Medikamentenabhängigkeit

Was ist eine Medikamentenabhängigkeit?

Unter Medikamentenabhängigkeit versteht man eine Suchterkrankung, bei der Betroffene Medikamente in medizinisch nicht sinnvollem Maße, häufig in zu hohen Dosen, einnehmen. Es gibt eine große Breite an potentiell abhängig machenden Medikamenten.

Das möglicherweise bekannteste Beispiel für die Medikamentenabhängigkeit ist die Opioidkrise der USA. Nach Studien sind dort mehrere Millionen von Schmerzmitteln abhängig, tausende Menschen starben bereits an Überdosierungen. Doch auch in Deutschland ist die Medikamentenabhängigkeit ein ernst zu nehmendes Problem.

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An diesen Symptomen erkennt man eine Medikamentenabhängigkeit

Medikamentenabhängigkeit kann viele Symptome oder Formen haben. Die WHO definiert Abhängigkeit deshalb nach mehreren Kriterien. Mindestens drei müssen dabei im Laufe des letzten Jahres erfüllt sein, um von einer Abhängigkeit zu sprechen.

Diese Kriterien sind:

  1. Craving, also der starke Wunsch oder das Verlangen, die entsprechende Substanz zu konsumieren.
  2. Schwierigkeiten, den Konsum der entsprechenden Substanz zu kontrollieren.
  3. Toleranzentwicklung, das heißt mit der Zeit muss also immer mehr Substanz eingenommen werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen.
  4. Entzugssyndrom bei Absetzen der Substanz.
  5. Einengung auf die entsprechende Substanz. Andere Aktivitäten werden zugunsten des Substanzkonsums vernachlässigt.
  6. Anhaltender Substanzkonsum, obwohl bewusst ist, dass dadurch Folgeschäden in Kauf genommen werden. Allerdings sind die Grenzen zwischen schädlichem Gebrauch, Missbrauch oder Abhängigkeit von einem Medikament oft fließend, so dass eine genaue Diagnose erschwert sein kann.

Diese Medikamente haben ein hohes Potential für eine Medikamentenabhängigkeit

Eine Vielzahl an Medikamenten kann eine Abhängigkeit verursachen. Bekanntestes Beispiel hierfür sind starke Schmerzmittel. Diese werden auch als Opioide zusammengefasst, da sie auf sogenannte Opioidrezeptoren wirken. Zu dieser Gruppe gehört beispielsweise auch Heroin, welches ursprünglich als Schmerzmittel entwickelt wurde.

Moderne Opioide unterscheiden sich zwar in ihrer Stärke und Wirkung, aber vor allem im längeren und unsachgemäßen Gebrauch besteht eine große Gefahr für eine Abhängigkeitsentwicklung.

Neben Schmerzmitteln sind vor allem dämpfende Medikamente oder Schlafmittel eine Medikamentengruppe mit hohem Potential für eine Abhängigkeit. Benzodiazepine werden häufig als Schlafmittel eingenommen. Bei Gebrauch über einen längeren Zeitraum besteht allerdings ein großes Risiko für eine Abhängigkeitsentwicklung oder Entzugssymptome.

Ähnlich verhält es sich mit Medikamenten, die zur Beruhigung eingesetzt werden. Benzodiazepine zählen auch zu dieser Gruppe.

Aber auch Medikamente, welche auf den ersten Blick harmlos wirken können eine Abhängigkeit verursachen. Hierzu zählen beispielsweise bestimmte Nasensprays oder Abführmittel. Hier besteht das Risiko vor allem in einer Gewöhnung an die Einnahme, so dass ohne Medikament eine normale Körperfunktion nicht mehr gewährleistet ist.

Neben diesen Gruppen gibt es viele weitere Medikamente, welche eine Medikamentenabhängigkeit verursachen können.

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So wird eine Medikamentenabhängigkeit behandelt

Der erste und sehr wichtige Schritt der Behandlung ist das Erkennen, dass eine Medikamentenabhängigkeit vorliegt. Es sollte unbedingt professionelle Hilfe gesucht werden, da es sich bei der Medikamentenabhängigkeit um eine ernstzunehmende Erkrankung handelt.

Das grundsätzliche Konzept der Behandlung ist dabei normalerweise der Entzug, also das Absetzen der entsprechenden Substanz. Dies kann je nach Behandlung oder Substanz abrupt oder schleichend erfolgen.

