OP eines vorderen Kreuzbandrisses

Therapiemöglichkeiten

Wie fast immer in der Therapie existieren zwei Möglichkeiten: entweder konservativ oder operativ.
Die Therapie muss sich an den individuellen Gegebenheiten und Ansprüchen des Patienten orientieren. Ein Leistungssportler wird möglichst schnell auf die Beine kommen wollen und ein auch unter starken Belastungssituationen stabiles Knie wünschen. Der 60-jährige Schachspieler wird darauf eher verzichten können und somit ohne Operation glücklich werden. Einige Mediziner vertreten die Meinung, dass nach Kreuzbandriss ohne Operation immer eine Arthrose eintritt, es ist nur eine Frage der Zeit. Deshalb werden die verschiedenen Therapien immer wieder heiß diskutiert. Deshalb wird nachfolgend ein Überblick gegeben. Betroffene müssen Vor- und Nachteile im einzelnen mit ihrem behandelnden Arzt besprechen.

Die operative Therapie

Die Entscheidung zur Kreuzbandriss Operation hängt von vielen Faktoren ab:

  1. Alter (siehe auch: Kreuzbandriss beim Kind)
  2. Aktivität
  3. Beruf
  4. Begleitverletzungen (Meniskusriss)

Die häufigsten Operationsmethoden bei einem Kreuzbandriss sind die sogenannten Kreuzbandplastiken. Bei dieser OP wird ein Stück körpereigene Sehne als Ersatz in das Knie eingepflanzt. Diese sollten nicht sofort durchgeführt werden, da das Risiko einer Gelenkvernarbung mit Bewegungseinschränkung in den ersten Tagen nach dem Unfall besonders groß ist. Die früher üblichen Kreuzbandnähte werden bis auf den knöchernen Ausriss und die Versorgung des hinteren Kreuzbandes außen vor gelassen. Aber mit der Operation allein ist nicht alles getan, eine ähnlich anstrengende Nachbehandlung der Kreuzbandriss - OP ist notwendig und die sechs Wochen, die immer wieder bei unseren Fußballstars ausreichen sollen, dürften die lobenswerte Ausnahme sein. Im allgemeinen sind 3 Monate ein guter Schnitt.

Wie wird ein vorderer Kreuzbandriss behandelt?
Bei einer vorderen Kreuzbandruptur kommt es darauf an, den verlorengegangenen inneren Halt des Gelenkes wieder herzustellen. Hierzu muss das vordere Kreuzband möglichst anatomisch rekonstruiert werden. Dabei sollte das neue Kreuzband die Eigenschaften und die Funktion des natürlichen vorderen Kreuzbandes so weit wie möglich nachahmen.
Als Ersatzmaterial hat sich bei uns vor allem die Verwendung der sogenannten Kniescheibensehne (Patellarsehne), sowie die sogenannte Hamstring (Sehenen des Musclus semitendinosus und Musculus gracilis) bewährt.

  1. Die Patellarsehene:
    Dabei wird aus dem mittleren Drittel der Kniescheibensehne ein ca. 1 cm breites Stück Sehne entnommen und zwar mit einem an beiden Enden anhaftenden 2 x 1 cm breitem Knochenblock. Vorteil der Verwendung dieser Kniescheibensehne ist die gute Fixationsmöglichkeit: Die anhängenden Knochenblöcke werden in den Bohrkanälen mit sogenannten Interferenzschrauben aus Titan oder Zucker fixiert. Der Einbau und Fixation des Transplantates erfolgt heutzutage rein arthroskopisch (durch eine Kniegelenksspiegelung).
  2. Die Semitendinosus-Sehne (Sehne die kniegelenksnah am inneren des Oberschenkels entnommen wird).
    Diese Sehnen werden über einen kleinen Hautschnitt am innenseitigen Schienbeinkopf entnommen und jeweils gedoppelt, so daß sich daraus ein Vierfach-Transplantat ergibt. Die primäre Reißkraft eines Quadruple-Hamstring-Transplantats (vierfach - gelegten Sehnentrandplantats) ist ungefähr doppelt so hoch wie die Reißkraft des normalen menschlichen vorderen Kreuzbandes.
    Die Vorteile der Semitendinosus- und Gracilis-Transplantate bei der Kreuzbandriss OP sind die geringe Komplikationsrate, die geringeren Schmerzen nach Entnahme der Sehnen und die nur kleine, kosmetisch günstige Hautnarbe.
    Weiterhin erreicht dieses Transplantat eher die Steifheit als ein normales vorderes Kreuzbandes. Bewegungseinschränkungen sind nachgewiesenermaßen seltener. Die maximale Reißkraft des Quadruple-Hamstring-Transplantats ist noch höher als die der Patellarsehne.
    Als Nachteil gilt das langsamere Einheilverhalten der Sehnen in die Knochenkanäle im Vergleich zur Patellarsehne. Die Knochenblöcke der Patellarsehne wachsen innerhalb 3-6 Wochen ein, die Kniebeugesehnen brauchen dafür 10-12 Wochen.

