Tendinosis calcarea der Schulter

Synonyme

Schulterkalk, Kalkdepot im Schultergelenk, Schulterverkalkung, Kalkschulter

Einleitung

Die Erkrankung Tendinosis calcarea bezeichnet eine Verkalkung von verschiedenen Sehnen des menschlichen Körpers, die durch die Ablagerung von Kalziumkristallen entsteht. Dabei kann die Tendinosis calcarea prinzipiell jede Sehne befallen, betrifft jedoch besonders häufig die Sehnen des Schultergelenks (v.a. die Sehne des Musculus supraspinatus). Diese Konstellation wird auch als Kalkschulter bezeichnet. Auch die Patellar- und die Achillessehne sind relativ häufig von der Tendinosis calcarea betroffen, gelegentlich aber auch Ansätze der anderen Sehnen der Rotatorenmanschette.

Der Begriff Rotatorenmanschette ist eine gemeinsame Bezeichnung für die an der Armdrehung beteiligten Muskeln der Schulter. Im Rahmen der Tendinosis calcarea, bei sehr akuten, entzündlichen Beschwerden auch Tendinitis calcarea genannt, treten durch eine Minderdurchblutung der Rotatorenmanschette an den Sehnenansätzen reaktive Kalkablagerungen auf. Diese Kalkablagerungen kann man anhand eines Röntgenbildes erkennen und somit relativ leicht diagnostizieren.

Neben der Schulter können in seltenen Fällen auch die Achillessehne, die Kniescheibe und die Hüfte betroffen sein. Am häufigsten tritt die Tendinosis calcarea bei Patienten zwischen dem 40. und 50.Lebensjahr auf. Insgesamt sind Frauen etwas häufiger betroffen als Männer.

Symptome

Die Symptome der Tendinosis calcarea hängen davon ab, welche Sehne von der Erkrankung betroffen ist. Sind Sehnen im Schulterbereich erkrankt, verspüren die Patienten in der Regel Schmerzen, wenn sie den Arm anheben wollen (Überkopfarbeit). Es kann ebenfalls zu Schmerzen in Seitenlage kommen sowie in schweren Fällen zu einer kompletten Unbeweglichkeit des Arms (Pseudoparalyse).

Mit Fortschreiten der Erkrankung verschlechtern sich auch die Symptome. Im späteren Stadium können die Verkalkungen in das Schultergelenk einbrechen, wodurch Schleimbeutelentzündungen mit starken Schmerzen, Überwärmung und Rötung im Gelenkbereich entstehen können. Häufig können die Patienten den betroffenen Arm nur vom Körper abspreizen, wenn sie ihn nach außen oder nach innen drehen. Durch die Drehung wird die Sehne mit den eingelagerten Kristallen nicht mehr im Schulterdach eingeklemmt, sodass der Arm dann leichter angehoben werden kann.

Sekundär kann es durch eine Kalkschulter auch zu Verspannungen im Kopf- und Nackenbereich kommen. Dadurch, dass die Patienten den Arm nur unter Schmerzen heben können, führen sie umständlichere Bewegungen aus, die besonders die Beweglichkeit des Schulterblattes nutzen. Dadurch kann die Nackenmuskulatur überlastet werden und mit Verspannungen reagieren, die häufig auch schmerzhaft in den Kopfbereich ausstrahlen können.

In vielen Fällen sehen die Patienten ihr Problem dann im Nackenbereich und nehmen das ursprüngliche Problem, nämlich die Verkalkung der Schultersehnen, gar nicht mehr wahr.

Therapie

Über den individuellen Verlauf der Erkrankung kann man nicht pauschal urteilen. Während einige Patienten im Verlauf des körpereigenen Selbstheilungsprozesses die Krankheit „aussitzen“, kann bei anderen Patienten, insbesondere bei den Patienten, die unter starken Schmerzen leiden, deren Kalkherde größer als 1 cm sind und auf eine harte Konsistenz hinweisen, eine operative Behandlung notwendig werden. Da man dieser Erkrankung eine hohe Spontanheilungstendenz zuweist, ist eine Operation in der Regel sehr selten.

