Veränderung der Blutwerte bei einer Leberzirrhose

Die Leberzirrhose ist ein hochkomplexes Krankheitsbild, welches mit zahlreichen Folgeerkrankungen, Symptomen und Schwierigkeiten einhergehen kann. Letztendlich münden alle chronischen Erkrankungen des Lebergewebes ohne Behandlung oder Beseitigung der Ursachen in einem Umbau der Leberzellen und einer Zirrhose.

Die Leberzirrhose schränkt mit der Zeit sämtliche Leberfunktionen ein und ist dadurch ein lebensbedrohliches und unbehandelt tödlich verlaufendes Krankheitsbild. Die Blutwerte können neben der eindeutigen klinischen Zeichen und Symptome wichtige Anhaltspunkte für das Vorliegen und die Ausprägung der Leberzirrhose und ihrer Folgeerkrankungen liefern.

An diesen Blutwerten erkennt man eine Leberzirrhose

Die Leberzirrhose ist eine chronische und nicht heilbare Erkrankung, die mit der Zeit voranschreitet und eine zunehmende Einschränkung der Leberfunktion zur Folge hat. Die Leber übernimmt überlebenswichtige Filterfunktionen, aber auch die Produktion wesentlicher notwendiger Stoffe des Körpers.

Ein erster Indikator für einen beginnenden Schaden des Lebergewebes stellen die umgangssprachlich als „Leberwerte“ bezeichneten Transaminasen dar. Hierbei handelt es sich um Enzyme der Leber, die bei Zellschädigungen in das Blut gelangen und dort gemessen werden können. Weiterhin können durch den Leberschaden auch Enzyme der Gallenwege im Blut gemessen werden, die ebenfalls unspezifisch auf Lebererkrankungen hindeuten.

Zunächst kann die Leber die eingeschränkte Funktion gut kompensieren, sodass keine weiteren Symptome und Blutwerte bemerkt werden. Erst bei einer Zirrhose des Großteils der Leber treten merkliche Veränderungen auf, die auf eine eingeschränkte Filterleistung sowie eine eingeschränkte Produktion der in der Leber hergestellten Moleküle zurückzuführen ist.

Die wichtigsten und überlebensrelevanten Veränderungen treten in der Entgiftung von Stoffen wie Ammoniak, der Gerinnungsfunktion des Blutes, der Eiweißproduktion und der Produktion der Blutzellen und Blutplättchen auf. Diese Fehlfunktionen lassen sich anhand der Blutwerte diagnostizieren und im Verlauf überprüfen.

Informieren Sie sich hier über die verschiedenen Stadien einer Leberzirrhose.

Die Gerinnungswerte

Die Blutgerinnung ist ein lebensnotwendiges und komplexes System aus zahlreichen Zellen, Botenstoffen, sogenannten „Gerinnungsfaktoren“ und den Blutplättchen. Die Leberfunktion ist für die Aufrechterhaltung dieses funktionierenden Systems von hoher Bedeutung.

Bei Einschränkung der Blutgerinnung durch die Leberzirrhose können schwere unstillbare Blutungen auftreten. Durch zusätzliche Bildung schwerer Gefäßveränderungen im Laufe einer Leberzirrhose können als wichtige Komplikation lebensbedrohliche Blutungen entstehen. Die Leberfunktion nimmt dabei vor allem wesentliche Einflüsse auf die Produktion der Gerinnungsfaktoren. Sie kann aber auch über eine begleitende Fehlfunktion der Milz zu Störungen der Blutplättchen führen und somit über zwei Wege die Blutgerinnung schwächen.

Typische Blutwerte, die das Ausmaß der Gerinnungsstörung erfassen, sind der sogenannte „Quick-Wert“ und der „INR-Wert“. Die Anzahl der Thrombozyten, der Blutplättchen, kann ebenfalls als Laborwert erfasst werden. In der Notfalltherapie bei schweren Blutungen und fortgeschrittenen Leberschädigungen können die Mängel symptomatisch über die Transfusion von Blutplättchen und Blutplasma behandelt werden.

