Rückbildungsgymnastik

Einleitung

Als Rückbildungsgymnastik werden verschiedene Übungen bezeichnet, mit denen Frauen ein paar Wochen nach der Entbindung beginnen können, um die strapazierte Beckenboden- und Bauchmuskulatur zu stärken.

Während der Schwangerschaft muss der Beckenboden das Gewicht des heranwachsenden Kindes, das Gewicht des Fruchtwassers und der Plazenta, sowie die Organe der Mutter tragen.
Während der Geburt wird der Beckenboden schließlich noch einmal stark beansprucht und durch das austretende Kind gedehnt und manchmal auch verletzt.

Der Tonus der Muskulatur kann durch Schwangerschaft und Geburt vermindert sein, sodass es zu Inkontinenz und einer Absenkung der Gebärmutter kommen kann. Viele Frauen haben beispielsweise nach der Geburt Schwierigkeiten, den Urin beim Lachen oder Husten zu halten.

Rückbildungsgymnastik ist demnach ein sehr wichtiger Bestandteil in der Phase nach der Geburt, der helfen kann, die Muskulatur des Beckenbodens wieder zu stärken und Inkontinenz und Gebärmuttersenkung vorzubeugen.

Direkt nach der Geburt darf die Schwangere jedoch noch nicht damit anfangen, da Geburtsverletzungen zunächst abheilen und der Körper sich von der Geburt erholen muss.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Gebärmuttersenkung nach Geburt

Übungen

Im Rahmen der Rückbildungsgymnastik können viele verschiedene Übungen durchgeführt werden, die das Ziel haben, die Beckenbodenmuskulatur wieder zu stärken.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema: Sport nach der Geburt

Viele Übungen stammen zum Beispiel aus dem Bereich des Yoga. Die Übungen können entweder in Gruppen bei speziellen Rückbildungskursen oder aber auch zu Hause durchgeführt werden. Dies kann die Frau individuell für sich selbst entscheiden.
Wichtig ist, dass die Frau eine für sie passende Lösung findet und das Training regelmäßig und konsequent durchführt, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen. Im Folgenden finden sich einige Beispielübungen:

Katzenbuckel

Bei dieser Übung begibt sich die Frau in den Vierfüßlerstand, platziert also Hände und Knie auf dem Boden. Die Füße liegen mit den Fußrücken auf dem Boden auf. Der Rücken wird nun zunächst durchgebogen und dann nach oben durchgedrückt; die Frau geht in einen Katzenbuckel.
Am besten stellt man sich dabei vor, dass man den Bauchnabel soweit wie möglich nach innen Richtung Wirbelsäule ziehen möchte.
Der Kopf wird gleichzeitig gesenkt und der Blick wandert Richtung Bauch.
Diese Position für einige Sekunden halten, dann den Rücken wieder durchbiegen. Dieser Bewegungsablauf wird einige Male wiederholt.

Arm-und-Bein-Heber

Bei dieser Übung liegt die Frau auf dem Bauch, die Arme werden nach vorne ausgestreckt, die Zehen werden auf dem Boden aufgestellt. Nun werden immer gleichzeitig der linke Arm und das rechte Bein und danach der rechte Arm und das linke Bein vom Boden abgehoben.
Ein geringes Anheben reicht dabei schon aus. Die Position vor dem Seitenwechsel kurz halten.
Wenn diese Übung zu schwierig ist, können die Arme auch aus der Übung ausgeschlossen werden. Dann werden lediglich die Beine abwechselnd vom Boden abgehoben.

Beckenboden-Anspannung

Diese Übung kann in fast jeder alltäglichen Situation eingebaut werden. Dazu wird der Beckenboden für einige Sekunden maximal angespannt, so als ob man man versucht, den Urinstrahl während des Wasserlassens anzuhalten.
Die Anspannung sollte etwa 10 Sekunden gehalten werden, bevor wieder lockergelassen wird.
Anspannungs- und Entspannungsphasen sollten 3-5x hintereinander gewechselt werden. Die Übung kann beliebig oft am Tag wiederholt werden.

Kreise in die Luft malen

Für diese Übung legt sich die Frau mit ausgestreckten Beinen auf den Rücken. Die Beine werden nun geschlossen nach oben gehoben, sodass etwa ein 90°-Winkel entsteht. Nun mit den gestreckten Beinen große Kreise in die Luft zeichnen. Dabei kann mehrfach die Richtung gewechselt werden. Nach etwa zehn Kreisen werden die Beine wieder abgelegt.

Knie-Arm-Schwinger

Bei dieser Übungen kniet sich die Frau aufrecht hin, die Knie befinden sich in einer etwa hüftbreiten Position, die Zehenspitzen werden aufgestellt, Unter- und Oberschenkel befinden sich in einem rechten Winkel zueinander. Der Po wird nun ein Stück in Richtung Füße abgesenkt und parallel der Beckenboden angespannt. Dabei sollte die Frau soweit nach unten gehen, wie sie die Position halten kann. Die Arme werden dann jeweils zur einen und dann zur anderen Seite geschwungen.
Der Beckenboden ist in dieser Position gezwungen die Bewegung auszugleichen und wird effektiv gekräftigt. Nach einigen Sekunden den Po wieder in die Ausgangsposition heben und entspannen.

