Morbus Paget

Wichtiger Hinweis:
Der Morbus Paget wird synonym für zwei verschiedene Erkrankungen verwendet. Zum einen bezeichnet der Morbus Paget eine Erkrankung aus dem Bereich der Gynäkologie und Krebs.
Beim Morbus Paget aus dem Bereich der Gynäkologie handelt es sich um einen bösartigen Tumor (Krebs) des Milchgangs im Bereich der weiblichen Brustwarze.

Das folgende Thema beschäftigt sich ausschließlich mit dem Morbus Paget aus dem Bereich der Orthopädie.

Synonyme im weiteren Sinne

  • Osteitis deformans
  • Osteodystrophia deformans
  • Paget – Erkrankung

Englisch: Paget´s disease

Definition

Bei dem Morbus Paget handelt es sich um eine lokalisiert auftretende Osteopathie (= Knochenerkrankung).
Im Rahmen dieser Erkrankung kommt es zu übermäßigem Knochenumbau. Dieser Umbau führt letztlich zu einer abnormen Knochenstruktur. Durch diese Knochenumbauten und abnormen Knochenstrukturen werden die betroffenen Knochen anfällig für Brüche (z.B. Schenkelhalsbruch) und Deformationen (Verformung der Knochen).

Das Krankheitsbild des Morbus Paget kann ab dem 40. Lebensjahr auftreten. Das Durchschnittsalter der Betroffenen liegt bei 60 Jahren. Da die Erkrankung in der Regel keine besonderen oder „typischen“ Beschwerden hervorruft und wird in den meisten Fällen eher „zufällig“ diagnostiziert.

Zu Beginn der Erkrankung lässt sich eine erhöhte Aktivität der so genannten Osteoklasten (= Zellen, die Knochensubstanzen abbauen) nachweisen.

Man unterscheidet einen asymptomatischen und einen symptomatischen Verlauf der Erkrankung.
Unter einem asymptomatischen Verlauf versteht man, dass die Erkrankung als so genannter „Zufallsbefund“ diagnostiziert wurde und kein Hauptmanifestationsort (hierunter versteht man einen Kochen, der besonders stark unter dem Morbus Paget leidet) fest gemacht werden kann.
Patienten mit einem symptomatischen Verlauf haben Schmerzen insbesondere am Stütz- und Bewegungsapparat (besonders: Wirbelsäulenbeschwerden).

Häufigkeit

Wie bereits oben erwähnt treten Erkrankungen an Morbus Paget in der Regel ab dem 40. Lebensjahr auf. Man geht von einem Durchschnittsalter aus, welches etwa bei 60 Jahren liegt.

Die Erkrankungswahrscheinlichkeit liegt bei ungefähr 1 : 30 000, das bedeutet, dass durchschnittlich auf 30 000 Menschen ein Patient mit erhöhter Wahrscheinlichkeit eines Morbus Pagets zu finden ist.

Ursachen

Derzeit ist die genaue Ursache des Morbus Paget noch unklar.
Es wird eine so genannte Slow – Virus – Infektion des Skelettes diskutiert, die mittlerweile auch als scheinbar wahrscheinlich angesehen wird.

Unter einer Slow – Virus - Infektion versteht man eine Virusinfektion, die durch monate- bis jahrelange Inkubationszeit langsam fortschreitet. Als Ursache für den Morbus Paget wird insbesondere eine Virusinfektion mit so genannten Paramyxoviren angesehen.

Diese Paramoxyviren fördern die Aktivität der Osteoklasten (Zellen, die Knochensubstanzen abbauen). Durch diese Überaktivität wird der Knochenabbau beschleunigt, die Osteoblasten (= Zellen, die Knochen bilden) verursachen daraufhin diesen vermehrten Knochenabbau durch Reparationsversuche auszugleichen.
Aufgrund dieser Reparationsversuche tritt ein überstürzter und unkoordinierter Knochenanbau statt. Bei genauerer Untersuchung dieser Knochenanbauten fällt auf, dass sie eine untermineralisierte Knochenstruktur aufweisen, weshalb es zu Deformierungen und sehr schnell und leicht auch zu Knochenbrüchen kommen kann.

