Harnwegsinfekt

Definition

Der Harnwegsinfekt im engeren Sinne bezeichnet das, was im Volksmund als Blasenentzündung bezeichnet wird. Der Fachausdruck hierfür ist die Zystitis. Allerdings können Harnwegsinfekte eigentlich – wie der Name bereits vermuten lässt – das ganze harnableitende System betreffen. Man unterscheidet daher den oberen vom unteren Harnwegsinfekt.

Während die Blasenentzündung und die Harnröhrenentzündung als unterer Harnwegsinfekt bezeichnet werden, schließt der obere Harnwegsinfekt eine Beteiligung der Harnleiter und / oder Nieren (Nierenbeckenentzündung) mit ein.

Die Blasenentzündung ist ein sehr häufiges Krankheitsbild ist, das vermehrt bei Frauen auftritt. Eine Nierenbeckenentzündung kann aus einer unbehandelten Blasenentzündung entstehen. Auch die Urosepsis entsteht aus einer unbehandelten Blasenentzündung und ist potentiell lebensgefährlich. Trotzdem muss eine Blasenentzündung nicht immer medikamentös behandelt werden.

Ursachen

Ein Harnwegsinfekt entsteht durch eine Infektion. Eine Infektion wiederum entsteht durch eine Besiedelung des Körpers oder eines Teils des Körpers mit Bakterien. Bei allen Arten der Harnwegsinfekte, auch der Blasenentzündung, sind Bakterien, die über die Harnröhre in die Blase aufsteigen häufigster Infektauslöser.

Ein oberer Harnwegsinfekt kann sich aus einem unbehandelten unteren Harnwegsinfekt entwickeln. Die Bakterien steigen aus der Blase weiter ins harnableitende System auf und gelangen so in die Harnleiter (Urethra) oder sogar bis in die Nieren. Während eine einfache Blasenentzündung oftmals ein harmloses Krankheitsbild ist, kann der obere Harnwegsinfekt zu einer Nierenbeckenentzündung führen die mit schweren Allgemeinsymptomen einhergeht.

Aus einem Harnwegsinfekt kann sich außerdem eine sogenannte Urosepsis entwickeln. Bei einer Sepsis gelangen die Bakterien ins Blut und es kommt so zu einer Art Infektion des ganzen Körpers. Eine Sepsis ist ein lebensgefährliches und dringend behandlungsbedürftiges Krankheitsbild.

Lesen Sie mehr dazu unter Urosepsis

Es gibt Risikofaktoren, die das Auftreten eines Harnwegsinfekts begünstigen. Hierzu zählen Fehlbildungen im harnableitenden System wie sie am häufigsten bei kleinen Jungen vorkommen, eine Vergrößerung der Prostata (Prostatahyperplasie) wie sie bei älteren Männern vorliegt, Harnsteine, falsche Intimhygiene, Harnblasenkatheter, Diabetes mellitus sowie das weibliche Geschlecht. Dass das weibliche Geschlecht als Risikofaktor für die Entwicklung eines Harnwegsinfekts gilt liegt daran, dass die Harnröhre der Frau deutlich kürzer ist, als die des Mannes. Dadurch können Bakterien von außen deutlich leichter in die Blase gelangen. Auch Kälte, bzw. kalte Füße, können eine Blasenentzündung begünstigen. Lesen Sie hierzu mehr: Blasenentzündung durch kalte Füße

E. Coli

Escherichia coli (abgekürzt E. Coli) ist ein gram negatives Bakterium. Es kommt vor allem in der Darmflora, also im Magen-Darm-Trakt, vor. Bei gesunden Patienten die zu Hause leben ist die häufigste Ursache für eine durch E. coli ausgelöste Harnwegsinfektion die falsche Intimhygiene. Hierbei können Bakterien aus dem Afterbereich nach vorne in den Bereich der Harnwege gelangen und dann in die Blase aufsteigen. Dies geschieht bei Frauen normalerweise deutlich häufiger als bei Männern weil die Harnröhre der Frauen deutlich kürzer ist.

E. coli ist der häufigste Auslöser von Harnwegsinfekten die in der Häuslichkeit erworben wurden (ambulant erworbene Harnwegsinfekte). Bei etwa 70% dieser ambulant erworbenen Harnwegsinfekte ist E. coli das nachgewiesene Bakterium. Seltener kommen Bakterien aus der Gruppe der Enterobakterien vor. Beispielsweise Klebsiellen oder Proteus-Arten. Auch Staphylokokken und Enterokokken kommen vor. Bei Harnwegsinfekten die während eines Aufenthaltes in einer Pflegeeinrichtung (zum Beispiel Krankenhaus) erworben wurden spricht man von nosokomialen Harnwegsinfekten. Hier sind die häufigsten Erreger Klebsiellen, Proteus und Pseudomonas aeruginosa. Doch auch E. coli kommt häufig vor.

Durch Geschlechtsverkehr (GV)

Es gibt Keime, die bei sexuellem Kontakt übertragen werden und einen unteren Harnwegsinfekt auslösen können. Hierzu zählen vor allem Neisseria gonnorhoeae, Auslöser der Gonorrhoe (Tripper), und Chlamydia trachomatis.

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Infektionen mit einem dieser Erreger führt häufig zu einer isloierten Entzündung der Harnröhre (Urethritis). Es gibt jedoch auch viele Frauen, die wenige Tage nach einem Geschlechtsverkehr an einer Blasenentzündung erkranken. Diese Art der Blasenentzündung hat sogar einen eigenen Namen, die sogenannte Honeymoon-Zystitis (Flitterwochen-Blasenentzündung). Besonders häufig tritt diese Art der Blasenentzündung auf, wenn ein neuer Sexualpartner vorhanden ist. Jeder Mensch hat eine etwas andere Darmflora. Beim Sexualverkehr können Keime aus der Darmflora in den Scheidenbereich der Frau gelangen. Gerade wenn die Frauen noch nicht an die Darmflora des Mannes „gewöhnt“ sind, ist das Auftreten einer Blasenentzündung nicht selten. Vorgebeugt werden kann der Honeymoon-Zystitis in einigen Fällen durch eine relativ simple Maßnahme: Sorgfältiges Waschen des Intimbereichs vor und direkt nach dem Geschlechtsverkehr. Der Mann sollte sich vor allem vor dem Verkehr waschen damit das Risiko für eine Blasenentzündung der Frau sinkt. Generell sollte – gerade bei empfindlichen Frauen – Vaginalverkehr der direkt auf den Analverkehr folgt vermieden werden, da dies ein relativ großes Risiko für die Entstehung einer Blasenentzündung birgt.

