Harnleiter

Synonyme

  • Harngang
  • Uringang
  • Niere
  • Blase

Medizinisch: Ureter

Englisch: ureter

Anatomie

Der Harnleiter verbindet das Nierenbecken (Pelvis renalis), welches wie ein Trichter den Harn aus der Niere sammelt, mit der Harnblase.
Der Harnleiter ist ein etwa 30-35 cm langer aus feinen Muskeln bestehender Schlauch mit einem Durchmesser von ungefähr 7 mm.
Er verläuft hinter der Bauchhöhle (Abdomen) auf den inneren Rückenmuskeln nach unten ins Becken, wo er von hinten die Harnblase erreicht.

Der rechte Harnleiter ist ein wenig kürzer, da die rechte Niere aufgrund der platzverbrauchenden Ausdehnung der Leber etwas tiefer steht. Der Harnleiter mündet schräg in die Harnblase, was günstig für den Verschluss des Harnleiters ist, denn er wird durch die starken Muskeln der Harnblase zusammengedrückt, so dass zum Beispiel im Liegen kein Harn in den Harnleiter zurückfließen kann.

Neben dieser Engstelle am Ende des Harnleiterverlaufs entstehen noch zwei weitere auf dem Weg zur Blase. Der Übergang vom Nierenbecken zum Harnleiter zeigt eine Verengung, ebenso wird die Lichtung des Harnleiter durch die großen Blutgefäße im Becken verkleinert, wenn der Harnleiter in das Becken eintritt. Diese drei Engen können eine wichtige Rolle spielen, wenn sich im Harnleiter Steinchen (Nierensteine) befinden, die dann hängen bleiben können (siehe unten).
Der Harnleiter ist im Becken bei der Frau dem Gebärmutterhals (Cervix uteri) und beim Mann dem Samenleiter (Ductus deferens) benachbart.

Abbildung Harnleiter

  1. Harnleiter - Ureter
  2. Übergangsepithel - Urothelium
  3. Verschiebeschicht der
    Schleimhaut - Lamina propria
  4. Innere Längschicht -
    Stratum longitudinale internum
  5. Äußere Längsschicht -
    Stratum longitudinale externum
  6. Mittlere Ringschicht -
    Stratum circulare
  7. Bindegewebige Hülle mit
    Blutgefäßen - Tunica adventitia
  8. Aortengabel - Bifurcatio aortae
  9. Mastdarm - Rectum
  10. Harnblase - Vesica urinaria
  11. Nebenniere -
    Glandula suprarenalis
  12. Rechte Niere - Ren dexter
  13. Nierenbecken - Pelvis renalis
  14. Untere Hohlvene - Vena cava inferior

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Funktion

Neben seiner Funktion als Verbindungsstück zwischen Niere und Harnblase, hat der Harnleiter auch eine wichtige Aufgabe bei der Beförderung des Harns. Im Liegen wirkt die Schwerkraft dem Urinfluß entgegen.
Der Harnleiter kann seine Muskeln im Verlauf nach und nach anspannen, so dass der Urin wie auf einem Förderband auch gegen das Gefälle zur Harnblase gelangt.
Dieses Nach-und-Nach-Anspannen nennt man peristaltische Welle. Sie läuft 1-4 mal pro Minute über den Harnleiter. Das Prinzip ist ähnlich wie bei der Speiseröhre, die ja auch im Kopfstand Nahrung zum Magen befördert.