Symptome

Wie bereits oben beschrieben, unterscheidet man einen asymptomatischen und einen symptomatischen Verlauf der Erkrankung.
Unter einem asymptomatischen Verlauf versteht man, dass die Erkrankung als so genannter „Zufallsbefund“ diagnostiziert wurde und kein Hauptmanifestationsort fest gemacht werden kann.
Patienten mit einem symptomatischen Verlauf haben Schmerzen insbesondere am Stütz- und Bewegungsapparat (besonders: Wirbelsäulenbeschwerden).

Allen beiden Verläufen des Morbus Paget ist gemein, dass durch den gesteigerten Aktivitäten der Osteoklasten verstärkt Abfallprodukte aus dem Körper ausgeschieden werden müssen.
Diese „Abfallprodukte“ umfassen beispielsweise Aminosäuren (besonders Hydroxyprolin) und können im Urin nachgewiesen werden.

Die Osteoblasten hingegen versuchen Knochenmasse aufzubauen und den Prozess der Osteoklasten auszugleichen.
Diese Aktivität kann beispielsweise durch eine Blutuntersuchung / Laborwerte nachgewiesen werden. Durch die vermehrte Aktivität der Osteoblasten kommt es nämlich zu einem Anstieg des Enzyms „alkalische Phosphatase“ (= AP). Die alkalische Phosphatase kommt in vielen Organen, wie z.B. auch der Leber vor, deshalb ist es wichtig die "kochenspezifische AP" = ALP oder auch Ostease genannt, im Blut zu bestimmen.

Welche Körperpartien vom Morbus Paget betroffen sind, kann unterschiedlich sein. Ob es einen Hauptmanifestationsort gibt (symptomatische Form des Morbus Paget) ist individuell unterschiedlich.

Mögliche Symptome des Morbus Paget finden Sie nachfolgend aufgelistet:

  • Verformungen der Knochen
  • Erhöhte Frakturwahrscheinlichkeit (Gefahr des Knochenbruchs)
  • lokale Schmerzen
  • Herz-Kreislauf-Belastung
  • Muskelkrämpfe durch Fehlbelastungen
  • Überwärmung durch Bildung neuer Blutgefäße
  • Krampfaderbildung (Varikosis)
  • Einengung verschiedener Nervenbahnen (Nervenkompression)

Ausbildung bösartiger Rezidive (= Neubildungen) (eher selten: <1%), Übergang in ein Osteosarkom.

Diagnose

Von oberster Bedeutung ist das Röntgenbild, da dort im Frühstadium der Erkrankung die Osteolyse (Knochenauflösung) und später die krankheitstypische grobsträhnige Struktur der Spongiosa (= schwammartiges Gerüst feiner Knochenbalken) nachgewiesen werden kann.

Den erhöhten Knochenumbau kann man auch mit einer Knochen – Szintigraphie nachweisen und darstellen. In der Regel werden diese Knochenumbauten im Anschluss an die Szintigraphie noch mittels eines Röntgenbildes bestätigt.

Szintigrafie Morbus Paget

Man kann sehr gut die starke Anreicherung im rechten Oberschenkelknochen (Femur) durch die hohe Aktivität des Knochenstoffwechsels erkennen

Eine vermehrte Aktivität der Osteoklasten führt hingegen zu verstärktem Abbau und demzufolge zur Bildung von Abfallprodukten, die aus dem Körper ausgeschieden werden müssen.
Diese „Abfallprodukte“ umfassen beispielsweise Aminosäuren (Hydroxyprolin) und können im Urin nachgewisen werden.

Wie bereits im Unterkapitel „Symptome“ beschrieben, lässt sich die vermehrte Aktivität der Osteoblasten durch den Anstieg des Enzyms „alkalische Phosphatase“ (= AP), besonders der "knochenspezifischen alkalischen Phosphatase" ALP, nachweisen.
Differentialdiagnostisch muss allerdings eine Erkrankung der Leber ausgeschlossen werden, da diese auch für den Anstieg von AP verantwortlich gemacht werden kann.

