Abstehende Ohren

Synonyme

Medizinisch: Apostasis otum

Synonyme: Segelohren, „Dumbo-Ohren“

Definition

Von abstehenden Ohren spricht man, wenn die Ohrmuschel über 30 Grad vom Kopf absteht. Abstehende Ohren sind in der Regel nicht krankhaft sondern das Ergebnis verschiedener erblicher Faktoren.
Auf alten Kinderfotos der Eltern bemerkt man häufig, dass bereits ein Elternteil abstehende Ohren hatte. Gelegentlich handelt es sich aber auch um eine knorpelige Fehlbildung der Ohrmuschel (Dysplasie), wobei die verschiedenen Ohrmuschelabschnitte eine fehlerhafte Entwicklung durchmachten und die Gesamtheit der Ohrmuschel verformten.
Ungefähr einer von 20 Personen der europäischen Bevölkerung hat abstehende Ohren. Verletztes Schamgefühl und Minderwertigkeitsgefühle sind die Folge von Stichelein durch andere in Schule und Beruf, nicht aber ein eingeschränktes Hörvermögen.

Bis auf das Ohrläppchen wird die Ohrmuschel durch elastischen Knorpel geformt und von Haut überzogen. Hervorspringende Falten und Einbuchtungen werden mit verschiedenen griechischen Begriffen bezeichnet (Tragus und Antitragus, Helix und Antehelix, Crura anthelices, Cavum conchae).

Die Ohrmuschel

Die Ohrmuschel hat die Funktion, Schall einzufangen. Viele Tiere können ihre Ohren sogar zur Schallquelle ausrichten. Auch wir Menschen könnten dies theoretisch, wenn die kleinen Stellmuskeln nicht verkümmert wären. Einige Menschen können jedoch auch heute noch mit den Ohren wackeln. Bei den meisten Menschen hat die Ohrmuschel einen Neigungswinkel von ca. 12 bis 18 Grad nach hinten. Das Verhältnis der Ohrmuschelbreite zur ihrer Länge beträgt etwa 1:2. Schon als Kind mit ca. 3 Jahren ist das Längenwachstum der Ohrmuschel zu 80%, mit 5 Jahren zu 90% und im Teenageralter endgültig abgeschlossen.

Ethnischer Einfluss

Ohrformen unterscheiden sich bei den ethnischen Gruppen sehr:

  • Eskimos haben die längsten Ohren
  • Japaner haben angewachsene Ohrläppchen
  • Schwarze haben eher kleine Ohren
  • Europäer haben die verschiedensten Variationen von Ohrmuschelformen

Die Ohrform wird wahrscheinlich von einem Elternteil weitervererbt (autosomal-dominant).

Auswirkungen auf das Hören

Abstehende Ohren verursachen keinesfalls funktionelle Störungen. Das Kind wird nicht an einem Hörvermögen durch die Ohrmuschelverformung leiden. Ganz im Gegenteil wird eine abstehende Ohrmuschel eher in der Lage sein, frontal auftreffende Schallwellen einzufangen.

Demgegenüber sind die psychischen Folgen für das Kind schwerwiegender und sollten Eltern dazu bewegen, sich von einem kompetenten HNO-Arzt oder Plastische Chirurgen beraten zu lassen. Scham- und Minderwertigkeitsgefühle des Kindes geben den eigentlichen Anlass, über eine Behandlung der abstehenden Ohren („Segelohren“) nachzudenken.

Psychosoziale Faktoren

Kinder können untereinander sehr gemein sein und suchen verschiedene Gründe, sich gegenseitig zu ärgern und zu kränken. Gerade abstehende Ohren geben hierfür einen hervorragenden Anlass.
Die Bezeichnungen für abstehende Ohren wie „Segelohren“ oder „Dumbo“ (Walt-Disney-Comic) haben ihre Herkunft nicht aus der Erwachsenenwelt! Aber auch Verwandte und Bekannte des Kindes können die Ansicht vertreten, den abstehenden Ohren des Kindes mit einem gewissen Humor zu begegnen und können sich mit manchem Lächeln oder lästernden Bemerkungen nicht zurückhalten.
Das Kind wird sich hierüber wohl kaum beschweren, leidet unter dieser ständigen Hänselei jedoch erheblich an Minderwertigkeitsgefühlen!

Therapie

Es gibt heute noch keine alternative Behandlung, die genauso effektiv ist wie die operative Korrektur (Otoplastik, „Ohren-Anlegen“). Maßnahmen, wie Ohren mit einem Pflaster oder einem Gummi an den Schädel zu binden, werden nicht zum gewünschten Ergebnis führen!