Durch einen Blasenkatheter

Ein Harnblasenkatheter ist ein dünner biegsamer Schlauch, der von außen durch die Harnröhre in die Harnblase geschoben wird. Sinn des Katheters ist eine Ableitung des Harns aus der Harnblase nach außen. Dies kann beispielsweise bei Patienten mit neurologischen Störungen die das Urinlassen beeinflussen, bei alten inkontinenten Patienten oder im Rahmen einer Operation mit nachfolgender Immobilität sinnvoll sein.

Auch wenn der Harnblasenkatheter unter sterilen Maßnahmen gelegt wird, ist er ein potentieller Infektionsherd. Es können Bakterien von außen über den Schlauch in der Harnröhre bis in die Blase aufsteigen und eine Entzündung verursachen. Harnblasenkatheter sollten daher immer nur so lange wie unbedingt notwendig belassen werden. Je länger der Katheter liegt, desto höher ist das Infektionsrisiko.

Eine Alternative bei Patienten die dauerhaft einen Blasenkatheter brauchen ist der sogenannte suprapubische Harnblasenkatheter. Er wird nicht durch die Harnröhre sondern durch einen Schnitt oberhalb des Schambeins in die Blase eingebracht. Das Infektionsrisiko bei dieser Art von Katheter ist geringer. Außerdem sollte eine tägliche suffiziente Hygiene von liegenden Blasenkathetern und der Intimregion des Patienten erfolgen um die Infektionsgefahr zu minimieren.

Harnblasenkatheter sind die häufigste Ursache für Harnwegsinfekte im Krankenhaus (nosokomiale Harnwegsinfektionen). Auch wenn ein solcher Harnwegsinfekt erst einmal nach einer eher banalen Erkrankung klingt, darf er nicht unterschätzt werden. Aus einem solchen Infekt kann sich – gerade bei Patienten mit gravierenden Vorerkrankungen oder geschwächtem Immunsystem – eine lebensgefährliche Urosepsis entwickeln.

Begleitende Symptome

Symptome die bei einem Harnwegsinfekt begleitend auftreten können, sind vielfältig, je nachdem welcher Teil des harnableitenden Systems von der Infektion betroffen ist.

Ist die Harnröhre selbst infiziert, kann sich dies in starkem Brennen beim Wasserlassen und Juckreiz im Bereich der Harnröhre zeigen.
Auch bei einer Blasenentzündung ist das Wasserlassen oftmals von einem sehr schmerzhaften Stechen begleitet.
Die Urinmenge pro Toilettengang ist gering, dafür besteht ständiger Harndrang, man spricht von einer Pollakisurie. Es kann zur Blutbeimengung im Urin (Hämaturie) kommen.
Ist die Infektion bis zu den Nieren aufgestiegen, handelt es sich um eine Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis). Diese geht häufig mit einem stark reduzierten Allgemeinzustand, hohem Fieber und Schüttelfrost einher. Das betroffene Nierenlange ist klopfschmerzhaft. Auch Übelkeit und Erbrechen können bei einer Nierenbeckenentzündung auftreten.

Lesen Sie mehr dazu unter Nierenbeckenentzündung

Mit Schmerzen

Schmerzen sind ein relativ typisches Symptom bei einer Infektion der Harnwege. Ist die Blase oder die Harnröhre von der Entzündung betroffen, treten die Schmerzen vor allem als starkes Stechen und Brennen bei jedem Wasserlassen auf. Bei einer Nierenbeckenentzündung können dumpfe Schmerzen im Bereich des betroffenen Nierenlagers sowie eine starke Klopfschmerzhaftigkeit des betroffenen Nierenlagers auftreten.

Ohne Schmerzen

Typischerweise geht ein Harnwegsinfekt mit Schmerzen einher. Bei der klassischen Blasenentzündung treten die Schmerzen beim Wasserlassen auf, bei einer Nierenbeckenentzündung unabhängig davon. Es gibt jedoch auch Patienten, die bei einem Infekt der Harnwege keine Schmerzen verspüren. Gerade alte und verwirrte Menschen können zwar Schmerzen haben, diese jedoch nicht adäquat äußern. Das erschwert die Diagnosestellung.

Fieber

Fieber ist ein typisches Symptom für einen oberen Harnwegsinfekt, also einen Infekt der insbesondere eine der beiden Nieren mit einschließt. Die Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) ist ein ernst zu nehmendes Krankheitsbild das mit hohem Fieber bis über 40°C, Schüttelfrost und stark reduziertem Allgemeinbefinden einhergehen kann. Es sollten hier fiebersenkende Mittel und Antibiotika zum Einsatz kommen.

Juckreiz

Juckreiz ist ein Symptom, das insbesondere bei einer isolierten Entzündung der Harnröhre (Urethritis) auftritt. Der Juckreiz ist dann im Bereich der Harnröhre lokalisiert. Begleitend kann ein schmerzhaftes Stechen und Brennen beim Wasserlassen auftreten.

