Therapie des Borderline Syndroms

Therapie

Die Therapie der Wahl bei Borderline stellt heutzutage sicherlich die sog. DBT (Dialektisch Behaviorale Therapie) dar. Diese Therapieform, die von der amerikanische Professorin Marsha M. Linehan entwickelt wurde, vereinigt verschiedenste Elemente aus unterschiedlichen therapeutischen Ansätzen, wie z.B. der Hypnose und der Verhaltenstherapie.

Einer der darüber hinaus gehenden grundlegenden Gedanken ist aus der ZEN-Meditation entliehen. Er beschreibt den Spagat zwischen Akzeptanz der eigenen Person bei gleichzeitigem Wunsch nach Veränderung. Die eigentliche Therapie setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen:

1. (Ambulante) Einzeltherapie

Hier erfolgen streng strukturierte Gespräche, in denen nach dem Motto “Das Schlimmste zuerst” verschiedene Problembereiche im Leben des Patienten erfragt werden.

2. (Ambulantes) Fertigkeitentraining (Skills)

In diesem Training werden den Patienten innerhalb einer Gruppe verschiedene Module beigebracht:

  • Innere Achtsamkeit
  • Stresstoleranz
  • Zwischenmenschliche Fähigkeiten
  • Umgang mit Gefühlen

3. Telefonkontakt / Telefonberatung

Beim Telefonkontakt soll der Therapeut als ein Begleiter des Patienten fungieren, so dieser in Situationen hineingerät, in denen er die Kontrolle zu verlieren droht. In diesem Rahmen erfolgt keine Telefontherapie, sondern eine beratende Fokussierung auf das bereits Erlernte.

4. Ggf. medikamentöse Behandlung

Es gibt seitens der Gesellschaft zur Erforschung und Therapie von Persönlichkeitsstörungen medikamentöse Empfehlungen. Hierbei muss festgehalten werden, dass diese Medikamente in der Regel nur unterstützend wirken. Aus diesem Grunde haben sie oft, nicht immer, ihren Platz in der Behandlung der Borderline - Störung.

5. Therapeutensupervision

In der Therapeutensupervision sollten sich einmal pro Woche alle an der Therapie beteiligten Mitarbeiter treffen, um sich den nötigen Rückhalt und die nötige Professionalität im Umgang mit ihren Patienten zu sichern.

Wie kann man Stimmungsschwankungen behandeln?

Rasch wechselnde Stimmung, Launenhaftigkeit und emotionale Ausbrüche sind Symptome, die bei einer Borderline Erkrankung auftreten können.

Therapeutisch kommt hier, wie auch zu Behandlung der anderen Symptome, an erster Stelle die Psychotherapie zum Tragen. Sie ist die wichtigste Komponente in der Behandlung von Patienten mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung. Im Bereich der Psychotherapie gibt es mehrere verschiedene Therapiearten. Für die Borderline Erkrankung hat sich insbesondere die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) etabliert.

Es kommen noch drei weitere psychotherapeutische Verfahren regelmäßig zum Einsatz: Die Mindfulness-based therapy (MBT), die Schematherapie nach Young und die übertragungsfokussierte Therapie.

Insbesondere die dialektisch-behavoirale Therapie zielt auf das Erlernen einer verbesserten Verhaltenskontrolle und Emotionsregulation ab.

Ihr Ziel ist also unter anderem, die schwankenden Stimmungslagen und die Launenhaftigkeit zu kontrollieren.

Zusätzlich zur Psychotherapie kommen häufig auch Medikamente zum Einsatz. Hier haben sich am ehesten Wirkstoffe aus der Gruppe der Stimmungsstabilisierer (mood stabilizer) etabliert. Hierzu zählen Wirkstoffe wie Lamotrigin, Valproat / Valproinsäure und Topiramat.

Auch für das Antipsychotikum Aripiprazol haben kleinere Studien Wirksamkeitsnachweise gefunden. Stimmungsstabilisierer sollen impulsive Ausbrüche und starke Erregungszustände mindern und somit zur Abmilderung emotionaler Extremzustände dienen.

All die genannten Medikamente sind jedoch bisher nicht offiziell zur Behandlung der Borderline-Erkrankung zugelassen aufgrund nicht ausreichend vorliegender Ergebnisse aus großen Studien. Der Einsatz erfolgt somit off-label. Trotzdem zeigt die medikamentöse Therapie bei vielen Patienten einen zusätzlichen positiven Effekt.

Dialektisch-Behaviorale-Therapie

Bei der dialektisch behavioralen Therapie handelt es sich um eine von Psychologen entwickelte Psychotherapieform, die häufig bei Patienten mit dem Borderline-Syndrom angewandt wird.