Im Rahmen der Operation werden die Kalkdepots entfernt und der Schulterdachraum (subacromialer Raum) für die Schultersehnen erweitert.

Konservative Therapie

Im Rahmen einer akuten Schleimbeutelentzündung (Bursitis subacromialis) und somit bei starken Schmerzen kann der Arm kurzfristig mit einer Schulterorthese (eine Art Bandage) entlastet werden. Die Gabe von Analgetika (=schmerzstillende Medikamente) und NSAR (= Nicht Steroidale Anti Rheumatika), die stark entzündungshemmend wirken, lindern die Schmerzen. Das Kühlen der Schulter (Kryotherapie) lindert ebenfalls Schmerzen und bremst zudem die Entzündungsvorgänge.

Eine schnelle Schmerzlinderung kann durch die Injektion / Spritze eines leichten Betäubungsmittels, ggf. unter zusätzlichem Kortisonzusatz erreicht werden. Das Gemisch wird von der Seite oder vom Rücken her unter das Schulterdach gespritzt (subacromiale Infiltration). Das lokale Betäubungsmittel sorgt für einen sofortigen schmerzlindernden Effekt, während das Kortison, als das am stärksten entzündungshemmende Medikament überhaupt, für eine Schmerzlinderung auch nach dem Abbau des Betäubungsmittels sorgt. Da Kortison den Blutzuckerspiegel stark ansteigen lässt, müssen Zuckerpatienten (Diabetes mellitus) ihren Insulinbedarf anpassen und den Blutzuckerspiegel häufiger kontrollieren.

Sobald die Schmerzen nachlassen, sollte eine Krankengymnastik (Physiotherapie) begonnen werden. Ziele der Krankengymnastik sind eine Entlastung der Schultersehnen unter dem Schulterdach sowie der Erhalt der Schultergelenksbeweglichkeit. Das Schultergelenk ist das Gelenk des Körpers, welches bei schmerzbedingter Bewegungseinschränkung oder durch eine sonstige anhaltende Ruhigstellung durch eine Kapselschrumpfung zu einer bleibenden Teileinsteifung neigt.

Bei der ESWT (Extrakorporale Stoßwellentherapie) werden die Verkalkungen in der Sehne gezielt Stoßwellen ausgesetzt, die zur Auflösung der Herde führen sollen. Stoßwellen sind sehr energiereiche Druckwellen, die die Verkalkungen zertrümmern können. Übrig bleiben feine Kalkpartikel, die leichter vom Körper abgebaut und abtransportiert werden können. Dazu sind mehrere Sitzungen notwendig. Mögliche Nebenwirkungen dieser Behandlung sind lokale Schwellungen des behandelten Gewebes, sowie Einblutungen und Hautrötungen. Manche Patienten empfinden die ESWT außerdem als schmerzhaft, dies unterscheidet sich jedoch von Patient zu Patient. Auch kann es unter Umständen zu Verletzungen der umgebenden Knochen, Nerven, Sehnen und Gefäße kommen.

Nicht bei jedem Patienten erzielt die ESWT die gewünschte Wirkung. In manchen Fällen kann es sogar zu einer Verschlimmerung der Beschwerden kommen, allerdings konnten bisher insgesamt sehr gute Ergebnisse mit der ESWT bei der Behandlung der Tendinosis calcarea erzielt werden. Zu 60-90% lassen sich gute bis sehr gute Ergebnisse (Patientenzufriedenheit) erreichen.