Rückenschmerzen

Rückenschmerzen treten vor allem im Rahmen eines oberen Harnwegsinfekts auf. Die Schmerzen fühlen sich zwar an, als seien sie im Rücken lokalisiert, es handelt sich jedoch in den meisten Fällen um Schmerzen im Bereich eines der beiden Nierenbecken.
Bei einer Infektion der Niere kann diese anschwellen. Die Niere an sich ist nicht schmerzempfindlich. Wenn sie jedoch anschwillt, gerät die Kapsel die die Niere umschließt unter Spannung. Die Kapsel ist mit schmerzsensiblen Dehnungssensoren ausgestattet. Eine entzündungsbedingte Vergrößerung der Niere kann also zu Flankenschmerzen führen. Man spricht von einem Nierenkapseldehnungsschmerz.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter Unterscheidung von Nierenschmerzen zu Rückenschmerzen

Übelkeit

Auch Übelkeit und Erbrechen sind Symptome, die vor allem bei einer Nierenbeckenentzündung auftreten können. Bei einer unkomplizierten Blasenentzündung sind sie eher selten. Bei der Nierenbeckenentzündung kommt es außerdem zu einer starken Beeinträchtigung des Allgemeinzustands mit Schüttelfrost, Fieber und Schmerzen.

Blut im Urin

Blut im Urin wird im Fachjargon als Hämaturie bezeichnet. Makrohämaturie bezeichnet eine Menge an Blut, die mit bloßem Auge Blut im Urin gesehen werden kann. Eine Mikrohämaturie meint einen Nachweis von Blut im Labor oder mittels Streifentest ohne dass das Blut mit bloßem Auge zu sehen ist.

Eine der häufigsten Ursachen für Blut im Urin sind Nierensteine. Doch auch Harnwegsinfekte können mit einer Blutbeimengung zum Urin einhergehen. Eine Blasenentzündung mit Blut im Urin wird auch als hämorrhagische Zystitis bezeichnet.

Nach Ausheilung des Infekts ist auch kein Blut mehr im Urin nachweisbar. Der Nachweis von Blut im Urin erfolgt entweder per Blickdiagnose oder per Urinuntersuchung via Labortest oder Urinstreifentest.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema auf der Hauptseite zu Blut im Urin

Ausfluss

Ausfluss ist kein typisches Symptom der Blasenentzündung. Auch bei einer Entzündung einer Niere tritt selten Ausfluss auf.

Bei der isolierten Entzündung der Harnröhre (Urethritis) kommt es jedoch zusätzlich zu Brennen beim Wasserlassen und Juckreiz häufig zu Ausfluss aus der Harnröhre.

Bauchschmerzen

Im Rahmen einer Blasenentzündung kommt es zu brennenden Unterbauchschmerzen beim Wasserlassen und häufigem Harndrang. Auch Unterbauchschmerzen in Ruhe (also unabhängig vom Wasserlassen) können im Rahmen einer Blasenentzündung auftreten. Die Symptome verschwinden bei sonst gesunden Patienten oftmals auch unbehandelt bereits nach wenigen Tagen vollständig.

Diagnose

Die Diagnostik bei einem Harnwegsinfekt setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen.

Zunächst sollte die Anamnese erfolgen. Der Arzt fragt hierbei nach den Beschwerden, wie lange diese schon bestehen, ob schon einmal ein Harnwegsinfekt vorlag, ob Vorerkrankungen vorliegen und ob regelmäßig Medikamente eingenommen werden. Außerdem ist es wichtig zu erfahren, ob der Harnwegsinfekt zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung (Krankenhaus, Pflegeheim) erworben wurde.

Es folgt die körperliche Untersuchung mit Fokus auf der Untersuchung des Unterbauchs und der Nierenregion. Der Arzt wird hier beispielsweise mit der Faust locker auf beide Nierenlager klopfen um zu prüfen, ob hierbei Schmerzen bestehen. Je nachdem wie alt und wie morbide der Patient ist, kann außerdem eine Blutentnahme erfolgen. Bei jungen gesunden Frauen, der häufigsten Patientengruppe bei einfachen Harnwegsinfekten, muss nicht zusätzlich Blut entnommen werden. Bei älteren, vorerkrankten Patienten kann eine Blutentnahme sinnvoll sein. Auch bei Patienten mit Nierenlagerklopfschmerz wird in der Regel Blut abgenommen.

Das entscheidende Kriterium zur Entscheidung ob eine Blasenentzündung vorliegt oder nicht ist ein Urintest, der sogenannte Urinstatus. Dieser wird im nächsten Abschnitt genauer erläutert. Eventuell kommt neben den oben genannten diagnostischen Maßnahmen auch eine Ultraschalluntersuchung zum Einsatz um die Harnblase und die Nieren beurteilen zu können und um einen Harnstau auszuschließen.

Mit einem schnellen und einfachen Selbsttest zuhause können Sie einen ersten Verdacht auf eine Blasenentzündung selbst feststellen. Weitere Informationen erhalten Sie unter: Schnelltest auf eine Blasenentzündung

Welcher Arzt behandelt den Harnwegsinfekt?

Ein Harnwegsinfekt wird meist durch den Hausarzt behandelt. Dieser hat ein breites Spektrum an Erkrankungen, die er behandeln kann. Im Krankenhaus sind in den meisten Fällen die Internisten, also die Ärzte für innere Erkrankungen, für die Behandlung von Harnwegsinfekten zuständig. In Krankenhäusern in denen es eine Urologie gibt, kann auch diese Abteilung die Behandlung von Harnwegsinfekten übernehmen.

Was ist der Urinstatus?

Der Urinstatus ist eine Laboruntersuchung zur Abklärung verschiedener Erkrankungen.

Der zu untersuchende Urin sollte am besten Mittelstrahlurin sein. Das bedeutet, dass beim Toilettengang zuerst etwas Urin gelassen wird, erst der Urin aus der mittleren Phase des Wasserlassens wird dann gesammelt. Der Urin wird nun entweder ins Labor gegeben und dort untersucht oder es wird ein Schnelltest mit einem Teststreifen gemacht.

Laborchemisch wird der Urin unter anderem auf das Vorliegen von roten Blutkörperchen (Blut im Urin = Hämaturie), weißen Blutkörperchen (Leukozyturie), Nitrit, Eiweiß, Zucker und weiteren Bestandteilen untersucht.