Prinzipiell handelt es sich um eine kognitive Verhaltenstherapie, die jedoch auch mit Meditationsübungen arbeitet um dem Patienten ein neues Gedankengut anzueignen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Meditation

Grundsätzlich kann man sagen, dass die Therapie zwei Ansatzpunkte hat.
Zunächst den dialektischen Ansatzpunkt, bei dem es darum geht, gegensätzliche Standpunkte zu erkennen, diese zu akzeptieren und zu versuchen, einen Mittelweg zu finden.
Das kann bedeuten, dass Patienten wahrnehmen müssen, dass sie in schwierigen Situationen nicht ausnahmslos mit übertriebener Wut reagieren dürfen sondern dass sie die Situation als solche annehmen und versuchen ein auf Tatsachen basiertes Gespräch zu führen.

Der zweite Ansatzpunkt, nämlich der behaviorale Ansatz, bezieht sich auf eine solche Verhaltensänderung.
Hierbei geht es beispielsweise darum, gutes Verhalten zu belohnen und es somit zu fördern.
Die dialektisch-behaviorale Therapie wird nicht nur bei Borderline-Patienten eingesetzt sondern auch bei Patienten mit Essstörungen.

Die Therapie kann stationär oder auch ambulant erfolgen, in Einzeltherapie oder in einer Gruppentherapie. Zusätzlich gibt es eine Pharmakotherapie, die mit dem Einsatz von Medikamenten arbeitet.

Hierbei werden beispielsweise Neuroleptika oder Antidepressiva verabreicht um den Patienten einen leichteren Einstieg in die anstehende Therapie zu ermöglichen. Ansonsten ist der Einsatz von solchen Medikamenten bei Borderline-Patienten nicht zu empfehlen.

Wichtiger ist zunächst die Einzeltherapie.
Während dieser Zeit soll der Patient sich mit seinen Problemen auseinandersetzen und versuchen, diese zu beheben. Bei der Einzeltherapie ist es wichtig, dass Patient und Therapeut eine Vereinbarung treffen, in der sich der Patient verpflichtet, bestmöglich mitzuarbeiten und die Therapie nicht abzubrechen (dies ist bei Borderline-Patienten leider häufig der Fall) und der Therapeut verpflichtet sich wiederum, das ihm Mögliche zu tun, um dem Patienten zu helfen.

Der Patient sollte dann über einen gewissen Zeitpunkt ein Tagebuch führen in dem negative Ereignisse und suizidiale Gedanken festgehalten werden aber auch positive Erlebnisse.

Neben der Einzeltherapie sollte immer ein telefonischer Notdienst vorhanden sein da es während der Therapie zu Situationen kommen kann, in der kein Therapeut da ist und der Patient sich überfordert fühlt.

In diesen Momenten sollte die Möglichkeit bestehen, den Therapeuten oder eine andere Person, die sich mit der Borderline-Therapie auskennt, zu kontaktieren. Anschließend an die Einzeltherapie findet eine Gruppentherapie statt, die fünf Module enthält.

Dazu zählt zum einen die innere Achtsamkeit.
Hierbei geht es darum, dass der Patient das was er fühlt, beschreiben und realisieren kann. Fühlt sich der Patient glücklich, soll er dies zeigen können (beispielsweise durch ein Lächeln) und auch der Umgebung mitteilen können, fühlt er sich traurig soll er auch diese Empfindung verbalisieren und so weiter.

Das nächste Modul ist die sogenannte Stresstoleranz.
Hierbei geht es darum, dass der Patient in Stresssituationen nicht sofort emotional überreagiert sondern die Situation zunächst auf sich wirken lässt um dann realistisch darüber nachzudenken, ob die Situation nicht doch gut zu bewältigen ist.

Das dritte Modul beschäftigt sich mit dem Umgang von Gefühlen.
Hierbei geht es darum, dass der Patient die Gefühle, die in ihm hochkommen werden, einordnen kann. Er soll zwischen glücklich, hoffnungsvoll, sauer, traurig und allen weiteren Gefühlen differenzieren können.
Dies ermöglicht dem Patienten jede Situation und jede Emotion beherrschen zu können.

Das vierte Modul beschäftigt sich mit dem Aufbau eines sozialen Netzwerkes, also mit zwischenmenschlichen Fertigkeiten.
Hierbei soll der Patient lernen, wie man am besten auf Menschen zugeht, sich auf sie einlässt und auch einmal einen Rückschlag oder eine Enttäuschung erleiden kann, die aber aufgrund einer Freundschaft verziehen werden kann.
Hierbei ist es wichtig, dass der Patient lernt, dass er selber auch einmal im Hintergrund steht um dafür eine Freundschaft zu bewahren.