Weitere Informationen erhalten Sie auch unter unserem Thema: Röntgenreizbestrahlung

Stoßwellentherapie bei einer Tendinosis calcarea

Die Kalkschulter (Tendinosis calcarea) gehört zu den klassischen Anwendungsgebieten für eine Stoßwellentherapie. Die Wirkweise ist eher biologisch als mechanisch zu erklären. Das Kalkdepot in der Schulter wird also nicht zertrümmert, sondern eine biologische Gewebsreaktion hervorgerufen, deren Ergebnis die Auflösung des Kalkdepots und ein lokaler Entzündungsrückgang ist. Den Therapieerfolg sollte man weniger daran messen, ob das Kalkdepot in der Röntgenkontrolle völlig verschwunden ist, als vielmehr an der Schmerzreduktion des Patienten.

Viele Menschen besitzen Kalkdepots in den Schultersehen, ohne das diese symptomatisch (schmerzhaft) werden müssten. Insofern ist eine Kalkschulter mitunter eine Zufallsdiagnose ohne therapeutische Relevanz. Bei schmerzhafter Kalkschulter (Tendinosis calcarea)ist die Stoßwellentherapie (ESWT) jedoch eine Erfolg versprechende Therapieoption, die vor einer operativen Intervention ernsthaft in Erwägung gezogen werden sollte.

Eine Wirkung der Stosswelle sollte innerhalb der ersten 3 Monate nach der Behandlung erfolgen. Viel später ist mit einem Therapieerfolg (Schmerzerleichterung / Auflösung des Kalkdepots) nicht mehr zu rechnen. Die Therapie sollte mit einer hochenergetischen Stoßwelle durchgeführt werden.

Weitere Informationen erhalten Sie auch unter unserem Thema: Stoßwellentherapie

Operative Therapie

Bei Patienten, die anhaltend unter starken Schmerzen leiden, deren Kalkherde größer als 1 cm sind und eine harte Konsistenz aufweisen, kann eine operative Behandlung notwendig werden. Da man der Tendinosis calcarea jedoch eine hohe Spontanheilungstendenz zuweist, ist die Indikation zur Operation eher zurückhaltend zu stellen.

Wenn konservative Verfahren versagt haben, sollte eine operative Ausräumung der Kalkschulter erfolgen.

Im Rahmen der Operation werden die Kalkdepots entfernt und der subakromiale Raum erweitert.

In der Regel findet der Eingriff minimal invasiv, d.h. arthroskopisch statt. Eine Arthroskopie beschreibt die Betrachtung (Spiegelung) eines Gelenkes durch einbringen einer Stabkamera über sehr kleine Schnitte (0,5-1 cm). Über Spezialinstrumente kann während einer solchen Spiegelung (Arthroskopie) auch eine Behandlung geschädigter Gelenkstrukturen stattfinden.

Nach der Spiegelung des Schultergelenkes, durch die insbesondere eventuelle Zusatzschäden (Schulterarthrose, Rotatorenmanschettenriss) diagnostiziert werden können, erfolgt in der Regel eine Erweiterung des Schulterdachraumes durch sparsame Knochenabtragung von der Acromionunterfläche (subacromiale Dekompression). Hierbei wird auch der Schulterdachschleimbeutel mit entfernt. Sobald der Kalkherd lokalisiert wurde, kann er abgetragen werden.

Das Ausräumen des Kalkherdes kann auch über eine normale, offene (nicht minimal invasive) Operation erfolgen. Die Operation erfolgt dann über einen kleinen Hautschnitt von circa 3 cm.

Nach einem operativen Eingriff sollte die Schulter für den Zeitraum von etwa 3 Wochen geschont werden. In der Regel erfolgt die postoperative Nachsorge in Verbindung mit entzündungshemmenden und schmerzstillenden Medikamenten. Krankengymnastische Übungsbehandlungen sollen die Schultergelenksbeweglichkeit erhalten.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auch unter: OP einer Kalkschulter

Physiotherapie bei einer Tendinosis calcarea

Die Physiotherapie stellt eine wichtige Therapiesäule der Kalkschulter dar.

Eine Tendinosis calcarea birgt die Gefahr der Entstehung von chronischen Schmerzen, sowie die Entwicklung einer steifen Schulter, dies soll mithilfe der Physiotherapie abgewendet werden. Wichtig ist, die Schulter mit den richtigen Übungen in Bewegung zu halten, da es durch eingenommene Schonhaltungen ansonsten zu dauerhaften Fehlhaltungen kommen kann.

