Antidepressiva und Alkohol - verträgt sich das?

Was passiert bei der Einnahme von Antidepressiva mit Alkohol?

Von einer Kombination von Antidepressiva und Alkohol ist dringend abzuraten. Immer wieder gibt es Nachrichten von Todesfällen aufgrund einer Mischung beider Präparate.
Denn die Wirkung bestimmter Antidepressiva wird unter gleichzeitiger Einnahme von Alkohol verstärkt. Dies ist bei den trizyklischen Antidepressiva, den MAO-Hemmern (hier nur Tranylcypromin) und bei Alpha- Adrenozeptor-Antagonisten der Fall. Alkohol bildet hier eine absolute Kontraindikation.
Bei SSRI's, wie Citalopram oder Fluoxetin, wird ebenso von der Kombination mit Alkohol abgeraten, das Risiko von Wechselwirkungen ist jedoch gering.

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Kombination von Trizyklischen Antidepressiva und Alkohol

Die gleichzeitige Einnahme von Trizyklischen Antidepressiva und Alkohol bewirkt eine Verstärkung der sedierenden Wirkung der Antidepressiva.
Es bleibt also nicht bei der gewünschten beruhigenden Wirkung, sondern es kann darüber hinaus zum Bewusstseinsverlust bis hin zur Ausschaltung von Schutzreflexen kommen.
Im schlimmsten Fall bedeutet dies eine Abnahme des Atemantriebs, der Kohlenstoffdioxid- Gehalt im Blut steigt, während der Sauerstoff-Gehalt sinkt. Ohne Gegenmaßnahmen führt dies zum Atemstillstand.

Kombination von MAO-Hemmern oder Alpha-Antagonisten und Alkohol

Bei der Kombination dieser beiden Antidepressiva mit Alkohol, wird die Wirkung des Alkohols in unvorhersehbarer Weise verstärkt. Oft reichen dann schon geringe Mengen aus, um ein „Rauschgefühl“ zu erhalten.
Beim MAO-Hemmstoff Tranylcypromin ist außerdem zu beachten, dass bei der Einnahme zusätzlich der Abbau der Aminosäure Tyramin gehemmt wird.
Daher sollte bei der Einnahme von Tranylcypromin eine tyraminarme Ernährung bevorzugt werden (beispielsweise Verzicht auf Rotwein, Käse etc.). Durch eine Anreicherung von Tyramin kann es ansonsten zur schweren und potentiell gefährlichen Blutdrucksteigerung kommen.

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Kann eine kombinierte Einnahme von Antidepressiva und Alkohol tödlich sein?

Die Kombination von Alkohol und Antidepressiva kann tatsächlich tödlich sein. Daher sollte Alkohol nur mit großer Vorsicht getrunken bzw. auf große Mengen oder wenn möglich ganz auf Alkohol verzichtet werden. Alkohol und Antidepressiva wirken teilweise auf die gleichen Rezeptoren im Gehirn. Dadurch können Nebenwirkungen, die zum Beispiel den Kreislauf und die Herzarbeit betreffen, verstärkt werden. Es hängt wiederum auch davon ab, welche Art von Antidepressivum eingenommen wird. So können Antidepressiva der Gruppe Tetrazyklika z.B. Maprotilin, Mianserin und auch die MAO-Hemmer Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen bewirken.
Wird zusätzlich Alkohol getrunken, kann dies letztlich zu Herzversagen und Tod führen. Tetrazyklika können außerdem eine Verengung der Bronchien hervorrufen, was im schlimmsten Fall einen Atemstillstand zur Folge haben kann. Daher sollte der Genuss von Alkohol, während Antidepressiva eingenommen werden, auch in geringen Mengen, nur mit Rücksprache des behandelnden Arztes erfolgen.

Persönlichkeitsveränderung bei der Einnahme von Antidepressiva und Alkohol

Von einer Persönlichkeitsveränderung spricht man, wenn sich der Charakter einer Person ändert und diese auf verschiedene Situationen anders reagiert, als man es gewohnt ist.
So kann es sein, dass Personen gereizter auf bestimmte Situationen reagieren oder nervöser und leichtsinniger sind als sonst. Da sowohl Alkohol und einige Antidepressiva schon bei alleiniger Einnahme Persönlichkeitsveränderungen hervorrufen können, kann die Kombination beider die Wahrscheinlichkeit, dass eine Verhaltensänderung auftritt, erhöhen bzw. eine Persönlichkeitsveränderung verstärken. Zum Beispiel wurde bei der Gruppe Trizyklika (Bupropion, Imipramin, Methlphenidat u.a.) als Nebenwirkungen Nervosität, Verwirrtheit, Wahrnehmungsstörungen, Angstzustände und Hyperaktivität festgestellt, die Persönlichkeitsveränderungen hervorrufen können bzw. als solche wahrgenommen werden. Da diese Gruppe von Antidepressiva auf gleiche Rezeptoren im Gehirn wirkt wie Alkohol, kann die gleichzeitige Einnahme das Risiko erhöhen, dass eine Persönlichkeitsveränderung auftritt.