Erkrankungen des Harnleiters

Harnleiterstein, Harnsteine, Nierensteine allgemein

Männer und Frauen sind von Nierensteinen gleich häufig betroffen.
Mit dem Lebensalter steigt die Gefahr einen Stein in der Niere zu entwickeln. Stress kann das Auftreten von Harnsteinen / Nierensteinen ungünstig beeinflussen.
Ebenso kann das Klima einen Einfluss auf die Entwicklung von Nierensteinen haben. Je mehr Wasserverlust durch Schwitzen erfolgt, um so konzentrierter ist der Urin.
Wenn der Harn zu konzentriert ist oder bestimmte Stoffe im Überfluss vorliegen, möglicherweise durch falsche Ernährung oder bestimmte angeborene Störungen im Abbau von Abfallprodukten des Körpers, ist die Wahrscheinlichkeit für Harnsteine stark erhöht, weil sich diese Stoffe nicht mehr im Urin lösen können und als Kristalle ausfallen. Hierbei spielt der so genannte pH-Wert, also der Säuregehalt, des Urins eine wichtige Rolle. Abhängig davon, wie viel Säure vorhanden ist, entstehen manche Steine leichter.
Eine Entzündung im harnableitenden System oder wenn der Abfluss des Harns zum Beispiel durch angeborene Fehlbildungen gestört ist, können ebenso die Entstehung von Harnsteinen fördern.
Normalerweise produziert der Körper Substanzen, die die Steinbildung hemmen. Wenn zu wenig davon vorhanden ist, können sich Harnsteine leichter bilden. Man kann aufgrund der Zusammensetzung und der Entstehung verschiedene Steine unterscheiden.

Zum einen können Harnsteine / Nierensteine im Nierenbecken (Pelvis renalis) an der Wand verankert entstehen. Diese nennt man Kelchsteine oder fixierte Steine. Sie können sich lösen und in das Harnableitende System also in den Harnleiter geschwemmt werden. Zum anderen entstehen Harnsäure- und Zystinsteine frei im Urin, einfach weil die Konzentration dieser Stoffe zu hoch ist oder weil sich der pH-Wert des Urins verändert hat. Sie können überall im harnableitenden System entstehen.

Die meisten Steine (70%) bestehen aus Kalziumoxalat, wenn zu viel Kalzium oder Oxalat im Urin vorhanden ist oder zu wenig steinbildungshemmende Stoffe vorhanden sind.
Harnsäuresteine (10-15%) entstehen wenn sich Purin anhäuft. Purin ist ein Abbauprodukt von zum Beispiel von DNS, die wir in größeren Mengen zu uns nehmen, wenn wir Fleisch essen. Wenn der Abbau gestört ist, möglicherweise aufgrund eines angeborenen Fehlers oder wenn die Niere beschädigt ist oder wegen einer zu hohen Zufuhr von Fleisch und Alkohol überfordert ist, entstehen diese Steine.
Kalzium- und Magnesiumphosphatsteine (5-10%) sind sogenannte Infektsteine, die sich dadurch bilden, dass Bakterien bei Entzündungen durch ihre Abfallstoffe den pH-Wert des Urins verändern.
Zystinsteine sind selten (1-2%) und setzen sich vor allem aus dem Eiweißbestandteil Zystin zusammen. Sie entstehen meistens aufgrund eines erblichen Enzymmangels.
Xanthinsteine und andere Steine machen weniger als 0,5% aller Nierensteine aus.
Menschen mit Harnstein werden vor allem dann auf die Steine aufmerksam, wenn sie sich im Harnleiter befinden und durch die Dehnung der Harnleiterwand schmerzen verursachen.
Diese Schmerzen sind meist kolikartig (das heißt sie kommen und gehen in Form von Wellen) mit einer wellenförmigen Ausbreitung in die Flanken, in die Harnblase oder auch in den Hodensack (Skrotum) beim Mann oder die Schamlippen (Labia majora) bei der Frau.
Außerdem kann durch eventuell gestauten Harn ein nicht erlösbaren Harndrang auftreten. Wenn der Harnstau anhält, kann es zu Entzündungen kommen oder eine Blutvergiftung mit Harnsubstanzen, die nicht ausgeschieden werden können entstehen (Urosepsis).

Uretersteine (Harnleitersteine) kann man vor allem durch bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder Kontrastmitteluntersuchungen (intavenöses Urogramm) feststellen.
Im Ultraschall können Steine entdeckt werden, die größer sind als 2 mm. Aber auch die Urinuntersuchung kann bei Vorhandensein von Blut oder kleinen Harnsteinkristallen einen Hinweis liefern.
Abhängig von den entdeckten Kristallen und vom pH-Wert können auch Rückschlüsse auf die Ursache gezogen werden.

