Antiphlogistika

Synonyme

Antiinflammatorika, Entzündungshemmer

Anwendungsgebiete und Wirkweise

Antiphlogistika sind verschiedene Medikamente, deren Gemeinsamkeit die Wirkung gegen Entzündungen ist. Da eine Entzündung für den menschlichen Körper ein sehr komplexer Vorgang ist, den man gut untersucht hat, gibt es unter den Medikamenten verschiedene Ansatzpunkte, die im Endeffekt alle die Entzündung unterdrücken oder abmildern.

Durch die verschiedenen Angriffspunkte gibt es große Unterschiede wann welches entzündungslindernde Medikament das Richtige ist. Entzündungen sind die einheitliche Reaktion des Körpers auf verschiedene Auslöser wie Krankheitserreger, Gifte oder Fremdkörper.
Die Entzündung entsteht zum einen durch das Gewebe selbst, indem es sogenannte Gewebshormone als Alarmsignal freisetzt und so das Immunsystem alarmiert und zum anderen durch Aktivierung des Immunsystems mit Hilfe verschiedener überall im Körper verteilter Immunzellen, den Fresszellen (=Makrophagen), den Dendritischen Zellen in der Haut oder Lymphozyten (zu den weißen Blutkörperchen), die auf Fremdstoffe lauern und durch diese aktiviert werden und ihre Funktion daraufhin voll entfalten. Die Aussendung von Botenstoffen zur Alarmierung des körpereigenen Abwehrsystems führt zur Anschwemmung vieler anderer Immunzellen mit dem Blutstrom, die sich dann am Ort des Geschehens ansammeln und die sichtbare Entzündung verursachen um den Fremdkörper aufzulösen, zu entfernen und die mit dem Fremdkörper eingedrungenen Bakterien abzutöten.
Sterben diese Abwehrzellen dabei ab entsteht aus dem Gemisch aus lebenden und toten Zellen sowie den restlichen Fremdkörperbestandteilen der Eiter und die Entzündung rund um den Fremdkörper. Durch dieses Abwehrmechanismus will der Körper den Fremdkörper wieder aus dem Körper herausarbeiten.
Die klassischen Zeichen einer Entzündung sind:

  • Rötung (=lat: rubor)
  • Schwellung (=lat: tumor)
  • Überwärmung (=lat: calor)
  • Einschränkung der Funktionsfähigkeit (= functio laesa).

Die hier als örtlich begrenzt beschriebene Ausdehnung kann sich bei starker Schwere der Entzündung auch über die Blutbahn in den gesamten Körper ausdehnen und eine lebensgefährliche Blutvergiftung (=Sepsis) verursachen.

Verschiedene Gruppen und deren Nebenwirkungen

Man unterscheidet sogenannte steroidale von nichtsteroidalen Entzündungshemmern (=Antiphlogistika) und diese wiederum von pflanzlichen Wirkstoffen.

Steroidale Antiphlogistika

Steroide spielen eine herausragende Rolle in unserem Körper. Unser Körper kann eine Vielzahl von Steroiden bilden, die im Endeffekt den Sexualhormonen (z.B. Testosteron), den Glucocortikoiden (z.B.Cortisol) oder den Mineralocorticoiden (z.B. Aldosteron) zugeordnet werden können. Antientzündlich wirkt hierbei das Cortisol.