Die Physiotherapie kommt nicht nur im Rahmen der konservativen Therapie einer Tendinosis calcarea zum Einsatz, sondern auch im Anschluss an eine operative Kalkentfernung. Häufig wird die Physiotherapie mit einer sogenannten Kryotherapie (Kältetherapie) kombiniert. Durch die Krankengymnastik wird der Raum im Schultergelenk erweitert, sodass ein geringerer Druck auf die Sehnen des Schultergelenks ausgeübt wird und die Schmerzen gelindert werden.

Übungen bei einer Tendinosis calcarea

Übungen sollten nicht nur gemeinsam mit dem behandelnden Physiotherapeuten durchgeführt werden, sondern auch eigenständig zu Hause. So kann die Heilung schneller voran schreiten. Die Übungen lässt man sich am besten von dem behandelnden Physiotherapeuten zeigen, damit man genau weiß, auf was man achten soll.
Übungen, die bei einer Kalkschulter empfehlenswert sind, sind Dehnübungen.

Dehnübungen sorgen dafür, dass Sehnen und Muskulatur elastischer werden und die Durchblutung gesteigert wird. Eine einfache aber gute Übung für die Schulter, ist die Pendelbewegung im Schultergelenk. Dabei baumelt der Arm ganz locker am Körper hin und her.

Zudem kann in einer anderen Übung der Arm waagerecht ausgestreckt werden und der Unterarm 90 Grad nach oben abgewinkelt werden. Der Unterarm wird mit dem Körpergewicht vorsichtig gegen eine Wand gedrückt, bis irgendwann ein Spannungsgefühl zu spüren ist.

Für eine weitere Übung stellt man sich in einen Türrahmen: Die Oberarme liegen dem Körper an und die Unterarme sind nach vorne in 90 Grad abgewinkelt und drücken nun beide gegen den jeweiligen Türrahmen. In einer letzten empfehlenswerten Übung führt man die Hand hinter der Kopf als wolle man sich beispielsweise eine Schürze oder Ähnliches im Nacken zu knoten. Mit der anderen Hand wird ein Zug am empor gestreckten und abgewinkelten Ellenbogen Richtung oben außen ausgeführt. Bei diesen Übungen sollte nur jeweils ein leichtes Spannungsgefühl zu spüren sein, treten Schmerzen auf, sollte die Übung beendet werden.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema: Welche Übungen helfen bei einer Kalkschulter?

Können Übungen helfen?

Langfristig können Übungen bei einer Tendinosis calcarea helfen. Es sollten stets geplante und gezielte Übungen, bei denen eine Fehlbelastung oder Überlastung der Schulter vermieden wird, durchgeführt werden. Dabei ist eine Schulung oder Überwachung durch einen Physiotherapeuten sehr sinnvoll. So können Fehlstellungen und falsches Trainieren vermieden werden und eine weitere Schädigung des betroffenen Bereichs wird verhindert. Außerdem ist es sehr wichtig bei plötzlichen und akut bestehenden starken Schmerzen die entsprechende Stelle zu schonen.

Kinesio-Tape zur Behandlung einer Tendinosis calcarea

Das Kinesio-Taping ist eine im Vergleich neuere Behandlungsmethode. Sie kann bei verschiedenen Krankheitsbildern zum Einsatz kommen, so auch bei der Tendinosis calcarea. Beim Kinesio-Tapen werden elastische Streifen in bestimmten Zugrichtungen auf die Haut geklebt.

Mit dieser Behandlung können Fehlhaltungen korrigiert, Schmerzen gelindert sowie bestimmte fördernde Bewegungen unterstützt werden. Viele Patienten sprechen positiv auf diese Behandlungsmethode an. Dabei sollte das Kinesio-Tapen aber nicht als alleinige Therapie, sondern nur unterstützend zum Einsatz kommen.

