Glutenunverträglichkeit

Definition

Die Glutenunverträglichkeit ist eine Erkrankung mit vielen verschiedenen Namen: Zöliakie ist im medizinischen Bereich die verbreitetste Bezeichnung. Doch die Erkrankung kann auch als einheimische Sprue oder glutensensitive Enteropathie bezeichnet werden.

Wie der deutsche Name bereits vermuten lässt, liegt der Erkrankung eine Unverträglichkeit des Stoffes Gluten zugrunde. Die Symptome reichen von Bauchschmerzen und Durchfall bis hin zu deutlichem Gewichtsverlust und Vitaminmangelerscheinungen (siehe auch: Vitaminmangel). Die einzige Behandlungsmöglichkeit ist der vollständige Verzicht auf Gluten. Wird diese Diät eingehalten, ist die Prognose sehr gut.

Ursachen

Eine Glutenunverträglichkeit bedeutet, dass der Körper Gluten nicht verträgt. Gluten ist ein Eiweiß, das in zahlreichen Getreidesorten vorkommt. Die Glutenunverträglichkeit hat sowohl Anteile einer Allergie (siehe auch: Nahrungsmittelallergie) als auch einer Autoimmunerkrankung, also einer überschießenden Reaktion des Immunsystems auf Gluten.
Das Resultat ist, dass sich bei Kontakt mit Gluten eine dauerhafte Entzündungsreaktion im Dünndarm (siehe auch: Entzündung des Dünndarms) abspielt. Diese führt zu einer teilweisen Zerstörung der Dünndarmoberfläche. Das führt wiederum dazu, dass im Dünndarm zahlreiche Nährstoffe, auch solche die der Körper eigentlich verträgt, nicht mehr ausreichend aufgenommen werden können.
Weshalb es zu einer Glutenunverträglichkeit kommt, ist noch nicht abschließend geklärt. Es scheint eine erbliche Komponente zu geben. Das ist daraus abzuleiten, dass wenn bei eineiigen Zwillingen einer der Zwillinge erkrankt, die Erkrankungswahrscheinlichkeit für den anderen Zwilling deutlich höher ist als in der Allgemeinbevölkerung. Auch Verwandte von Erkrankten haben ein erhöhtes Risiko, auch an einer Glutenunverträglichkeit zu erkranken. Als Ursache wird also aktuell in erster Linie eine genetische Veranlagung angenommen. Die Forschung auf diesem Gebiet ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

Diagnostik

Zunächst spielt auf dem Weg zur Diagnosefindung die Anamnese eine wichtige Rolle. Der behandelnde Arzt wird fragen welche Symptome vorliegen, wann sie auftreten, welche Nahrungsmittel zu einem Auftreten der Symptome führen, ob es in der Verwandtschaft ähnliche Symptome gibt, ob es zu einem Gewichtsverlust gekommen ist und wie lange die Beschwerden schon bestehen.
Anschließend erfolgt die körperliche Untersuchung. Hier wird unter anderem das Gewicht geprüft. Besteht der Verdacht auf eine Zöliakie so können zunächst Bluttests erfolgen. Liegt eine Glutenunverträglichkeit vor, lassen sich hier bestimmte Antikörper nachweisen. Erfolgt dieser Nachweis, so reicht das zur sicheren Diagnosestellung jedoch noch nicht aus. Es muss außerdem eine Magenspiegelung erfolgen. Hierbei wird nach Betäubung des Rachens oder während einer kurzen Narkose ein Schlauch (Gastroskop) über den Hals und die Speiseröhre in den Magen und bis zum Dünndarm vorgeschoben. Aus dem Dünndarm müssen mehrere Proben (Biopsien) entnommen werden. Diese werden von einem Pathologen unter dem Mikroskop untersucht. Hier kann beurteilt werden ob es zu der für die Glutenunverträglichkeit typischen Zottenatrophie kommt, also zu einem Verlust von bestimmten Oberflächenmerkmalen der Dünndarmschleimhaut. Außerdem kann beurteilt werden, ob und wie viele Entzündungszellen in der Darmschleimhaut vorliegen. Erst durch eine solche Untersuchung der Schleimhautproben ist die Diagnose gesichert.

Welche Tests gibt es für eine Glutenunverträglichkeit?

Spezifische Tests, die der Laie durchführen kann um herauszufinden, ob er an einer Glutenunverträglichkeit leidet, gibt es seit einiger Zeit ebenfalls.
Zunächst kann bei dem Verdacht auf das Vorliegen einer Glutenunverträglichkeit versucht werden für einige Wochen auf eine vollständig glutenfreie Ernährung umzusteigen. Kommt es hierunter zu einem deutlichen Rückgang der Beschwerden ist die Diagnose wahrscheinlich. Zur endgültigen Bestätigung sollte dann der behandelnde Arzt aufgesucht werden.
Es gibt weitere Tests, wie beispielsweise den D-Xylose-Test, die versuchen zu messen, wie eingeschränkt die Aufnahme von bestimmten Nährstoffen im Dünndarm ist. Für die Diagnosestellung sind sie jedoch nicht ausreichend. Hierfür ist zwingend eine Probenentnahme aus dem Dünndarm notwendig. Seit einiger Zeit gibt es Bluttests, die bestimmte Antikörper nachweisen können, auch für den Laien zu kaufen. Der Test ähnelt dem Bluttest den der Arzt durchführt. Ein negatives Ergebnis schließt das Vorliegen einer Zöliakie jedoch nicht sicher aus.