Bei vielen Medikamenten erfolgt der Entzug stationär. Entzugserscheinungen können schwerwiegen oder sogar lebensgefährlich sein, lassen sich allerdings in der Regel gut behandeln. Bei einer schwerwiegenden oder lange anhaltenden Abhängigkeit mit geringen Erfolgsaussichten für einen Entzug kann auch eine Substitution angestrebt werden. Dies ist vor allem bei Opioiden der Fall. Medikamente werden in diesem Fall nicht komplett abgesetzt, sondern kontrolliert an den Betroffenen ausgegeben. Dadurch soll ein unkontrollierter, riskanter und illegaler Konsum mit schwerwiegenden Folgen für den Patienten verhindert werden.

Oft ist die Medikamentenabhängigkeit mit anderen Krankheiten verbunden. Vor allem psychisch Erkrankte zeigen häufig den Versuch einer Selbstmedikation durch die Einnahme von bestimmten Medikamenten oder auch Drogen, was zu einer Medikamentensucht führen kann. Eine Therapie der ursprünglichen Erkrankung kann dabei auch die Medikamentenabhängigkeit bessern.

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Entzug

Ein wichtiger Baustein der Behandlung ist der Entzug. Hierbei wird versucht, die Einnahme der Substanz zu stoppen. Grundsätzlich unterscheidet man den kalten und warmen Entzug. Beim kalten Entzug wird die Einnahme der entsprechenden Substanz plötzlich und ersatzlos gestoppt.

Im Gegensatz dazu versucht man beim warmen Entzug eher ein langsames Ausschleichen des entsprechenden Medikamentes. Der warme Entzug wird dabei vor allem bei solchen Substanzen bevorzug, die starke Entzugssymptome verursachen können.

Entzugssymptome treten häufig auf, wenn Medikamente über einen längeren Zeitraum in hohen Dosen eingenommen wurden, so dass eine Gewöhnung an die Medikamente stattgefunden hat. Je nach Medikament können sie unterschiedlich stark ausfallen. Starke Entzugssymptome können ohne Behandlung sogar lebensgefährlich sein. In diesem Fall wird ein langsamer Entzug in stationärer Umgebung empfohlen.

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Dauer der Behandlung

Die Dauer einer Behandlung unterscheidet sich je nach Patient und Medikament. Bei manchen Medikamenten reicht bereits das einmalige Absetzen der Einnahme mit einem kalten Entzug für eine erfolgreiche Behandlung. Deutlich häufiger sind allerdings längere Behandlungen erforderlich. Diese können auch stationär und über mehrere Wochen erfolgen.

Ein großes Problem bei Suchterkrankungen sind Rückfälle. Auch nach Jahren kann eine Suchterkrankung wieder ausbrechen. In diesem Fall ist schnelle professionelle Hilfe von großer Bedeutung.

Prognose

Auch die Prognose bei Medikamentenabhängigkeit unterscheidet sich stark je nach betroffenem Medikament. Bei vielen Medikamenten ist ein Entzug problematisch und es kommt zu häufigen Rückfällen. Andere Medikamentenabhängigkeiten lassen sich deutlich leichter behandeln und haben eine sehr gute Prognose.

Aber nicht nur die Behandlung ist für die Prognose wichtig. Auch andere Faktoren, wie beispielsweise das soziale Umfeld oder die allgemeine Lebenssituation haben einen wichtigen Einfluss.

Was können die Folgen einer Medikamentenabhängigkeit sein?

Eine Medikamentenabhängigkeit kann schwerwiegende Folgen haben. Durch den Konsum selbst kann der Körper Schaden nehmen. Häufig werden Medikamente in zu hohen Dosen oder über einen zu langen Zeitraum eingenommen. Aufgrund der Abhängigkeit werden Nebenwirkungen dabei oft in Kauf genommen oder ignoriert.

Besonders gefährdet sind Niere und Leber. Sie verstoffwechseln die Medikamente oder scheiden sie aus. Dabei können sie Schaden durch die Medikamente oder ihre Abbauprodukte nehmen. Eine Medikamentenabhängigkeit kann allerdings auch zu schweren Problemen in anderen Organen führen.

Durch die Einengung auf den Medikamentenkonsum kann es zu einem Verlust von sozialen Kontakten oder sonstigen Aktivitäten kommen.

Werden Medikamente illegal beschafft, kann es zu rechtlichen Problemen kommen. Auch finanziell können Suchterkrankungen wie die Medikamentenabhängigkeit schwere Probleme verursachen.

ei vielen Medikamenten ist die Überdosierung ein schwerwiegendes Problem. Im schlimmsten Fall droht der Tod.

Aber nicht immer müssen die Folgen so dramatisch sein. Bei vielen Medikamentenabhängigkeiten erfolgt der Konsum eher versteckt und kaschiert. In diesem Fall kann der Zwiespalt zwischen dem Wunsch, das Medikament einzunehmen und dem Wissen über seine schädliche Wirkung sehr belastend sein.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 13.03.2019 - Letzte Änderung: 22.10.2021