Abhängigkeit von Nasenspray

Definition

Bei einer Infektion der oberen Atemwege, wie beispielsweise einem Schnupfen, kommen verschiedenste Medikamente zum Einsatz. Eines davon ist Nasenspray. Bei Kauf der meist rezeptfreien Arzneimittel betonen die Pharmazeuten immer konkret, dass das Nasenspray nicht für eine längerfristige Nutzung bestimmt ist. Diese Information ist sehr relevant, da übermäßiger Nasenspraykonsum zu Veränderungen der Schleimhaut und zu einer Abhängigkeit führen kann, wie dies bei über 100.000 Menschen in Deutschland bereits der Fall ist.

Die Folge ist ein immer weiter steigender Verbrauch an Nasenspray und eine normale Atmung ohne die Benutzung dieses Medikaments wird fast unmöglich. Die dauerhafte Anwendung führt durch die Wirkung des meist enthaltenen Stoffes Xylometazolin zu bestimmten Veränderungen in der Nase und gesundheitlichen Folgen. Eine Abgewöhnung ist auf verschiedenen Wegen möglich und sollte von allen längerfristigen Verbrauchern angestrebt werden.

Ursachen

Der Hauptinhaltsstoff der gebräuchlichen Nasensprays ist Xylometazolin. Es gehört zur Gruppe der sogenannten Sympathomimetika, eine Wirkstoffklasse, die den Sympathikus aktiviert. Die beim Nasenspray entscheidende Wirkung ist die Verengung der Blutgefäße in der Nasenschleimhaut, was beim Schnupfen zum Abschwellen der Schleimhaut und Freiwerden der Nase führt.

Durch die regelmäßige Benutzung von Nasenspray kommt es jedoch zu einem sogenannten Boomerang- oder Rebound-Phänomen: Die Schleimhäute haben sich an die abschwellende Wirkung des Sprays gewöhnt und schwellen deshalb nach Abklingen wieder an. Die erneute Schwellung verleitet wiederum zur wiederholten Nutzung des Medikaments, was letztendlich zu einem Teufelskreis führt. Das Nasenspray behandelt die geschwollenen Nasenschleimhäute und verursacht gleichzeitig die Schwellung.

Lesen Sie hier mehr zum Thema: Geschwollene Nasenschleimhaut

Wie schnell geht das?

In den Beipackzetteln üblicher Nasensprays mit Xylometazolin wird eine Benutzung von maximal 7 Tagen empfohlen. Nach einer Woche sollte eine mehrtägige Pause eingelegt werden, wenn dann überhaupt noch Bedarf an dem Medikament besteht. Ausnahmen müssen in jedem Fall mit dem behandelnden Arzt oder dem Hausarzt besprochen werden, da nach einer mehr als einwöchigen Nutzung erste Veränderungen der Nasenschleimhaut beobachtet werden können. Auch eine Gewöhnung an den Wirkstoff findet relativ schnell statt. Viele Patienten unterschätzen das Abhängigkeitspotential von Nasenspray und benutzen dieses über den empfohlenen Zeitraum hinaus weiter.

Symptome

Die Abhängigkeit von Nasenspray zeigt sich hauptsächlich durch eine gehäufte Nutzung des Medikaments, wobei die Wirkung immer mehr zu wünschen übrig lässt. Die Nasenschleimhaut gewöhnt sich an den Wirkstoff und reagiert irgendwann nicht mehr effektiv auf die Anwendung. Das führt zum eigentlichen Hauptsymptom einer Nasenspray-Abhängigkeit – chronischer Schnupfen, der auch Arzneimittelschnupfen (Rhinitis medicamentosa) genannt wird.

Beim Arzneimittelschnupfen ist die Nase dauerhaft verstopft und kann auch nicht mehr durch den Gebrauch des ehemals vermeintlich heilenden Sprays befreit werden. Die mangelhafte Wirkung führt nicht nur zu Panik bei den Anwendern, sondern auch dazu, dass diese zu Sprays mit höherer Dosierung greifen. Dabei muss beachtet werden, dass es auch zu einer Vergiftung mit Xylometazolin kommen kann. Die Symptomatik ist dabei sehr unterschiedlich, da sich Phasen mit Symptomen körperlicher Aktivierung (Erregung, Halluzinationen, Krämpfe) mit gehemmten Phasen (verminderte Körpertemperatur, Schläfrigkeit, bis hin zum Koma) abwechseln können. Verursacht wird dies durch die Stimulation und die Hemmung des zentralen Nervensystems, was wiederum mit der Wirkung von Xylometazolin auf den Sympathikus zusammenhängt.

Therapie/ Was tun?

Ist erstmal eine Abhängigkeit entstanden, gestaltet es sich häufig schwierig, davon loszukommen. Für die eigene Gesundheit ist es allerdings sehr wichtig, dass eine normale Atmung ohne die Benutzung von Nasensprays möglich ist. Auf verschiedenen Wegen kann eine Entwöhnung von den Xylometazolin-haltigen Medikamenten stattfinden.

Man kann sich von seinem behandelnden Arzt beispielsweise ein kortisonhaltiges Nasenspray verschreiben lassen. Dieses wirkt zwar langsamer, aber hat ebenfalls eine abschwellende und entzündungshemmende Wirkung. Aufgrund der Nebenwirkungen einer Kortisonbehandlung darf auch dieses Nasenspray nur für kurze Zeit benutzt werden. Besser wäre eine Benutzung von Meerwassersprays (salzwasserhaltig), die die Nasenschleimhaut feucht halten und eine reizbedingte Anschwellung dergleichen verhindern können. Kortisonhaltige Nasensprays sind verschreibungspflichtig, wohingegen Meerwassersprays bereits in vielen Supermärkten zu erhalten sind.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Verminderung der Sprühstöße, indem man immer nur ein Nasenloch behandelt. Die Atmung wird ermöglicht, in Summe aber die Dosis an verbrauchtem Nasenspray vermindert und somit der erste Schritt in Richtung Entwöhnung gemacht. Im Verlauf werden die Nasenlöcher gewechselt, sodass es nicht zu einer einseitigen Schleimhautveränderung kommt. Ziel ist es, dass die Sprühstöße pro Tag immer weiter reduziert werden, bis ein Wechseln zum anderen Nasenloch nicht mehr notwendig und die Entwöhnung geschafft ist.

