Die Quadrizepssehnenruptur

Was ist eine Quadrizepssehnenruptur?

Eine Quadrizepssehnenruptur ist eine „Erkrankung“ des großen Oberschenkelmuskels auf der Oberschenkelvorderseite. Der Musculus Quadriceps selbst ist ein Muskel, der aus insgesamt vier Muskelbäuchen besteht und ist hauptverantwortlich für eine Beugung im Hüftgelenk.
Befestigt ist der Muskel dabei mithilfe von Sehnen an der Kniescheibe und dem Unterschenkel sowie am Hüftknochen. Eine Quadrizepssehnenruptur ist dementsprechend ein Riss in den Befestigungssehnen des Muskels. Dieser Riss kann dabei die gesamte Sehne betreffen oder nur einen Teil.

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Die möglichen Ursachen

Die Ursachen für eine Sehnenruptur lassen sich im groben und ganzen in zwei Kategorien einordnen. Zum einen können Sehnenrupturen infolge von plötzlich auftretenden Überbelastungen zustande kommen oder aber als Ermüdungserscheinung auftreten. Hauptfaktor für zweitere Variante ist zum einen das Alter der Patienten oder eine Erkrankung des Sehnengewebes im Allgemeinen.
Rupturen durch Überbelastung kommen oftmals im Zusammenhang mit sportlichen Belastungen zustande. Auch wenn eine solche Verletzung deutlich seltener als andere Sportverletzungen sind, kann sie beim intensiven Krafttraining auftreten.

Der Unfall als mögliche Ursache

Eine Quadrizepssehnenruptur in Kombination mit einem Unfall kann entweder als direkte Konsequenz des Unfalls folgen oder der Unfall kann eine Überbelastung erzeugen, die als Konsequenz eine Ruptur herbeiführen kann.

In aller Regel reißt die Sehne des Quadrizeps in der Nähe des Ansatzpunktes an der Kniescheibe bzw. des Unterschenkels. Befindet sich der Muskel in leichter Dehnung, kann ein starker Schlag oder eine Einklemmung zu einem Riss führen. Hat der Riss einen Ansatzpunkt an der Sehne gefunden, kann dieser sich quer zur Sehne ausbreiten.
Führt der Unfall hingegen zur Einklemmung des Unterschenkels und lastet das restliche Körpergewicht auf der Muskelkraft des Quadriceps, kann es nach längerer Belastung zum „Ermüdungsriss“ der Sehne kommen.

Symptome einer Quadrizepssehnenruptur

Eine Quadrizepssehnenruptur ist zu aller erst ein schmerzhaftes Ereignis. Da die Sehne in aller Regel an ihrem Ansatzpunkt an der Kniescheibe reißt, ist der Schmerz auch hier besonders intensiv. Weiterhin tendiert der Muskel bei einer kompletten Ruptur dazu, sich stärker zusammenzuziehen, als es bei gestrecktem Bein und gebeugter Hüfte der Fall wäre. Der betroffene Oberschenkel wirkt im Vergleich zur Gegenseite dadurch dicker und man sieht, dass der Muskelbauch nach oben gerutscht ist.

Ist die Sehne nur inkomplett gerissen, kann man dort eine Lücke auf der Oberschenkelvorderseite fühlen. Weitere Symptome sind eine Kraftminderung bei der Beinstreckung bzw. starke Schmerzen beim Versuch, das Bein in Streckung zu bringen.

Erfahren Sie hier mehr zum Thema: Schmerzen im Oberschenkel.

Die Eindellung als Symptom

Eine Delle im eigentlichen Muskel lässt sich bei einer Sehnenruptur wohl eher nicht finden. Vielmehr ist es eine Lücke im Sehnenverlauf, die sich beim Ertasten der Sehne feststellen lässt. Bedingt ist diese dadurch, dass der Muskel und damit auch die an ihm befestigte Sehne das Bestreben hat, sich zusammenzuziehen. Diese Lücke entsteht jedoch nur bei einem inkompletten Riss der Sehne.
Sollte die Sehne hingegen komplett reißen, rutscht der gesamte Muskel am Oberschenkel nach oben Richtung Hüfte. Dadurch verliert der Muskel seine langgestreckte Form und nimmt ein etwas kugeligeres Aussehen an.