Lesen Sie mehr zum Thema: Kinesiotape

Homöopathie bei einer Tendinosis calcarea

Wie bei vielen anderen Erkrankungen kann die Homöopathie auch bei der Kalkschulter zum Einsatz kommen.

Dabei finden vor allem Mittel wie Solanum malacoxylon, Vermiculite, Lyopodium, Calcium phosphoricum sowie Apfelessig Verwendung. Den Präparaten werden Wirkungen nachgesagt, die gegen Verkalkungen wirken sollen. Apfelessig zum Beispiel kann sowohl von außen im Form einer getränkten Kompresse als auch innerlich zum Trinken in Form eines Wasser-Apfelessig-Gemisches (etwa zwei Löffel Apfelessig) zum Einsatz kommen. Apfelessig soll dabei den Kalk auflösen können. Die Wirkung dieser Präparate ist allerdings nicht wissenschaftlich bewiesen.

Ursachen

Die genauen Ursachen der Tendinosis calcarea sind nicht abschließend geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass durch degenerative Veränderungen der Sehnen, das heißt durch Abnutzungserscheinungen während des Alterungsprozesses, die Durchblutung der Sehnen schlechter wird und sich der Druck auf die Sehnen erhöht.

Dadurch kommt es schließlich reaktiv zu Einlagerungen von Kalziumkristallen in das Gewebe, die bei Bewegung Schmerzen hervorrufen. Am Beispiel des Schultergelenks führen die Kristalle zu einer relativen Verdickung der Sehne, sodass diese beim Anheben des Armes zwischen Schultergelenk und Schulterdach eingeklemmt wird. Dies ruft die typischen Beschwerden hervor.

Im Verlauf der Erkrankung reagiert zudem das Immunsystem auf die eingelagerten Kristalle, indem bestimmte Immunzellen, die Makrophagen, versuchen, die Kristalle abzubauen. Letztlich kommt es dadurch zur Vernarbung des Gewebes und unter Umständen zu einer fortbestehenden Verdickung der Sehnen.

Verlauf

Häufig wird die die Tendinosis calcarea eher zufällig diagnostiziert, da sie in der Regel recht schmerzarm verläuft. Viele Patienten besitzen vielleicht eine „Kalkschulter“, ohne dass diese jemals zu Beschwerden führen müsste. Der Krankheitsverlauf und die Entwicklung der Tendinosis calcarea / Kalkschulter kann in einzelne Phasen unterteilt werden. Aufgrund des phasenartigen Verlaufes treten akute Schmerzen in der Regel schubhaft auf. Das Verweilen in einer Krankheitsphase ist von Patient zu Patient unterschiedlich und kann nicht vorhergesagt werden. Phasen entzündlicher Schulterschmerzen wechseln hin zu Phasen der nahezu völligen Schmerzfreiheit. Man unterscheidet vier Phasen der Tendinitis calcarea:

  1. Phase: Phase der Zellumwandlung:
    Innerhalb der ersten Phase findet eine Zellumwandlung statt. Dabei wird das Sehnengewebe zu Faserknorpel umgebaut. Der Patient leidet in der Regel unter keinen oder sehr leichten Schmerzen. Durch eine Röntgenaufnahme lässt sich diese Phase noch nicht diagnostizieren, da eine Verkalkung noch nicht stattgefunden hat.
  2. Phase: Phase der Verkalkung:
    Im Verlauf der zweiten Phase stirbt das Knorpelgewebe teilweise ab, Kalk lagert sich ab. Diese Phase lässt sich zum einen mittels Ultraschall-, aber auch durch eine Röntgenuntersuchungen diagnostizieren. Wird die Schultersehne durch das Kalkdepot sehr aufgeworfen, kann eine Schulterdachenge bei Anheben des Armes führen. Dies wiederum führt zu einer Reizung der unter das Schulterdach hindurch gleitenden Sehnen, hier besonders die Supraspinatussehne, sowie des Schulterdachschleimbeutels (Bursa subacromialis). Das schmerzhafte Krankheitsbild eines Impingementsyndrom kann sich so ausbilden.
  3. Phase: Phase der Resorption:
    In dieser Phase löst sich der Kalkherd spontan auf. Häufig werden dabei Kalkanteile in angrenzende Schleimbeutel verschleppt, wodurch sich diese massiv entzünden können. Die dritte Phase ist daher häufig durch stärkste Schmerzen gekennzeichnet, die auf die starken Schleimbeutelentzündungen zurückzuführen sind. Die Patienten haben aufgrund der Schmerzen große Schwierigkeiten, ihren Arm zu bewegen. Innerhalb weniger Wochen bilden sich die Verkalkungen jedoch schließlich wieder zurück.
  4. Phase: Phase der Reparatur:
    In der letzten Phase hat sich die Verkalkung dann wieder so weit zurückgebildet, dass neues Narbengewebe die zurückbleibende Sehnenverletzung füllen kann. Unter Umständen kann daraus eine verdickte Sehne resultieren, die weiterhin Probleme bereiten kann. Die Sehne kann jedoch im Optimalfall auch wieder ihre ursprüngliche Form und Dicke annehmen. Nicht jede Tendinosis calcarea Erkrankung durchläuft diesen Zyklus vollständig. Die Tendinosis calcarea kann in jedem Erkrankungsstadium verharren und die nächste Phase eventuell gar nicht erreichen.

Komplikationen einer Tendinosis calcarea

Ist die Supraspinatussehne geschädigt können sich daraus verschiedene Komplikationen ergeben. Die Supraspinatussehne kann durch Abnutzung geschädigt werden oder im Rahmen einer Tendinosis calcarea von Kalkeinlagerungen durchsetzt sein. Dabei werden die Sehnenfasern in festeres Material umgebaut. Dieses ist jedoch weniger dehnbar und so besteht die Gefahr eines Sehenein- oder abrisses. Ein solcher Riss geht in der Regel mit starken Schmerzen und einer Entzündungsreaktion einher. Zudem kann der Muskeln nicht mehr richtig durch die Sehne gehalten werden. Aus diesem Grund kann die Funktion des Muskels, die beim Supraspinatus dem Abspreizen des Arms entspricht, nicht mehr regelrecht ausgeführt werden. Eine weitere Komplikation der Schädigung der Supraspinatussehne ist die Entzündung des in der Schulter liegenden Schleimbeutels. Hat die Sehne bei der Tendinosis calcarea Kalk eingelagert, kann sich davon etwas ablösen. Gelangen diese Kalkteilchen in den Schleimbeutel wird  er stark gereizt und entzündet sich. Außerdem kann durch den erhöhten Druck bei Umbauprozessen der Supraspinatussehne auch einer Reizung des Schleimbeutels entstehen welche mit einer Schleimbeutelentzündung einhergeht. Diese äußert sich in vor allem durch eine Erwärmung, Rötung und Schwellung des Schultergelenks und kann als Komplikation einer Schädigung der Supraspinatussehne sehr schmerzhaft sein.

Mehr hierzu: Schleimbeutelentzündung der Schulter

Hat die Ernährung einen Einfluss auf die Entstehung einer Tendinosis calcarea?

Bei der Frage inwiefern die Ernährung eine Rolle bei der Entstehung oder auch bei der Vorbeugung einer Tendinosis calcarea spielt, gehen die Meinungen auseinander. Die meisten vertreten den Standpunkt, dass die Ernährung keinen Einflussfaktor für die Entstehung einer Kalkschulter darstellt. Bei allen Erkrankungen die mit Verschleißprozesse zu tun haben ist jedoch das Übergewicht ein entscheidender Risikofaktor.