Abhängig von der Schwere der Ohrmuschelverformung kommen verschiedene Operationsverfahren in Betracht. Meist ist die innere Falte der Ohrmuschel (Antehelix-Falte; Falte, die dem Ohrmuschelrand gegenüber liegt) zu schwach ausgeprägt und wird mit einer Naht in richtiger Faltung fixiert. Ein Schnitt hinter der Ohrmuschel ermöglicht eine leichte Drehung der Muschel und damit ein Anlegen des Ohres. Der hintere Schnitt wird sauber vernäht und hinterlässt kaum sichtbare Narben. Nach etwa 6 Monaten ist die Narbe fast vollständig verschwunden.

Die Operation dauert je nach Erfahrung des Operateurs ca. eine Stunde pro Ohr und wird bei Kindern in Vollnarkose, bei Erwachsenen ggf. auch in lokaler Betäubung durchgeführt.

(Für weitere Informationen lesen Sie auch: Ohren anlegen).

Nachbehandlung

Nach der Operation ist ein stationärer Aufenthalt von 4-5 Tagen notwendig. Während dieser Zeit wird ein Kopfverband getragen.
Nach Entlassung sollte noch für einen weiteren Monat nachts ein breites Stirnband getragen werden, das die Ohren noch beim seitlichen Schlaf schützen soll. Ihr Kind sollte nach der Operation für zwei Wochen auf dem Rücken schlafen, damit die Wunde gut heilen kann. Die Fäden werden nach 10 bis 14 Tagen in der Klink oder in der Praxis des behandelnden Arztes entfernt. Einen Monat lang sollte das Kind jede Biegung und Belastung der operierten Ohrmuscheln unterlassen.
Wichtig ist ebenso die Unterlassung von Ball- und Kampfsportarten sowie körperliche Betätigungen, bei denen eine Verletzung des operierten Ohres erfolgen könnte

Salben wie z.B. Bebanthen® können den Heilprozess beschleunigen, die Narben weich halten und die Krustenentfernung erleichtern.

(Für weitere Informationen lesen Sie auch: Ohren anlegen).

Wann sollten abstehende Ohren behandelt werden?

Grundsätzlich kann eine operative Korrektur der Ohrmuschel ab einem Alter von 5 Jahren jederzeit durchgeführt werden. Ab diesem Alter geht man davon aus, dass das Ohrmuschelwachstum fast vollständig abgeschlossen ist. Sind die abstehenden Ohren stark ausgeprägt, sollte das Kind von vornherein vor den folgenreichen Hänselein in der Schule bewahrt und noch vor Schuleintritt behandelt werden. Wenn sich die Eltern bei der Entscheidung zu einer operativen Therapie schwer tun, sollten ausführliche Gespräche mit dem Arzt geführt werden. Er wird Ihnen aus seinem Erfahrungsschatz preisgeben, ob sich die Ohren des Kindes in der weiteren Entwicklung noch verändern oder Anlass zu späteren Stichelein in der Schule sein werden.

Wenn das Kind Segelohren (abstehenden Ohren) hat, muss es aber nicht von vornherein unglücklich darüber werden! Solange sich das Kind über seine Ohrform nicht beschwert oder es keine Anzeichen dafür gibt, dass es wegen seiner Ohrform geärgert wird, muss keine Therapie vorgenommen werden.

Wird die Behandlung von der Krankenkasse bezahlt?

Ja!
Bis zum 17. Lebensjahr übernehmen die Krankenkassen die Kosten für eine Operation.
Erwachsene tragen die Kosten von ca. 1800 bis 3000 € inklusive einer Nachbehandlung in der Regel selbst. Privatversicherte sollten eine individuelle Absprache mit der Versicherung vornehmen.

Welche Ärzte führen diese Operation durch?

Erste Anlaufstelle ist in der Regel ein HNO-Arzt. Viele HNO-Ärzte verfügen über Belegbetten in einer nahegelegenen Klinik und besitzen die Zusatzbezeichnung „plastische Operationen“.
Mund-Kiefer-Gesichtchirurgen und Plastische Chirurgen sind ebenfalls Fachärzte, die Sie in dieser Angelegenheit beraten und ggf. die Operation durchzuführen können.

Wenn Sie sich zunächst unsicher sind, an wen sie sich wenden sollen, sprechen Sie mit dem Haus- bzw. Kinderarzt über Ihr Anliegen. In der Regel kann er Ihnen einen ärztlichen Kollegen nennen und sie weiter überweisen.

Segelohren

An dieser Stelle sei auch bemerkt, dass zahlreiche Models stark ausgeprägte Segelohren haben, diese entweder offen zeigen oder durch geeignete Frisuren verbergen!

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 15.09.2007 - Letzte Änderung: 22.10.2021