Das Hämatom als Symptom

Ein Hämatom bzw. Bluterguss ist immer ein Hinweis darauf, dass ein Blutgefäß mit verletzt wurde, aus dem das Blut in das Gewebe eindringt und hier für die Entstehung des Hämatoms sorgt. Dabei hat der Bluterguss den Vorteil, dass das angesammelte Blut irgendwann so viel ist, dass es selbst Druck auf die Gefäßverletzung ausübt und die Blutung dadurch stoppt.

Da auch die Muskelsehnen, sowie der Muskel selbst von Blutgefäßen umgeben sind, führt eine Sehnenruptur in aller Regel auch zur Entstehung eines Hämatoms. Da es sich dabei meist um eine größere Einblutung handelt, dauert der „Abbau“ des Hämatoms zumeist mehrere Wochen. Es empfiehlt sich also, so schnell wie möglich nach der Ruptur Druck auf die Stelle auszuüben, um die Einblutung zu begrenzen.

Wie behandelt man einen Bluterguss? Lesen Sie hier weiter. 

Schmerzen als Symptom

Die Schmerzen einer Quadrizepssehnenruptur sind sehr eindrücklich und wohl von nahezu unverwechselbarem Charakter. Aus einer zuvor bestehenden starken Belastung des Musculus quadriceps kommt es ruckartig zu einem Kraftverlust, der mit einem spitzen, einschießenden Schmerz verbunden ist.
In aller Regel setzt sich dieser Schmerz dann als dumpfer, drückender Schmerz fort, wenn es zur Ausbildung eines Hämatoms kommt. Beim Versuch, das Knie danach wieder zu strecken, können spitze Schmerzen wieder dazu kommen, die durch die gerissenen Sehne entstehen. 

Lesen Sie auch den Artikel: Schmerzen am vorderen Oberschenkel

Der Funktionsverlust als Symptom

Auch beim Funktionsverlust kann man einen kompletten von einem inkompletten Funktionsverlust unterscheiden. Da der Musculus quadriceps in seiner Funktion hauptverantwortlich für die Kniestreckung und zum Teil mitverantwortlich für die Hüftbeugung ist, werden diese Bewegungen als Funktionstests für den Muskel angesehen.

Bei einer kompletten Sehnenruptur ist es dem Betroffenen also nicht mehr möglich, sein Knie zu strecken. Beim Versuch, die Hüfte gegen einen Widerstand zu beugen zeigt sich dann auf der betroffenen Seite eine spürbare Kraftminderung.
Bei einem Teilriss der Quadrizepssehne, kommt es hingegen zu einem Kraftverlust, wenn das Knie gegen einen Widerstand am Schienbein gestreckt werden soll. In der Hüftbeugung zeigen sich bei einem Teilriss hingegen kaum Minderungen der Kraft.

Die Diagnose

Eine letztlich gesicherte Diagnose liefert für den behandelnden Arzt das MRT. Dieses ist in der Lage, die Weichteilstrukturen des Körpers so genau abzubilden, dass sich die gerissene Sehne darstellen lässt. Außerdem ist davon auszugehen, dass die vorherige Anamnese und körperliche Untersuchung bereits kaum eine andere Möglichkeit zulassen werden.

Neben einer typischen Entstehungssituation durch eine Überbelastung, sind es der Blick auf den Oberschenkel im Seitenvergleich und die Angaben des Patienten zum Unfallhergang sowie zu den plötzlich einschießenden Schmerzen und dem entstandenen Funktionsverlust. Ein Hämatom an der Oberschenkel-Vorderseite knapp oberhalb des Knies passt ebenfalls sehr gut ins Bild einer Quadrizepssehnenruptur.

Diese Anhaltspunkte reichen in aller Regel als Anhaltspunkte aus, sodass das MRT lediglich als finale Kontrolle dient.

Das MRT vom Oberschenkel

Das MRT des Oberschenkels dient wie bereits angedeutet als Beweis für das Vorliegen einer Sehnenruptur, weil es in der Lage ist, Weichteilgewebe besonders gut darzustellen. Rupturen lassen sich somit sehr gut erkennen.