Das letzte Modul beschäftigt sich mit dem Selbstwert.
Der Patient muss lernen, dass er selber ein Mensch ist, den andere und vor allem er selber schätzen sollte. Dass er positive Gedanken über sich zulassen darf und dass er sich selber auch einmal etwas Gutes tun darf.

All diese Module sollten in der Gruppentherapie erarbeitet und verinnerlicht werden.

Lithium

Lithium zählt zu den Stimmungsstabilisierern (mood stabilizer). Diese Medikamentengruppe wird bei der Borderline Persönlichkeitsstörung im off label Use, also ohne dass die Medikamente offiziell für den Einsatz bei dieser Erkrankung zugelassen sind, eingesetzt.

Empirische Daten für die Wirksamkeit von Lithium bei Borderline-Patienten sind jedoch kaum vorhanden, nur in Einzelfällen scheint eine positive Wirkung möglich zu sein.

Für andere Stimmungsstabilisierer wie Lamotrigin, Valproat und Topiramat zeigten mehrere Studien einen positiven Effekt auf Impulsivität und Ärger, sodass diese häufiger eingesetzt werden.

Dauer der Therapie

Insgesamt dauert eine dialektisch behavioralen Therapie wenn sie stationär begleitet wird circa 12 Wochen.

Da sich an eine abgeschlossene Therapie jedoch meist ein wöchentliches Treffen mit dem Therapeuten oder in einer Hilfsgruppe anschließt, kann die Folgetherapie auch länger dauern.

Nach den 12 Wochen ist jedoch der stationäre Teil zunächst beendet.

Erfolg

Mithilfe der dialektisch behavioralen Therapie konnten moderate Erfolge erzielt werden. Da vor allem Patienten mit einem Borderline-Syndrom zum Abbruch der Therapie neigen, kann man davon ausgehen, dass die Patienten, die die Therapie beenden weitaus bessere Erfolge erzielen.

Festzuhalten ist, dass die dialektisch behaviorale Therapie weitaus die besten Erfolge auf diesem Gebiet erzielt. Weitere Therapieansätze, wie beispielsweise die konventionelle verhaltenstherapeutische Therapie haben keine so guten Langzeitergebnisse wie die dialektisch behaviorale Therapie.

Vor allem die Eingliederung in das Sozial- und Berufsleben scheint bei dem dialektisch behavioralen Ansatz am besten zu glücken.

Deshalb hat sich diese Therapieform auch als Goldstandard, also als beste Therapie auf diesem Gebiet, durchgesetzt.

Stationäre oder ambulante Therapie

Zu Beginn der dialektisch behavioralen Therapie wurde die Therapie ausschließlich ambulant durchgeführt.

Mittlerweile gibt es Kliniken, die auf Patienten mit dem Borderline-Syndrom spezialisiert sind und eine 12wöchige stationäre dialektisch behaviorale Therapie anbieten.

Dennoch folgt nach einer stationären Therapie immer auch eine ambulante Therapie da es wichtig ist, den Patienten in seinem gewohnten Umfeld zu begleiten und ihn in alltäglichen Situationen zu unterstützen.

Welche Therapie besser ist, muss jeder Patient individuell für sich entscheiden. Manchen Patienten tut es gut, zunächst völlig aus dem Alltag herausgeholt zu werden und stattdessen in eine stationäre Einrichtung zu gehen in der Tag und Nacht geschultes Personal zur Verfügung steht, sollte sich ein Problem ergeben.

Dennoch ist die ambulante Therapie sehr wichtig um dem Patienten wieder eine Tagesroutine und einen Alltagsleben zu ermöglichen.
Deshalb bieten sich ambulante Gruppentherapien nach einem stationären Aufenthalt besonders gut an da der Patient hier mit anderen Patienten über seine Erlebnisse und Gefühle offen reden kann.

Außerdem besteht nach einem stationären sowie nach einer ambulanten Therapie immer die Möglichkeit, den Telefonservice zu nutzen. Meist handelt es sich hierbei um den Therapeuten, der im Notfall (vor einem Suizidversuch oder bevor der Patient sich selber verletzt) angerufen werden kann.

Dies sollte jedoch nur genutzt werden wenn alle anderen erlernten Skills gescheitert sind.

Autor: Dr. med. Christoph Barthel Veröffentlicht: 09.09.2011 - Letzte Änderung: 22.10.2021