Krafttraining im Jugendalter

Einleitung

Krafttraining im Jugendalter ist ein oft diskutiertes Thema mit dem vielerlei Bedenken einhergehen. Bekannte Bedenken sind, dass Krafttraining gefährlich sei und der Entwicklung des Kindes schade. Jugendliche können viele Übungen noch nicht ausführen, und viele Kinder wollen auch gar kein Krafttraining absolvieren.

Von der wissenschaftlichen Seite her gab es auf Grund nicht korrekter Studien zusätzliche Bedenken. So sei im Körper eines Jugendlichen noch nicht genügend Testosteron vorhanden um Muskulatur aufzubauen. Außerdem gefährde Krafttraining das Längenwachstum der unter 18 Jährigen. Vor allem gab es Bedenken, dass durch ein Krafttraining das Wachstum gestoppt werden könnte. Doch mittlerweile ist bekannt, dass es in diesem Bereich zu Fehlinterpretationen der Studien kam und diese teilweise auch nur unzureichend durchgeführt wurden.

Wissenschaftliche Sicht

Für viele stellt sich zusätzlich die Frage, warum im Jugendalter bereits Krafttraining durchgeführt werden sollte, da dieses Training eigentlich nur mit Erwachsenen in Verbindung gebracht wird. Da Kraft eine zentrale Fähigkeit des Körpers ist Bewegungen umzusetzen, spricht nichts dagegen, dies schon im Jugendalter zu trainieren und auf eine solide Basis zu stellen. Beginnt man im Jugendalter mit Krafttraining, können positive Auswirkungen auf den gesamten Bewegungsapparat entstehen und eine gute Grundlage für das Erwachsenenalter bilden. Anpassungserscheinungen des Krafttrainings treten in Muskeln, Knochen, Bändern, Sehnen und dem zentralen Nervensystem auf. Auch die Konzentrationsfähigkeit wird durch Krafttraining geschult. Der jugendliche Sportler lernt 3-dimensionale Bewegungen kennen und erfährt wie man sich am besten darauf konzentriert.

In der Zwischenzeit wurden zu diesem Thema viele Studien durchgeführt und neue Erkenntnisse gewonnen. Die Bedenken eines Wachstumsschadens konnten schnell beseitigt werden. Jugendliche bewegen sich in der Regel sehr viel, springen, laufen und klettern. Dabei können sehr viel höhere Belastungen für die Gelenke und Knochen gemessen werden, als sie bei einem Krafttraining möglich wären. Studien konnten belegen, dass ein auf das Alter abgestimmtes Krafttraining zu enormen Kraftsteigerungen führen kann. Außerdem kann ein Krafttraining im Jugendalter, wenn richtig angewendet, eine effektive Maßnahme sein die Knochendichte zu erhöhen und zur Verletzungsprophylaxe beizutragen. Zu beachten ist, dass ein Training für einen Erwachsenen nicht eins zu eins auf einen Jugendlichen übertragen werden kann. Das Training muss auf das Alter und die Entwicklung des Jugendlichen abgestimmt sein. Unter Beachten der wichtigen Punkte kann ein Training im Jugendalter Kraftzuwächse bis zu 30 Prozent ermöglichen, ohne den Körper zu schädigen. Außerdem verbessert sich die Koordination zwischen und innerhalb der Muskeln deutlich.

Ein Krafttraining im Jugendalter macht allerdings nur dann Sinn, wenn die Motivation dazu aus freien Stücken kommt und der Jugendliche sich voll darauf einlässt. Außerdem sollte am Anfang immer ein Erwachsener dabei sein, um Verletzungen und eine falsche Ausführung zu verhindern. Allgemein wir dem Krafttraining oft eine hohe Verletzungsrate zugeschrieben. Dies stimmt laut aktuellen Studien nicht. Beim Kraftsport kommen auf 100 Trainingsstunden nur 0,0003 Verletzungen. Bei Mannschaftsportarten wie Fußball (6,2 pro 100 Stunden) liegt dieser Wert deutlich höher. Krafttraining ist also ein relativ sicherer Sport, wenn man einige Regeln beachtet.

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Trainingsmethoden

Krafttraining an Geräten hatte lange Zeit keinen guten Ruf bei der Anwendung an jugendlichen Sportlern. Achtet man auf eine korrekte Einstellung an den Gelenkwinkeln und bei den Gewichten, kann bedenkenlos an der Maschine trainiert werden. Vor allem die exakte Dosierung ist bei einem Maschinentraining gewährleistet. Zusätzlich kann man isoliert die gewünschte Muskulatur trainieren. Es sollte allerdings immer eine fachkundige Person anwesend sein.

Neben einem Training an der Maschine gibt es auch die Möglichkeit mit Freihanteln zu trainieren. Dieses Training ist etwas anspruchsvoller und sollte daher erst nach einer gewissen Eingewöhnungszeit angewandt werden. Bei Übungen mit Freihanteln wird neben der Ziel- auch die Stützmuskulatur trainiert. Des Weiteren wird der koordinative Aspekt sehr gut abgedeckt. Training mit Freihanteln ist in der Regel ein sehr funktionelles Training und daher sehr effektiv. Ein Betreuer ist allerdings auch hierbei sehr wichtig, da das Verletzungsrisiko bei den Freihanteln im Vergleich zu den Maschinen leicht erhöht ist.

