Sedierung

Einleitung

Das Wort Sedierung stammt von dem lateinischen Wort Sedare, was besänftigen oder beruhigen bedeutet.
Das zeigt auch schon, was mit einer medizinischen Sedierung gemeint ist.
Der Betroffene soll durch Medikamente beruhigt werden und sein Stress, körperlich und psychisch, reduziert werden.
Für diese Wirkung müssen Sedativa, also sedierende Medikamente, das zentrale Nervensystem dämpfen.
Anders als bei einer Vollnarkose, atmet der Betroffene normalerweise selbstständig und ist häufig auch noch erweckbar.
Die Sedierung kann auch durch Schmerzmittel, in Fachsprache Analgetika, ergänzt werden.

Hierbei spricht man dann von einer Analgosedierung.
Die häufigsten Sedativa sind die Benzodiazepine und die Antidepressiva.
Eine Sedierung erfolgt zur Beruhigung vor und während medizinischer Eingriffe, wie Darmspiegelungen und Zahn-OPs, und auch zur Beruhigung bei psychischen Krankheiten.
Intensivpatienten sind ebenfalls oft sediert, da diese sonst den Stress der Intensivbehandlung nicht aushalten würden.

Eine Langzeitanwendung von Sedativa kann zur Gewöhnung führen und größere Mengen der Medikamente nötig machen.
Die beruhigende Wirkung der Sedierung kann den Atemantrieb und den Kreislauf so sehr dämpfen, dass eine medikamentöse Therapie und Überwachung nötig werden.
In einigen Fällen führen Sedativa zu paradoxen Zuständen, dass heißt das die Betroffenen unruhig werden.

In welchen Bereichen wird die Sedierung eingesetzt?

Eine Sedierung hat sehr unterschiedliche Einsatzgebiete, welche alle eine Beruhigung des Betroffenen erfordern.
Vor Operationen bekommen viele Patienten von der Anästhesie eine Prämedikation.
Hierbei handelt es sich um ein sedierendes Medikament in geringer Dosis, welches die Anspannung und die Angst vor dem Eingriff reduziert.
Während eines medizinischen Eingriffs in Regionalanästhesie können ängstliche oder unruhige Betroffene ebenfalls sedierende Medikamente bekommen, um so den Eingriff nicht bewusst wahrzunehmen.

Beispiele für solche Eingriffe oder Untersuchungen sind Darmspiegelungen und Zahn-OPs.
Beide Eingriffe müssen nicht in Vollnarkose durchgeführt werden, bedeuten aber großen Stress für den Betroffenen.
Auf Intensivstationen werden Patienten oft sediert, um eine Toleranz für die Beatmung zu schaffen.
Zudem wirken sich Stress und Unruhe negativ auf die Genesung der Intensivpatienten aus und sollen daher vermieden werden.

Ein anderer Einsatzbereich der Sedierung ist die Beruhigung von psychisch erkrankten Personen.
Sowohl in einer akuten Psychose als auch bei Suizidalität kann eine Sedierung notwendig sein.
Auch im sogenannten qualifiziertem Alkoholentzug werden Sedativa genutzt, um Entzugserscheinungen zu reduzieren.

Anwendung beim Zahnarzt

Der Besuch beim Zahnarzt ist für viele Menschen mit großer Angst und viel Stress verbunden.
Bei den meisten Eingriffen ist eine örtliche Betäubung die einzige Betäubung, welche die Betroffenen erhalten.
Diese führt zwar zum Ausschalten des Schmerzes, aber nicht zu Bewusstseinseinschränkungen.

Betroffene bekommen den gesamten Eingriff mit.
Die Geräusche und der Druck im Mundbereich, sowie der Geschmack von Blut kann Betroffene unruhig machen und so auch die Arbeit des Zahnarztes erschweren.
Besonders ängstliche Patienten, aber auch Kinder, demente Personen oder geistig beeinträchtigte Personen können zusätzlich mit sedierenden Medikamenten beruhigt werden.
Bei medizinscher Notwendigkeit wird diese Sedierung auch von den Krankenkassen bezahlt.
Dies trifft besonders auf Kinder und anderweitig nicht einwilligungsfähige Patienten zu.

Nach einem zahnärztlichen Eingriff unter Sedierung sollte der Betroffene abgeholt werden und den restlichen Tag nicht allein am Straßenverkehr teilnehmen.
Je nach Länge des Eingriffs werden unterschiedliche Medikamente zur Sedierung verwendet.
Sedativa sind keine Schmerzmittel, daher sollte der Betroffene zusätzlich mit Schmerzmitteln versorgt werden und diese auch schon vor dem Abklingen der Betäubung erhalten.

Bei der OP der Weisheitszähne

Die operative Entfernung der Weisheitszähne ist ein relativ großer zahnärztlicher Eingriff.
Die Entfernung kann auch nur in Regionalanästhesie erfolgen, was jedoch viel Stress für den Körper bedeutet und deshalb in zwei Terminen durchgeführt wird.
Bei der zeitgleichen Entfernung aller vier Weisheitszähne wird von vielen Zahnärzten zur Sedierung geraten, um so den Stress sowohl körperlich als auch psychisch zu reduzieren.
Hierfür bekommt der Betroffene ein Sedativum, meist Benzodiazepine, über einen venösen Zugang gespritzt.
Die Sedierung wird in diesem Fall nur bei minderjährigen von der Krankenkasse bezahlt.

