Zwangsstörung

Synonyme im weiteren Sinne:

Zwänge, Waschzwang, Putzzwang, Kontrollzwang, Zählzwang, Zwang

Englisch: obsessive-compulsive disorder

Definition

Zwänge können sich in Form von Gedanken, Impulse oder Verhaltensweisen widerspiegeln. Die betroffenen Personen wissen in den meisten Fällen sehr wohl, dass die ihr Verhalten, bzw. ihre Gedankengänge deutlich übertrieben und unangemessen sind.
Sie sind jedoch nicht in der Lage, alleine etwas dagegen zu unternehmen. Die betroffenen Personen fühlen sich meist so stark von den Ausprägungen der Zwangsstörung belastet, dass es für sie deutlich unangenehmer wäre, dem Zwang nicht nachzugeben und die Gedanken oder Handlungsimpulse zu ignorieren. Wenn diese Gedanken oder Handlungen nicht ausgeführt werden, fühlen sich die meisten Betroffenen starken Ängsten ausgesetzt. die Folge sind oft starke körperliche Symptome.

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Symptome

Die Zwangsgedanken können sich im Verhalten (oder Handlungsimpulse) zeigen, oder in den Gedanken oder Vorstellungen der betroffenen Person. Charakteristisch ist das regelmäßige Auftreten dieser Zwangsgedanken oder Handlungen im Alltag. Oftmals bleiben die Zwangsgedanken auch für eine längere Zeit im Bewusstsein der Person und verschwinden nicht sofort wieder nach dem Auftreten.
Die betroffenen Personen versuchen diese Zwangsgedanken oder Handlungen weitgehend zu ignorieren. Oftmals geschieht dies auch durch den Versuch, andere Gedanken aufkommen zu lassen oder einer anderen Tätigkeit nachzugehen.
Die Zwangsgedanken und die zwanghaften Verhaltensweisen beeinträchtigen den normalen Denkprozess bzw. Handlungsablauf.
Die betroffenen Personen gelangen oftmals selber zu der Einsicht, dass ihre Zwangsgedanken oder Verhaltensweisen übertrieben sind.

Weitere Symptome

Weitere mögliche Symptome, die im Rahmen einer Zwangsstörung auftreten können:

Epidemiologie

Die Erkrankung an einer Zwangstörung erfolgt bei 95% aller Fälle vor dem 40. Lebensjahr. Der durchschnittliche Krankheitsbeginn liegt zwischen dem 20. - 25. Lebensjahr.
Männer erkranken im Durchschritt früher als Frauen, trotzdem kann man die Geschlechterverteilung unter den betroffenen Personen im Erwachsenenalter als ausgeglichen betrachten. Männer und Frauen erkranken im höheren Alter also vergleichbar häufig.

Zwangsstörung bei Kindern

Die Zwangsstörung wird bei Kindern und Jugendlichen deutlich öfter entdeckt als bei Erwachsenen, da ältere Personen besser darin sind, ihre Zwänge zu verheimlichen.
Um die Diagnose einer Zwangsstörung stellen zu können, muss das Zwangsverhalten detailliert betrachtet werden.

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Diagnose

Um die Diagnose einer Zwangsstörung stellen zu können, muss das Zwangsverhalten detailliert betrachtet werden.
Mit Hilfe eines speziellen Fragebogens oder einem klinischen Interview, beide sind speziell auf Zwangsstörungen zugeschnitten, können die Kriterien bzw. Symptome systematisch erfragt werden, die für die Diagnosestellung vorhanden sein müssen. Ebenso wichtig ist die Betrachtung der Auswirkungen der Symptomatik auf die Umwelt der betroffenen Person. In schwierigen Fällen verhindern Zwangsstörungen auch die Ausübung des Berufes, der zuvor im Leben der betroffenen Person einen wichtigen Stellenwert gehabt haben kann.
Die Zwangsstörung kann ebenso zu anderen psychischen Erkrankungen führen oder zusammen mit anderen Krankheitsbildern auftreten (Angsterkrankungen, depressive Verhaltensweisen). Das zusätzliche Vorhandensein von anderen Erkrankungen kann ebenfalls durch ein klinisches Interview oder einen Fragebogen abgeklärt werden.
Verhaltensbeobachtungen, die durch einen behandelnden Therapeuten durchgeführt werden, können Aufschluss über die Art und Ausprägung der Zwangsstörung geben. Hierzu begibt sich der Therapeut mit dem Betroffenen in die alltäglichen Situationen seines Patienten. Anschließend wird in einem Gespräch das Verhalten der betroffenen Person nachbesprochen besprochen.

