Gründe für eine Amputation

Einleitung

Eine Amputation, also das Abnehmen eines Gliedmaßes, kann viele verschiedene Ursachen haben. Man unterscheidet zwischen einer Amputationsverletzung z.B. bei einem Unfall und einer Amputation, die auf Grund einer anderen Erkrankung notwendig wird.

Die Ursachen für eine Amputation sind vielfältig, ebenso wie die Amputationsstellen.
Muss eine operative Entfernung des Unterschenkels vorgenommen werden, ist in der Regel ein Diabetes mellitus der Grund, betrifft es die obere Extremität, sind häufiger Unfälle ursächlich.

Zum einen können die Ursachen im traumatologischen Bereich - also Unfall als Ursache vorliegen.
Nach Verletzungen die z.B. bei einem Autounfall mit schweren Schädigungen:

  • des Hautweichteilmantels
  • der Durchblutung
  •  und des Knochengerüsts

einer Gliedmaße einhergehen, ist es oft nicht mehr möglich das verletzte Körperteil zu erhalten.

Eine septische Ursache kann durch eine nicht beherrschbare Infektion z.B. nach einem Unfall (Trauma) oder eines krankhaften Gewebsuntergangs (feuchte Gangrän) sein.
Doch auch bei Tumorerkrankungen kann eine Amputation notwendig werden. Im Falle nicht beherrschbarer, bösartiger Weichteil- oder Knochentumoren im Bereich der Arme oder Beine (Extremitäten) kann eine operative Entfernung manchmal unumgänglich sein, um ein Fortschreiten oder sogar ein Streuung des Tumors zu vermeiden.

Aber auch aufgrund einer starken funktionellen Einschränkung, wie es beispielsweise bei einem starren und gekrümmten Finger der Fall ist, der die Beweglichkeit der Hand und der anderen Finger beeinträchtigt, kann eine Amputation hilfreich sein, obwohl sich das auf den ersten Gedanken nicht stimmig anhört. Die Funktionseinschränkung können jedoch so stark sein, dass eine Amputation von einem Finger sinnvoll ist.

Häufige Ursachen für eine Amputation

Zu den häufigsten Gründen für eine Amputation gehören angiologische Ursachen, also Erkrankungen der Gefäße. Nicht behebbare Durchblutungsstörungen mit Hautweichteiluntergang in der Umgebung größerer verstopfter Gefäße durch Verkalkung und Verengung der Arterien (Arteriosklerose) oder auch durch Verstopfung durch einen Blutpfropf (Embolie) sind meist ursächlich.

Bei Diabetikern ist oft das diabetische Fußsyndrom Grund für eine Amputation. Die mit der Krankheit assoziierte periphere Neuropathie führt zu Nervenschädigungen die mit Gefühlsstörungen oder auch Missempfindungen in den Beinen einhergehen. Die Schädigung schreitet vom Fuß langsam bis zum Oberschenkel fort. Gemeinsam mit der Gefühlsstörung tritt auch eine verminderte Schmerzempfindung auf, was dazu führt, dass die Betroffenen selbst unter extremen Belastungen keine Schmerzen verspüren, die eigentlich als Warnsymptom vom Körper bei Gewebsuntergang empfunden werden.
Diese Missempfindung hat zur Folge, dass falsche Druckbelastungen oder falsches Schuhwerk zu Hautdefekten (Ulzera) führen können, die erst spät bemerkt werden.
Ebenso verhält es sich mit Verbrennungen. Die unbehandelten Hautläsionen entzünden sich, Bakterien können sich ansiedeln und können zu massiven Veränderungen mit Zerstörung des Weichteil- und Knochengewebes führen.