Was sind Anzeichen für eine Glutenunverträglichkeit?

Die Glutenunverträglichkeit wird häufig im Kindesalter entdeckt, wenn begonnen wird, Getreideprodukte zu füttern. Es kommt zu Durchfällen und nicht selten auch zu Fettstühlen, also übelriechenden, glänzenden und voluminösen Stühlen, die im Rahmen der Fettverdauungsstörung auftreten. Die betroffenen Kinder haben oftmals wenig Appetit. Es kommt zu Übelkeit und Erbrechen. Nicht selten entwickelt sich im Verlauf eine Gedeihstörung. Die Kinder sind also hinsichtlich ihres Gewichtes und ihrer Größe für ihr Alter unterentwickelt. Nach einer zunächst normalen Entwicklungskurve folgt also ein Knick. Das kann auch bei den Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt zum ersten Mal auffallen.
Typisch für die Glutenunverträglichkeit bei Kindern ist auch ein vorgewölbter Bauch bei sonst eher dünnen Gliedmaßen. Auch Auffälligkeiten an den Zähnen, wie Flecken, können bei der Glutenunverträglichkeit auftreten.
Bei Jugendlichen und Erwachsenen sind die Symptome oftmals nicht derart typisch und ausgeprägt. Hier können chronische Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Knochenschmerzen und Blässe im Rahmen einer Blutarmut auf eine Glutenunverträglichkeit hinweisen.

Begleitende Symptome

Neben den typischen Durchfällen, sowie Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit kann sich eine Glutenunverträglichkeit durch dauerhafte Müdigkeit, Antriebslosigkeit, verstärkte Reizbarkeit, blasse Haut sowie Knochen- und Muskelschmerzen zeigen.

Symptome an der Haut

Bei der Glutenunverträglichkeit kann es zu Vitaminmangelzuständen kommen. Diese können zahlreiche Symptome verursachen.
Die Haut kann auffällig trocken sein. Auch eine blasse Haut kann auftreten, da es nicht selten zu einer Blutarmut kommt. Diese ist durch eine Aufnahmestörung von Eisen bedingt. Patienten, die an einer Glutenunverträglichkeit leiden, können zusätzlich auch eine bestimmte Hauterkrankung entwickeln. Diese nennt sich Dermatitis herpetiformis Duhring. Sie kommt bei Patienten mit einer Zöliakie deutlich häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung. Die Erkrankung geht mit verschiedenen Arten von Hautausschlag einher. Es kann zu Bläschenbildung, Rötungen, Quaddelbildung und Ekzemen mit Brennen und Juckreiz kommen. Die Hauptlokalisationen des Ausschlags sind Knie und Ellenbogen. Seltener können auch andere Körperpartien betroffen sein.

Hautausschlag

Eine Hauterkrankung mit Namen Dermatitis herpetiformis Duhring tritt nahezu ausschließlich bei Menschen auf, die auch an einer Glutunverträglichkeit leiden. Sie zeigt sich durch verschiedenartige Hautausschläge. Therapeutisch spielt vor allem die glutenfreie Diät eine wesentliche Rolle.

Pickel

Normale einzelne Mitesser treten im Rahmen einer Glutenunverträglichkeit nicht häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung. Einige Zöliakie-Patienten leiden jedoch unter einer zusätzlichen Hauterkrankung, der Dermatits herpetiformis Duhring. Bei dieser können sich zahlreiche kleine Pickel/ Bläschen auf der Haut bilden, welche insbesondere nach Aufnahme getreidehaltiger Kost auftreten können.

Gewichtszunahme

Die Glutenunverträglichkeit an sich ist in der Regel keine Ursache für eine Gewichtszunahme. Gerade bei Kindern kann es eher zu einer Gewichtsabnahme kommen. Einige Studien haben jedoch gezeigt, dass eine glutenfreie Diät nach Diagnosestellung bei einigen Betroffenen zu einer Gewichtszunahme führt. Hierzu gibt es jedoch verschiedene Studiendaten. Andere Studien belegen, dass es keine signifikante Gewichtszunahme unter einer glutenfreien Diät gibt.

Übelkeit

Übelkeit ist ein Symptom das bei einer Glutenunverträglichkeit auftreten kann. Zusammen mit Appetitlosigkeit kommt es gerade im Kindesalter vor. Doch auch Erwachsene mit einer Zöliakie können unter Übelkeit leiden. Nach Umstellung der Ernährung verschwindet die Übelkeit in der Regel.