Allen gemeinsam ist ihre chemische Grundstruktur, die durch die Anordnung der Moleküle als steroidal bezeichnet wird. Bekanntestes steroidales Molekül im Körper ist das Cholesterin aus dem alle diese Steroide unter anderem in der Nebenniere unseres Körper gebildet werden. Problem ist hierbei die übermäßig Breite der Wirkung der Steroide im Körper. die Glucocorticoide wie das Cortisol werden allgemein als das Stresshormon unseres Körpers bezeichnet. Es führt neben der Entzündungshemmung, Mobilisation von Energiereserven und Energiebereitstellung des Körpers zur Unterdrückung des Immunsystems sowie zur Verbesserung der Stimmung. Jedes Steroid kann einzeln chemisch imitiert und dem Körper als Tablette zugeführt werden, trotzdem wird man mit dem gewählten Medikament immer die Wirkung auf das gesamte System hervorrufen anstatt der gewünschten Wirkung auf ein einzelnes dieser Systeme.
Durch die breite Wirkung ergibt sich der Einsatz bei Allergien, Asthma, Bronchitis, Multipler Sklerose, Rheuma, Hepatitis, Hautausschlägen, nach Transplantationen, Nierenerkrankungen oder Autoimmunerkrankungen.
Setzt man Cortisol als Antiphlogistikum ein, so muss immer auch die Wirkung auf alle anderen Systeme in Kauf nehmen. Die unerwünschten Wirkungen reichen von Verfettung am Körperstamm durch die Energieumverteilung, Osteoporose, Muskelschwund, Hautveränderungen, Magen- und Darmgeschwüren bis hin zum Bluthochdruck.

Nicht-Steroidale Antiphlogistika

Nicht steroidale Antiphlogistika werden auch Antirheumatika genannt.

Zu ihnen gehören die sehr bekannten Wirkstoffe Acetylsalicylsäure (z.B. Aspirin®, ASS®), Ibuprofen (z.B. Nurofen®, Neuralgin®) Naproxen (z.B. Dolormin®) und Diclofenac (z.B. Voltaren®).
Nicht-Steroidal deshalb weil sie chemisch kein Steroid-Grundgerüst, also nicht das typische Aussehen der Steroide haben.
Sie werden wie der Name Antirheumatika andeutet bei Rheuma und anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis, dem Morbus Bechterew oder auch der Gicht eingesetzt. Hierbei kommt vor allem Diclofenac zum Einsatz.
Die Nicht-Steroidalen Antiphlogistika wirken auf die Bildung der Hormone, die bei einer Verletzung freigesetzt werden um das Immunsystem zu alarmieren, die Prostaglandine. Das Enzym, das bei der Bildung eine Rolle spielt nennt sich Cyclooxygenase. Da die Prostaglandine auch bei Fieber und Schmerzen eine Rolle spielen haben diese Medikamente auch eine hervorragende Wirkung bei Fieber und Schmerzen.
Die Nebenwirkungen ergeben sich bei der Rolle der Cyclooxygenasen bei anderen Prozessen im Körper, allen voran der Bildung von Magenschleim. Normalerweise herrscht an der Innenseite der Magenschleimhaut ein Gleichgewicht von verschiedenen Flüssigkeiten. Auf der einen Seite steht die aggressive Magensäure, die aus Salzsäure besteht und die der Körper braucht um Nahrung zu verdauen, damit diese dann im Darm für den Körper verwertbar wird. Da die Magensäure auch die eigenen Magenwand verdauen würde stehen der Säure auf der anderen Seite die schützenden Magenflüssigkeiten gegenüber, die diese Selbstverdauung verhindern sollen. Da Säuren am besten mit basischen Flüssigkeiten zu neutralisieren sind besteht diese aus sehr viel bicarbonathaltiger Flüssigkeit, einer Lauge. Dieses Gleichgewicht ermöglicht eine ordnungsgemäße Verdauung der Nahrungsbestandteile bei gleichzeitigem Schutz der Magenschleimhaut an der Mageninnenseite.
Und genau hier bei der Produktion des schützenden Bicarbonatfilmes der Magenschleimhaut spielen die Cyclooxygenase und die Prostaglandine eine entscheidende Rolle. Hemmt man also nun durch die nicht-steroidalen Antiphlogistika diese Bildung, so gerät dieses Gleichgewicht aus den Fugen und es wird im Verhältnis viel mehr Magensäure als Bicarbonat gebildet und die Magensäure kann die Magenwand angreifen.
Die Patienten klagen dann oft über Verdauungsstörungen, Übelkeit oder Magenschmerzen.
Schreitet der Prozess voran entsteht ein Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür, welches im Extremfall zum lebensbedrohlichen Magendurchbruch führen kann.

