Limbisches System

Einleitung

Unter dem Begriff „Limbisches System“ versteht man eine im Gehirn lokalisierte Funktionseinheit die vor allem der Verarbeitung emotionaler Impulse dient.

Darüber hinaus steuert das limbische System die Entstehung des Triebverhaltens.

Auch die Verarbeitung wesentlicher Bestandteile intellektueller Leistungen werden Aufgaben des limbischen Systems zugerechnet.

Im Zusammenhang mit diesen komplexen Prozessen kann das limbische System jedoch nicht als separate Funktionseinheit angesehen werden. Vielmehr arbeitet das limbische System in Einklang mit einer Vielzahl von Nervenzellen der Großhirnrinde.
Demzufolge basiert die Entstehung von Emotionen und Triebverhalten auf einem regen Informationsaustausch vieler Anteile des Gehirns.

Anatomie des limbischen Systems

Die unter dem Begriff „Limbisches System“ bekannt Funktionseinheit des Gehirns umfasst mehrere anatomische Strukturen.

Die einzelnen Bestandteile des limbischen Systems bilden innerhalb des Gehirns einen doppelten Ring um die sogenannten Basalganglien und den Thalamus.

Entwicklungsgeschichtlich gehen die einzelnen Strukturen des limbischen Systems aus alten Anteilen der Großhirnrinde (Paläopallium und Archipallium) und unmittelbar unter der Großhirnrinde gelegenen Zellen hervor.

Die anatomische Gliederung des limbischen Systems erfolgt in:

  • Hippocampus
  • Fornix
  • Corpus mamillare
  • Gyrus cinguli
  • Corpus amygdaloideum (Mandelkern)
  • die vorderen Kerne des Thalamus
  • Gyrus parahippocampalis
  • Septum pallucidum

Die einzelnen Bestandteile des limbischen Systems stehen in engem Kontakt zu verschiedenen Regionen des gesamten Gehirns und sind dazu in der Lage komplexe Informationen zu verarbeiten.

Hippocampus

Der Hippocampus zählt evolutionär zu den ältesten Strukturen des Gehirns.

Die genaue Lokalisation des Hippocampus befindet sich im Temporallappen. Jede der zwei Hirnhälften verfügt über einen Hippocampus.

Als zentrale Schaltstation dient er als wichtiger Anteil des unter dem Begriff „limbisches System“ bekannten Funktionskomplexes.

Der Hippocampus selbst besteht aus erregenden Nervenzellen, die ihre Informationen hauptsächlich aus der Großhirnrinde erhalten.

In diesem Anteil des limbischen Systems treffen Informationen verschiedener sensorischer Hirnareale zusammen. Diese Informationen werden in den Nervenzellen des Hippocampus verarbeitet und an die Großhirnrinde zurück gesendet.

Zu den wichtigsten Funktionen dieses Bestandteils des limbischen Systems zählt die Gedächtniskonsolidierung.
Das bedeutet, dass die direkte Überführung von Informationen aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis durch den Hippocampus gesteuert wird (Langzeitpotenzierung).

Da der Hippocampus Impulse aus nahezu allen Gebieten der Großhirnrinde erhält, durchlaufen ihn sämtliche Eindrücke des Bewusstseins.

Spezifische Zellen dieses Anteils des limbischen Systems (sogenannte Pyramidenzellen) verfügen außerdem über ein Ortsgedächtnis.
Die Wahrnehmung wo genau sich der Mensch augenblicklich befindet wird demnach auch durch den Hippocampus gesteuert.

Darüber hinaus dient der Hippocampus als eine Art Neuigkeitsdetektor.
Neuartige Informationen, die diese Struktur durchlaufen, werden umgehend für die Speicherung vorbereitet.
Bekannte Informationen hingegen können erneut aufgerufen und vernetzt werden.

Fornix

Der sogenannte Fornix besteht aus einem ausgeprägten Faserzug der oberhalb des 3. Ventrikels den Hippocampus mit dem Corpus mamillare verbindet.

Als Bestandteil des als „Limbisches System“ bekannten Funktionskreises ist der Fornix ebenfalls an der Überführung von Informationen aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis beteiligt.