Zusätzlich zur peripheren Neuropathie leiden Diabetiker häufig unter der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit oder einer diabetischen Mikroangiopathie, also eine Verkalkung der kleinen Gefäße.
Durch eine Verkalkung der Gefäße, die zu einer eingeschränkten Versorgung der Beine mit Sauerstoff und Nährstoffen führt, kann bei kritischen Bedingungen wie Druckbelastungen oder Verletzungen eine ausreichende Versorgung der Gewebe nicht gewährleistet werden. Folglich entstehen Wundheilungsstörungen mit Gewebsuntergang (feuchte Gangrän), die zu einem völligen Absterben der Zehen und später des darüber liegenden Gewebes führen können.

Lesen Sie mehr zum Thema: Gangrän

Diabetes mellitus

Bei Diabetes-Patienten führen zwei verschiedene Vorgänge im Körper zu einem Absterben von Körperteilen, welche amputiert werden müssen. Durch den dauerhaft hohen Blutzucker bei schlecht eingestellten Diabetikern kommt es zu Schäden an den Blutgefäßen. Durch Zucker veränderte Abwehrzellen bilden sich Plaques in den Gefäßen und die Blutgefäße verstopfen. Die dahinter liegenden Körperbereiche werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und gehen unter. Da unterversorgte Körperbereiche einen Nährboden für Bakterien bilden, müssen abgestorbene Bereiche großzügig amputiert werden.

Neben den Blutgefäßen nehmen auch die Nerven Schaden. Geschädigte Nerven führen dazu, dass Betroffene eine herabgesetzte Schmerzempfindlichkeit an den Füßen haben. Kleine Wunden, durch beispielsweise schlechtsitzende Schuhe, werden nicht bemerkt und breiten sich aus. In der Kombination mit der schlechten Durchblutung kommt es zu Wundheilungsstörungen und Infektionen, welche wiederum eine Amputation nötig machen können. Bei Betroffenen reicht oft nicht eine Operation, sondern die Füße werden nach und nach weiter amputiert. Eine Vorbeugung ist nur durch eine konsequente Blutzuckerregulation und regelmäßige Fußpflegen. Der diabetische Fuß ist einer der häufigsten Gründe für Amputationen in Deutschland.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Folgen von Diabetes​​​​​​​

Durchblutungsstörungen

Jede Zelle unseres Körpers benötigt Sauerstoff zum Überleben. Dieser wird über die Blutgefäße zu den Zellen transportiert. Wenn dieser Transportweg verlegt ist stirbt die Körperregion hinter der Blockade ab. Durchblutungsstörungen können ganz unterschiedliche Ursachen haben. Bei Diabetes oder hohen Cholesterinwerten werden die Blutgefäße im ganzen Körper beschädigt und es kommt zur Plaquebildung in den Gefäßen. An diesen Engstellen bilden sich dann Thromben, welche in kleinere Gefäße gespült werden könne und dort hängen bleiben.

Auch bei einigen Infektionskrankheiten kommt es zu einer Thrombenbildung, welche Amputationen nötig machen können. Einige Menschen haben auch angeborene Störungen der Blutgerinnung. Das bedeutet, dass das Blut selbstständig Gerinnsel bildet und Gefäße verlegt.

Einer der häufigsten Gründe für Thromben ist eine Herzrhythmusstörung namens Vorhofflimmern. Hierbei ziehen sich die Herzvorhöfe unkontrolliert zusammen und die veränderte Strömung im Herzen führt zur Verklumpung des Blutes. Diese Thromben können Schlaganfälle, Herzinfarkte oder eben auch Gefäßverschlüsse in den Beinen und Armen auslösen. Bei zu später Behandlung müssen diese amputiert werden. Durch eine rechtzeitige Behandlung kann dies oft verhindert werden.

Unfälle

Bei Amputationen denken die meisten Menschen als erstes an schwere Unfälle. Diese gehören wohl zu den extremsten Fällen, da keinerlei Erkrankung vorliegt und die Amputation ein plötzliches Ereignis darstellt. Glücklicherweise sind Amputationen nach Unfällen nicht der Regelfall. Selbst bei Gliedmaßen die bereits durch den Unfall vom Körper getrennt werden kann ein Wiederannähen möglich sein.