Verglichen mit dem CT ergeben sich für die Frage nach einer Sehnenruptur zwei wesentliche Vorteile. Zum einen ist das MRT in der Lage, Weichteilgewebe wesentlich detailreicher darzustellen, was in der Aufnahmetechnik begründet ist. Während das CT mit Röntgenstrahlen arbeitet und somit die unterschiedlichen Dichten von Materialien erfasst, arbeitet das MRT mit einer Technologie, die in der Lage ist, den unterschiedlichen Wassergehalt von Materie zu detektieren. Dabei wird keine Röntgenstrahlung gebraucht, weshalb das MRT quasi keine Strahlenbelastung für den menschlichen Körper produziert.

Der Nachteil des MRTs besteht jedoch darin, dass die eigentliche Untersuchung an sich wesentlich länger dauert. Eine Untersuchung des Oberschenkels liegt dabei im Bereich von ca. 5 Minuten.
Bei der Untersuchung sollte der Betroffene seinen Oberschenkel möglichst ruhig halten, um die Bildschärfe nicht zu mindern.

Mehr allgemeine Informationen zum Thema MRT können Sie hier finden. 

Die konservative Behandlung

Eine konservative Behandlung kann bei inkompletten Sehnenrupturen angezeigt sein. Dabei wird der Patient nach dem Akutereignis lediglich mit Schmerzmitteln versorgt und man versucht, das entstandene Hämatom schnellstmöglich wieder zu beseitigen. Steht jedoch der Wunsch nach erhöhter sportlicher Betätigung, sollte auch die inkomplette Ruptur operativ versorgt werden.

Eine komplette Ruptur wird hingegen immer operativ versorgt – eine Ausnahme können hier nur Personen darstellen, denen eine solche Operation aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr zuzumuten ist oder Leute, die nicht unbedingt auf eine aktive Streckung des Knies angewiesen sind. Die Betroffenen können danach ihr Bein wieder bewegen. Zwar bleibt eine Kraftminderung bei der Kniestreckung erhalten, jedoch können die Betroffenen ihren Alltag normal bewältigen und weisen auch kein gestörtes Gangbild auf.

Die Bandage / Orthese

Eine Orthese ist besonders in der Nachsorge einer Sehnenruptur wichtig, um eine Überdehnung bzw. Überbeanspruchung der zusammengenähten Sehne zu vermeiden. Eine Orthese ist dabei eine Art Führungskäfig für das Kniegelenk. Sie erstreckt sich über Oberschenkel und Unterschenkel und hilft dabei, das Knie in einem festen Winkel zu halten. Dadurch wird eine zu starke Beugung des Knies verhindert, was eine erneute  Ruptur begünstigen könnte.

Je nach Orthesenmodell lässt sich der Beugungswinkel des Knies einstellen, um die Sehne schrittweise an die Beugung zu gewöhnen. Der Winkel wird dann in wöchentlichen oder zwei-wöchentlichen Abständen vergrößert, bis eine annähernd präoperative Beweglichkeit erreicht ist.
Eine Bandage kann in der Folgezeit die Stabilität des Knies etwas erhöhen. Sie kann beispielsweise beim Sport getragen werden und sorgt nebst der leichten stabilisierenden Wirkung vor allem dafür, dass die Betroffenen ein Schutzgefühl haben - dient also mindestens genauso als psychologischer Schutzfaktor.

Weitere Informationen zum Thema Knieorthese finden Sie hier. 

Wann braucht man eine OP?

Eine Operation ist bei jeder kompletten Quadrizepssehnenruptur notwendig. Sie ist die einzige Möglichkeit, dem Muskel seine Funktion wieder zurück zu geben. Je nachdem, an welcher Stelle die Sehne dabei durchrissen ist, kommen unterschiedliche Befestigungspunkte bzw. Operationsverfahren zum Einsatz.

Aber auch bei einer inkompletten Quadrizepssehnenruptur kann eine Operation angezeigt sein. Dies ist abhängig von der Verfassung des Patienten und den Beanspruchungen, denen das Knie nach der Operation wieder ausgesetzt werden soll.