Für die Diagnose eines Harnwegsinfekts ist eine erhöhte Anzahl von weißen Blutkörperchen im Urin wegweisend. Häufig ist auch Nitrit vorhanden da viele Bakterien wie auch E. coli Nitrit bilden. Ein fehlender Nachweis von Nitrit schließt jedoch das Vorliegen eines Harnwegsinfekts nicht aus. Der Urinstatus kommt neben der Diagnostik bei Harnwegsinfekten auch zur Diagnostik bei anderen Nierenerkrankungen sowie beim Diabetes mellitus und seltener beim Phäochromozytom und Lebererkrankungen zum Einsatz.

Lesen Sie mehr dazu unter Urinuntersuchung

Was ist von Teststreifen zu halten?

Krankenhäuser haben in der Regel immer die Möglichkeit, Urintests genau durch ein Labor auswerten zu lassen. Wenn kein Akut-Labor zur Verfügung steht wie es beispielsweise in einer Arztpraxis der Fall ist, kommen alternativ Urinteststreifen zum Einsatz. Es handelt sich um einen Streifen aus Kunststoff auf dem verschiedenfarbig markierte Zonen zu sehen sind. Diese Zonen prüfen das Vorliegen bestimmter Stoffe im Urin. Ein normaler Urinteststreifen testet auf das Vorliegen von roten Blutkörperchen (Erythrozyten), weißen Blutkörperchen (Leukozyten), Nitrit, Zucker (Glucose), Eiweiß (Protein), Ketonen, pH-Wert und Urobilinogen.

Jede Zone enthält einen Indikator der sich bei Kontakt mit der zu prüfenden Substanz unterschiedlich stark färbt. Je mehr von der zu prüfenden Substanz vorhanden ist, desto stärker ist der Farbumschlag. Der Urinteststreifen wird kurz in das Behältnis mit dem zu überprüfenden Mittelstrahlurin gehalten und kann dann sofort abgelesen werden. Als Hilfe dient hierbei eine beigefügte Referenzskala, die Erklärungen für die verschiedenen Farbumschläge liefert.

Der Urinteststreifen ist für eine erste Diagnostik ein hilfreiches Werkzeug. Er liefert grobe Hinweise auf das mögliche Vorliegen bestimmter Erkrankungen. Der Streifentest kann jedoch keine genauen Aussagen zur enthaltenen Menge der zu prüfenden Substanzen machen. Die Intensität des Farbumschlags zeigt lediglich eine grobe Einschätzung der Menge an. Um genauere Informationen zu erlangen ist dann ein genauerer Urintest im Labor notwendig. Urinteststreifen werden in der Praxis (Hausärzte, Frauenärzte, Kinderärzte) angewandt und können vom Patienten auch als Selbsttest angewendet werden. Sie sind für die oben genannten Maßnahmen ein sehr hilfreiches Werkzeug zur Primärdiagnostik und können gegebenenfalls durch weitere Tests ergänzt werden.

Wie sieht die Therapie aus?

Die Therapie eines Harnwegsinfekts hängt von seiner genaueren Lokalisation ab.

Eine Harnröhrenentzündung (Urethritis) wird in den meisten Fällen antibiotisch behandelt. Die Wahl des Antibiotikums hängt davon ab, welcher Erreger am ehesten als Auslöser in Frage kommt. Bei der Blasenentzündung entscheidet man zwischen einem unkomplizierten und einem komplizierten Harnwegsinfekt.

Eine unkomplizierte Blasenentzündung wie sie relativ häufig bei gesunden Frauen auftritt, kann grundsätzlich auch ohne medikamentöse Therapie erfolgen. Um die Schmerzen zu behandeln bietet sich in diesen Fällen meist eine Schmerz-Therapie über einige Tage an, beispielsweise mit Ibuprofen. Eine antibiotische Therapie der unkomplizierten Blasenentzündung ist auch möglich. Hier stehen verschiedene Antibiotika zur Verfügung. Beispielsweise Fosfomycin das nur 1 Mal eingenommen werden muss sowie Nitrofurantoin, das über 5 Tage eingenommen werden muss oder Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinoline wie Ciprofloxacin die über 3 Tage eingenommen werden müssen.

Ein komplizierter Harnwegsinfekt wie er beispielsweise definitionsgemäß bei Männer vorliegt, sollte generell antibiotisch mit einer der oben genannten Substanzen behandelt werden.

Es gibt außerdem noch das Krankheitsbild der asymptomatische Bakteriurie. Hierbei sind im Urinstatus vermehrt Leukozyten zu finden sodass formal eine Blasenentzündung vorliegt. Die Betroffenen haben aber keinerlei Beschwerden. Eine solche asymptomatische Bakteriurie muss in der Regel nicht antibiotisch behandelt werden. Ausnahme hiervon sind schwanger Frauen, bei denen auch in diesem Fall eine antibiotische Therapie erfolgen sollte.

Lesen Sie mehr dazu unter Bakterien im Urin - Wie gefährlich ist das?

Ein weiteres wichtiges Krankheitsbild aus dem Bereich der Harnwegsinfekte ist die Nierenbeckenentzündung. Diese muss in jedem Fall antibiotisch behandelt werden. Als Mittel der Wahl kommen hier Fluorchinolone wie Ciprofloxacin oder der Wirkstoff Cefpodoxim aus der Gruppe der Cephalosporine zum Einsatz. Auch Cotrimoxazol oder Amoxicillin können Anwendung finden. Die antibiotische Therapie sollte über 7-10 Tage erfolgen. Bei einer Nierenbeckenentzündung sind außerdem zu Beginn oftmals fiebersenkende Medikamente wie Paracetamol oder Metamizol notwendig. Bei einer Nierenbeckenentzündung ist die körperliche Schonung wichtig.

Wann brauche ich eine Antibiotikum?

Ein Antibiotikum ist bei einem Harnwegsinfekt nicht immer notwendig. Gerade bei einer unkomplizierten Blasenentzündung kann die Behandlung auch ohne Antibiotikum erfolgen. Ebenso bei der asymptomatischen Bakteriurie.

Immer sollte eine antibiotische Behandlung bei einem komplizierten Harnwegsinfekt und bei einer Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) erfolgen. Auch schwangere Frauen sollten immer eine antibiotische Therapie erhalten.

