Stimmungsschwankungen

Einleitung

Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt – Stimmungsschwankungen hat wohl schon jeder einmal in seinem Leben erlebt. Diese sind jedoch zumeist nicht gefährlich, sondern gehören zum menschlichen Leben dazu. Behandlungsbedürftig sind sie nur in extremer Form. Zu beachten dabei ist, dass die Übergänge zwischen normal und krankhaft fließend sein können, worauf insbesondere in der Diagnostik zu achten ist.

Symptome

Stimmungsschwankungen sind von uns selbst oder von anderen wahrnehmbare oder messbare Änderungen der gefühlten Grundstimmmung – sie können sowohl freudiger als auch niedergedrückter Natur sein und jede Gefühlslage abdecken.
Einfache Stimmungsschwankungen können im Verlauf eines Tages auftreten und gehören zu unserem Leben dazu. Insbesondere Frauen sind dazu noch häufiger von ihnen betroffen, da in bestimmten Lebenslagen durch hormonelle Umstellung die Stimmung beeinflusst wird.
Stimmungsschwankungen können in der Pubertät, vor der Regelblutung und innerhalb der Schwangerschaft auftreten. Sie sind gekennzeichnet durch eine schnell wechselnde Stimmungslage, oft ohne erkennbaren Auslöser. Erst wenn die Stimmung unangemessen stark oder unpassend wird und im schnellen Wechsel umschlägt, sind diese Schwankungen von medizinscher Bedeutung. Sie sind klar von normalen „Launen“ abzugrenzen – sie werden von den Betroffene intensiver erlebt und treten häufiger auf. Häufig sind diese Schwankungen durch psychiatrische Krankheiten bedingt.

Stimmungsschwankungen können zum Beispiel im Rahmen einer bipolaren Störung oder einer krankhaften Abhängigkeit von Drogen oder Alkohol auftreten. Aber auch organische Gründe, wie zum Beispiel ein durch eine Krankheit veränderter Hormonhaushalt, können Stimmungsschwankungen auslösen. Bestes Beispiel ist hier die Überfunktion der Schilddrüse.

Ursache

Oft ist eine Störung oder Umstellung im Hormonhaushalt die zugrunde liegende Ursache für die Stimmungsschwankungen. Diese können unter anderem in folgenden Lebensbereichen auftreten:

  • Pubertät: Während der Pubertät durchläuft der Körper unter anderem auch eine hormonelle Umstellung. Der Körper verändert sich, die sekundären Geschlechtsmerkmale prägen sich aus und Mädchen erleben die erste Regelblutung. All dies hängt eng zusammen mit dem sich ebenfalls verändernden Hormonhaushalt und kann zu Gereiztheit und Stimmungsschwankungen führen.
  • Menstruationszyklus: Manche Frauen erleben kurz vor Eintritt ihrer monatlichen Regelblutung Stimmungsschwankungen. Insbesondere treten diese in Zusammenhang mit PMS (Prämenstruellem Syndrom) auf. Dies hängt mit der veränderten Hormonzusammensetzung im Körper zusammen, die bei Frauen die Regelblutung regulieren.
  • Schwangerschaft und Wochenbett: Insbesondere zu Beginn der Schwangerschaft leiden einige Schwangere unter Stimmungsschwankungen jedoch nicht alle.
    Auch dies hängt mit den Veränderungen im Hormonhaushalt zusammen, da das Hormon Östrogen bei Schwangeren nicht wie sonst üblich von bestimmten Zellen der Eierstöcke produziert wird, sondern von dem Mutterkuchen (Plazenta).
    Hinzu kommt die veränderte Lebenssituation, die zusätzliche psychologischen Stress verursachen und die Stimmung beeinflussen kann.
    Lesen Sie hierzu mehr unter: Schwangerschaftsdepression
    Nach der Geburt erleben die frischgebackenen Mütter oft einen sogenannten „Baby-Blues“. Durch die plötzliche hormonelle Rückumstellung nach der Geburt und die neuen Lebensumstände können die Frauen in eine psychische Stresssituation geraten, die sich durch Stimmungsschwankungen, Überempfindlichkeit oder Appetitlosigkeit auszeichnet.
    Lesen Sie hierzu mehr unter: Wochenbettdepression
  • Wechseljahre: Auch im Zuge der Wechseljahre treten insbesondere am Anfang hormonelle Veränderungen auf, die zu Stimmungsschwankungen führen können.
  • Eine weitere organische Ursache ist die Schilddrüsenüberfunktion
  • Auch organische Veränderungen des Gehirns können Stimmungsschwankungen auslösen. Dies kann im Zusammenhang mit Demenz, Morbus Alzheimer und Schädel-Hirn-Trauma auftreten. Dabei kann die Affektkontrolle gestört sein, was sich auch in gewalttätigen Stimmungen bemerkbar machen kann. Als Affektkontrolle bezeichnet man die Fähigkeit von Menschen, unangenehme oder negative Emotionen, die mit bestimmten Ereignissen oder Erfahrungen oder durch die Auseinandersetzung mit diesen ausgelöst werden, zu kontrollieren und zu verarbeiten.
    Im besten Falle steht am Ende die Einverleibung der Emotion in dasSelbst”.
  • Es gibt mehrere Studien die einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Lithium durch Essen und Trinken und Wachstum sowie Entwicklung in Tieren und psychologischen Problemen beim Menschen anzeigen. Daraus kann gefolgert werden, dass Lithium ein wichtiger Faktor bei der Emotionskontrolle darstellt und es bei einem Mangel daran zu Stimmungsschwankungen kommen kann.

