Herzgeräusche

Einleitung / Definition

Beim Abhören des Herzen kann man im Normalfall nur sogenannte Herztöne hören. Diese spiegeln den Schlag des Herzens wieder und sollten rhythmisch und eindeutig zu hören sein. Ein Herzgeräusch ist hingegen ein Laut, der nicht zum normalen Herzschlag gehört.
Herzgeräusche können ohne Krankheitswert bestehen, aber auch auf einen Herzfehler oder eine Erkrankung der Herzklappen hindeuten.

Der Arzt beschreibt ein Herzgeräusch nach dem Zeitpunkt, zu dem es während der normalen Herzaktion auftritt. Wenn sich der Herzmuskel zusammenzieht und das Blut vom Herzen in den Körper gepresst wird, so nennt man das Systole. Tritt hierbei ein Geräusch auf, wird das als systolisches Herzgeräusch oder Systolikum bezeichnet.
Wenn sich der Herzmuskel entspannt und das Herz sich wieder mit Blut füllt, nennt man das Diastole. Ist während diesem Zeitraum ein Herzgeräusch zu hören, bezeichnet der Arzt das als diastolisches Herzgeräusch oder Diastolikum.

Zusätzlich zur zeitlichen Angabe kann der Arzt noch die Lautstärke und die Art des Geräusches beschrieben. Die Lautstärke wird in einer Skala von 1 bis 6 angegeben. Die Geräuschart kann beispielsweise beschreiben, ob das Geräusch ab- oder anschwellender Natur ist. Auch die Fortleitung des Herzgeräusches, zum Beispiel in die Halsschlagader, kann Hinweise auf die Ursache geben.

Ursachen für Herzgeräusche

Sehr viele Herzerkrankungen sind mit Herzgeräuschen unterschiedlicher Art vergesellschaftet. Den Großteil der Krankheiten bilden die Klappenfehler, die sowohl angeboren als auch erworben sein können. Die Herzklappen schließen entweder nicht mehr richtig, sodass Blut zurückfließen kann (Klappeninsuffizienz) oder sie sind durch Gewebeveränderungen starr geworden und öffnen nicht mehr richtig (Klappenstenose).

Lesen Sie hierzu auch unsere Seiten Aortenklappeninsuffizienz und Mitralklappenstenose

Auch verschiedene Herzfehler können Herzgeräusche verursachen. Die weitergehende Untersuchung sollte dabei einem Herzspezialisten (Kardiologen) überlassen werden. Ist ein durchgehendes, maschinenartiges Geräusch zu hören, kann dies auf einen Rückfluss von der linken Seite des Herzens in die rechte Seite (Shuntverbindung) hindeuten.
Hat das Herzgeräusch bei durchgehendem Auftreten einen reibenden Charakter, liegt vielleicht eine Herzbeutelerkrankung, beispielsweise eine Herzbeutelentzündung (Perikarditis) vor. Der Herzbeutel umschließt das Herz und grenzt es zu den restlichen Organen des Brustkorbs ab.

Herzgeräusche die keinen Krankheitswert besitzen, werden als akzidentiell (zufällig) bezeichnet. Sie treten besonders häufig bei gesunden Kindern oder Jugendlichen auf, sind sehr leise und verändern sich bei Bewegung und Lagewechsel. Auch bei besonders hoher Aktivität des Herzens können Verwirbelungen im Blut entstehen, die zu der Entstehung eines Herzgeräusches führen. Auch hierbei muss sich der Betroffene keine Sorgen machen, da es sich um keinen krankhaften Zustand handelt.

Ist ein Herzgeräusch gefährlich?