Durchfall

Durchfall ist das Leitsymptom bei der Glutenunverträglichkeit. Durch die chronische Entzündung im Dünndarm können die mit der Nahrung aufgenommenen Nährstoffe nicht mehr ausreichend ins Blut gelangen. Sie gelangen daher bis in den Dickdarm, wo sie von den dort ansässigen Bakterien zersetzt werden. Hierbei entstehen Gase und andere Stoffe. Das führt zu Durchfall, Blähungen und Bauchschmerzen. Aufgrund einer Fettverdauungsstörung kann es auch zu Fettstühlen kommen. Diese sind fettig glänzend und übelriechend.

Symptome beim Kind

Die ersten Symptome treten häufig beim Zufüttern von Getreideprodukten auf. Die Kinder leiden unter Durchfällen, Bauchschmerzen, Blähungen, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen und nehmen nicht ausreichend an Gewicht zu.

Behandlung

Die Behandlung einer Glutenunverträglichkeit besteht in erster Linie in einer vollständigen Ernährungsumstellung. Es muss strikt auf glutenhaltige Nahrungsmittel verzichtet werden. Da Gluten in den meisten Getreidesorten vorhanden ist, ist eine solche Diät zu Beginn oftmals nicht leicht umzusetzen.
Bei einer glutenfreien Ernährung kommt es zu einer langsamen Erholung der Dünndarmschleimhaut und die Symptome sind meist vollständig rückläufig.
Getreidesorten, die strikt gemieden werden müssen, sind Roggen, Gerste und Weizen, sowie Dinkel und Hafer. Da Gluten gerne auch als Emulgator oder zum Gelieren eingesetzt wird, muss bei Fertigprodukten darauf geachtet werden, dass kein Gluten enthalten ist.
Erlaubt sind im Rahmen einer glutenfreien Diät Getreide wie Hirse, Reis, Mais und Buchweizen. Kastanien- sowie Sojamehl können ebenfalls alternativ genutzt werden. Auch Kartoffeln und Milchprodukte sowie Fleisch, Fisch und Eier sind kein Problem.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Ernährung bei Zöliakie

Ist eine Glutenunverträglichkeit heilbar?

Eine Glutenunverträglichkeit ist im herkömmlichen Sinne nicht heilbar, da die Symptome immer wieder auftreten, wenn glutenhaltige Nahrungsmittel zugeführt werden. Man kann die Erkrankung jedoch in sofern als heilbar bezeichnen, als dass bei einer streng glutenfreien Diät, die Dünndarmschleimhaut sich in der Regel vollständig erholt und keine Symptome zurückbleiben.

Was sind die Folgen einer Glutenunverträglichkeit?

Bei Kindern kann eine Glutenunverträglichkeit zu bleibenden Zahnschäden und einer Wachstumsverzögerung führen. Es kann außerdem zu Nährstoff- und Vitaminmangelzuständen kommen. So kann es zu einer verminderten Eisenaufnahme kommen. Diese kann zu einer Blutarmut führen. Aufgrund eines Mangels an Kalzium und Vitamin D, im Rahmen der Resorptionsstörung, kann die Entstehung von Osteoporose, also erhöhter Knochbrüchigkeit, gefördert werden.
Auch das Risiko für die Entwicklung anderer Autoimmunerkrankungen ist erhöht. Hierzu zählen beispielsweise Schilddrüsenerkrankungen. Bei Patienten mit einer Zöliakie kommt es häufiger zu Depressionen. Bei einer Glutenunverträglichkeit, die über Jahrzehnte unbehandelt verläuft, ist auch das Krebsrisiko erhöht.
Die meisten dieser Folgen können jedoch durch eine glutenfreie Ernährung verhindert werden.

Welches Bier darf ich bei Glutenunverträglichkeit trinken?

Es gibt spezielle glutenfreie Biere, die bei einer bekannten Zöliakie getrunken werden dürfen. Es gibt glutenfreie Biere, die aus glutenfreien Getreidesorten hergestellt wurden und solche, die zwar aus glutenhaltigem Getreide hergestellt wurden, bei denen jedoch das Gluten während des Entstehungsprozesses weitestgehend abgebaut wurde. Glutenfreies Bier ist teurer als normales Bier und vor allem in Reformhäusern/ Bioläden erhältlich.

Welchen Alkohol darf ich mit einer Glutenunverträglichkeit trinken?

Generell sollten Alkoholsorten, die Gluten enthalten, gemieden werden. Hierzu zählen beispielsweise die herkömmlichen Biersorten. Es gibt jedoch heutzutage glutenfreies Bier das von Patienten, die an einer Zöliakie leiden, getrunken werden darf.
Hochprozentiger Alkohol wie Whiskey, Wodka, Rum, Wein und Sekt enthält kein Gluten und kann getrunken werden. Bei Cocktails ist Vorsicht geboten, da die Zusatzstoffe auf der Cocktailkarte oftmals nicht aufgeführt sind.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 10.04.2017 - Letzte Änderung: 19.07.2023