Stimmungsschwankungen können jedoch auch durch eine psychische Krankheit, wie zum Beispiel eine bipolare Störung, ausgelöst werden. Hierbei wird ein Zusammenhang zwischen genetischen und umweltbedingten Faktoren wie z.B. Lebensumstände und stressauslösende Lebensereignisse vermutet. Auch können Stimmungsschwankungen auf ein zugrunde liegendes psychisches Problem hinweisen.
So können zum Beispiel nicht überwundene Lebensereignisse wie z.B. der Verlust einer nahestehenden Person oder des Arbeitsplatzes etc. eine psychische Erkrankung auslösen, die auch Stimmungsschwankungen miteinbeziehen kann. Traumatisierende Ereignisse wie z.B. sexueller Missbrauch können ebenfalls dazu führen.

Stimmungsschwankungen treten insbesondere im Zusammenhang mit folgenden psychiatrischen Krankheiten auf:

  • Bipolare Störung: Eine bipolare Störung ist durch wechselnde Hoch- und Tiefphasen in der Stimmmung gekennzeichnet, die grundlos auftreten und die Betroffenen schwer belasten können.
  • Borderline-Syndrom: Das Borderline-Syndrom ist gekennzeichnet durch impulsives Verhalten und eine gestörte Impulskontrolle. Emotionen werden oft in übertriebenem Maße empfunden und nach außen getragen und es kommt oft zu Stimmungsschwankungen. Für Borderline-Patienten ist es schwierig eine Beziehung zu anderen Menschen aufrecht zu erhalten, sie haben ein gestörtes und unangemessen negatives Selbstbild und verfügen über wenig Selbstwertgefühl.
  • Schizophrenie: Dies umfasst einen Formenkreis an Symptomen, die hauptsächlich durch paranoide Wahnvorstellungen und Halluzinationen, wie z.B. das Hören von Stimmen, gekennzeichnet sind. Im akuten Anfall treten Denk- und Wahrnehmungsstörungen auf, die zu Sprachauffälligkeiten und sich selbst und andere gefährdenden Verhaltensweisen führen können.
  • Schizoaffektive Störungen: Diese bezeichnet eine Mischform aus Schizophrenie und bipolarer Störung. Gekennzeichnet ist sie durch abwechselnde stark negative oder stark positive Stimmungen sowie Wahnvorstellung und Halluzinationen
  • ADHS: Eine oftmals erstmals im Kindes- oder Jugendalter auftretende psychiatrische Störung, die durch verminderte Aufmerksamkeit, Eine starke körperliche Unruhe kann ebenfalls auftreten.
  • Nicht zuletzt kann auch die Einnahme von Drogen oder Alkohol das Gehirn beeinflussen und Stimmungsschwankungen verursachen. Insbesondere während des Drogenentzugs kann es vermehrt zu Stimmungsschwankungen kommen. Auch Medikamente können bisweilen als unerwünschte Nebenwirkung Stimmungsschwankungen auslösen.