Rückbildungsgymnastik zu Hause

Rückbildungsgymnastik kann sehr gut auch zu Hause durchgeführt werden. Der Besuch eines Kurses ist nicht unbedingt erforderlich.
Die oben genannten Übungen eignen sich sehr gut dazu, sie zu Hause durchzuführen, da man sie gut in den Alltag integrieren kann.
Unterstützend können spezielle Yoga-Workouts durchgeführt werden. Auch diese können zu Hause, zum Beispiel mit einem Online-Programm, absolviert werden.

Wichtig ist es jedoch, dass dabei nur Übungen durchgeführt werden, die für die Nachgeburtszeit geeignet sind.
Übungen, die die Bauch- und Beckenbodenmuskulatur zu stark und ungünstig beanspruchen, sind nicht förderlich für Kontinenz und Erhalt der Beckenbodenstabilität.

Rückbildungsgymnastik nach einem Kaiserschnitt

Rückbildungsgymnastik nach einem Kaiserschnitt darf erst begonnen werden, wenn die Wunden ausreichend verheilt sind. Dies ist nach etwa acht bis zwölf Wochen der Fall und sollte ärztlich abgeklärt worden sein.

Auch wenn bei einem Kaiserschnitt der Beckenboden nicht so sehr wie bei einer natürlichen Geburt beansprucht wird, ist Rückbildungsgymnastik dennoch sehr empfehlenswert. Die Bauchmuskulatur und auch der Beckenboden sind durch die vorangegangene Schwangerschaft beansprucht und stark gedehnt worden, sodass ein gezieltes Training die Stabilität der Muskulatur wiederherstellen und erhalten soll.

Kann aus ärztlicher Sicht mit der Rückbildungsgymnastik begonnen werden, sollte behutsam und vorsichtig mit dem Training angefangen werden, um das verheilte Gewebe nicht überzustrapazieren.

Es ist sinnvoll, zunächst den Beckenboden und erst danach Bauch- und Pomuskulatur zu trainieren. Auf diese Weise wird die Stabilität sozusagen von unten nach oben wiederhergestellt.

Ab wann und wie lange sollte die Rückbildungsgymnastik durchgeführt werden?

Mit der Rückbildungsgymnastik kann in der Regel nach etwa vier bis sechs Wochen nach einer vaginalen Entbindung, beziehungsweise nach acht bis zwölf Wochen nach einem Kaiserschnitt begonnen werden.

Der Trainingsbeginn richtet sich maßgeblich nach den Geburtsverletzungen, die die Frau davongetragen hat. Diese sollten zunächst verheilt sein, bevor mit den Übungen begonnen wird, denn ein verheiltes Gewebe ist Voraussetzung für den Wiederaufbau der Muskulatur.

Wie lange mit dem Training fortgefahren werden sollte, ist individuell unterschiedlich. Je nach Trainingszustand der Frau können die Grundvoraussetzungen der Muskulatur sehr stark variieren, sodass es auch unterschiedlich lange dauert, bis eine ausreichende Stabilität der Muskulatur erreicht ist.
Je nach Krankenkasse und deren Kostenübernahme wird gefordert, dass die Rückbildungsgymnastik innerhalb von neun Monaten nach der Geburt abgeschlossen wird.

Da die Rückbildungsgymnastik jedoch generell nicht schaden kann, ist es besser, sie über einen längeren Zeitraum fortzuführen und von dort aus wieder allmählich in ein alltägliches Sportprogramm (wie vor der Schwangerschaft) überzugehen.

Mit folgendem Thema erfahren Sie mehr interessante Informationen nicht nur zur Rückbildungsgymnastik, sondern auch alles rund um die Kurse nach einer Geburt. Lesen Sie hierzu unter: Welche Kurse nach der Geburt gibt es?

Rückbildungsgymnastik im Wochenbett

Für die Zeit des Wochenbetts wird noch keine Rückbildungsgymnastik empfohlen.

Die Übungen sollten frühestens ab der sechsten Woche nach der Geburt, bei einem Kaiserschnitt sogar noch später, begonnen werden. Der Grund dafür ist, dass die Geburtsverletzungen zunächst verheilen müssen und der Körper sich von den Anstrengungen der Schwangerschaft und Geburt erholen muss.

Es gibt jedoch Frauen, die sich sehr bald nach der Geburt wieder imstande sehen, etwas für ihren Körper zu tun. Für diese Frauen gibt es sanfte Übungen, die den Beckenboden vorsichtig wieder stimulieren und den Muskelaufbau fördern.
So kann beispielsweise im Sitzen oder Liegen mehrmals am Tag der Beckenboden für einige Sekunden angespannt und dann wieder locker gelassen werden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Wochenbett

Die Mobilisation des Beckens ist ebenfalls etwas, das im Wochenbett gut durchgeführt werden kann.
Dazu kann man das Becken in alle Richtungen biegen und besonders im Liegen darauf achten, das Kreuzbein und die Lendenwirbelsäule zwischendurch immer für kurze Zeit auf die Unterlage durchzudrücken. Dies gleicht das in der Schwangerschaft oftmals entstandene Hohlkreuz aus und mobilisiert die Wirbel sowie die Kreuz- und Steißbeinregion.

