Das individuelle Krankheitsbild

Am Anfang steht, nach Anamnese (Befragung des Patienten) und körperlicher Untersuchung, die Diagnosestellung. Anschließend wird entschieden welche Therapie in Frage kommt und ob eine homöopathische Behandlung möglich ist. Entscheidet man sich für die Homöopathie beginnt man mit der Erhebung des individuellen Krankheitsbildes. Dabei achtet man besonders auf die individuellen, ungewöhnlichen und auffallenden Symptome des Patienten. Mit deren Hilfe wird das jeweils passende homöopathische Arzneimittel gefunden.

Spontanbericht des Patienten

Zunächst berichtet der Patient frei und ohne Unterbrechung von seiner Krankheit und seinen Beschwerden. Hierbei wird besonders auf das Triviale, Selbstverständliche, Besondere, Unerwartete und Paradoxe geachtet.
Wichtig ist außerdem auf die Gestik, Gemütsreaktion und Spontanität des Patienten zu achten.
Die jeweiligen individuellen Symptome die zu einem bestimmten Arzneimittel führen werden meistens bereits im Spontanbericht beschrieben.

Der gelenkte Bericht

Hierbei wird nach den geäußerten Beschwerden und Begleitumständen systematisch gefragt. Es dienen dazu fünf lateinische Leitwörter bzw. Fragestellungen.

Cur?
Wann und in welchem Zusammenhang ist das Symptom erstmals aufgetreten? Man fragt nach dem Auslöser (Kalter Wind, bestimmte Tätigkeiten, Schreck usw.)

Ubi?
Wo sind die Beschwerden lokalisiert. Man fragt nach Ort und Ausstrahlung.

Quod?
Auf welche Art und Weise äußert es sich? Art der Empfindungen. Die Aussage „es tut weh“ reicht nicht aus sondern die Beschwerden müssen genauer beschrieben werden, zum Beispiel als schneidende, krampfartige, ziehende oder brennende Schmerzen. Besonders wertvoll sind so genannte „Als-ob-Symptome“ wie zum Beispiel „Mein Kopf fühlt sich an, als ob ein Nagel eingeschlagen worden wäre.

Quomodo?
Was bessert oder verschlechtert die Beschwerden. Man fragt nach den Modalitäten wie Tageszeit, Kälte, Wärme, Körperstellung, Bewegung. (Besserung zum Beispiel durch Zusammenkrümmen und festen Druck, Verschlechterung durch Kälte)

Concomitans?
Welche Begleiterscheinungen treten auf? Zum Beispiel Unruhe.

Die indirekte Befragung

Hier werden sämtliche Bereiche aus denen der Patient keine spontanen Äußerungen hervorbringt angesprochen. Dabei findet das Kopf-zu-Fuß-Schema Anwendung, danach folgen Fragen die den ganzen Menschen betreffen um Allgemeinsymptome aufzudecken und zuletzt wird nach Gemütssymptomen gefragt.

Hier wird nach Zuständen gefragt die dem jetzigen Zustand voraus gegangen sind. In der Vorgeschichte will man Aufschluss darüber erlangen warum der Mensch an dieser Krankheit leidet.

Nach Abschluss der beschriebenen Anhörung und Befragung des Patienten liegt meist eine Vielzahl von Symptomen vor, die nach ihrem Rang geordnet und gewichtet werden. Man gliedert zunächst nach folgendem Symptomen-Register der Reihe nach:

  • Gemütssymptome
  • Allgemeinsymptome (Empfindungen und deren Modalitäten, Sexualsymptome, Verlangen und Abneigung, Beschaffenheit von Absonderungen und Ausscheidungen, Schlafsymptome und Träume)
  • Lokalsymptome.

Dieses Register ist nicht als starre Vorgabe für die Bewertung anzusehen. Das Individuelle wird höher bewertet als das, was regelmäßig zu einer bestimmten Krankheit gehört.
Als besonders hochrangig haben sich diejenigen Symptome erwiesen, die merkwürdig, auffallend, sonderlich, ungewöhnlich und eigentümlich sind und rücken, unabhängig von ihrer Position im Symptomen-Register an die erste Stelle.

Aufgrund der ausgewählten, charakteristischen Symptome, auch Leitsymptome genannt, kann das richtige „Simile“ (siehe auch Ähnlichkeitsprinzip in der Homöopathie) also das richtige homöopathische Arzneimittel gefunden werden.

Für diesen Zweck stehen Nachschlagewerke, so genannte Repertorien zur Verfügung, in denen einzelnen Symptomen jeweils eine Reihe von Arzneimitteln gegenüber gestellt sind.
Je detaillierter ein Symptom beschrieben ist, desto weniger Arzneimittel sind ihm in der Regel zugeordnet. Beim Vergleich der jeweiligen Reihen kristallisieren sich einige wenige Arzneimittel heraus. Diese können schließlich anhand einer Arzneimittellehre miteinander verglichen werden, um daraufhin die Entscheidung zu treffen, welches Arzneimittelbild dem Gesamtbild der Erkrankung und Konstitution des Patienten am ähnlichsten bzw. welches Arzneimittel für den Patienten am besten geeignet ist.
Das Nachschlagen der ausgewählten, richtungweisenden Symptome mit dem Ziel das Simile (Ähnlichkeitsprinzip) zu finden wird „Repertorisation“ genannt.

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen zur Naturheilkunde finden Sie unter:

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 11.05.2010 - Letzte Änderung: 22.10.2021