Phasen des Burnout Syndroms

Einleitung

Der Begriff „Burnout“ stammt aus dem englischen und bedeutet übersetzt „ausbrennen“. Das Burnout-Syndrom bezeichnet das Ergebnis eines voranschreitenden Zustands emotionaler Ausgebranntheit. Dieser ist auf starke Belastungen in beruflicher oder anderweitiger Hinsicht und daraus resultierende schwer zu bewältigende Lebensumstände zurückzuführen. Burnout wird offiziell nicht als Krankheit angesehen, kann aber zu solchen, wie Depressionen, führen. Der Erschöpfungszustand besteht sowohl auf körperlicher, als auch auf emotional-geistiger Ebene. Durch den entstehenden Stress sinkt die Belastbarkeit der Betroffenen weiterhin und der Verlauf verschlimmert sich.

Phasen

Burnout lässt sich in 12 aufeinander aufbauende Phasen einteilen. Das System hierzu entwickelte Herbert Freudenberger, ein klinischer Psychologe, der als Erster einen Artikel zum Thema „Burnout“ publizierte und die öffentliche Aufmerksamkeit auf diese Erscheinung lenkte. Die Phasen sind nicht als strenge Abfolge zu interpretieren. Die Übergänge verschmelzen meist oder überlagern sich. Teilweise befinden sich Betroffene gleichzeitig in mehreren Stadien oder können auch solche überspringen. Das trägt wahrscheinlich auch dazu bei, dass Burnout nicht als Erkrankung gewertet wird, weil kein eindeutiges Krankheitsbild definiert werden kann und der Verlauf individuell von Mensch zu Mensch variiert. Es existieren noch diverse andere Systeme von verschiedenen Psychologen, die der Phasenbeschreibung von Burnout dienen. Welches letztendlich genutzt wird, ist insofern egal, da die Priorität darin besteht, die Problematik zu erkennen.

Phase 1 – Der Zwang oder Drang sich zu beweisen:

Der Drang sich beweisen zu wollen und beruflichen Erfolg zu haben ist grundsätzlich eine positive Eigenschaft und zeugt von Motivation und Zielstrebigkeit. Wenn sich der Drang jedoch zu einem Zwang entwickelt und die Lebensenergie vollständig in die berufliche Laufbahn fließt, kann das der Beginn einer Burnout-Symptomatik sein. Der Wunsch nach Anerkennung gewinnt dabei zu viel Schwung und die Erwartungen an die eigene Person werden zu hoch angesetzt. Dieses Anfangsstadium ist sehr schwer zu erkennen und kann individuell fehlgedeutet werden. Eine voreilige Annahme einer Burnout-Problematik ist bei starkem beruflichem Engagement nicht ratsam. Allerdings sollte man auf sich und auf Kollegen oder Mitmenschen achten.

Phase 2 – Extremes Leistungsstreben und verstärkter Einsatz:

Die überzogene Erwartungshaltung führt dazu, dass eine perfekt geplante Durchführung zur Maximierung der Arbeitsleistung angestrebt wird. Das Verhalten wird zunehmend zwanghafter und wird von extremen Engagement und Perfektionismus geprägt. Die psychische Belastung beginnt bereits hier, da betroffene Menschen den Kopf nicht von der Arbeit losreißen können und somit, auch in ihrer Freizeit, in einem Zustand dauerhafter Erregung feststecken.

Phase 3 - Schleichende Vernachlässigung sozialer Kontakte und eigener Bedürfnisse:

Alle Aktivitäten, die nicht mit der Arbeit zu tun haben, werden möglichst schnell und effektiv erledigt. Pausen, gesunde Ernährung oder körperliche Bewegung sind zweitrangig und werden als zeitraubend empfunden. Auch soziale Kontakte verlieren langsam an Wert, da auch diese Zeit verbrauchen, welche dringender für die zu erledigenden Aufgaben benötigt wird. Die ersten Verluste werden auf Kosten des Erfolgs in Kauf genommen.

Phase 4 – Die Verdrängung innerer Probleme und Konfliktsituationen mit sich selbst:

Das Bewusstsein dafür, dass etwas im Leben nicht stimmt, entwickelt sich und verursacht Angst bei den Betroffenen. Es ist eigentlich klar, dass die Arbeit zu viele Kapazitäten in Anspruch nimmt, jedoch wird das verminderte Wohlergehen als notwendiges Opfer für den beruflichen Erfolg angesehen. Weiterer Rückzug ist die Folge, da niemand erfahren soll, dass sich zunehmend eine Krise entwickelt. Ab dieser Phase der Heimlichtuerei steigt die Gefahr, dass sich Süchte bei Betroffenen ausbilden. Am häufigsten entsteht dabei eine Nikotin- und/oder Alkoholabhängigkeit, da beide Suchtmittel leicht zu erwerben und gesellschaftlich akzeptiert sind. Angehörige von Personen, die extrem viel arbeiten, sollten ein Auge auf deren Alkoholkonsum werfen.

Phase 5 – Die Umstellung des persönlichen Wertesystems:

Das persönliche Wertesystem wird in Frage gestellt und an die gegebenen Umstände angepasst. Die ersten Plätze im System werden nicht mehr wie vorher von Hobbys, Freunden oder Familie belegt, sondern vom Streben nach Karriere. Desorientierung herrscht bei Betroffenen: das Zeitempfinden hat sich verändert. Sowohl Vergangenes, als auch die Zukunft sind irrelevant, weil Aufgaben im Jetzt erledigt werden müssen. Der Arbeitsdruck hat nun eine Stufe erreicht, bei der wichtiges nicht mehr von Unwichtigem getrennt werden kann.

