Clonidin

Synonyme im weiteren Sinne

Catapresan®

Einleitung

Clonidin ist ein Arzneistoff, der vor allem in der Intensivmedizin eingesetzt wird. Neben Bluthochdruck, besonders sehr hohen gefährlichen Blutdruckwerten, findet Clonidin auch Einsatz bei Unruhe. Eine Besonderheit bietet der Einsatz bei der Behandlung von Entzugssyndromen, beispielsweise beim Opioid- oder Alkoholentzug.

Wirkungsweise

Clonidin wirkt auf das vegetative Nervensystem. Das vegetative Nervensystem besteht aus zwei Anteilen. Der Sympathikus ist der belebende Anteil, der vor allem bei Aufregung, Stress und Kampf aktiv ist. Dem entgegen steht der Parasympathikus, der in vielen Fällen genau gegensätzliche Aufgaben besitzt und z.B. bei Ruhe, Schlaf und Verdauung aktiv ist. Die Blutdruckregulation ist eine wesentliche Aufgabe des vegetativen Nervensystems. Normalerweise besteht ein Gleichgewicht zwischen diesen beiden Anteilen. In besonderen Situationen kann es jedoch zu Gleichgewichtsverschiebungen kommen. Um ein Überschießen des sympathischen Anteils zu verhindern oder zu unterdrücken, besitzt dieses System eine Bremse. Clonidin verstärkt diese Bremse, indem es die gleichen Rezeptoren (?2-Rezeptoren) aktiviert. Als sog. ?2-Mimetika (auch ?2-Agonist) unterdrücken sie also die Freisetzung von bestimmten erregenden Botenstoffen (Neurotransmitter bzw. Catecholaminen wie Noradrenalin), die wesentlich für die Blutdruckregulation sind. ?2- Rezeptoren sind also bremsende Rezeptoren und auch an der Weiterleitung von Schmerzreizen beteiligt, was den schmerzhemmenden Effekt von Clonidin erklärt.

Anwendung

Clonidin hat heute kaum noch Bedeutung für die übliche Bluthochdrucktherapie, weil die Nebenwirkungen für den Patienten doch erheblich sind. Der Hauptangriffspunkt von Clonidin liegt im Nervensystem, was von großer Bedeutung zur Symptomlinderung in der Entzugstherapie, einschließlich Alkohol- oder Opioidentzug ist. Bei einem Entzug zeigen sich Probleme, die durch eine Überflutung von erregenden Botenstoffen (Catecholaminüberflutung) erzeugt werden, die das Clonidin reduziert, indem es die hemmenden Rezeptoren aktiviert, was dann die Freisetzung der erregenden Substanzen (v.a. Noradrenalin) reduziert. Clonidin gelangt dabei gut in das Nervensystem. In der Intensivmedizin kann Clonidin zur postoperativen Beruhigung (Sedierung) und bei der Schmerztherapie (als Koanalgetikum) eingesetzt werden. Bedeutend ist zudem der Einsatz bei starkem Blutdruckanstieg, der mit lebensgefährlichen Blutdruckwerten einhergeht (Hypertensive Krise). Bei der Blutdruckregulation ist auch der Barorezeptorreflex wichtig. Diese druckempfindlichen Rezeptoren, die sich an bestimmten Stellen des arteriellen Gefäßsystems befinden, reagieren durch Clonidin sensibler auf Blutdruckveränderungen. Es kommt zu verlangsamten Herzschlag mit vermindertem Blutauswurfvolumen und Erweiterung von Gefäßen (Vasodilatation). In der Folge sinkt der Blutdruck. In der Regel wird es als Infusion über die Venen (intravenös, i.v.) verabreicht. Clonidin steht aber auch als Spritze, die unter die Haut gegeben wird (subkutan, s.c.) zur Verfügung.

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen von Clonidin erklären sich durch die Lokalisation der α2-Rezeptoren. α2-Rezeptoren findet man nicht nur im sympathischen Anteil des vegetativen Nervensystems, sondern beispielsweise auch an Blutgefäßen. So kann es zu Kreislaufproblemen kommen, vor allem bei Wechsel der Körperposition von Liegen zum Stehen (orthostatische Dysfunktion) mit Blutdruckabfall. Dies kann nicht nur Folge der Aktivierung der Rezeptoren an den Gefäßen sein, sondern auch Resultat der herabgesetzten Aktivität des Sympathikus im Nervensystem, was dann zu einem relativen Überwiegen des sympathischen Gegenspielers führt, denn der parasympathische Anteil wird nicht beeinflusst. Dieser Aspekt führt auch zu unerwünschten Wirkungen wie z.B. Mundtrockenheit. Weitere Nebenwirkungen können Müdigkeit und verminderte Leistungsfähigkeit sein. Nach plötzlichen Absetzen von Clonidin kann es zu einer überschießenden Reaktion mit entgegengesetzter Wirkung kommen (Rebound-Phänomen).

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 04.06.2011 - Letzte Änderung: 22.10.2021