Die Narkoseeinleitung

Definition

Unter der Narkoseeinleitung versteht man Vorgänge, die zur Vorbereitung des Patienten auf eine Narkose, also einen künstlich herbeigeführten Zustand der Bewusst- und Schmerzlosigkeit, dienen. Diese Vorbereitungen erfolgen nach einem festgelegten Schema. Der Narkoseeinleitung folgt die Narkosefortführung, bei der dieser Zustand der Bewusstlosigkeit aufrechterhalten wird, bis die Operation beendet ist und der Patient wieder aus der Narkose aufwachen kann.

Voraussetzungen

Eine wichtige Voraussetzung für den reibungslosen Ablauf der Narkoseeinleitung ist das Aufklärungsgespräch durch den Narkosearzt (den Anästhesisten), welches üblicherweise am Vortag der Operation stattfindet. Hier wird zum einen der Patient über die Narkose selbst, sowie über mögliche Nebenwirkungen der Narkose aufgeklärt.

Zum anderen erhält der Narkosearzt wichtige Informationen über eventuelle Vorerkrankungen des Patienten, die bei der Narkoseeinleitung eine Rolle spielen könnten. Hierzu zählen zum Beispiel Erkrankungen des Herzens und der Lunge. Auch die Frage nach regelmäßiger Tabletteneinnahme, sowie die Frage nach Allergien (besonders nach Medikamentenallergie), ist ein wichtiger Teil des Aufklärungsgesprächs.

Üblicherweise wird dem Patienten auch Blut abgenommen, um verschiedene Blutwerte, wie zum Beispiel die Gerinnung, vor der Operation nochmals zu prüfen. Außerdem findet eine körperliche Untersuchung des Patienten statt. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung werden beispielsweise Größe, Gewicht, Blutdruck und Puls des Patienten bestimmt. Zusätzlich werden Herz und Lunge abgehört, sowie die Mundhöhle inspiziert, um potenzielle Probleme bei der Beatmung schon vorab festzustellen.

Am Ende des Gespräches kann der Narkosearzt ein Schlafmittel verordnen, um den Patienten eine ruhige und entspannte Nacht zu gewährleisten. Auch am Morgen der Operation kann zur Beruhigung die Gabe eines Schlafmittels erfolgen. Bei diesen Schlafmitteln handelt es sich meist um sogenannte Benzodiazepine. Häufige verwendete Vertreter dieser Gruppe, sind das Midazolam und das Lorazepam.

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Ablauf der Narkoseeinleitung

Der weitere Ablauf der Narkoseeinleitung erfolgt nach einem festen Schema am Tag der Operation in einem Raum neben dem Operationssaal. Zunächst wird die Funktion der Gerätschaften, die zur Narkoseeinleitung gebraucht werden, kontrolliert. Dies erfolgt meistens durch eine Pflegekraft mit einer Weiterbildung für Anästhesie.

Danach erfragt die Pflegekraft den Namen und das Geburtsdatum des Patienten. Hiermit wird überprüft, ob es sich bei dem Patienten um den Richtigen handelt und beispielsweise eine Vertauschung der Akten ausgeschlossen ist. Neben den Personalien erfragt die Pflegekraft außerdem auch, wann der Patient zuletzt etwas gegessen hat.

Die Nüchternheit des Patienten ist wichtig, um zu verhindern, dass während der Narkoseeinleitung oder während der Operation Mageninhalt in die Lunge gelangt. Die sorgfältige Kontrolle der Unterlagen, sowie die Befragung des Patienten sind also unerlässlich für die erfolgreiche Narkoseeinleitung.

Beobachtung der Vitalwerte

Als nächstes wird dem Patienten eine Blutdruckmanschette am Oberarm angelegt, welche den Blutdruck des Patienten misst, es werden EKG-Elektroden aufgeklebt, welche die Herzaktion des Patienten darstellen, es wird ein Pulsmesser angebracht, welcher den Puls des Patienten überwacht und es wird ein Gerät, welches die Sauerstoffsättigung im Blut misst, an den Finger geklippt.

