Harnstoff erhöht

Was bedeutet eine Erhöhung des Harnstoffs im Blut?

Der Harnstoff ist ein Abbauprodukt des Körpers, welches der Entgiftung dient. Dabei werden verschiedene Substanzen derart gebunden, dass sie wasserlöslich werden und über die Niere mit dem Urin ausgeschieden werden können. Im Fall von Harnstoff handelt es sich um die Beseitigung von Stickstoff, welcher beispielsweise in Form von Eiweißen in den Körper aufgenommen wird. In der Regel bedeutet eine Erhöhung des Harnstoffs im Blut, dass die Funktion der Niere deutlich eingeschränkt ist. Jedoch kann auch eine Stoffwechselstörung zu einer erhöhten Produktion des Harnstoffs führen oder eine übermäßige Zufuhr an Proteinen löst die Erhöhung des Harnstoffs im Blut aus.

Welche Symptome können auf einen erhöhten Harnstoff hindeuten?

Der erhöhte Harnstoff im Blut bringt die Erkrankung Gicht hervor. Dabei unterscheidet man zwischen einem akuten Gichtanfall und der chronischen Gicht. Heutzutage ist in der westlichen Gesellschaft, welche im Nahrungsüberfluss lebt und über gute medizinische Versorgung verfügt vor allem der akute Gichtanfall weit verbreitet. Dabei kommt es zu einer sehr schmerzhaften Entzündung einzelner Gelenke. Häufig betroffen sind die Großzehen, die Fußwurzelknochen und das Sprunggelenk, außerdem macht sich der akute Gichtanfall häufig an Hand- und Fingergelenken sowie am Ellenbogen bemerkbar. In der Folge kommt es typischerweise nachts zu starken Schmerzen im betroffenen Gelenk, außerdem entsteht dort eine Entzündung sowie eine Schwellung. Nach wenigen Tagen beruhigen sich die Symptome bei der akuten Gicht wieder.

Sehr selten sieht man bei uns die chronische Gicht. Dieses Krankheitsbild beruht auf einem dauerhaft erhöhten Spiegel von Harnsäuren im Blut. Daraufhin lagert sich die Harnsäure innerhalb und außerhalb der Gelenke ab. Es können Gichtknoten unter der Haut sowie in verschiedenen Organen (vor allem in der Niere) entstehen. Da die Erhöhung des Harnstoffs häufig durch eine Fehlfunktion der Niere herbeigeführt wird, treten zudem häufig zusätzlich Nierenfunktionsstörungen auf. Diese äußern sich durch eine verringerte Harnausscheidung bis hin zum völligen Versiegen des Wasserlassens.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Gicht

Welche Erkrankungen führen zu einem erhöhten Harnstoffwert?

Es gibt verschiedene Erkrankungen, die zu einem erhöhten Harnstoff führen können. Die sogenannte primäre Hyperurikämie (Harnstofferhöhung) ist durch Nierenerkrankungen bedingt und oftmals genetisch bedingt. Durch die Funktionseinschränkung der Niere kommt es zu einer Störung der Harnsäureausscheidung. Hervorgerufen wird das akute Auftreten der Erkrankung meist durch Konsum von Alkohol sowie Überernährung und den übermäßigen Verzehr von Fleisch.

Sehr selten liegt dem erhöhten Harnstoffwert eine Überproduktion zugrunde. Dabei handelt es sich meist um seltene genetische Defekte. Der erhöhte Harnstoffwert kann jedoch auch als Folge vieler Medikamente (Aspirin und Wassertabletten, einige immunmodulierende Medikamente) auftreten. Auch Vergiftungen oder hormonelle Funktionsstörungen können zu einem erhöhten Harnstoffwert führen. Seltener kommt es zu einer vermehrten Bildung des Harnstoffs durch einen plötzlichen massiven Zelluntergang, der beispielsweise durch Tumorerkrankungen und Leukämien bedingt sein kann.

Diese Untersuchungen macht der Arzt

Der Arzt führt in der Regel zunächst eine Anamnese durch, bei der eine ausgeprägte Nahrungsaufnahme oder ein starker Alkoholkonsum als ausschlaggebende Faktoren erkannt werden können. Außerdem sollte bei einem akuten Gichtanfall das erkrankte Gelenk untersucht werden. Meist kommt es zu Schwellungen, Rötungen und schmerzbedingten Funktionseinschränkungen.

Zur Klärung der Diagnose kann das Gelenk punktiert werden, in der Flüssigkeit können viele weiße Blutkörperchen (Leukozyten) nachgewiesen werden, außerdem kann man unter dem Mikroskop Harnsäurekristalle entdecken. Sollte eine Punktion des Gelenks nicht gelingen, kann stattdessen ein Ultraschall des Gelenks durchgeführt werden.

Bei der chronischen Gicht können die Gichtknoten im Röntgenbild entdeckt werden, sie stellen sich meist in Form eines sogenannten Weichteilschattens dar oder können als „Löcher“ in betroffenen Knochen erscheinen.

So wird ein erhöhter Harnstoff therapiert

Die Therapie des erhöhten Harnstoffes beruht auf einem Konzept mit vielen verschiedenen Ansatzpunkten.