Lesen Sie hier mehr zum Thema: Langzeitgedächtnis

Corpus mamillare

Das Corpus mamillare liegt als paariger Anteil des limbischen Systems an der Unterseite des Gehirns zwischen den beiden Großhirnschenkeln.

Das Corpus mamillare steht über dichte Faserzüge in direkter Verbindung zum sogenannten Papez-Neuronenkreis.

Die bisher angenommene Funktion dieser Struktur wird mittlerweile in Frage gestellt, da man davon ausgeht, dass nicht das Corpus mamillare selbst, sondern die Amygdala, für die wesentliche Steuerung emotionaler Prozesse verantwortlich ist.

Corpus amygdaloideum (Amygdala)

Das Corpus amygdaloideum (Amygdala) ist ein paarig angelegtes Kerngebiet, das sich im mittleren Anteil des Schläfenlappens befindet.

Aus funktioneller Sicht zählt die Amygdala zu der unter dem Begriff „Limbisches System“ bekannten Funktionseinheit.

Wichtige Funktion der Amygdala ist die Steuerung emotionaler Einflüsse. Sie soll an der Entstehung von Angstgefühlen und der Bewertung emotionaler Situationen beteiligt sein.

Im Allgemeinen bewertet das Corpus amygdaloideum externe Impulse und leitet darauf abgestimmte vegetative Reaktionsmuster ein.

Ein Funktionsverlust dieses Anteils des limbischen Systems hat einen ausgeprägten Verlust von Angstempfindungen zur Folge.
Auf diese Weise kommt es bei einer Schädigung der Amygdala zum Verlust lebenswichtiger Warn- und Abwehrreaktionen.

Des Weiteren geht man mittlerweile davon aus, dass die Amygdala einen entscheidenden Einfluss auf den Sexualtrieb ausübt.

Typische Erkrankungen die im Zusammenhang mit einer Schädigung und/oder Fehlfunktion dieses Anteils des limbischen Systems stehen sind Gedächtnisstörungen, Autismus, Depressionen und Phobien.

Gyrus cinguli

Der Gyrus cinguli (Synonym: Gürtelwindung) bildet den innenliegenden Anteil des Großhirns.

Als gürtelförmige Struktur liegt er dem Balken auf und verläuft vom Vorderhirn nach hinten.

Auf Zellebene lässt sich diese Struktur des limbischen Systems in einen vorderen (pars posterior) und einen hinteren (pars posterior) Bereich gliedern.

Funktionell betrachtet steht der hintere Gyrus cinguli in engem Kontakt zu Nervenzellen des Vorderhirn, vor allem mit dem Temporal- und Frontallappen.

Dieser Bereich ist in Zusammenarbeit mit dem Hippocampus an der Steuerung des räumlichen Gedächtnisses beteiligt.

Der vordere Gyrus cinguli bildet ein Netzwerk zur Amygdala, dem Hippocampus, dem Nucleus accumbens, dem Thalamus und den Inselzellen aus.

Seine wichtigste Aufgabe besteht darin widersprüchliche Impulse gegeneinander abzuwägen und letztendlich eine Handlungsentscheidung zu treffen.

Funktionsstörungen des limbischen Systems

Da die unter dem Begriff „limbisches System“ zusammengefassten Strukturen an einer Reihe von verarbeitenden Prozessen beteiligt sind, können sich Störungen einer oder mehrere Anteile dieses Systems durch starke Einschränkungen kognitiver Fähigkeiten bemerkbar machen.

Vor allem die Unfähigkeit emotionale Situationen einschätzen zu können wird auf Funktionsstörungen im Bereich des limbischen Systems zurückgeführt.

Des Weiteren beruhen Gedächtnisstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, die Narkolepsie, Depressionen und Phobien in der Regel auf Funktionsstörungen des limbischen Systems.

Die exakte Zuordnung der Einzelnen Erkrankungen auf eine bestimmte Struktur des limbischen Systems ist bislang noch nicht möglich. Dennoch geht man dem heutigen Forschungsstand nach davon aus, dass beispielsweise die Alzheimer-Krankheit auf einer direkten Schädigung des Hippocampus basiert.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 26.11.2007 - Letzte Änderung: 25.07.2023