Phase 6 – Die Verleugnung sich entwickelnder Probleme:

Die Verleugnung ist bei den meisten Personen ein Schutzmechanismus. Dieses unbewusste Verhalten versucht, die eigene Person vor Meinungen oder Kritik anderer Menschen zu schützen, die bemerkt haben, dass ein Problem besteht. Die Kritikfähigkeit und die Toleranz anderen gegenüber sinken und können sich zu Geringschätzung von Kollegen oder Freunden entwickeln. Zunehmend rücken persönliche Bedürfnisse in den Hintergrund. Betroffene werden zunehmend zynisch – sie ziehen z.B. die Tätigkeiten Anderer ins Lächerliche und achten dabei in keiner Weise auf die Gefühle der Menschen, geschweige denn auf gesellschaftliche Konventionen.

Phase 7 – Der Sozialer Rückzug:

Nur noch die notwendigsten sozialen Kontakte sind nun noch erhalten geblieben. Meist hat sich der Kreis persönlich wertvoller Menschen auf ein Minimum reduziert – nur für die Arbeit wichtige Kollegen oder engste Familienmitglieder haben noch Relevanz. Die vorherrschenden Gefühle wie Hoffnungs- und Orientierungslosigkeit plagen die Betroffenen sehr und drängen sie in eine emotionale Abstumpfung. Dabei erfolgt weiterhin der Rückzug vor der Außenwelt, als auch vor sich selbst. Betroffene Personen sind zunehmend enttäuscht – von sich und von Anderen.

Phase 8 – Die Verhaltensänderung:

Auch in dieser schon relativ vorangeschrittenen Phase steigert sich der Prozess des Rückzugs weiter. Ein Gefühl der Wertlosigkeit dominiert die Stimmung und löst starke Ängste aus. Weil mittlerweile eine deutliche Verhaltensveränderung wahrzunehmen ist, kommen die Betroffenen vermehrt mit Kollegen oder Freunden in Kontakt, die ihnen durch Zuwendung helfen wollen. Dadurch fühlen sich jedoch die meisten Personen angegriffen – Unterstützung wird nicht als solche gedeutet, Zuneigung und Aufmerksamkeit vermieden. Ein sensibles Vorgehen ist nun von Nöten, da es sonst dazu kommen kann, dass die Situation eskaliert und keine weiteren Gespräche zugelassen werden.

Phase 9 – Die Depersonalisierung:

Es hat sich ein Mechanismus im Leben eingestellt, welches nur noch funktional und fast mechanisch verläuft. Jedwede Individualität ist verloren gegangen, so auch markante Charakterzüge. Diese Depersonalisierung äußert sich durch die Unfähigkeit auch nur geringsten persönlichen Bedürfnissen nachzugehen – das Gefühl für die eigene Person ist verschwunden, was unverweigerlich zu inneren Konflikten und Selbstverneinung führt.

Phase 10 – Die innere Leere:

Das Burnout-Syndrom ist in ein alarmierendes Stadium fortgeschritten, bei dem die Betroffenen schon längst Hilfe von außen benötigen. Ein quälendes Gefühl der inneren Leere macht sich breit und der letzte Funke Glaube, etwas Nützliches tun zu können, ist erloschen. Die ausgezehrten Personen versuchen oft, irgendwie ihre Energie wieder aufzufüllen, was meist in Überreaktionen endet. So können sich Extreme in der Sexualität oder bei den Essgewohnheiten ausbilden. Auch Drogen oder Aufputschmittel werden verlockend und treiben Menschen nicht selten in eine Abhängigkeit. Häufig entstehen in dieser Phase Phobien mit begleitenden Panikattacken.

Phase 11 – Die Depression:

Ohne Unterstützung oder Selbsteinsicht bildet sich auf kurz oder lang bei den betroffenen Personen eine Depression aus. Wird das von Freunden, Kollegen oder Angehörigen bemerkt, sollte dringend ein Arzt kontaktiert werden, da somit die Endphase des Burnout-Syndroms eingeleitet wird. Es bestehen die klassischen Symptome einer Depression: der Mensch ist verzweifelt und mit seinen Kräften am Ende, der persönliche Antrieb ist erloschen. Auch die Motivation, zur Arbeit zu gehen und sich zu engagieren, besteht nicht mehr, was einen Wendepunkt in den Prioritäten darstellt. Ein Zustand vollständiger Perspektivlosigkeit ist erreicht. Sehr schlechter Schlaf mit daraus resultierendem Wunsch, den ganzen Tag im Bett zu bleiben, dominiert das Leben. Wie bei jeder schweren Depression, können bereits jetzt Suizidgedanken auftreten.

Phase 12 – Völlige Erschöpfung:

Der Endpunkt der Burnout-Problematik ist die völlige Erschöpfung auf allen Ebenen – körperlich, geistig und emotional. Die anfänglich ausgebildeten Zwänge wurden abgelegt und selbst die Arbeit ist irrelevant geworden. Diese war allerdings der einzige Lebensinhalt, weshalb auch der Sinn zu leben verloren gegangen ist. Die meisten sozialen Kontakte wurden abgebrochen oder haben sich durch ständige Ablehnung abgewandt – Hilfe wird nicht erwartet. Oftmals steht ein mentaler und körperlicher Zusammenbruch bevor oder fand bereits statt. Die Endphase ist ein absoluter medizinischer Notfall, denn das Suizidrisiko ist extrem hoch. Sollten Betroffene selbst oder ihnen nah stehende Personen dies bemerken, ist eine psychologische oder psychiatrische Behandlung unumgänglich und der einzige Ausweg aus dieser Krisensituation.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 17.08.2015 - Letzte Änderung: 22.10.2021