Auch bei der Tendinosis calcarea stellt hohes Gewicht eine zusätzliche Belastung für die betroffene Sehne dar und verschlechtert daher die Prognose der Erkrankung. Zudem ist eine ausgewogene Ernährung nicht nur für ein angemessenes Gewicht wichtig, sondern auch um dem Körper ausreichend Mineralien und Nährstoffe bereit zu stellen, die für die Reparaturprozesse der geschädigten Sehne vonnöten sind. Des Weiteren kann eine basisch ausgelegte Ernährung, die eine Entsäuerung des Körpers mit sich bringt einen positiven Einfluss auf die Tendinosis haben.

In anderen Quellen ist zu lesen, dass magnesiumreiche Ernährung hilfreich sein soll, um einer Kalkschulter vorzubeugen. Magnesiumreich sind zum Beispiel Vollkornprodukte oder Nüsse.

Wo kommt eine Tendinosis calcarea noch vor?

Die Tendinosis calcarea kommt am häufigsten im Bereich der Schulter vor. Dabei ist meist die Sehne des Musculus supraspinatus betroffen. Sie kann jedoch an allen Sehnen des Körpers vorkommen. So können zum Beispiel auch die anderen Sehnen, die die unterschiedlichen Muskeln der Schulter festhalten, betroffen sein. Außerdem kommt die Tendinosis calcarea in der Knieregion vor. Die Kniescheibe wird von verschiedenen Sehnen und Bändern gehalten. Diese sind im täglichen Leben häufig einer starken Belastung ausgesetzt und sind deshalb anfällig für Erkrankungen die mit Abnutzungsprozessen in Verbindung stehen. So können auch die Sehnen der Kniescheibe von Tendinosis calcarea betroffen sein.

Auch die Achillessehne, die sich über der Ferse befindet, wird bei jedem Schritt beansprucht. Besonders bei Fehlstellungen des Fußes oder der Beine, schlechtem Schuhwerk oder falschen Gangangewohnheiten, treten an dieser Stelle Verschleißprozesse ein. Auch Zug- und Druckbeanspruchungen können die Achillessehne schädigen und wiederum zur Tendinosis calcarea führen. Des Weiteren können auch Sehnen die von der äußeren Seite des Oberschenkelknochen zur Hüfte ziehen betroffen sein. In seltenen Fällen kommt die Tendinosis calcarea an Sehnen, die an der Seite oder hinter dem Ellenbogen entlang ziehen vor.

Prognose

Prinzipiell heilt die Tendinosis calcarea auch ohne Behandlung oft spontan nach den oben genannten Phasen ab. Dennoch treten häufig sehr starke Beschwerden auf, besonders durch begleitende Schleimbeutelentzündungen, sodass eine unterstützende Therapie in jedem Fall anzuraten ist.

Der genaue Verlauf der Erkrankung kann nicht vorhergesehen werden, sodass es schwierig sein kann, sich für eine bestimmte Therapie zu entscheiden. Da die einzelnen Krankheitsphasen mehrere Jahre andauern können und immer wieder zu mehr oder weniger starken Schmerzen führen, möchten viele Patienten nicht warten, bis sich die Verkalkungen von alleine auflösen. Durch eine gezielte Beratung und adäquate Bildgebung sollte die Therapie an das Krankheitsstadium des Patienten angepasst werden.

Diagnose

Ultraschall

Sobald eine Verkalkung eingetreten ist, kann man sie mittels Ultraschall nachweisen. Der Kalkherd führt zu einer Schallauslöschung hinter ihm, was erkannt werden kann.Von Vorteil bei der Ultraschalluntersuchung ist die Bestimmung der genauen Kaldepotlage, was das Auffinden des Kalkherdes bei der Operationsplanung erleichtern kann. Typisch für die Tendinosis calcarea ist, dass die Verkalkung sich mittig in der Sehne und nicht darüber oder darunter befindet. Dies ist wichtig zu wissen, um die Tendinosis calcarea nicht mit möglichen anderen Erkrankungen zu verwechseln.