Diese Hauptnebenwirkung der nicht-steroidalen Antiphlogistika kann schon nach wenigen Einnahmen auftreten. Aus diesem Grund sollten gefährdete Patienten immer einen sogenannten Magenschutz, z.B. einen Protonenpumpenhemmer, zusätzlich einnehmen.
Besonders gefährdet sind Patienten, die Acetylsalicylsäure einnehmen, da diese zusätzlich auch noch die Eigenschaften unserer Blutplättchen verändert, sodass diese nicht mehr verklumpen können. Unter Acetylsalicylsäure ist also die Gefahr von Blutungen enorm erhöht. Eine weitere nicht zu vernachlässigende Nebenwirkung durch die Einnahme über einen langen Zeitraum sind die schädigende Wirkung auf Herz und Nieren. Patienten mit Problemen und Erkrankungen an einem dieser Organe sollten nicht-steroidale Antirheumatika nur nach ärztlicher Rücksprache bzw. auf ärztliche Anweisung hin einnehmen. Dies gilt ebenso für Patienten mit Lungenerkrankung, da die Hemmung der Cyclooxygenase auch zum Übergewicht anderer Substanzen führt die die Lungenbläschen verändern und so die Atmung erschweren und bei Asthmatikern im Extremfall einen Asthmaanfall auslösen können.

Pflanzliche Antiphlogistika

Pflanzliche Antiphlogistika sind nicht selten eine sehr gute Alternative zu chemisch hergestellten Tabletten, nicht zuletzt wenn die Entzündung nur sehr leicht ist. Ihre Wirksamkeit beruht auf ähnlichen Mechanismen wie der der chemischen Präparate. Nicht selten haben die chemischen Präparate ihren Ursprung sogar in der Pflanzenwelt, z.B. die Acetylsalicylsäure im Weidenrindenextrakt. Bewährt haben sich aus dem pflanzlichen Bereich die Teufelskrelle, Esche, Hagebutte, Zitterpappel und die Brennessel. Auch Kurkuma, Oregano, Rosmarin, Ingwer und grüner Tee haben antientzündliche Wirkungen und können in die Ernährung eingebunden die Verbesserung von Entzündungen begünstigen.

Darreichungsformen

Antiphlogistika sind durch ihre vielseitige Einsetzbarkeit in vielen verschiedenen Formen zu erhalten. Allen voran die klassische Tabletten- oder Kapselform.
Diese eignet sich hervorragend für die meisten Patienten. Ausgenommen sind hier Patienten mit Magen-Darm- Erkrankungen, da hier die Aufnahme aus dem Darm gestört sein kann.
Eine Alternative zu Tabletten bieten Brausetabletten zum Auflösen oder Tropfen sein.
Für Kinder haben sich auch Zäpfchen bewährt.
Für Hauterkrankungen gibt es eine weitere optimale Form: Cremes, Gele oder Salben.
Man umgeht sämtliche Nebenwirkungen, die jedes Medikament zwangsläufig mit sich bringt, und trägt die Antiphlogistika direkt am Ort des Geschehens, der Haut, auf. Bekannte Anwendung sind die Gele z.B. mit Diclofenac (Voltaren®), die bei Sportverletzungen regelmäßig Verwendung finden. Auch sind normale Hautkrankheiten wie Akne, Ekzeme oder Sonnenbrand, die alle mit einer Entzündung einhergehen, leicht und ohne Nebenwirkungen im Körper zu behandeln.

Für schwere Entzündungen wie dem äußerst schmerzhaften rheumatischen Schub gibt es die meisten Präparate auch als Injektionslösung zur direkten Injektion in den Muskel oder eine Vene. Durch diese Form der Verabreichung lassen sich zum einen größere Mengen in den Körper einbringen und zum anderen tritt die Wirkung um ein vielfaches schneller ein.

Weiterführende Informationen

Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie unter:

 

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 26.03.2015 - Letzte Änderung: 22.10.2021