Lesen Sie mehr dazu unter Antibiotika in der Schwangerschaft

Ansonsten ist der Leidensdruck der Patienten ausschlaggebend wenn entschieden werden soll, ob die antibiotische Behandlung einer unkomplizierten Blasenentzündung notwendig ist oder nicht. Nicht selten hilft hier aber auch die Einnahme von Schmerzmitteln wie Ibuprofen über 2-3 Tage.

Ciprofloxacin

Ciprofloxacin ist ein Antibiotikum aus der Gruppe der Fluorchinolone. Es wird zur Behandlung zahlreicher Erkrankungen angewandt. Lange Zeit war es das bei Blasenentzündungen am häufigsten verordnete Medikament. In den aktuellen Leitlinien ist es jedoch nur noch zweite Wahl oder Alternativlösung falls eine Unverträglichkeit auf die Mittel der ersten Wahl vorliegt. Zu diesen Mitteln der ersten Wahl zählen Fosfomycin und Nitrofurantoin. Bei der Behandlung der Nierenbeckenentzündung hingegen ist Ciprofloxacin immer noch erste Wahl.

Welche Medikamente neben Antibiotika werden eingesetzt?

Die medikamentöse Behandlung von Harnwegsinfekten erfolgt in erster Linie mit Antibiotika. Zusätzlich können Medikamente zur Schmerzlinderung, beispielsweise Ibuprofen, zum Einsatz kommen.

Homöopathie

Für die Behandlung der Symptome einer Blasenentzündung stehen verschiedene homöopathische Mittel zur Verfügung.

Zur Behandlung der auftretenden Schmerzen wird Cantharis vesicatoria (spanische Fliege) empfohlen. Es soll gegen das Brennen im Bereich von Blase und Harnröhre beim Wasserlassen helfen. Für die Anwendung wird die Einnahme von 3 Globuli alle 30 Minuten empfohlen.

Bei sehr starken Schmerzen wird die Anwendung von Mercurius corrosivus (Quecksilberchlorid) empfohlen. Auch hier können halbstündlich 3 Globuli eingenommen werden. Auch Equisetum hiemale (Winterschachtelhalm) kommt zum Einsatz um Schmerzen im Rahmen einer Blasenentzündung zu  behandeln. Weitere mögliche homöpathische Mittel zur Schmerzbehandlung sind Terebinthina (Terpentin), Apis mellifica (Honigbiene) und Pareira brava (Grieswurz). Von all diesen Mitteln können alle 30 Minuten 3 Globuli eingenommen werden. Auch zum Einsatz kommt Colibacillinum (Anti-colibacilläres Serum) das vier bis sechs Mal am Tag eingenommen werden kann. Weiterhin können Formica rufa (rote Waldameise), Rhus toxocodendron (Giftsumach), Sepia (Tintenfisch), Belladonna (Tollkirsche), Aconitum napellus (Eisenhut), Mercurius solubilis (Quecksilber) und Lycopodium clavatum (Bärlappe) zur symptomatischen Behandlung eines Harnwegsinfekt zur Anwendung kommen. Die Auswahl homöopathischer Mittel ist also groß sodass bei akuten Beschwerden am besten ein Homöopath dazu befragt wird, welches Mittel sich am besten eignet.

Wichtig ist jedoch, dass Homöopathika die Erkrankung nicht heilen sondern nur die Symptome lindern. Insbesondere bei Harnwegsinfekten mit Fieber, Schüttelfrost und Verschlechterung des Allgemeinzustandes und bei Harnwegsinfekten während der Schwangerschaft sollte daher zeitnah ein Arzt aufgesucht werden, homöopathische Mittel reichen hier zur adäquaten Behandlung nicht aus.

Tee

Während eines Harnwegsinfekts, insbesondere während der klassischen Blasenentzündung, ist es ausgesprochen wichtig, sehr viel zu trinken damit die Bakterien aus den Harnwegen gespült werden. Ob hierbei Tee oder Wasser getrunken wird, ist unerheblich. Wichtig ist, eine Trinkmenge über 2 Liter am Tag zu erreichen sofern keine Erkrankungen vorliegen, die dies verbieten.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Anbieter von sogenannten Blasen-und-Nieren-Tees. Im Endeffekt machen diese Tees nicht viel anderes als auch andere Flüssigkeiten: Sie spülen die Niere und die Harnwege durch. In der Packungsbeilage steht geschrieben, dass sie zur Erhöhung der Harnmenge und zur Vorbeugung von Harngrieß und Harnsteinbildung dienen. Die Inhaltsstoffe sollen harntreibend und leicht entzündungshemmend wirken. Blasen-und-Nieren-Tees sind bei manchen Anbietern nicht wesentlich teurer als normale Tees. Von Menschen, die gerne Tee trinken und einen Harnwegsinfekt haben, können solche Tees also durchaus angewendet werden. Ein Vorteil gegenüber dem ausreichenden Trinken anderer Tees oder Flüssigkeiten konnte jedoch bisher nicht sicher nachgewiesen werden.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter Indischer Nieren- und Blasentee

Cranberry

Cranberry wird zu Deutsch als großfrüchtige Moosbeere oder Kranbeere bezeichnet. Der englische Begriff Cranberry ist jedoch auch in Deutschland deutlich verbreiteter. Cranberry ist vor allem als traditionelles Heilmittel gegen Blasenentzündungen bekannt. Einen klaren wissenschaftlichen Nachweis zur Wirksamkeit von Cranberry zur Behandlung von Harnwegsinfekten gibt es allerdings nicht. Nichtsdestotrotz kann Cranberry zur Vorbeugung von Harnwegsinfekten angewendet werden. Gerade bei Menschen (meist Frauen) die zu häufigen Blasenentzündungen neigen kann der Versuch einer Cranberry-Prophylaxe erfolgen. Cranberry gibt es in Form von Tabletten, Kapseln und Saft. Die Präparate sind rezeptfrei in Apotheke und Drogerie erhältlich. 500 ml Cranberry Saft kosten 5-6 Euro. Es sollten zur Prophylaxe von Harnwegsinfekten täglich etwa 50 ml Saft aufgenommen werden.