In Fällen bei denen die Diagnose nach allen Untersuchungsmethoden immer noch unklar erscheint, kann eine Knochenbiopsie (Gewinnung einer Gewebeprobe) durchgeführt werden.

Weiterhin muss der Morbus Paget differentialdiagnostisch
noch von Knochenmetastasen und anderen Knochenerkrankungen wie beispielsweise der Osteomalazie (= erhöhte Weichteil und Verbiegungstendenz der Knochen aufgrund von mangelhaftem Einbau von Mineralien ins Osteoid) abgegrenzt werden.

Allgemeines

Eine Beteiligung der Schädelknochen fällt meistens zunächst durch eine Verformung oder Größenzunahme des Schädels auf, da diese am Kopf aufgrund des fehlenden Fett- und Bindegewebes recht früh sichtbar wird. Patienten berichten beispielsweise, dass ihnen Hüte oder Helme nicht mehr richtig passen.

Röntgen

Besteht der Verdacht, dass die Schädelknochen vom Morbus Paget betroffen sind, wird in der Regel zunächst ein Röntgenbild des Schädels gemacht.
Im Frühstadium der Erkrankung sind darin herdförmige, ovale Aufhellungen erkennbar, die auf einen beginnenden Knochenabbau (Osteolyse) hindeuten. Später kommt aufgrund der „Reparaturversuche“ der knochenaufbauenden Zellen (Osteoblasten) eine übermäßige Produktion von Knochensubstanz hinzu, was sich im Röntgenbild durch eine Verbreiterung der Schädelknochen mit unregelmäßigen Knochenstruktur („Baumwollschädel“) zeigt. Die Veränderungen beginnen meist im Bereich des Stirnbeins und Hinterhauptbeins und können im weiteren Verlauf auf das Schläfenbein übergreifen (Osteolysis circumscripta cranii). Auch Brüche des Schädels, die als Folge des Knochenabbaus im Rahmen der Erkrankung vorkommen können, können im Röntgenbild sichtbar werden.

Szintigrafie

Ein Röntgenbild des Schädels sollte jedoch nicht standardmäßig bei jedem Patienten mit Morbus Paget gemacht werden, sondern nur dann, wenn es Hinweise darauf gibt, dass der Schädel betroffen ist.

Außer bei Auftreten von Symptomen ist dies beispielsweise auch der Fall, wenn im Rahmen der Erstdiagnostik eine Szintigrafie durchgeführt wird, bei der eine Anreicherung der radioaktiv markierten Substanz im Bereich des Kopfes auffällt. Dadurch lässt sich auf eine erhöhte Stoffwechselaktivität in den Schädelknochen schließen, was typisch für einen Befall mit Morbus Paget ist.

CT und MRT

Ein CT oder MRT kann durchgeführt werden, um andere Erkrankungen wie Osteoporose oder Metastasen einer Krebserkrankung als denkbare Ursachen auszuschließen. Auch zur Abklärung möglicher Komplikationen ist die Schnittbildgebung mittels CT oder MRT sinnvoll. Bei einer Beteiligung des Schädels ist dies besonders empfehlenswert, da durch die Verformung der Knochen Hirngewebe oder Nerven komprimiert werden können.

Neurologische Untersuchung

Deshalb sollten bei einem Morbus Paget des Schädels auch eine neurologische Untersuchung sowie eine Überprüfung des Hörvermögens erfolgen, denn in 30 bis 50 Prozent kommt es dabei zu einer Schwerhörigkeit aufgrund einer Einengung des Hörnervs oder einer Schädigung der Gehörknöchelchen. Eine Schädigung des Sehnervs oder anderer Hirnnerven ist weniger häufig, sollte jedoch trotzdem ausgeschlossen werden.