Die Geräte sind mit einem Monitor verbunden. Alle diese Werte (Blutdruck, Herzaktionen, Puls und Sauerstoffsättigung des Blutes) werden zusammen als sogenannte Vitalwerte bezeichnet und können über den Monitor während der Operation ständig beobachtet werden.

Zugang zum venösen System herstellen

Desweiteren wird eine Vene (meist am Unterarm) punktiert, um einen dauerhaften Zugang zum venösen System des Patienten herzustellen. Über diesen Zugang können während der Narkoseeinleitung und im Verlauf der Operation Medikamente und Flüssigkeiten an den Patienten verabreicht werden.

Je nach Dauer der Operation werden einer oder mehrere dieser venösen Zugänge gelegt. Schließlich bekommt jeder Patient noch eine Flüssigkeit, die der Magensäureneutralisation dient, zu trinken. Dabei handelt es sich um das sogenannte Tri-Natrium-Citrat (TNC).

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Präoxygenierung

Nun wird der Raum abgedunkelt, die Türen geschlossen und die eigentliche Narkoseeinleitung beginnt. Der erste Schritt der Narkoseeinleitung ist das sogenannte Präoxygenieren. Hierbei wird dem Patienten eine Maske über Nase und Mund gelegt, über diese er einige Minuten lang reinen Sauerstoff einatmet. Das ist wichtig, weil sich die Patientenlunge zu Beginn der Narkose eine kurze Zeit lang nicht mit Sauerstoff füllt.

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Verabreichung des Schmerzmittels

Nun erhält der Patient vom Narkosearzt das erste Medikament über den venösen Zugang. Dabei handelt es sich um ein starkes Schmerzmittel, ein sogenanntes Opioid. Die meist verwendeten Vertreter sind das Fentanyl und das Sufentanil, welche sich lediglich in ihrem Wirkeintritt und in ihrer Wirkdauer unterscheiden. Durch das Schmerzmittel kann bereits eine leichte Schläfrigkeit oder Benommenheit ausgelöst werden. In machen Fällen kommt es durch das Medikament auch zu einem Hustenreiz.

Verabreichung des Narkosemittels

Danach wird das eigentliche Narkosemittel gespritzt, welches zur Narkose, also zur Bewusstlosigkeit führt. Hierfür wird häufig das Propofol angewendet. Nun ist der Patient nicht mehr in der Lage selbständig zu atmen und die Atmung wird durch den Narkosearzt übernommen.
Hierfür wird wie bereits bei der Präoxygenierung eine Maske über Mund und Nase gelegt. Diese ist mit einem Druckbeutel verbunden, über den Luft in die Lunge gepumpt wird.

Verabreichung von Muskelrelaxantien

Treten bei dieser sogenannten Beutel-Masken-Beatmung keine Probleme auf, wird ein drittes Medikament verabreicht, welches der Ausschaltung der Muskelfunktion dient. Medikamente, die ein Anspannen der Muskulatur während der Operation verhindern, heißen Muskelrelaxantien.

Häufig angewendete Vertreter dieser Gruppe heißen Atacurium und Rocuronium. Diese beiden Medikamente unterscheiden sich, ähnlich wie die Schmerzmittel, ebenfalls im Wirkeintritt und ihrer Wirkdauer und man entscheidet daher je nach Art und Dauer der Operation welches der geeignetere Stoff ist.

Muskelrelaxantien erleichtern durch die Verhinderung der Muskelanspannung zum einen die im nächsten Schritt erfolgende Intubation und zum anderen das Operieren selbst. Während der Operation muss die Beatmung des Patienten natürlich weiterhin gewährleistet sein.

Hierfür stehen hauptsächlich zwei Verfahren zur Verfügung, die Beatmung mittels Larynxmaske oder die Beatmung mittels Tubus. Die Larynxmaske besteht aus einem Plastikschlauch und einem aufblasbaren Gummiring, welcher sich um den Eingang zur Luftröhre legt. Der Tubus ist ein Plastikschlauch der in die Luftröhre eingeführt wird. Diesen Vorgang nennt man Intubation.