Lesen Sie auch den Artikel: Die Cranberry Kapseln.

Wann muss ich ins Krankenhaus?

Bei Vorliegen eines Harnwegsinfekts ist selten eine stationäre Behandlung im Krankenhaus notwendig. Bei Babys und Kleinkindern mit Harnwegsinfekt die in einem schlechten Allgemeinzustand sind, kann jedoch eventuell eine stationäre Therapie notwendig werden.

Eine Nierenbeckenentzündung ist ein schweres Krankheitsbild, das unter Umständen auch stationär behandelt werden muss. Bei sonst gesunden Patienten ist meist auch eine antibiotische und fiebersenkende ambulante Therapie möglich. Gerade bei bereits vorerkrankten und alten Patienten kann eine Pyelonephritis jedoch eine stationäre Behandlung notwendig machen.

Bei Patienten, bei denen sich aus einem Harnwegsinfekt eine Urosepsis entwickelt hat, die Bakterien also ins Blut gestreut haben, ist oftmals eine Krankenhausbehandlung mit intravenöser antibiotischer Therapie notwendig. Es kann vorkommen, dass diese Patienten auf der Intensivstation engmaschig betreut werden müssen. Generell gilt jedoch, dass eine einfache Blasenentzündung, egal ob unkompliziert oder kompliziert, bei sonst körperlich fitten Menschen nicht im Krankenhaus behandelt werden muss.

Dauer

Eine unkomplizierte Blasenentzündung dauert einige Tage bis zu einer Woche. Die Schmerzen sind vor allem in den ersten 3-4 Tagen deutlich ausgeprägt. Unter einer antibiotischen Therapie gehen sie meist etwas schneller zurück also ohne Therapie.

Komplizierte Harnwegsinfekt, die immer antibiotisch behandelt werden sollten, dauern aufgrund der antibiotischen Behandlung nicht unbedingt weniger lang, die Beschwerden werden jedoch unter Umständen früher weniger. So kann bei raschem Beginn einer antibiotischen Therapie bereits nach etwa 1-2 Tagen mit einem deutlichen Symptomrückgang gerechnet werden.

Eine Nierenbeckenentzündung ist ein schweres Krankheitsbild, das in den meisten Fällen über 1-2 Wochen andauert. Eine antibiotische Behandlung sollte so schnell wie möglich eingeleitet werden. Die Beschwerden gehen dann meist innerhalb von 3-5 Tagen langsam zurück. Die Einnahme von fiebersenkenden Mitteln und Schmerzmitteln führt allerdings bis zum Einsetzen der antibiotischen Wirkung bereits zu einer Beherrschung der Beschwerden.

Wie ansteckend ist ein Harnröhreninfekt?

Eine Harnröhreninfektion oder Harnröhrenentzündung (Urethritis) ist eine Erkrankung die oftmals durch sexuellen Kontakt übertragen wird. Sie ist also hoch ansteckend.

Man unterscheidet die gonorrhoische und die nicht-gonorrhoische Urethritis.
Die gonorrhoische Form wird durch eine Infektion mit dem Bakterium Neisseria gonorrhoeae ausgelöst. Diese Erkrankung ist besser unter dem Namen Tripper bekannt. Sie ist eine der häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten. Eine Übertragung kann direkt über den Intimbereich aber auch über die Mund- oder Analschleimhaut bei Oral- oder Analverkehr zustande kommen. Auch eine Infektion der Augen ist möglich. Die Gonorrhoe ist eine hoch ansteckende Erkrankung. Der Einsatz von Kondomen kann die Infektionsrate deutlich senken, bei nicht fachmännischem Gebrauch besteht jedoch weiterhin ein Infektionsrisiko durch Schmierinfektion.

Neben der gonorrhoischen Urethritis gibt es auch die nicht-gonorrhoische Urethritis. Sie wird am häufigsten durch Chlamydien ausgelöst. Diese Art der Urethritis steht in der Erkrankungshäufigkeit noch deutlich über der Gonorrhoe (Tripper). Die Ansteckung erfolgt durch ungeschützten Sexualverkehr. Bei der antibiotischen Behandlung nach Ansteckung muss in der Regel auch der Sexualpartner mitbehandelt werden da sonst immer wieder eine gegenseitige Ansteckung möglich ist.

Wie ist der Übertragungsweg bei einem Harnwegsinfekt?

Bis auf die Harnröhrenentzündung sind Harnwegsinfekte nicht von einem Menschen zum anderen übertragbar. Eine Blasenentzündung entsteht durch Bakterien, die über die Harnröhre bis in die Blase gelangen. Steigen die Bakterien noch weiter auf, so können sie eine Nierenbeckenentzündung auslösen.

Kann man einen Harnwegsinfekt auch ohne Bakterien haben?

In den allermeisten Fällen werden Harnwegsinfekte durch Bakterien ausgelöst. In ausgesprochen seltenen Fällen können auch Viren, Pilze oder Parasiten die Blasenschleimhaut reizen und so zu einer Entzündung führen.

Wie kann man einer Harnwegsinfektion vorbeugen?

Gerade Frauen neigen dazu, immer wieder Blasenentzündungen zu entwickeln. Daher ist es entscheidend, Vorbeugungsmaßnahmen zu treffen.

Zu den nicht-medikamentösen Maßnahmen zählen eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme von mindestens 2 Litern am Tag, das vollständige Entleeren der Blase beim Toilettengang und das warme Kleiden.
Eine wichtige Bedeutung kommt auch der richtigen Intimhygiene zu. Nach dem Stuhlgang sollte immer von vorne nach hinten abgewischt werden, beim Waschen mit einem Lappen sollte immer erst die Scheide und erst dann der Analbereich gereinigt werden. Sonst besteht die Gefahr, Bakterien aus dem Darmtrakt in die Harnwege einzubringen. Diese Bakterien können dann einen Harnwegsinfekt auslösen.