Psychose durch die Einnahme von Antidepressiva und Alkohol

Bei einer Psychose verliert der Patient für eine Zeit den Bezug zur Realität und nimmt die Umwelt und die Menschen anders wahr. Es kann zu Angstzuständen, Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Tast-, Geruchs- und Geschmacksveränderungen kommen. Manche Antidepressiva können genau solche Wahnvorstellungen und Halluzinationen hervorrufen.
Alkohol kann ebenfalls in bestimmten Mengen die Wahrnehmung verändern und somit auch dafür sorgen, dass Menschen die Umwelt verändert wahrnehmen. Da die Wirkungen von Alkohol und Antidepressiva bei gleichzeitiger Einnahme verstärkt werden können, werden Psychosen wahrscheinlicher. Die Gefahr eine Psychose zu entwickeln, ist daher ein weiterer Grund, während der Einnahme von Antidepressiva auf Alkohol zu verzichten.

"Filmriss" durch die Einnahme von Antidepressiva und Alkohol

Übermäßiger Alkoholkonsum schränkt die Gedächtnisleistung auch ohne gleichzeitiger Einnahme von Antidepressiva stark ein. Wissenschaftlich ist dies dadurch erklärt, dass Stoffe im Alkohol an Rezeptoren im Gehirn binden, die eigentlich für andere Botenstoffe gedacht sind. Diese „anderen Botenstoffe“ sind für die Gedächtnisbildung zuständig.
Wenn Alkohol getrunken wird, sind die gedächtnisbildenden Botenstoffe jedoch blockiert und können ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen. Die Gedächtnisleistung lässt nach und es kommt im schlimmsten Fall zum sogenannte „Filmriss“.
Wie bereits erwähnt, können sich die einzelnen Wirkungen von Alkohol und Antidepressiva bei gleichzeitiger Einnahme potenzieren. So rufen manche Antidepressiva, wie zum Beispiel Noradrenalin-Serotonin-selektive Antidepressiva wie z.B Mirtazapin oder auch Amitriptylin eine Sedierung hervor, was ebenfalls zu einer Einschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit und Erinnerung führen kann.
Die sedierende Wirkung der Antidepressiva plus die vom Alkohol hervorgerufene gedächtnisstörende Wirkung kann die Wahrscheinlichkeit für einen „Filmriss“ deutlich erhöhen.

Kopfschmerzen durch Alkohol und Antidepressiva

Kopfschmerzen nach oder während des Alkoholkonsums werden durch starke Entwässerung des Körpers durch den Alkohol ausgelöst. Daher ist es nicht ungewöhnlich nach Alkoholgenuss Kopfschmerzen zu entwickeln.
Viele Antidepressiva, zum Beispiel fast alle Selektiven-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer und Trizyklischen Antidepressiva sind dafür bekannt, Kopfschmerzen zu verursachen.
Da generell gilt, dass die Wirkung von Antidepressiva bei gleichzeitigem Alkoholgenuss verstärkt wird, kann auch diese Nebenwirkung mit einem höheren Risiko auftreten. Jedoch können Kopfschmerzen nach dem Trinken von großen Alkoholmengen am nächsten Tag nicht eindeutig auf eine Wechselwirkung von Alkohol und Antidepressiva zurückgeführt werden. Es kann sich hierbei nämlich auch „nur“ um die Nachwirkungen des Alkohols handeln, die den Kopf schmerzen lassen.

Folgen der Antidepressivaeinnahme und Alkoholkonsum auf die Leber

Alkohol wirkt bei langzeitigem Genuss giftig auf die Leber. Daher sollte mit oder ohne Einnahme von Antidepressiva auf Langzeitkonsum verzichtet werden.
Einige Antidepressiva können demgegenüber auch eigenständig Leberschäden als Nebenwirkung hervorrufen. Bei der Einnahme von trizyklischen Antidepressiva kann es in manchen Fällen zu Leberfunktionsstörungen kommen. Auch Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) können in seltenen Fällen Leberfunktionsstörungen bewirken. Melatonin-Analoga wie Agomelatin können ebenfalls akute Leberschäden wie eine Leberentzündung und Gelbsucht zur Folge haben. Da diese seltenen Nebenwirkungen gefährlich sein können, müssen bei deren Einnahme regelmäßig die Leberwerte kontrolliert werden.
Die Wahrscheinlichkeit einer Leberschädigung durch die gleichzeitige Einnahme von Antidepressiva und Alkohol ist deutlich erhöht. Besonders auf regelmäßigen Alkoholkonsum sollte daher verzichtet werden. Bei trizyklischen Antidepressiva wird sogar gänzlich vom Genuss von Alkohol abgeraten.

Weiterführende Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 13.03.2013 - Letzte Änderung: 22.10.2021