Die OP

Die Operation der gerissenen Sehne sollte zeitnah zur Ruptur erfolgen, da die beiden Sehenanteile mit zunehmender Zeit auch immer weiter auseinanderdriften. Je länger gewartet wird, desto schwieriger die Operation und desto unbefriedigender auch das Ergebnis.

Bei der Operation werden die beiden Sehnenanteile wieder miteinander vernäht. Um die Stabilität zu erhöhen, können die Fäden beispielsweise durch extra angelegte Löcher in der Kniescheibe geführt werden. Weitere Möglichkeiten, um zusätzliche Stabilität zu gewinnen, ist die Verwendung von Sehnenmaterial aus dem eigenen Körper. Hierfür kann der zum Beispiel der Musculus semitendinosus, der auf der Oberschenkelrückseite verläuft, herangezogen werden. Eine weitere Möglichkeit wäre der Gebrauch von Sehnenmaterial aus der Wadenmuskulatur.

Insgesamt ist die Operation ein Eingriff, der tendenziell eher weniger komplikationsbehaftet ist als andere Operationen. Studien zeigten hier keine signifikanten Erhöhungen von Infektionen oder Thrombosen.

Die Nachbehandlung

Die Nachbehandlung gestaltet sich in den ersten Wochen nach der Operation bzw. nach der Ruptur sehr ruhig. Mithilfe einer Orthese oder einer Schiene wird das Kniegelenk ruhiggestellt, um den Sehnenanteilen die Möglichkeit zu geben, wieder zusammenzuwachsen. Nach einer Operation werden hierfür in aller Regel vier, bei einer konservativen Behandlung sechs Wochen empfohlen.
Danach sollte mithilfe physiotherapeutischer Unterstützung langsam wieder damit begonnen werden, den Muskel und die Sehne zu belasten. Wichtig ist es, das Knie langsam wieder an den vollen Bewegungsumfang und die volle Belastbarkeit zu gewöhnen und in dieser Hinsicht nichts zu überstürzen. Auch trotz Operation ist die Sehne in der Folgezeit noch sehr verletzungsanfällig.

Informieren Sie sich hier zum Thema: Knieorthese.

Die Heilungsdauer

Die Heilungsdauer einer Quadrizepssehnenruptur ist wie bei allen sportlichen Verletzungen in großem Ausmaß abhängig von der Mitarbeit des Patienten. Wie sehr hält dieser sich an die Vorgaben des Arztes; kann er mit der erneuten Belastung wirklich ausreichend lange genug warten, um das „Zusammenwachsen“ nicht zu stören?

Weiterhin stellt sich die Frage, was Heilung in diesem Zusammenhang bedeutet. Geht es um die Zeit, bis die Sehnenstücke wieder miteinander verheilt sind und man die Sehne wieder vorsichtig belasten darf oder versteht man unter Heilung das Herstellen der vollkommenen Funktionsfähigkeit, wie vor der Sehnenruptur.
Bei ersterer Annahme kann von ca. 5 bis 8 Wochen Dauer ausgegangen werden. Bis ein Zustand wie vor der Verletzung erreicht ist, vergehen in aller Regel mehr als drei Monate.

Wann darf man wieder Sport machen?

Auch diese Frage ist pauschal nur schwer zu beantworten und hängt natürlich damit zusammen, um welchen Sport es sich handelt, bzw. in welcher Intensität dieser ausgeführt werden soll.

Für Sportarten mit geringer Belastung für die Oberschenkelmuskulatur gilt, dass dieser nach ca. 3 Monaten wieder ausgeübt werden kann. Für Sportarten mit stärkeren Belastungen für die Oberschenkelmuskulatur gilt, dass sich langsam wieder an die Belastung herangetastet werden muss. Im Idealfall kann hier zusammen mit einem Physiotherapeuten gearbeitet werden, der den Rehabilitationsprozess begleiten kann.
Sportlern mit extremer Belastung der Oberschenkelmuskulatur würde man jedoch von der Fortführung abraten. Hierzu zählen beispielsweise Gewichtheber (die Lasten über 200 Kilogramm stemmen).

Weiterführende Information

Mehr Informationen zum Thema Quadrizeps finden Sie hier:

Eine Übersicht aller Themen der Orthopädie finden Sie hier: Orthopädie A-Z

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 04.02.2019 - Letzte Änderung: 21.07.2023