Welche der zur Verfügung stehenden Techniken des Kreuzbandersatzes letztendlich bei einer Kreuzbandriss OP zum Einsatz kommt, hängt von vielen Faktoren wie z.B. Alter, Geschlecht, Sporttätigkeit, Größe, Gewicht und Gewebestruktur ab. Die Fixierung erfolgt entweder mit sogenannten Interferenzschrauben (auch aus auflösbaren Materialien erhältlich) oder mit Titanklammern.
Obgleich die Technik relativ kompliziert erscheint, sind die Erfolgsquoten nach derartigen Eingriffen gut, vor allem wenn keine wesentlichen Zusatzverletzungen vorliegen. Auch dieser Aspekt spricht für die möglichst frühe Reparatur einer solchen Situation.

Lesen Sie hierzu auch: Kreuzbandriss Dauer.

Entscheidend für den operativen Erfolg einer vorderen Kreuzbandplastik mittels Semitendinosussehne oder Patellarsehne ist die anatomische Rekonstruktion des ursprünglichen Verlaufes des vorderen Kreuzbandes. Beispielhaft kann man rechts den optimalen Verlauf einer eingebrachten Semnitndinosusplastik. Fixiert werden die Enden der Sehne mit einem sogenannten Endobutton auf dem Knochen. Dies fixiert das Transplatat zunächst nur temporär, im postoperativen Verlauf muß das Sehnentransplantat dann knöchern einwachsen.

Die zwei Standardtransplatate für eine Kreuzbandplastik sind die Patellarsehne sowie die Semitendinosussehene / Gracilissehne.

Bei der Kniescheibensehen wird allgemein das mittlere Drittel der Patellarsehne mit einem Knochenblock an beiden Enden entnommen.

Um die Semitendinosussehne zu entnehmen wird über eine kleine Hautöffnung die Sehne vom Knochen abgetrennt und dann mit dem Stripper von seinem Muskelbauch abgelöst. Die Restsehne vernarbt ohne wesentlichen nachweisbaren Funktionsverlust mit der Umgebung.

Innere Verstärkungsoperation

In akuten und subakuten Fällen, d.h. wenn der Unfall selbst noch nicht allzu lange zurückliegt, besteht eine Behandlungsmöglichkeit darin, das "alte" vordere Kreuzband innerlich mit einer neuen Struktur zu verstärken und damit Verhältnisse wiederherzustellen, die den Originalverhältnissen äußerst nahekommen. Diese Technik, die kaum angeboten wird, hat dabei folgende Vorteile:

  1. Das "eigene" vordere Kreuzband kann mit seinen sogenannten Propriozeptoren, d.h. Nervenrezeptoren, die für die Feinabstimmung der Bewegung und des Muskeleinsatzes sehr wichtig sind, weitgehend erhalten werden, was natürlich bei einer vorderen Kreuzbandoperation mit der sog. Patellarsehne nicht möglich wäre.
  2. Das verpflanzte Sehnenmaterial (Semitendinosussehne vierfach) ist von Anfang an ummantelt, was ideale Einwachsbedingungen für das verpflanzte Material schafft.

Leider ist diese spezielle Technik für chronische Instabilitäten, die zum Teil schon Jahre zurückliegen, nicht geeignet, da in diesen Fällen das "alte" vordere Kreuzband meistens nicht mehr vorhanden ist. Langzeit Ergebnisse gibt es leider nicht, sodass zu diesem Zeitpunkt nicht vorbehaltlos zu dieser OP-Technik geraten werden kann.

Ist die Kreuzband OP ambulant möglich?

Bei der Kreuzband-Operation handelt es sich um einen minimal-invasiven Eingriff, welcher mittlerweile sehr routiniert im medizinischen Alltag durchgeführt wird.
Etwa 30.000 Eingriffe dieser Art werden jährlich in Deutschland durchgeführt; viele davon auch ambulant. Nichtsdestotrotz wird in den meisten Fällen zu einer stationären Behandlung geraten. Dies hat mehrere Gründe:

  • Zum macht die Operation in der Regel eine Reihe von Voruntersuchungen, vom Röntgenbild bis hin zum MRT, nötig, welche im klinischen Alltag einfacher durchgeführt werden können. Hinzu kommen weitere Faktoren, wie bereits vor der Operation auftretende Komplikationen und die gute postoperative physiotherapeutische Behandlung im Klinikum.
  • Auch eine effektive Therapie von Schmerzen und eventueller Komplikationen nach der Operation sind im Klinikum besser gegeben.

Da sich die Kreuzbandriss Operation in den letzten Jahren jedoch zu einem sehr ausgefeilten Verfahren entwickelt hat, entscheiden sich unter gewissen Bedingungen dennoch viele Patienten für eine ambulante Versorgung. Für eine ambulante Behandlung würde demnach unter anderem ein junges Alter des Patienten und eine voraussichtlich komplikationsfreie Operation, ebenso wie eine möglichst schnelle Wiedereingliederung in den beruflichen Alltag sprechen.