Es gibt also auf der einen Seite Betroffene die bereits durch den Unfall Gliedmaßen verlieren, welche nicht wieder angenäht werden können. Dies sind sogenannte Amputationsverletzungen. Auf der anderen Seite gibt es schwere Verletzungen, bei denen das Gewebe so stark geschädigt ist, dass eine operative Amputation nötig ist. Hinzu kommen noch mögliche Infektionen nach einem Unfall, besonders wenn die Wunde verunreinigt wurde.

Amputationen nach Unfällen haben oft gute Prognosen für die Stumpfheilung und damit die Möglichkeit Prothesen zu tragen, da der Körper an sich gesund ist und nicht wie bei Durchblutungsstörungen das Problem nur verlagert. Wichtig ist eine enge psychologische Betreuung der Betroffenen, da diese plötzlich in eine völlig neue Lebenssituation geworfen werden.

Durch Verkehrsunfälle oder tiefe Schnittverletzungen in der Küche sind häufig die Finger betroffen. Wenn der Erhalt des Fingers nicht mehr möglich ist, muss er amputiert werden. Dabei beeinträchtigt der Verlust eines Fingers den Betroffenen meist mehr als bei einer amputierten Zehe.

Lesen Sie weiter unter: Amputation eines Fingers

Entzündung / Infektion

Nach kleinen Verletzungen, zum Beispiel bei der Gartenarbeit, können Bakterien in die Wunde gelangen und zu größeren Entzündungen führen. In einigen Fällen kann die Ausbreitung der Entzündung nur durch eine Amputation verhindert werden. Dies kommt vor Allem bei resistenten Keimen vor.

Ein extremes Beispiel für eine Infektion der Gasbrand. Durch Wunden, besonders Quetschwunden, mit starkem Gewebeschaden dringen die Umweltkeime namens Clostridium perfringens in die Haut ein. Die Bakterien fressen sich durch das Gewebe und zerstören Blutgefäße. Eine lebensgefährliche Ausbreitung des Keims kann nur durch eine großräumige Amputation verhindert werden.

Auch Keime die den ganzen Körper betreffen können durch Thrombenbildung Amputationen nötig machen. Je größer und dreckiger eine Wunde ist, desto wahrscheinlicher ist eine Verunreinigung mit gefährlichen Bakterien. Besonders nach schweren Unfällen, Tierbissen und bei Brandwunden ist das Infektionsrisiko gesteigert.

In Katzenspeichel befinden sich viele Erreger, die bereits bei kleinen Bisswunden zu schweren Entzündungen und Infektionen führen und so eine Amputation nötig machen können. Aus diesen Gründen ist auch bei kleinen Wunden eine Kontrolle beim Hausarzt sinnvoll. Hierbei muss auch an den Tetanusimpfschutz gedacht werden. Eine Amputation ist immer die letzte Möglichkeit und wird nur angewandt, wenn das Leben des Betroffenen in Gefahr ist.

Nach Insektenstich

Normalerweise führen Stiche von Insekten, wie Mücken oder Wespen, nicht zu großen Infektionen. In einigen Fällen kann jedoch eine Allergie zu stärkeren Folgen als der normalen Quaddel führen. Wenn bei dem Stich das Bakterium Streptococcus pyogenes übertragen wird, kann es zu einer sogenannten nekrotisierenden Faszitis kommen. Das bedeutet, dass die Hülle der Muskeln sich entzündet und abstirbt. Die Blutgefäße werden durch die Schwellung zusammengedrückt und es kann eine Amputation nötig werden. Dieser schwere Verlauf ist jedoch sehr selten.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Thema Ursachen einer Amputation finden Sie unter:

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 23.08.2010 - Letzte Änderung: 22.10.2021