Eine weitere Möglichkeit ist das Training mit dem eigenen Körpergewicht. Dieses Training ist sehr populär, weil es einfach, natürlich und hoch funktionell ist. Ein Vorteil, den vor allem Jugendliche sehr zu schätzen wissen ist, dass es wohl die kostengünstigste Trainingsform ist, da man kein Studio und keine Geräte benötigt, um zu trainieren. Ein Nachteil ist die Belastungsdosierung bei steigendem Niveau. Mit dem eigenen Körpergewicht wird es mit einem steigenden Niveau immer schwerer die Belastungsdosierung aufrecht zu erhalten. Für Leistungssportler und Fortgeschrittene ist diese Trainingsform daher nur bedingt anwendbar.

Zum Einstieg stehen diese drei Formen des Trainings zur Verfügung, wobei das Training mit Körpergewicht die günstigste Variante ist. Wer das nötige Kleingeld hat sollte in einem Studio mit einem Maschinentraining beginnen. Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit und den ersten Erfolgen kann anschließend auf ein Training mit Freihanteln umgestellt werden, um weitere Fortschritte zu sichern.

Trainingsaufbau

Bei den Belastungsnormativen kann für Jugendliche keine genaue Aussage getroffen werden, da die Entwicklung bei den Jugendlichen hier eine wichtige Rolle spielt. Eine individuelle Anpassung der Belastung sollte durch einen Experten erfolgen.

Ähnlich wie bei Erwachsene sollten auch Jugendliche ein kleines Aufwärmprogramm absolvieren. Zehn Minuten dynamische Aufwärmübungen werden empfohlen, um den Körper auf das Training vorzubereiten und Verletzungen vorzubeugen. Anschließend sollte für jede Übungsform auch an den Geräten ein kleines Warm-up durchgeführt werden, bevor man mit den üblichen Belastungen beginnt. Das Haupttraining sollte bei Jugendlichen nicht länger als 30 Minuten dauern.

Beim Trainingsumfang sollte behutsam aufgebaut werden. Die ersten Wochen empfiehlt es sich maximal zwei Einheiten pro Woche zu absolvieren, damit der Körper sich auf die Belastung einstellen kann und eine komplette Erholung zwischen den Einheiten möglich ist. Studien haben herausgefunden, dass einmal Training in der Woche schon signifikante Erfolge nach sich zieht. Kommt eine zweite Trainingseinheit dazu, steigert sich der Kraftzuwachs nochmals um ca. 33 Prozent.

Auf der Grundlage von Studienergebnisse sollten Jugendliche beim Krafttraining eher auf Wiederholungszahlen setzen als auf Gewicht. Das bedeutet, dass ein niedrigeres Gewicht kombiniert mit 15-20 Wiederholungen effektiver ist, als ein hohes Gewicht mit nur sechs bis zehn Wiederholungen. Die hohe Wiederholungszahl ermöglicht eine bessere Anpassung des Halte- und Stützapparates. Bei der Gestaltung des Trainingsplanes sollte darauf geachtet werden, dass alle großen Muskelgruppen gleich stark beansprucht werden, keine Ungleichgewichte entstehen und mehrgelenkige Übungen zu bevorzugen sind. Muskuläre Ungleichgewichte die im Jugendalter ausgebildet wurden, sind nur sehr schwer wieder auszugleichen.

Besonderheiten

Im Jugendalter sollten verschiedene Inhalte trainiert werden, um eine gute Entwicklung des Körpers zu unterstützen. Neben einem Sprungkrafttraining sollte die Kräftigung der Haltemuskulatur im Vordergrund stehen. Der Jugendliche lernt mit Gewichten umzugehen und entwickelt ein Gespür für verschiedene Lasten. Das Herz-Kreislauf-System profitiert in erheblichem Maß von einem Krafttraining im Jugendalter. Die Fettwerte im Blut können verbessert werden und zu einer gesunden Lebensweise beitragen. Koordinationstraining, Kraftausdauertraining und Muskelaufbautraining runden ein Trainingsprofil für Jugendliche ab.

Für Jugendliche und Kinder ist es enorm wichtig, Spaß an ihrer Sportart zu haben. Spaß und Motivation sind die Grundvoraussetzungen, um ein Krafttraining bei Jugendlichen durchführen zu können. Ansonsten werden die Übungen lustlos und schludrig ausgeführt. Erfolge fallen deutlich geringer aus und führen wie eine Teufelsspirale zu noch geringerer Eigenmotivation.

Allgemein lässt sich sagen, dass ein Trainingsbeginn im Jugendalter, bzw. in der Pubertät gut geeignet ist, um einen Einstieg in das Krafttraining zu schaffen. In dieser Lebensphase produziert der Körper vermehrt Hormone, die für das Muskelwachstum verantwortlich sind. Der Körper springt zu dieser Zeit auf gesetzte Trainingsreize sehr gut an.

Bedeutung

Krafttraining im Jugendalter hat in den letzten Jahren in der Gesellschaft, sowie im wissenschaftlichen Bereich an Bedeutung gewonnen. Viele Vorurteile wurden dabei ausgeräumt und neue Studien konnten belegen, dass ein Krafttraining für Jugendliche förderlich sein kann, wenn man gewisse Rahmenbedingungen beachtet. Der Schutz vor Verletzungen und Langzeitschäden spielt hierbei die vielleicht wichtigste Rolle. Zu Beginn sollte daher immer auf einen erfahrenen Betreuer zurückgegriffen werden, der sich mit den Übungen und den Belastungen die für Jugendliche gelten auskennt. Krafttraining im Jugendalter sollte allgemein immer als eine ergänzende Aktivität wahrgenommen werden, und nicht als Lebensmittelpunkt gelten. Das Muskelaufbautraining sollte unter strenger Einhaltung der Belastungsgrößen für junge Menschen durchgeführt werden. Auf Bodybuilding sollte in diesem Lebensabschnitt verzichtet werden, bis sich die Wachstumsfugen schließen.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 20.04.2015 - Letzte Änderung: 22.10.2021