Auch sollte beim Sexualverkehr darauf geachtet werden, nicht unmittelbar auf den Analverkehr Vaginalverkehr folgen zu lassen. Frauen sollten nach dem Geschlechtsverkehr die Blase entleeren und sich waschen. Bei Patientinnen, bei denen die Blasenentzündung vornehmlich nach dem Geschlechtsverkehr auftritt, kann eine medikamentöse Prophylaxe versucht werden. Hierbei wird nach dem Geschlechtsverkehr einmalig das Antibiotikum Trimethoprim eingenommen. Die Güte der Wirksamkeit ist nicht hinreichend mit Studien belegt.

Häufig hört man außerdem, dass die regelmäßige Einnahme von Cranberry-Präparaten vor rezidivierenden Harnwegsinfekten schützen soll. Frauen die häufiger an Harnwegsinfekten leiden können dies ausprobieren. Bisher gibt es in den Leitlinien jedoch keine Empfehlungen dazu.

Weiterhin gibt es eine Art Impfstoff, der die Sensibilität des Körpers auf bestimmte Bakterien herabsetzen soll. Es gibt beispielsweise Kapseln, die abgetötete Escherichia coli Erreger enthalten. Es sollte über 3 Monate täglich 1 Tablette eingenommen werden. Eine Impfung gegen Blasenentzündung gibt es auch in Spritzen-Form. Sie enthält inaktivierte bakterieller Erreger. Es sollten 3 Impfungen jeweils im Abstand von 2 Wochen gegeben werden. Nach etwa einem Jahr sollte eine Auffrischungsimpfung erfolgen. Die Wirksamkeit der Impfung ist bisher nicht ausreichend belegt.

Kann man gegen einen Harnwegsinfekt Impfen?

Ja, es gibt die Möglichkeit einer Impfung gegen wiederkehrende (rezidivierende) Harnwegsinfekte. Es gibt verschiedene Varianten der Impfung. Ein Impfstoff wird in Form von Spritzen verabreicht. Er enthält inaktivierte Bakterien. Diese Bakterien sind solche, die typischer Weise Auslöser einer Harnwegsinfektion sind. Ziel ist, dem Körper die Erreger so oft in abgeschwächter Form zu präsentieren, so dass das Immunsystem eine adäquate Abwehr gegen diese Erreger entwickelt und sie dann bei einem Harnwegsinfekt effektiv abtöten kann. Die Grundimmunisierung besteht aus 3 Spritzen die im Abstand von 2 Wochen gegeben werden müssen. Diese Grundimmunisierung soll erreichen, dass der Körper etwa 1 Jahr immun gegen die entsprechenden Bakterien ist. Nach einem Jahr muss eine Auffrischungsimpfung erfolgen.

Außerdem gibt es eine Impfung in Tablettenform. Die Tabletten enthalten inaktivierte Escherichia coli Erreger. In den ersten drei Monaten muss täglich eine Tablette eingenommen werden, dann ist die Grundimmunisierung abgeschlossen. Anschließend erfolgt im Monat 7-9 die Auffrischung. Hierbei muss 3 Mal über 10 Tage jeweils 1 Tablette pro Tag eingenommen werden. Der Abstand zwischen den jeweils 10 Tagen muss hierbei 20 Tage betragen. Bisher ist der Nutzen der genannten Impfungen zur Vorbeugung von Harnwegsinfekten nicht ausreichend belegt.

L-Methionin

L-Methionin ist eine essentielle Aminosäure. In der Literatur gibt es Hinweise darauf, dass ein Ansäuern des Urins (beispielsweise mit Methionin) hilfreich ist, um rezidivierenden Harnwegsinfekten vorzubeugen. Das hat damit zu tun, dass Bakterien in saurem / angesäuerten Milieu weniger gut wachsen. Wird der Urin nun also mithilfe von Methionin angesäuert, so soll dies erschwerte Bedingungen für die Bakterien und deren Wachstum schaffen. Es gibt bisher keine ausreichenden Hinweise auf die Wirksamkeit von Methionin sodass es bisher keine Einnahme-Empfehlung gibt.

Besonderheiten

Besonderheiten bei der Frau

Bei der Frau treten Harnwegsinfekte relativ häufig auf. Grund ist der kurze Weg von außen über die Harnröhre bis in die Blase. Nicht alle Harnwegsinfekte bei Frauen müssen antibiotisch behandelt werden. In einigen Fällen reicht bereits eine Schmerztherapie über einige Tage aus. Frauen in der Schwangerschaft sollten jedoch immer antibiotisch behandelt werden.

Bei Frauen die häufig an Harnwegsinfekten (rezidivierenden Harnwegsinfekten) leiden kann eine prophylaktische Therapie erfolgen. Diese kann selbständig mit pflanzlichen Mitteln erfolgen. Hierzu zählt beispielsweise Cranberry in Form von Saft oder Tabletten. Mit dem behandelnden Arzt gemeinsam kann über medikamentöse Vorbeugungsmaßnahmen diskutiert werden.

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In der Frühschwangerschaft / Schwangerschaft

Frauen neigen im mittleren Alter deutlich häufiger zur Entwicklung von Blasenentzündungen als Männer. Während der Schwangerschaft ist die Rate an Harnwegsinfekten noch einmal erhöht. Sie treten in etwa 4-7% der Fälle auf. Ein solcher Infekt in der Schwangerschaft gilt immer als kompliziert, er sollte also immer antibiotisch behandelt werden.

Diagnostisch kommt – wie auch bei nicht-Schwangeren – der Urinuntersuchung die größte Bedeutung zu. Es sollte außerdem eine Urinkultur erfolgen. Hierbei werden die genauen Erreger bestimmt und es wird ausgewertet, welche Antibiotika am wirksamsten gegen diese Erreger sind. Während der Schwangerschaft muss auch eine asymptomatische Bakteriurie, also ein Harnwegsinfekt der sich nur durch die Urinwerte zeigt aber keine Beschwerden macht, behandelt werden. Grund hierfür ist die Annahme, dass Harnwegsinfekt in der Schwangerschaft eine erhöhte Rate an Frühgeburten bedingen. Außerdem besteht unbehandelt das Risiko, dass der Harnwegsinfekt in eine Nierenbeckenentzündung übergeht.