Da häufig die Ernährung zusammen mit einem erhöhten Alkoholkonsum der Auslöser der Erkrankung ist, sollte ein möglichst fleischarmer (purinarmer) Ernährungsplan durchgeführt werden. Auch die Reduktion oder der Verzicht auf Alkohol spielt eine wichtige Rolle. Zudem sollte genügend Flüssigkeit (Wasser oder Tee) getrunken werden, 1,5 Liter gelten als täglicher Richtwert.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Ernährung bei Gicht

Zudem kann eine medikamentöse Therapie des hohen Harnstoffspiegels angestrebt werden. Dabei werden vor allem sogenannte Urikostatika (am bekanntesten Allopurinol) eingesetzt. Im akuten Gichtanfall kommen zu Beginn häufig außerdem Schmerzmittel wie Ibuprofen und gegebenenfalls Glucocorticoide zum Einsatz.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Therapie der Gicht

Eine weitere wichtige Komponente spielt die Therapie der Begleiterkrankungen. Dabei sollte vor allem auf nierenschonende Verfahren gesetzt werden, da die Niere in der Harnstoffausscheidung die entscheidende Rolle spielt. Eine besondere Vorsicht gilt dem Einsatz von Diuretika (Wassertabletten) diese können die Ausscheidung des Harnstoffs sowohl verbessern als auch verschlechtern, weshalb mit den Substanzen vorsichtig umgegangen werden sollte.

Auch Begleiterkrankungen wie ein erhöhter Blutdruck werden häufig mit Nieren-gängigen Medikamenten therapiert und müssen daher gut eingestellt werden. Auch hier sollte vor allem auf nierenschonende Blutdruckmedikamente wie beispielsweise Sartane zurückgegriffen werden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Therapie des Bluthochdrucks

 

So ernähre ich mich bei Harnstofferhöhung richtig?

Die Harnstofferhöhung ist meist auf eine bestimmte Ernährungsweise zurückzuführen, welche besonders in den westlichen Industrienationen zu finden ist. Eine wichtige Rolle spielt neben dem Fleischkonsum auch die Aufnahme von zu viel Alkohol und Getränken, die Fruktose (Fruchtzucker) enthalten. Eine richtige Ernährung bei Harnstofferhöhung zielt daher vor allem auf diese Risikofaktoren ab.

So sollte Flüssigkeit idealerweise in Form von Wasser und ungesüßtem Tee aufgenommen werden. Auf fruktosehaltige Getränke und Alkohol verzichtet man idealerweise vollständig. Außerdem sollten purinhaltige Nahrungsmittel (vor allem Fleisch wie beispielsweise Leber) vermieden werden. Eine vollkommen eiweißarme Diät wird dagegen nicht empfohlen. Da die Harnstofferhöhung im Allgemeinen mit Überernährung und einem Überkonsum an Nahrungsmitteln und Energie zusammenhängt, empfiehlt sich generell eine kalorienreduzierte Ernährung, die auf das Erreichen eines Normalgewichtes abzielt. Dabei hilft vor allem die Reduktion von stark zuckerhaltigen Getränken und Nahrungsmitteln. Stattdessen sollte auf komplexe Kohlenhydrate (Vollkornprodukte) und viele Ballaststoffe (Körner, Nüsse, Gemüse) gesetzt werden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Ernährung bei Gicht

Was können die langfristigen Folgen sein?

Die langfristigen Folgen des erhöhten Harnstoffes im Blut zeigen sich insbesondere an den meist bereits vorgeschädigten Nieren. So kommt es durch den hohen Harnstoffwert zur Ablagerung des Stoffes insbesondere in den Nieren. Dies führt zu Nierensteinen, die wiederum einen Rückstau des Harns in die Nieren verursachen und dort das Gewebe akut schädigen. So kann es zu schweren Komplikationen bis hin zum lebensbedrohlichen akuten Nierenversagen kommen.

Auch eine chronische Entzündung kann durch die Harnsäureablagerungen entstehen, daraus folgt meist eine chronisch fortschreitende Niereninsuffizienz, bei der die Niere nicht mehr in der Lage ist, ausreichend Harn zur Entgiftung des Körpers zu produzieren. Außerdem wird die Entstehung vieler Stoffwechselerkrankungen begünstigt. Dazu gehören beispielsweise der Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) sowie das metabolische Syndrom, welches sich aus Fettleibigkeit, schlechten Blutfettwerten, Diabetes mellitus und einem Bluthochdruck zusammensetzt.

Auch ein allein auftretender erhöhter Blutdruck kann durch die Nierenfunktionsstörung hervorgerufen werden. Das metabolische Syndrom, Diabetes mellitus und ein erhöhter Blutdruck sind wiederum Risikofaktoren für schwerwiegende Herz- und Gefäßerkrankungen.

Was ist der Harnstoff Kreatinin Quotient?

Harnstoff und Kreatinin sind zwei Substanzen, die über die Niere ausgeschieden werden. Beide Stoffe können sich im Körper ansammeln, wenn die Niere nicht mehr ausreichend funktioniert. Über den Harnstoff-Kreatinin-Quotienten kann das Verhältnis zwischen den beiden Substanzen bestimmt werden. Bleibt der Quotient in etwa gleich, spricht dies dafür, dass beide Substanzen gleichermaßen im Körper angesammelt werden. In diesem Fall kann man von einer Nierenfunktionsstörung ausgehen, da die beiden wichtigen Substanzen nicht mehr ausgeschieden werden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter:  Erkrankungen der Niere

Erhöht sich dagegen nur der Harnstoff, während das Kreatinin gleich bleibt, wird dadurch auch der Harnstoff-Kreatinin-Quotient in die Höhe getrieben. Dies lässt darauf schließen, dass eine erhöhte Harnstoffproduktion im Körper für die hohen Harnstoffwerte im Blut verantwortlich ist. Je nach zugrundeliegender Ursache können unterschiedliche Therapieansätze gewählt werden, weshalb eine Unterscheidung der Herkunft des hohen Harnstoffs im klinischen Alltag eine wichtige Rolle spielt.

Weitere Informationen

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Eine Übersicht aller Themen aus dem Bereich der Diagnostik finden Sie unter: Diagnostik A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 28.01.2020 - Letzte Änderung: 22.10.2021