Wie lange im Krankenhaus

Die Dauer des stationären Aufenthaltes nach der operativen Behandlung im Klinikum beträgt für Kreuzbandrisse in der Regel zwischen 2 bis 3, selten bis zu 5 Tagen. In dieser Zeit wird für eine Drainage von Wund- und Lymphflüssigkeit, sowie eine effektive Schmerzbehandlung gesorgt.
Bereits 24 Stunden nach der OP wird außerdem schon mit einer physiotherapeutischen Behandlung begonnen, um eine schnellstmögliche Alltagstauglichkeit des betroffenen Beines wiederherzustellen.

Dauer der OP

Die exakte Dauer einer Kreuzband-Operation ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Wichtig ist hierbei vor allem, was für ein Sehnen-Transplantat gewählt wurde und wie viel Erfahrung der Chirurg mit dem Verfahren bereits sammeln konnte.
Abhängig davon kann die Operationszeit zwischen 45 Minuten und einer Stunde, selten bis zu zwei Stunden betragen.

Hinzu kommen anschließend noch etwa ein bis zwei Stunden im Aufwachraum, in denen die Wirkung der Narkosemedikamente abklingen wird und die Schmerzen des Patienten behandelt werden können.

Lesen Sie mehr zum Thema: Dauer eines Kreuzbandrisses

Kosten einer Kreuzband - OP

Die Kosten einer Kreuzbandriss Operation belaufen sich auf etwa 5.000 bis 10.000 Euro.
Dieser Betrag ist vor allem davon abhängig, welche Operationsmethode gewählt wird und wie umfangreich die OP-Vorbereitungen und die postoperative Nachsorge des Patienten sind.

Diese Kosten werden vollständig von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen übernommen. Was die Nachsorge angeht, genauer gesagt die Übernahme des Krankengeldes und die Kosten der anschließenden Reha-Maßnahmen, unterscheiden sich gesetzliche und private Krankenkassen voneinander.
Die Kosten einer Reha werden beispielsweise nicht mehr von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Bei zusätzlichen Kosten unterscheiden sich die Krankenkassen untereinander teilweise noch stärker. Ob spezielle Anträge von Haushaltshilfe, Stoßwellen- oder Magnetfeldtherapie übernommen werden, sollte in jedem Fall direkt bei den Krankenkassen erfragt werden.

Schmerzen nach der Kreuzband - OP

Eine große Sorge der meisten Patienten ist es, nach erfolgter Operation Schmerzen erleiden zu müssen.
Zwar können Schmerzen heutzutage schnell und ohne Probleme behandelt werden, dennoch kommt es nicht selten vor, dass direkt nach der Operation im Aufwachraum Schmerzen auftreten. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass das Schmerzempfinden sehr individuell ausgeprägt ist, weswegen während der Operation schwer abzuschätzen ist, wie hoch die Schmerzmedikation zu dosieren ist. Weitere Faktoren, wie die Dauer und Art der Operationstechnik spielen hierbei zusätzlich eine Rolle.

Glücklicherweise ist im Aufwachraum immer Pflegepersonal zur Stelle, um Schmerzmittel verabreichen oder auch andere Probleme wie Übelkeit behandeln zu können.
Eine entsprechende Infusion, beispielsweise mit Novalgin, verschafft dann innerhalb kurzer Zeit Linderung.

Weitere Informationen zu diesem Thema unter: Schmerzen nach einer Knie-OP​​​​​​​

Die konservative Therapie

Nach Abklingen der akuten Schmerzen wird meist nach Anpassung einer für Kreuzbandrisse geeigneten Kunststoffschiene regelmäßige Krankengymnastik verordnet. Diese verbessert mit Muskelkräftigung und Koordinationsübungen die Stabilität des betroffenen Kniegelenkes.
Weitere algemeine Informationen zum Thema Krankengymnastik finden Sie auch unter: Krankengymnastik

Zusäzlich kann mit

  • Reizstrom
  • Ultraschall und
  • Eisbehandlung

einzeln oder in Kombination therapiert werden. Damit wird die Durchblutung verbessert und die Schmerzen gelindert. Wichtig ist aber zu wissen, dass ein lebenslanges, konsequentes, selbständig durchgeführtes Muskeltraining erforderlich ist, damit die Muskeln die Aufgabe des gerissenen Kreuzbandes übernehmen können. Daran mag es beim einen oder anderen scheitern.

Physikalische Therapie

Funktionsverbesserung, Muskelaufbau, Verbesserung der koordinativen Fähigkeiten, Verhütung von Kontrakturen, Reizdämpfung nach konservativer oder operativer Behandlung der Kreuzbandruptur.
Krankengymnastik, Gelenkschutztraining, Kryotherapie (Kältetherapie) und Ultraschalltherapie, Ergotherapie, manuelle Lymphdrainage

Orthopädie-Technik

  • Stock bzw. Unterarmgehstützen
  • Gummikniekappe bei konservativer Therapie
  • Knieorthesen, im Einzelfall, in der postoperativen Weiterbehandlung und ggf. in der Sportausübung bei konservativer Therapie.
Autor: Dr. N. Gumpert Veröffentlicht: 18.10.2011 - Letzte Änderung: 30.03.2024