Die Larynxmaske ist einfacher in der Handhabung und auch schonender für den Rachenraum, der Tubus hingegen bietet einen sichereren Schutz vor Übertritt von Mageninhalt in die Lunge. Welches dieser beiden Verfahren zur Beatmung des Patienten angewendet wird, hängt unter anderem von der Art der Operation, sowie von der Dauer der Operation ab.

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Narkosefortführung

Nach Sicherstellung einer erfolgreichen Beatmung des Patienten mittels Larynxmaske oder Intubation, ist die Narkoseeinleitung beendet und es erfolgt die Narkosefortführung, bei der es gilt den Zustand der Bewusst- und Schmerzlosigkeit (Narkose) während der Operation aufrecht zu erhalten.

In Notfallsituationen kann die Narkoseeinleitung natürlich von dem oben genannten Schema abweichen, beispielsweise kann dann das Aufklärungsgespräch durch den Narkosearzt entfallen und es werden zum Teil andere Medikamente zur Narkoseeinleitung verwendet, nämlich solche mit schnellerem Wirkungseintritt.

So wie es den Anfang einer Narkose gibt, existiert auch das Ende bzw. die Übergangszeit, in welcher der Patient langsam aufwacht. Dieser Prozess hat eigenen Ablauf und wird in unserem nächsten Artikel ausführlich beschriebenNarkoseausleitung - Ablauf, Dauer und Risiken

Welche Medikamente werden verwendet?

Eine Vollnarkose setzt sich aus drei Medikamentengruppen zusammen. Die erste Gruppe sind die Narkosemittel, welche das Bewusstsein ausschalten sollen. Hierzu zählen zum Beispiel Propofol oder auch einige Gase. Die zweite Gruppe sind die Schmerzmittel. Dies sind in den meisten Fällen Betäubungsmittel, wie das Fentanyl.

Die letzte Gruppe sind die Muskelrelaxantien. Diese sind notwendig, damit die Beatmung nicht gegen die Muskeln arbeiten muss. Dies sind Succinylcholin oder Rocuronium. Die exakte Medikamentenauswahl wird individuell auf den Patienten angepasst.

In welcher Reihenfolge werden die Medikamente gegeben?

In den meisten Narkoseeinleitungen wird als erstes das Bewusstsein mit dem Propofol oder dem Narkosegas begonnen. Dies führt dazu, dass der Betroffene möglichst wenig von der Narkoseeinleitung mitbekommt.

Danach wird meistens das Schmerzmittel gegeben und dann das muskelerschlaffende Medikament. Sobald die Muskeln erschlaffen, muss mit der Beatmung begonnen werden. Besonders ängstliche Patienten oder Kinder bekommen schon vorher auf Station ein beruhigendes Medikament, sodass sie die eigentliche Einleitung kaum bewusst wahrnehmen.

Besonderheiten beim Kind

"Kinder sind keine kleinen Erwachsenen", einer der berühmtesten Sätze der Kinderheilkunde. Kinder bekommen meist schon vor dem Betreten des OP-Bereichs ein Beruhigungsmittel, um ihnen die Angst zu nehmen. Die Medikamente müssen sehr genau auf das Kind angepasst werden, da der Stoffwechsel anders arbeitet und Kinder sehr leicht sind.

Kinder benötigen zudem kleineres Werkzeug für die Beatmung, welches in der passenden und den angrenzenden Größen vorliegen muss.

Im Rettungsdienst

Narkoseeinleitungen im Rettungsdienst, also im Wohnzimmer, auf der Straße oder bestenfalls im Rettungswagen, sind immer mit einem deutlich erhöhten Risiko verbunden. Der Patient ist dem Team gänzlich unbekannt. Weder die Krankengeschichte noch Allergien können evaluiert werden.

Zudem wird der Betroffene meistens nicht nüchtern sein, was die Beatmungssituation deutlich gefährden kann. Eine solche Notfallnarkose wird nur durchgeführt, wenn es keine Alternative gibt. Bevorzugt wird eine starke Schmerz- und Beruhigungstherapie und ein zügiger Transport in die nächste Klinik.

Weiterführende Informationen

Weiterführende Informationen zum Thema Narkoseeinleitung finden Sie unter:

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 23.10.2014 - Letzte Änderung: 22.10.2021