Ein dritter Weg besteht in der Dosisreduzierung. Dabei wird das Nasenspray zunächst in geringerer Stärke erworben, zum Beispiel als Kinderarzneimittel. Nach einiger Nutzung des abgeschwächten Medikaments wird das Spray abermals mit Kochsalzlösung verdünnt. Diese kann sowohl in der Apotheke erworben, als auch zu Hause selbstständig hergestellt werden (9 Gramm Salz auf 1 Liter Wasser).
Das Ziel ist es, gänzlich auf Meersalzspray umzusteigen oder aber – was noch wünschenswerter ist – gänzlich ohne Nasenspray auszukommen.

Als Unterstützung der Entwöhnung können in der Apotheke Pseudoephedrin-Tabletten (z.B. Rhinopront®) erworben werden. Diese haben in abgeschwächter Form die gleiche Wirkung auf das Gefäßsystem der Nasenschleimhaut wie örtlich angewendetes Xylometazolin, ohne die Nasenschleimhaut so stark zu strapazieren. Auch die Einnahmemenge der Tabletten muss vom Verbraucher täglich reduziert werden, um das erwünschte Ziel zu erreichen.

Nasenspray in der Schwangerschaft

Es gab bislang nicht genügend wissenschaftliche Untersuchungen, ob die Benutzung von Nasenspray mit Xylometazolin in der Schwangerschaft oder während der Stillzeit unbedenklich ist. Es besteht die Möglichkeit, dass eine Überdosierung negativen Einfluss auf die Blutversorgung des Babys hat oder während der Stillzeit die Produktion der Muttermilch hemmt.

Nur bei absoluter Notwendigkeit und auf Beschluss des behandelnden Arztes sollte nach genauer Nutzen-Risiko-Abschätzung der Einsatz des Medikaments folgen. Dabei muss die Mutter darauf achten, dass nur die empfohlenen Dosen eingenommen werden und der maximale Zeitraum nicht überschritten wird. 

Lesen Sie auch unsere Seiten Medikamente während der Schwangerschaft und Medikamente während der Stillzeit.

Folgen

Durch die übermäßige Nutzung von Nasenspray im Rahmen einer Abhängigkeit kommt es zu Veränderungen der Nasenschleimhaut. Sie wird trocken und rissig – es bilden sich Krusten, die dann häufig zu Nasenbluten aufgrund des Nasensprays führen. Eine effektive Durchblutung ist durch die ständige Verengung der Schleimhautgefäße nicht mehr gegeben und somit auch keine optimale Versorgung der Schleimhaut. Das schwächt die Abwehrfunktion und erhöht die Infektanfälligkeit.

Neben chronischen Atemwegsinfekten der oberen Atemwege kann es auch zu einem schwerwiegenden Abbau der Schleimhaut kommen. Diese sogenannte Nasenschleimhautatrophie beinhaltet die Rückbildung der Naseninnenwand samt ihrer Gefäße und Schleimdrüsen. In Folge dessen wird einerseits die Atemluft nicht mehr ausreichend angefeuchtet, bevor sie in die tieferen Atemwege und in die Lunge gelangt. Das kann zu einer erhöhten Anfälligkeit für Entzündungen der unteren Atemwege (Bronchitis, Lungenentzündung) führen. Andererseits entsteht ein größerer Hohlraum in der Nase, der in seltenen Fällen Nährboden für Bakterien sein kann. Ein Beispiel dafür ist der Bakterienstamm Klebsiella ozaenae, der einen süßlichen-fauligen Geruch absondert. Dieser wird durch die Riechnervenschädigung der Patienten oftmals nicht wahrgenommen, sondern durch Partner, Freunde oder Angehörige. Man bezeichnet diese Erkrankung auch als Stinknase.

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen von gebräuchlichen Nasensprays sind aufgrund des zumeist enthaltenen Xylometazolin sehr ähnlich. Manche Menschen reagieren sehr sensibel auf den Wirkstoff, was sich in einem brennenden Gefühl in der Nase und Trockenheit der Schleimhaut äußert. Die längerfristige Anwendung kann an der Nasenschleimhaut zu Krustenbildung (Rhinitis sicca) und zu Arzneimittelschnupfen führen.

Da der Wirkstoff den Sympathikus stimuliert und dieser wiederum den Körper aktiviert, kann es gelegentlich auch zu entsprechenden Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem kommen. Dabei berichten die Patienten nach der Benutzung des Nasensprays von Herzrasen und deutlich spürbaren Herzschlägen. Auch ein erhöhter Blutdruck kann aus der Anwendung resultieren. Das Nervensystem betreffende Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, sowie die gegensätzlichen Symptome Müdigkeit und Schlaflosigkeit. Diese treten selten auf.

Weitere Informationen zum Thema Abhängigkeit von Nasenspray

Weitere Informationen zum Thema Abhängigkeit von Nasenspray finden Sie hier:

Eine Übersicht aller Themen aus dem Bereich Medikamente finden Sie unter Medikamente A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 02.11.2016 - Letzte Änderung: 22.10.2021