Ein Herzgeräusch muss nicht zwangsläufig gefährlich sein. Besonders bei jungen Menschen, die vollkommen gesund sind und keine Symptome einer Herzerkrankung aufweisen, ist es zweifelhaft, dass ein bestehendes Herzgeräusch einen krankhaften Hintergrund besitzt. Solche Herzgeräusche bezeichnet man als akzidentiell – als Zufall. Sie sind sehr leise und können durch die Lage des Körpers oder vermehrte Arbeit des Herzens beeinflusst werden.
Das Herz muss jedoch genau untersucht werden, wenn ein Herzgeräusch zu hören ist. Bei einem Herzklappenfehler kann das Herz sonst auf Dauer Schaden nehmen. Die Mehrarbeit, die der Herzmuskel durch den Klappenfehler leisten muss, kann zunächst ausgeglichen werden. Doch je länger der Zustand anhält, desto eher kann das Herz nicht mehr seine volle Funktion ausführen. Dadurch kommt es zu Wassereinlagerung in den Beinen oder der Lunge, eventuell sogar zu Bewusstseinsverlust durch mangelnde Blutversorgung des Gehirns, zu Atemschwierigkeiten und Herzrhythmusstörungen.

Auch verschiedene Herzfehler lösen Herzgeräusche aus. Deren Folgen können unterschiedliche Ausmaße annehmen. Deshalb bedarf es einer intensiven Betreuung durch einen Kardiologen, damit die Ursache der Herzgeräusche gefunden, wenn möglich behoben und Langzeitfolgen verhindert werden können.

Herzgeräusche beim Kleinkind

Besonders bei Kindern treten häufig sogenannte akzidentielle (zufällige) Herzgeräusche auf, die keinen Krankheitswert besitzen. Zwischen 4 und 10 Jahren ist es am wahrscheinlichsten, dass eine ungefährliche Ursache für das Herzgeräusch besteht.

Wenn bei einem Kind im Säuglingsalter ein Herzgeräusch ermittelt werden kann, hat dieses wahrscheinlicher einen krankhaften Hintergrund als bei älteren Kindern. Ein Systolikum kann bei einem Kleinkind Hinweis für einen Herzfehler, Blutarmut oder starkes Fieber sein.
Ein häufiger Herzfehler bei Neugeborenen ist der offene Ductus arteriosus botalli. Dieses Gefäß gewährleistet während der Schwangerschaft den fetalen Kreislauf, muss sich aber für eine regelhafte Arbeit des eigenständigen Kreislaufs bei der Geburt verschließen. Kommt es nicht zu diesem Verschluss, können Herzgeräusche entstehen, die sowohl während der Systole, als auch in der Diastole zu hören sind.
Wird das Geräusch in den oberen Bereich des Brustkorbs oder die Halsschlagader weitergeleitet, besteht vielleicht ein Verschluss oder eine Verengung der Ausgangsklappe des Herzens (Aortenstenose).

Bei den bereits erwähnten akzidentiellen Geräuschen handelt es sich in der Regel um systolische oder gemischt systolisch-diastolische Geräusche. Hört man bei einem Kind ein rein diastolisches Herzgeräusch, so ist dieses sehr wahrscheinlich mit einer Krankheit verbunden und sollte schnellstmöglich aufgedeckt werden.

Herzgeräusche beim Erwachsenen

Beim Erwachsenen bestehen Herzgeräusche am häufigsten aufgrund von Klappenfehlern. Dabei unterscheidet die Medizin zwischen einer Stenose und einer Insuffizienz. Die Klappenstenose ist eine Einengung oder ein fast vollständiger Verschluss einer Klappe, die Insuffizienz ein unvollständiger Schluss der Klappe mit folgendem Blutrückfluss bei Zusammenziehen des Herzmuskels. Je nach Herzklappe und Klappenfehler tritt das Geräusch in der Systole oder in der Diastole auf.