Auch eine Blutuntersuchung kann aufschlussreich sein, wenn sogenannte harnpflichtige Substanzen wie Kreatinin gehäuft auftreten.

Da 70-80-% der Steine spontan abgehen, weil sie durch die oben beschriebene peristaltische Welle des Harnleiters vorangetrieben werden, kann man meistens mit einem krampflösenden Mittel wie Buscopan® und Schmerzmitteln behandeln.

Harnsäuresteine, die ja mitunter auf Grund des Säuregehalts entstehen gibt man alkalsierende Medikamente, die den Harn ein wenig neutralisieren und so die Steine auflösen, z.B. Uralyt U (hierbei handelt es sich um das Salz der Zitronensäure).

Wenn den Steinen nicht mit Medikamente beizukommen ist, kann man auf sogenannte endourologische Maßnahmen zurückgreifen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass man einen speziellen Katheter durch den Harnleiter am Stein vorbeiführt und den gestauten Urin abfließen lässt. Der Stein wird meistens dabei in das Nierenbecken zurückgeschoben, wo er leichter zertrümmert werden kann (siehe unten).

Steine können durch eine besondere Technik von außen durch bestimmte Funkwellen oder elektormagnetische Wellen zertrümmert werden ohne dass man direkt in den Körper eingreifen müsste (extrakorporale Stoßwellenlithotripsie). Es wird keine Vollnarkose benötigt und die kleinen Trümmer können problemlos durch den Harnleiter und die Blase ausgeschieden werden.
Bei sehr hartnäckigen oder großen Steinen muss zusätzlich invasiv über die Haut ein Zugang zum Stein geschafft werden (perkutane Nephrolitholapaxie).

Da Harnleitersteine (Uretersteine) besonders schlecht lokalisierbar sind, behandelt man sie meistens endoskopisch unter Narkose. Das heißt man führt einen mit Kamera bestückten Schlauch über die Harnröhre (Urethra), die Harnblase (Vesica urinaria) in den Harnleiter ein und kann dann mit Hilfe des Bildes präzise den Stein entfernen.

Man kann der Bildung von Harnsteinen vorbeugen, wenn man entsprechend seine Ernährung anpasst, sich viel bewegt und viel Flüssigkeit zu sich nimmt. Man kann außerdem Magnesium und Zitrat einnehmen um die Bildung von Steinen zu hemmen. Bei Infektsteinen wird oft L-Methionin ein Eiweißbestandteil gegeben, um den Harn anzusäueren.

Der Harnleiter kann im Rahmen einer Harnwegsentzündung betroffen sein, die durch den Aufstieg von Bakterien durch die Harnröhre in die Blase verursacht wird. Die Entstehung kann durch Harnsteine begünstigt werden.
Behandelt wird mit Anitbiotika wie Timethoprim und Sulfamethoxazol (z.B. Cotrim / Cotrim forte) oder Amoxillin, Cephalosprorine oder Gyrasehemmer (z.B. Ciprobay oder Tavanic).
Weitere Informationen erhalten Sie auch unter unserem Thema: Nierensteine

Harnleiterkrebs

Wie auch bei der Harnblase kann die Zellschicht, die den Harnleiter (Ureter) auskleidet, entarten. Beim Harnleiter geschieht dies nur viel seltener. Durch endoskopische und Gewebe- (histologische) Untersuchungen kann man den Verdacht bestätigen. Daraufhin wird ein Teil der Niere und der Harnleiter mit Teilen der Blase operativ entfernt. Unter Umständen ist abhängig von der Art des Krebses auch eine Chemotherapie angezeigt. Eine Strahlentherapie wird meistens nicht angewendet. Jede Therapieform wird jedoch individuell auf die jeweilige Situation des Patienten zugeschnitten.

Weitere Informationen zum Thema Harnleiter

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 18.05.2007 - Letzte Änderung: 25.07.2023