Knochenbiopsie

Relativ selten muss eine Gewebeprobe des Knochens (Knochenbiopsie) entnommen werden. Diese diagnostische Methode ist nur notwendig, wenn nach CT und MRT-Untersuchungen weiterhin der Verdacht auf eine Knochenmetastase oder ein sogenanntes Paget-Sarkom besteht. Bei Letzterem handelt es sich um einen bösartigen Knochentumor (Osteosarkom), der bei einem Prozent der Patienten als Folge des Morbus Paget aus entarteten Osteoblasten entsteht.

Laboruntersuchung

Wie bei allen anderen Formen der Erkrankung können auch beim Morbus Paget des Schädels eine Erhöhung des Enzyms alkalische Phosphatase (AP) beziehungsweise der knochenspezifischen alkalischen Phosphatase (ALP) im Blut sowie ein Anstieg von Hydroxyprolin im Urin nachgewiesen werden. Diese Laborwerte sind ein wichtiger Teil der Diagnostik und können zur Verlaufskontrolle einer Therapie verwendet werden.

Therapie des Mobus Paget

Oberste Ziele der Therapie eines Morbus Paget ist die Beseitigung des Schmerzes und darüber hinaus das Aufhalten der weiter fortschreitenden Deformationen (Knochenverformung) sowie die Hemmung der Osteoklasten.

Nicht in jedem Fall muss eine Therapie des Morbus Paget durchgeführt werden. Ein Patient mit asymptomatischem Verlauf des Morbus Paget, bei dem keine Deformationen festgestellt werden konnten, benötigt in der Regel keine Therapie.

Nach Ziegler unterscheidet man die Indikation zur Therapie der Morbus Paget innerhalb drei verschiedener Stufen

  • Absolute Indikation zur Therapie
    • Starke Umbauaktivitäten mit einem AP > 600 IE / l
    • Knochenschmerzen
    • Deformitäten (Knochenverformung)
    • Hohes Frakturrisiko (Risiko des Knochenbruchs)
    • Ausfall angrenzender Nervenstrukturen
    • Befall der Schädelbasis
  • Relative Indikation zur Therapie
    • Mittlere Krankheitsaktivität
    • Wärmegefühl
    • Befall der Schädelkalotte
    • Vorbereitend auf operative Therapiemaßnahmen
    • Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • keine gesicherte Indikation zur Therapie
    • Patient ist älter als 75 Jahre
    • keine Symptome
    • geringere Umbauaktivitäten
    • nur wenige Knochen sind betroffen

Individuell kann man folgende Therapieformen des Morbus Paget festhalten:

  1. Schmerzbeseitigung durch Antiphlogistika und Analgeitka
  2. Kalcitonin - Therapie (Selbstinjektion des Hormons; Nasenspray) zur Herabsetzung der Osteoklastenaktivität
    100 E für einen Monat, danach 300 E für weitere 6 Moante
  3. Bisphosphonate (z.B. Fosamax -> zur Behandlung des Morbus Paget nicht zugelassen) zur Hemmung des gesteigerten Knochenabbaus
  4. Schmerztherapie und / oder Krankengymnastik zur Unterstützung der medikamentösen Therapie
  5. Operative Therapie (Gelenkersatzoperationen, Umstellungsosteomien)

Bisphosphonate zur Therapie

Folgende Bisphosphonate sind aktuell zugelassen zur Therapie des Morbus Paget:

  • Etidronat 400 mg / Tag oral 6 Monate
  • Pamidronat 30 mg / Woche i.v. über 4 Stunden 6 Wochen
  • Tiludronat 400 mg/ Tag oral 3 Monate
  • Risedronat 30 mg / Tag oral 2 Monate
  • Zoledronsäure 5 mg Kurzinfusion 15 Minuten einmalig

Die Wahl der Therapieform und demnach insbesondere die medikamentöser Therapie des Morbus Paget muss hinsichtlich der verabreichten Substanzen, der Dosierung und Dauer der Therapie stets individuell festgelegt werden. Kombinationen der verschiedenen therapeutischen Maßnahmen sind ebenfalls denkbar.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 17.05.2007 - Letzte Änderung: 21.07.2023