Therapie

Da Stimmungsschwankungen vielerlei Ursachen haben können, ist eine Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung am vielversprechendsten. Nicht jede Art der Stimmungsschwankungen ist zudem behandlungsbedürftig.
Sind diese auf bestimmte Lebensbereiche bzw. –abschnitte begrenzt, wie z.B. in der Pubertät oder bei einer Schwangerschaftsdepression, ist eine Behandlung nicht notwendig. Sind die Stimmungsschwankungen jedoch im Besonderen ausgeprägt oder immer wiederkehrend, sollte eine Therapie erfolgen.

Treten Stimmungsschwankungen im Rahmen einer psychiatrischen Krankheit wie zum Beispiel einer bipolaren Störung auf, ist meist eine medikamentöse Therapie erforderlich.
In diesem Falle werden meist Antidepressiva verordnet, die in den Gehirnstoffwechsel eingreifen und die Stimmung beeinflussen. Wichtige biologische Botenstoffe des Gehirns, die hierbei eine Rolle spielen, sind Serotonin und Dopamin.
Ein anderes Mittel ist Lithium, das die Stimmung stabilisiert und insbesondere bei schweren psychisch bedingten Stimmungsschwankungen eingesetzt wird. Die genaue Wirkweise von Lithium ist wissenschaftlich noch nicht endgültig geklärt.

Nicht zuletzt sollte bei einer psychisch bedingten Ursache auch immer mögliche zugrundeliegende Probleme und Verarbeitungsschwierigkeiten von in der Vergangenheit liegenden Ereignissen miteinbezogen und psychologische Hilfe gesucht werden. Die Therapie richtet sich dabei immer nach dem Schweregrad und der Ausprägung der zu Grunde liegenden psychischen Erkrankung. Gewählte Verfahren können eine tiefenpsychologische Gesprächstherapie, eine Verhaltenstherapie, eine Psychoanalyse oder eine Beschäftigungstherapie sein.
Gerade wenn mögliche traumatische Erlebnisse im Leben des Betroffenen, wie z.B. sexueller Missbrauch, als Ursache für die Stimmungsschwankungen wahrscheinlich scheinen, ist eine begleitende psychologische Therapie zu empfehlen.

Sind organische Ursachen verantwortlich für die Stimmungsschwankungen, wie zum Beispiel bei einer Überfunktion der Schilddrüse, muss eine grundlegende Therapie dieser Erkrankung erfolgen. Im Falle der Schilddrüse wären dies bestimmte Medikamente, eine Operation oder eine Radiojodtherapie.

Diagnose

Stimmungsschwankungen können psychiatrischer Ursache sein, aber auch durch körperliche Vorgänge, wie zum Beispiel eine Veränderung im Hormonhaushalt, bedingt werden. Daher ist eine ausführliche Diagnostik wichtig, um die Therapie der entsprechenden Ursache anpassen zu können. Die notwendigen Untersuchungen können sowohl körperliche als auch psychologische Faktoren umfassen.

Prognose

Die Prognose hängt stark von dem zu Grunde liegenden Krankheitsbild ab. Eine allumfassende Aussage darüber zu treffen ist daher schwierig. Auf lange Sicht ist die Prognose von Stimmungsschwankungen durchaus günstig, auch wenn es akut zu lebensbedrohlichen Situationen kommen kann, insbesondere wenn Stimmungsschwankungen im Zuge einer psychiatrischen Krankheit auftreten.

Prophylaxe

Da ein Fehlen von Lithium im Körper als einer der Ursachen von Stimmungsschwankungen angenommen wird, gibt es Überlegungen, Lithium dem Körper prophylaktisch über längere Zeit zuzuführen.
Dazu gibt es allerdings noch keine Forschungslage, die aussagekräftig genug wäre und diese Maßnahme belegen könnte. Auch der vorbeugende Einsatz von Meditationen und Entspannungsübungen wird diskutiert. Generell ist eine Früherkennung und eine frühe und erfolgreiche Therapie eine wichtige Voraussetzung für eine gute Prognose. Bei als stark empfundenen Stimmungsschwankungen ist es daher anzuraten, sich von einem Arzt beraten zu lassen.

Weiterführende Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 26.06.2015 - Letzte Änderung: 22.10.2021