Therapie

Um eine Zwangsstörung erfolgreich zu therapieren, hat es sich als sinnvoll erwiesen, eine Kombination aus medikamentöser und psychologischer Behandlung anzuwenden. So wird der betroffenen Person vor allem der Leidensdruck zeitnah genommen. Gleichzeit soll dadurch die Lebensqualität der betroffenen Person wieder ansteigen, so dass das Leben für sie in der Gesellschaft problemlos möglich wird.

  1. Psychologische Behandlung

    70% der betroffenen Personen werden durch eine psychologische Behandlung erfolgreich behandelt. Dabei wird vermehrt ein verhaltenstherapeutischer Ansatz gewählt, um die betroffenen Personen wieder in ein normales, zwangfreies Leben zu führen.

    Als therapeutisches Verfahren wird hier meist ein Habituationstraining angewendet. Die betroffene Person soll sich an Situationen gewöhnen (in denen sich zuvor die Zwangsstörung bemerkbar gemacht hat) , ohne dass sie dem zwanghaften Verhalten oder den Gedanken nachgehen muss. Zunächst einmal wird dies, sofern Zwangsvorstellungen vorliegen, gedanklich „erlebt“.

    Die betroffene Person soll sich in ihrer Vorstellung in die Situationen hineinversetzen, in denen sie sonst das zwanghafte Verhalten zeigt. Die Zwangsgedanken werden, mit Hilfe des Therapeuten wiederholt ausgelöst. Die betroffene Person soll sich in dieser Situation intensiv mit den aufkommenden Gedanken und Vorstellungen auseinandersetzen und diese mit dem Therapeuten besprechen.

    Ziel von diesem Vorgehen ist es, die Bedrohlichkeit für die Person aus den Situationen zu nehmen, so dass er erkennt, dass die Situationen auch ohne zwanghaftes Verhalten durchlebt werden können. Auch bei zwanghaftem Verhalten wird ein Aufsuchen und Nachbesprechen der Situation als beste Methode gewählt.
    Im Rahmen der verhaltenstherapeutischen Sitzungen wird meist auch die Familie der betroffenen Person mit einbezogen, um über das Leben der Person und die Konsequenzen im Alltag zu sprechen. Für Angehörige sind diese Sitzungen oftmals auch eine Möglichkeit, um Ratschläge für ihr Verhalten gegenüber der betroffenen Person zu erhalten. Viele fühlen sich hilflos und wissen nicht, welches Verhalten der Person gegenüber angebracht wäre.

  2. Medikamentöse Therapie

    Oftmals verspricht die Kombination aus medikamentöser und verhaltenstherapeutischer Behandlung langfristige Erfolge in der Behandlung von Zwangserkrankungen. Hier richtet sich die Art des Medikaments sowie die Dosis und Dauer der Anwendung nach dem Ausprägungsgrad der Zwangsstörung.

    Als erfolgreich haben sich bestimmte Medikamente erwiesen, die auch bei Depression oder Angsterkrankungen eingesetzt werden, beispielsweise Clomipramin und Fluoxetin.

    Diese Präparate sorgen für einen Anstieg der Serotoninaktivität (Botenstoffe im Gehirn, die für viele Verhltensweisen zuständig sind) und führen zu einer Normalisierung der Stoffwechselaktivität. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Behandlung von Zwangsstörung mit Antidepressiva zu einer Besserung bei 50% der Patienten geführt hat. Die Symptome der Zwangsstörung verschwinden nicht völlig, sie reduzieren sich jedoch um ca. 30 %.

Prognose

In den meisten Fällen gelingt es den betroffenen Personen nicht früh genug, etwas gegen ihre Zwangserkrankung zu unternehmen. Deshalb verlaufen die Zwangserkrankungen sehr häufig chronisch. Anfangs richtet sich der Fokus der Zwangserkrankung meist nur auf einen Bereich, beispielsweise das Vorliegen eines Kontrollzwangs. Mit der Zeit kann sich die Erkrankung jedoch auch auf andere Bereiche übertragen.
So können andere Zwänge hinzukommen und der Leidensdruck kann immer größer werden. Wenn keine Behandlungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden, können als Folge der Rückzug aus dem eigenen sozialen Umfeld oder ein Ausscheiden aus dem Berufsleben auftreten.
Manche Betroffene denken oft über Selbstmord nach, da sie ihre Zwangserkrankung sehr quält. Damit es nicht zu solchen Gedanken der Hilflosigkeit kommt, ist es wichtig, frühzeitig Hilfe aufzusuchen. Je früher sich die betroffene Person in Behandlung begibt, desto besser stehen die Chancen, dass sie von ihrer Zwangsstörung befreit werden.

Weitere Informationen zum Thema

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 23.09.2008 - Letzte Änderung: 22.10.2021