In der Schwangerschaft können zur Behandlung des Harnwegsinfekts nur bestimmte Antibiotika angewendet werden. Hierzu zählen beispielsweise Medikamente aus der Gruppe der Cephalosporine und Amoxicillin. Fosfomycin wird von einigen Autoren als 1. Wahl, von anderen nur als 2. Wahl empfohlen. Die Empfehlungen für die Therapiedauer variieren, in der Leitlinie wird eine Therapiedauer von 7 Tagen empfohlen. Eine Nierenbeckenentzündung sollte mit Cephalosporinen behandelt werden. Aufgrund der Schwere des Krankheitsbildes sollte eine stationäre Therapie erwogen werden.

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Im Wochenbett

Ein Harnwegsinfekt kann auch im Wochenbett auftreten. Wie auch in der Schwangerschaft tritt er hier häufiger auf als bei nicht-schwangeren Frauen. Als Symptome treten brennende Schmerzen beim Wasserlassen und häufiger Harndrang auf. Zur Diagnose muss ein Urintest gemacht werden. Bei Vorliegen eines Harnwegsinfekt lassen sich hiermit vermehrt weiße Blutkörperchen im Urin nachweisen, man spricht von einer Leukozyturie. Meist wird eine antibiotische Behandlung angestrebt. Dies muss jedoch im Einzelfall der behandelnde Frauenarzt entscheiden.

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Was muss ich in der Stillzeit beachten?

Ein Harnwegsinfekt der während der Stillzeit auftritt ist im Endeffekt nichts anderes als ein Harnwegsinfekt während der Schwangerschaft. Hauptunterschied ist, dass ein Infekt während der Schwangerschaft immer antibiotisch behandelt werden muss. In der Stillzeit kann individuell entschieden werden, ob eine antibiotische Behandlung notwendig ist. Es gibt spezielle Antibiotika, die während Schwangerschaft und Stillzeit unbedenklich angewendet werden können. Hierzu zählen beispielsweise die Cephalosporine.

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Harnwegsinfekt beim Baby

Auch Babys können bereits an einem Harnwegsinfekt erkranken. Gerade im Säuglingsalter ist die Diagnosestellung deutlich erschwert.

Wenn das Kind Symptome wie Fieber, Erbrechen, verstärkte Müdigkeit oder starkes Schreien und Reizbarkeit, Appetitlosigkeit oder Auffälligkeiten im Urin (Blut im Urin, übelriechender Urin) hat, können das Hinweiszeichen auf das Vorliegen eines Harnwegsinfekts sein.

Es kommen jedoch auch andere Erkrankungen in Frage. In jedem Fall sollte der behandelnde Kinderarzt aufgesucht werden, der weitere diagnostische Maßnahmen ergreifen kann. Der Arzt braucht zur Diagnosestellung eine Urinprobe. Das ist natürlich gerade bei Babys die noch nicht auf den Topf gehen schwierig umzusetzen. Der Arzt wird den Eltern ein Urinbeutelchen mitgeben, das angeklebt werden muss. Bestätigt sich die Diagnose eines Harnwegsinfekts, so wird in der Regel eine antibiotische Behandlung begonnen.

Für sehr kleine Kinder gibt es Antibiotika in flüssiger Form. Wenn der Allgemeinzustand des Kindes schlecht ist, es nichts zu trinken abnimmt oder sehr hohes Fieber hat, kann ein Krankenhausaufenthalt mit intravenöser Infusionstherapie notwendig werden. Bei Kindern bis zu 2 Jahren gelten Harnwegsinfekte immer als kompliziert. Sie bedürfen einer raschen antibiotischen Behandlung.

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Harnwegsinfekt beim Kind

Harnwegsinfektionen können in jedem Alter auftreten. Außerdem besteht in jedem Alter auch die Gefahr, dass eine Entzündung unbehandelt bis zu den Nieren aufsteigt mit der Entwicklung einer gefährlichen Nierenbeckenentzündung.

Bei etwas größeren Kindern kann die Diagnose möglicherweise schon etwas leichter gestellt werden, beispielsweise wenn die Kinder darüber klagen, dass sie brennende Schmerzen beim Wasserlassen haben und häufig auf Toilette müssen. Es können jedoch auch unspezifische Symptome wie Bauchschmerzen auftreten.

Wie auch beim Erwachsenen wird die Diagnose durch die Untersuchung des Urins gestellt. Der Urin kann bei Kleinkindern aus dem Topf gewonnen werden, etwas größere Kinder können mit Unterstützung vielleicht sogar schon Wasser in einen dafür vorgesehen Becher lassen. Liegt ein Harnwegsinfekt vor, so wird bei Kindern im Normalfall eine antibiotische Behandlung eingeleitet. Neben der medikamentösen Therapie ist es wichtig, dass die Kinder viel trinken um die Harnwege ausreichend zu spülen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Der Harnwegsinfekt beim Kind - so gefährlich ist das!

Besonderheiten beim Mann

Der Mann hat eine längere Harnröhre als die Frau da diese durch den Penis läuft. Der Weg von außen durch die Harnröhre zur Blase ist also länger als bei der Frau. Daher treten bei Männern seltener Harnwegsinfekte auf. Da Harnwegsinfektionen beim Mann also eher selten auftreten, gilt ein Harnwegsinfekt beim Mann immer als kompliziert. Er sollte immer antibiotisch behandelt werden. Mittel der Wahl sind Fosfomycin oder Nitrofurantoin. Männer in höherem Lebensalter haben häufig eine vergrößerte Prostata (Prostatahyperplasie). Diese kann die Harnröhre einengen und zu einer Abflussstörung des Urins führen. Daher haben Männer in höherem Lebensalter häufiger Harnwegsinfektionen.

Lesen Sie mehr über den Harnwegsinfekt beim Mann.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 29.08.2017 - Letzte Änderung: 22.10.2021