Die Symptome einer Leberzirrhose? Erfahren Sie hier mehr zu diesemm Thema.

Die Leberwerte

Die sogenannten Leberwerte stellen ein frühes diagnostisches Mittel bei Leberschäden sämtlicher Art dar. Bei den Leberwerten handelt es sich um verschiedene Stoffe und Enzyme, die sich normalerweise innerhalb der Leberzellen oder Zellen der Gallenwege befinden und erst durch eine Schädigung des Gewebes freigesetzt und im Blut vermehrt zu finden sind.

Eine Erhöhung dieser Leberwerte bedeutet jedoch keineswegs, dass eine Leberzirrhose vorliegt. Auch harmlose Leberschäden können auffällige Leberwerte hervorrufen. Typisch sind wiederholter Alkoholkonsum, Leberentzündungen sowie die Fettleber als Ursache der hohen Leberwerte. Dabei handelt es sich jedoch um prinzipiell heilbare Krankheitsbilder.

Gleichzeitig sprechen die Leberwerte für eine akut stattfindende Schädigung der Leberzellen. So können die Leberwerte auch bei einer vorliegenden Leberzirrhose im Normbereich sein, wenn die Erkrankung aktuell nicht fortschreitet und die Krankheitsaktivität gering ist.

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Das Bilirubin

Bilirubin ist ein Abbauprodukt des Hämoglobins, welches sich in den roten Blutkörperchen befindet und für den Sauerstofftransport des Blutes verantwortlich ist. Bilirubin fällt bei zahlreichen Stoffwechselprozessen an und eine Erhöhung des Bilirubins kann eine Vielzahl an Ursachen besitzen.

Normalerweise gelangt das beim Abbau von Blutkörperchen entstehende Bilirubin in die Leber, wo es diverse Stoffwechselprozesse durchläuft und anschließend mit der Galle in den Darm ausgeschieden wird. Kommt es zu einem extrem hohen Abbau von roten Blutkörperchen, einer Leberschädigung oder einem Gallestau zwischen Leber und Darm, können sich die Bilirubinwerte im Blut erhöhen. Bei Leberschädigungen können große Mengen des Bilirubins in das Blut gelangen und die typische Gelbsucht an den Augen oder der Haut verursachen. Hierbei handelt es sich jedoch keineswegs um einen spezifischen Blutwert, da zahlreiche andere Ursachen hinter der Bilirubinerhöhung stecken können.

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Das Albumin

Albumin ist ein wichtiges Protein des menschlichen Körpers, das zusammen mit anderen Eiweißen im Blut zahlreiche Funktionen übernimmt. Eine seiner wichtigsten Aufgaben ist die Aufrechterhaltung des sogenannten „kolloidosmotischen Druckes“ im Blut. Es bewirkt eine Löslichkeit bestimmter schwer löslicher Stoffe und sorgt im Blut über verschiedene Prozesse dafür, dass Flüssigkeit innerhalb der Gefäße verbleibt und nicht in umliegende Gewebe durch die Gefäßwände übertritt.

Das Albumin wird überwiegend in der Leber mit zahlreichen anderen wichtigen Proteinen produziert, weshalb es bei einer fortgeschrittenen Leberschädigung zu erheblichen Albuminmängeln kommt. In der Folge entstehen an ungewöhnlichen Orten im Körper Wassereinlagerungen, die gravierende Ausmaße annehmen können. Typisch ist die Entstehung von Bauchwasser als Folge des Albuminmangels. Innerhalb des Bauchraumes können sich dabei etliche Liter Wasser ansammeln und Folgebeschwerden hervorrufen.

Abfall der Blutplättchen

Die Blutplättchen, in der Fachsprache auch „Thrombozyten“ genannt, stellen eine wichtige Form von Zellen im Blutbild dar. Ihre wichtigste Funktion nehmen die Thrombozyten in der Blutgerinnung ein. Sie sind für die erste Phase der Blutstillung durch eine Aneinanderheftung der Zellen mit erstem Verschluss der Wunde verantwortlich. Ein Mangel an Blutplättchen kann folglich zu schweren und unstillbaren Blutungen führen.