Die häufigsten Klappenfehler sind eine Aortenstenose und die Mitralklappeninsuffizienz. Bei der Aortenstenose öffnet die Klappe zwischen Herz (linke Kammer) und Aorta (Hauptschlagader) nicht mehr vollständig, was ein systolisches Herzgeräusch verursacht. Dadurch muss das Herz mehr Kraft aufbringen, um das Blut aus dem Herz in den großen Kreislauf zu befördern. Anfangs kann diese Kraft aufgebracht werden, jedoch verliert das Herz mit der Zeit an Funktion und es kann zu Ausfallserscheinungen kommen. Ein wichtiges Spätsymptom ist dabei Schwindel oder Bewusstlosigkeit durch die Unterversorgung des Gehirns mit Blut.

Bei der Mitralklappeninsuffizienz schließt die Klappe zwischen Lungenkreislauf und Herz (linker Vorhof) nicht mehr vollständig, was ebenfalls ein systolisches Herzgeräusch erzeugt. Durch den Rückfluss von Blut während der Kontraktion (Anspannung) des Herzmuskels, kann es zu Rückstauung bis in die Lunge und damit verbunden zu Wassereinlagerungen in der Lunge kommen (Lungenödem).
Die Folge sind Atemprobleme und zunehmende Luftnot.

Man kann die beiden Herzgeräusche voneinander unterscheiden, obwohl sie zeitgleich, nämlich in der Systole, stattfinden. Die Aortenstenose lässt sich mit einem Stethoskop am ehesten rechts vom Brustbein, unterhalb der 2. Rippe abhören. Die Mitralinsuffizienz hört man am lautesten links vom Brustbein, zwischen der 4. und 5. Rippe.

Herzgeräusche im Ohr

Geräusche im Ohr werden in der Medizin meistens als Tinnitus bezeichnet. Beim Tinnitus handelt es sich in der Regel um ein dauerhaftes Geräusch im Ohr, meist pfeifend oder fiepend. Wenn ein Patient von einem Herzgeräusch im Ohr berichtet – einem sogenannten pulsatilen Tinnitus – sollte der behandelnde Arzt aufmerksam werden.
Ein Geräusch im Ohr, was mit dem Herzschlag des Betroffenen zusammenhängt, hat sehr wahrscheinlich eine diagnostizierbare Ursache im Bereich der Gefäßversorgung im Kopf. Dabei kann es sich um eine krankhafte Veränderung oder eine Normvariante der Gefäße handeln. Die Veränderungen betreffen hierbei Gefäße, die den Kopf mit Blut versorgen. Typische arterielle Veränderungen sind Verbindungen zwischen Arterien und Venen, Gefäßwandaussackungen (Aneurysma), Einblutungen zwischen die Wandschichten (Dissektion) und Gefäßverkalkungen mit anschließendem Gefäßverschluss. Das venöse System kann durch Thrombosen oder ebenfalls durch Wandaussackungen (Ektasie) betroffen sein.

Bei der Diagnosestellung sollte auch ein Tumor ausgeschlossen werden. Besonders gefäßreiche Neubildungen in Gehörgangsnähe oder Tumore, die bestimmte Gefäße einengen, können einen pulsatilen Tinnitus auslösen. Weitere mögliche Ursachen sind ein zu hoher Blutdruck im Kopf, Blutarmut und eine grundlegende Zunahme der Herzarbeit durch eine Schilddrüsenüberfunktion oder Schwangerschaft.

Die Ursache für das Ohrgeräusch muss je nach Leidensdruck des Patienten und der Gefahr für Folgeschäden behandelt werden. Durch die ständigen Laute im Ohr können viele Betroffene nicht mehr gut schlafen, was sich massiv auf die Lebensqualität auswirken kann. Gefäßschädigungen im Kopf können zu lebensbedrohlichen Blutungen führen, denen in jedem Fall vorgebeugt werden muss.

Weitere Informationen zum Thema Herzgeräusche

Weitere Informationen zum Themenbereich Herzgeräusche finden Sie hier:

Eine Übersicht aller Themen aus der Diagnostik finden Sie unter Diagnostik A-Z

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 11.07.2016 - Letzte Änderung: 19.07.2023