Röntgen

Sobald eine Verkalkung eingetreten ist, kann sie auf dem Röntgenbild nachweisen werden. Die Verkalkungen sind dabei in der Regel sehr gut zu sehen. Jedoch bestehen Einschränkungen bzgl. der genauen Lage des Kalkherdes, denn dazu müssen Aufnahmen aus verschiedenen Winkeln vorliegen, um alle Kalkherde sicher ausfindig machen zu können.

Kernspinuntersuchung (MRT der Schulter)

Für die Diagnostik der Tendinosis calcarea spielt die MRT keine Rolle. Das Kalkdepot stellt sich schlecht dar, wodurch Verwechslungen mit einer Rotatorenmanschettenläsion (Rotatorenmanschettenriss / Degneration der Sehnen der Rotatorenmanschette) leicht möglich sind.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: MRT der Schulter

Röntgenbild einer Tendnosis calcarea der Schulter

  1. Schulterdach (Acromion)
  2. Kalkherd
  3. Oberarmkopf (Humerus)
  4. Schulterpfanne (Cavum glenoidale)

Zusammenfassung

Die Erkrankung Tendinosis calcarea bezeichnet eine Verkalkung von verschiedenen Sehnen des menschlichen Körpers, die durch die Ablagerung von Kalziumkristallen entsteht. In den meisten Fällen ist die Sehne des Musculus supraspinatus, der Teil der Rotatorenmanschette des Schultergelenkes ist, betroffen. Man spricht dann von einer Kalkschulter mit Beschwerden der Armbewegung.

Die Beschwerden eines Patienten mit Tendinosis calcarea können erheblich variieren. Hauptsächlich hängt das von der Größe des Kalkdepots und dem Stadium der Erkrankung ab.
Große Kalkdepots können dazu führen, dass sich die betroffene Sehne vor allem bei der Seithebung des Armes (Abduktion) unter dem Schulterdach reizt.

Zu den Krankheitszeichen können zählen:

  • Schmerzen beim Liegen auf der betroffenen Schulter
  • Belastungsschmerzen der Schulter
  • Schmerzen nach Überkopfarbeiten
  • Plötzlicher, aus dem Nichts (kein Unfall) entstehender Schulterschmerz
  • Bewegungsunfähigkeit des Armes (Pseudolähmung / Pseudoparalyse)

Eine Bildgebung mittels Ultraschall kann zu einer eindeutigen Diagnose der Tendinosis calcarea verwendet werden, wobei auch die etwas schwierige Diagnose mittels Röntgenaufnahmen möglich ist. Eine MRT-Aufnahme eignet sich nicht.

Zur Behandlung eignen sich vor allem eine Stoßwellentherapie (ESWT) oder ein operativer Eingriff. Bei der ESWT werden die Kalziumkristallen mittels energiereicher Druckwellen zertrümmert, so dass sie vom Körper abgebaut werden können.

Eine weitere Alternative zur Behandlung der Tendinosis calcarea ist die operative Behandlung der verkalkten Sehnen. Diese wird in der Regel nur durchgeführt, wenn der Patient trotz konservativer Maßnahmen weiterhin unter starken Schmerzen leidet, die Verkalkungen sehr groß sind und es keinen Hinweis auf einen spontanen Rückgang der Kalkherde gibt. Da sich die Verkalkungen sehr oft spontan zurückbilden, wird mit einer operativen Sanierung des Gewebes möglichst lang gewartet.

Ist die Operation jedoch angezeigt, wird diese meist im Rahmen einer Arthroskopie (Gelenkspiegelung) vorgenommen. Dieser Zugang ist minimal-invasiv und birgt das geringste Risiko. Bei dem Eingriff werden die verkalkten Herde aus dem Sehnengewebe entfernt. Anschließend muss das Gelenk zunächst ruhiggestellt werden. Um die Funktion und Beweglichkeit des Gelenks aufrechtzuerhalten, wird im Anschluss in der Regel Physiotherapie durchgeführt.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 17.05.2007 - Letzte Änderung: 30.03.2024