Auffällig wird ein Mangel jedoch häufig zunächst durch kleine punktförmige Einblutungen unter der Haut, sogenannte „Petechien“. Auch wenn die Blutplättchen im Knochenmark produziert werden, sind sie von der Leberfunktion abhängig.

Durch eine im Rahmen der Leberzirrhose gesteigerte Funktion der Milz werden die Thrombozyten vermehrt abgebaut, wodurch ihr Wert im Blut absinkt. Auch hierbei handelt es sich zwar um ein typisches, jedoch sehr unspezifisches Symptom der Leberzirrhose, da erniedrigte Blutplättchen auf zahlreiche Ursachen zurückgeführt werden können.

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Abfall der weißen Blutkörperchen

Die weißen Blutkörperchen umfassen eine Reihe von Zellen des Blutes, die maßgeblich an der Funktion des Immunsystems beteiligt sind. Die wichtigsten Vertreter sind die Granulozyten und die Lymphozyten. Mithilfe eines sogenannten „Differentialblutbildes“ kann weiter unterschieden werden, welche der weißen Blutkörperchen relativ erhöht oder erniedrigt sind, was weitere Schlüsse auf die Ursache zulässt.

Im Rahmen der Leberzirrhose entsteht der Mangel der weißen Blutkörperchen auch durch eine Überfunktion der Milz. Die Überfunktion entsteht als direkte Folge des Leberschadens und bewirkt einen Abbau verschiedener Zellen des Blutes. Die fortschreitende Immunschwäche führt langfristig zu einer erheblich gesteigerten Anfälligkeit gegenüber bakteriellen, viralen und sämtlichen anderen Infektionserregern. Hierdurch ergibt sich ein enormes Risiko für Zirrhotiker, an einer lebensgefährlichen Infektion zu erkranken.

Erhöhung der Ammoniakwerte

Bei vielen Stoffwechselprozessen des Körpers fällt als Nebenprodukt Stickstoff in Form von Ammoniak an. Hierbei handelt es sich um einen giftigen Stoff, den der Körper im Normalfall problemlos in der Leber über den sogenannten „Harnstoffzyklus“, eine Kette chemischer Reaktionen, abbauen und ausscheiden kann.  Bei einer fortgeschrittenen Leberzirrhose fallen diese Entgiftungs- und Filtrationsfunktionen der Leber aus, wodurch es neben Ammoniak zu einer Ansammlung zahlreicher weiterer Giftstoffe im Körper kommen kann. Im Blut sind die erhöhten Ammoniakwerte ebenfalls festzustellen.

Eine schwere Komplikation der Leberzirrhose ist eine starke Erhöhung des Ammoniaks mit Schädigung von Gehirnstrukturen. Diese Schädigungen können sich als Konzentrationsschwächen, Zittern, Bewusstseinsstörungen und letztendlich im Koma äußern.

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Kann man trotz einer Leberzirrhose gute Blutwerte haben?

Die Leberzirrhose beschreibt einen chronischen Umbauprozess des Lebergewebes mit einem langsam voranschreitenden Verlust der Leberfunktion. Im Anfangsstadium einer Leberzirrhose sind oft noch zahlreiche Anteile der Leber funktionsfähig und können die zirrhotischen Gebiete problemlos kompensieren. Die gesunden Anteile der Leber können in Folge der chronischen Schädigungen auch wachsen, sodass noch lange eine gute Leberfunktion erhalten bleibt.

Erst beim Verlust eines Großteils der Leberfunktion treten Beschwerden und Symptome auf, wobei man von einer „Dekompensation“ spricht. Bis zu diesem Zeitpunkt können auch die Blutwerte unauffällig bleiben.

Informieren Sie sich hier über die verschiedene Stadien der Leberzirrhose.

Weiterführende Information

Nähere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter:

Eine Übersicht aller Themen der Inneren Medizin finden Sie unter: Innere Medizin A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 14.08.2019 - Letzte Änderung: 19.07.2023