Gymnastik im Wochenbett sollte unbedingt unter Berücksichtigung des Befindens der Mutter eingesetzt werden. Sie ist kein absolutes Muss.

Lesen Sie mehr zum Thema: Beckenbodentraining nach der Geburt

Rückbildungsgymnastik mit dem Baby

Viele Kurse zur Rückbildungsgymnastik können auch zusammen mit dem Baby besucht werden.
Entweder besteht bei diesen Kursen die Möglichkeit der Kinderbetreuung oder aber die Babys werden mit in die Übungen eingebunden.

Auch zu Hause können verschiedene Übungen zur Rückbildung mit dem Baby absolviert werden. Dies fördert dann nicht nur den Muskelaufbau der Mutter, sondern gleichzeitig auch die Bindung zwischen Mutter und Kind.

Übungen

Eine mögliche Übung mit Baby funktioniert wie folgt: Die Mutter liegt auf dem Rücken und stellt ihre Beine vor dem Becken auf. Das Baby sitzt auf dem Unterbauch der Mutter, sie hält es mit den Händen fest. Nun zieht die Mutter ihren Bauchnabel kräftig nach innen und atmet aus. 
Dabei wird der Po angehoben, bis die Oberschenkel und der Rücken eine gerade Linie bilden. Diese Position wird ein paar Sekunden gehalten, dann wird das Becken wieder absenkt. Dieser Bewegungsablauf wird einige Male wiederholt.

Eine weitere Übung unter Einbeziehung des Babys funktioniert wie der klassische Damen-Liegestütz. Das Baby liegt vor der Mutter auf dem Boden. Die Mutter begibt sich in die Damen-Liegestütz-Position, kniet sich also vor das Baby und stützt ihre Hände rechts und links neben dem Baby ab. Nun geht sie mit dem Oberkörper so weit herunter, dass sie ihrem Baby einen Kuss geben kann und drückt sich anschließend wieder hoch. Dies wird mehrmals wiederholt.

Eine letzte mögliche Übung mit Baby trainiert speziell die Bauchdecke. Die Mutter legt sich flach auf den Rücken und legt ihr Baby auf ihren Bauch. Dann atmet sie zunächst kräftig aus und zieht den Bauchnabel ganz nach innen. Anschließend atmet sie tief in den Bauch ein und drückt die Bauchdecke heraus, sodass das Baby nach oben geschaukelt wird. Diesen Ablauf ein paar Mal hintereinander wiederholen.

Rückbildungsgymnastik trotz erneuter Schwangerschaft

Wenn es noch während der Zeit der Rückbildung zu einer erneuten Schwangerschaft kommt, stellt sich die Frage, ob mit der Rückbildungsgymnastik fortgefahren werden kann.
Das Beckenbodentraining sollte unbedingt fortgeführt werden, da ein stabiler Beckenboden Voraussetzung dafür ist, dass dieser die erneute Schwangerschaft aushalten und tragen kann.

Das Training ist natürlich an den Gesundheitszustand und das Allgemeinbefinden der Schwangeren anzupassen.
Übungen, die die Bauchmuskulatur sehr stark beanspruchen, sollten in diesem Fall vermieden werden.

Ein adäquates Beckenbodentraining und leichtes Ausdauertraining sind jedoch sehr empfehlenswert und bergen keine Nachteile oder Risiken für die bestehende erneute Schwangerschaft. Als leichtes Ausdauertraining eignet sich zum Beispiel Schwimmen.

Sollten Sie unsicher sein, so besteht immer die Möglichkeit, eine erfahrene Hebamme oder einen Arzt zu konsultieren.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Beckenbodentraining nach der Geburt

Krankenkassenleistung

Ob und wie viele Kosten die Krankenkasse von einem Rückbildungskurs übernimmt ist sehr unterschiedlich.

Einige Krankenkassen übernehmen beispielsweise die Kosten von bis zu zehn Gruppenstunden eines Rückbildungskurses. Unter Umständen besteht bei rechtzeitiger Anmeldung auch Anspruch auf volle Kostenübernahme durch die Krankenkasse.
Dabei wird häufig gefordert, dass die Rückbildungsgymnastik dann innerhalb von neun Monaten nach Entbindung abgeschlossen ist.
Ob Ihre Krankenkasse die Kosten für die Rückbildungsgymnastik trägt, sollten Sie individuell telefonisch abklären. Die Mitarbeiter vor Ort können darüber rasch und unkompliziert Auskunft geben.

Weitere Informationen

Eine Übersicht aller Themen aus dem Bereich der Gynäkologie finden Sie unter: Gynäkologie A-Z

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 29.04.2016 - Letzte Änderung: 22.10.2021