriffs ein Betäubungsmittel zur Schmerzausschaltung und Muskellähmung für die untere Extremität und die Beckenregion gesetzt werden (spinale Lumbalanästhesie).

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Sacralwirbelsäule

Das sogenannte Kreuzbein besteht ursprünglich aus fünf selbstständigen Wirbeln. Nach der Geburt verschmelzen diese jedoch einheitlich zu einem in der Ansicht von vorne dreieckig aussehenden Knochen. Trotzdem besitzt das Kreuzbein noch alle Charakteristika eines Wirbels. Die verschmolzenen Wirbel formen im oberen Bereich vier T-förmige Knochenkanäle, durch die die Sakralnerven austreten. Die vereinigten Dornfortsätze bilden auf der konvexen Hinterseite eine gezackte Knochenleiste. Jeweils seitlich davon entstehen durch die Verschmelzung der Querfortsätze mit den Rippenrudimenten zu beiden Seiten des Kreuzbeinkörpers die mächtigen seitlichen Anteile, die an ihren Seiten ohrenförmige Gelenkflächen für die Darmbeine des Beckens tragen.
Dem Kreuzbein schließt sich das Steißbein mit drei bis vier Wirbelrudimenten an. Zumindest der erste Steißbeinwirbel lässt meist noch typische Bauelemente erkennen.

Bandapparat der Wirbelsäule

Die Wirbelsäulenbänder führen zu einer stabilen Verbindung der Wirbel untereinander und ermöglichen hohe mechanische Belastungen. Innerhalb des Bandapparates lassen sich Wirbelkörperbänder und Wirbelbogenbänder voneinander unterscheiden.
Das vordere Wirbelkörperband verläuft breitflächig auf der Vorderseite der Wirbelkörper von der Schädelbasis bis zum Kreuzbein. Mit seinen tiefen Fasern verbindet es benachtbarte Wirbelkörper, mit seinen oberflächlichen Anteilen zieht es über mehrere Segmente hinweg. Mit den Bandscheiben ist dieses Band nur locker verbunden. Das hintere Wirbelkörperband verläuft von der hinteren Schädelgrube über die Rückseite der Wirbelkörper bis in den Sakralkanal hinein. Im Gegensatz zum vorderen Band ist das hintere fest mit der Bandscheibe verwachsen. Beide Bänder sind an der Aufrechterhaltung der Wirbelsäulenkrümmung beteiligt.
Die Wirbelbogenbänder verlaufen, wie der Name vermuten lässt, zwischen den Wirbelbögen, weiterhin zwischen den Dorn- und Querfortsätzen und schaffen somit zusätzliche Stabilität.

Bewegungsausmaß der Wirbelsäule

Für die Beweglichkeit der Wirbelsäule sind die Wirbelbogengelenke (sogenannte kleine Wirbelgelenke) verantwortlich. Sie werden von den Gelenkfortsätzen der Wirbelbögen gebildet und sind paarig angelegt. Da sie je nach Wirbelsäulenabschnitt in unterschiedlichem Ausmaß gegen die Horizontale gekippt sind, weisen sie ein bestimmtes Bewegungsausmaß und spezielle Bewegungsrichtungen auf (siehe Tabelle). Generell sind folgende Bewegungen möglich:

  • Vorwärtsbeugung (Ventralflexion)
  • Rückwärtsbeugung (Dorsalextension)
  • Seitwärtsbeugung (Lateralflexion)
  • Drehung (Rotation)

Die folgende Tabelle gibt das Ausmaß der Beweglichkeit in den einzelnen Abschnitten der Wirbelsäule an:

Halswirbelsäule (HWS):

  • Vorwärtsbeugung: 65°
  • Rückwärtsbeugung: 40°
  • Seitwärtsbeugung: 35°
  • Drehung: 50°

Brustwirbelsäule (BWS):

  • Vorwärtsbeugung: 35°
  • Rückwärtsbeugung: 25°
  • Seitwärtsbeugung: 20°
  • Drehung: 35°

Lendenwirbelsäule (LWS):

  • Vorwärtsbeugung: 50°
  • Rückwärtsbeugung: 35°
  • Seitwärtsbeugung: 20°
  • Drehung: 5°

HWS+BWS+ LWS:

  • Vorwärtsbeugung: 150°
  • Rückwärtsbeugung: 100°
  • Seitwärtsbeugung: 75°
  • Drehung: 90°

Funktion der Wirbelsäule

Die Wirbelsäule ist eine ausgeklügelte Struktur des menschlichen Körpers, die vielerlei Funktionen ermöglicht.
Zunächst hält sie den Körper aufrecht und wird somit nicht umsonst als „Rückgrat“ bezeichnet. Ein komplexes Zusammenspiel aus knöchernen Strukturen, Bändern und Muskeln ermöglicht eine Stabilisierung von Rumpf, Hals und Kopf. Insofern unterscheidet sich der Mensch durch den aufrechten Gang von anderen Wirbeltieren.
Nach oben hin trägt die Wirbelsäule den Schädel und ermöglicht gleichzeitig eine Bewegungsfreiheit des Kopfes zu allen Seiten hin. Desweiteren ist die Wirbelsäule über viele kleine Gelenke mit den Rippen verbunden und hängt mit dem Schultergürtel zusammen. Das Kreuzbein als unteres Ende der Wirbelsäule trägt zur Bildung des Beckens bei, indem es mit weiteren Knochen den sogenannten Beckenring bildet.
Eine weitere wichtige Funktion der Wirbelsäule liegt darin, dass sie einen knöchernen Schutz um das empfindliche Rückenmark bietet. Das Rückenmark tritt durch eine knöcherne Öffnung im Schädelknochen und verläuft anschließend durch den Rückenmarkskanal oder Spinalkanal (Canalis vertebralis), der durch die übereinander liegenden einzelnen Wirbelkörper gebildet wird. Vom Wirbelkanal geht beidseits jeweils eine Öffnung ab, das Zwischenwirbelloch (Foramen intervertebrale). Dieses wird immer von zwei untereinander liegenden Wirbeln gebildet und ist Austrittspunkt für die sogenannten Spinalnerven (Rückenmarksnerven)

Weitere Informationen zum Thema Wirbelsäule Anatomie

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 24.11.2010 - Letzte Änderung: 25.07.2023