Sedierung bei der Darmspiegelung

Eine Darmspiegelung wurde früher von vielen Betroffenen als schreckliche Erfahrung geschildert, was zu viel Angst vor den Eingriffen geführt hat.
Heute sind die Erfahrungsberichte nach Darmspiegelungen deutlich positiver und die Betroffenen berichten davon, dass sie den Eingriff verschlafen haben.
Dies ist auf die heute nahezu immer durchgeführte Sedierung zurückzuführen.
Die Betroffenen nehmen den teilweise schmerzhaften Eingriff kaum wahr und sind deutlich ruhiger.
Die Sedierung bei Darmspiegelungen wird meistens von den Krankenkassen übernommen.

Kommt Sedierung bei MRTs zum Einsatz?

Das MRT gehört zu den bildgebenden Verfahren, mit dem sich Ärzte einen Überblick über bestimmte Organe verschaffen können.
Die Untersuchung ist völlig schmerzfrei.
Während einer MRT-Aufnahme muss der Betroffene jedoch sehr still liegen, um keine Verwackelungen im Bild zu erzeugen.
Da Kinder und geistig beeinträchtigte Personen dieses Ruhigliegen oft nicht schaffen, kann in diesen Fällen eine Sedierung erfolgen.
Auch Personen mit Angst vor engen Räumen können eine Sedierung erforderlich machen.
Besonders bei Kindern werden häufig MRTs durchgeführt, da man hierbei keine Strahlenbelastung verursacht.

Was ist der Unterschied zwischen Sedierung und Dämmerschlaf?

Der Dämmerschlaf ist ein bestimmter Bewusstseinszustand, welcher durch sedierende Medikamente ausgelöst wird.
Eine Sedierung ist ein weiter gefasster Begriff.
Die Sedierung beginnt schon mit der Einnahme bestimmter Antidepressiva oder der Prämedikation vor chirurgischen Eingriffen.
Es handelt sich um eine Dämpfung des zentralen Nervensystems, also des Gehirns.
Dies kann von der leichten Müdigkeit bis zur Grenze zu der Vollnarkose reichen.

Die verschiedenen Bewusstseinszustände werden mit Punktwerten bestimmt.
Hierfür nutzen die meisten Ärzte die Richmond-Agitation-Skala, welche dem Verhalten des Betroffenen einen bestimmten Punktwert zuteilt.
Der Dämmerschlaf liegt hierbei nur ein bis zwei Punkte unterhalb des wachen Patienten.
Im Dämmerschlaf ist der Betroffene auf Ansprache erweckbar oder hat die Augen sogar durchgängig geöffnet.
Der Bewusstseinszustand lässt sich durch die Wahl der Medikamente und durch die Dosierung beeinflussen.
Für die meisten Eingriffe reicht der Dämmerschlaf zur Beruhigung völlig aus.

Welche Nebenwirkungen können auftreten?

Sedierende Medikamente beruhigen den Betroffenen sowohl körperlich als auch psychisch.
Diese Wirkung kann über das eigentlich definierte Ziel hinausschießen.
Bei Antidepressiva bedeutet dies, dass die Betroffenen nicht nur ruhig, sondern schläfrig werden.
Bei medizinischen Eingriffen kann dies den Unterschied zwischen einem Dämmerschlaf und einer Narkose bedeuten.

Sedativa wirken auch auf den Blutdruck, die Herzfrequenz und den Atemantrieb.
Bei einer zu hohen Dosierung kann die Atmung aufhören und der Kreislauf zusammenbrechen, da beide Bereiche runterreguliert werden.
In diesem Fall muss der Betroffene beatmet werden und der Kreislauf muss medikamentös stabilisiert werden.
Bei den Antidepressiva ist eine mögliche Nebenwirkung eine Herzrhythmusstörung, welche durch regelmäßige EKG-Kontrollen erkannt werden soll.
Viele Sedativa verursachen bei Ersteinnahme zudem Übelkeit und Erbrechen.

Einige sedierende Medikamente haben zudem ein Suchtpotential.
Das bedeutet, dass zunächst ein Gewöhnungseffekt eintritt, bei dem Betroffene immer höhere Dosierungen benötigen, und später der Betroffene körperlich und auch psychisch abhängig von den Medikamenten wird.
Dies sind jedoch Nebenwirkungen, welche nur bei Langzeitanwendung auftreten.

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Wie viel kostet eine Sedierung?

Die Sedierung bei medizinischen Eingriffen oder diagnostischen Verfahren kostet ungefähr 75 Euro pro angefangene halbe Stunde.
Diese Kosten müssen Betroffene jedoch nicht immer selbst zahlen.
Wichtig ist hierbei die medizinische Notwendigkeit.
Eine Prämedikation vor Operationen zahlt die Krankenkasse.
Auch die Sedierung während einer Darmspiegelung ist eine Kassenleistung.

Bei der Sedierung während eines zahnärztlichen Eingriffs kommt es auf das Alter des Patienten an.
Bei Minderjährigen wird die Sedierung von der Kasse übernommen.
Erwachsene Patienten müssen je nach Eingriff die Kosten selbst tragen.
Einige Krankenkassen bieten ihren Patienten zusätzliche Leistungen an und übernehmen auch nicht gesetzlich vorgeschriebene Kosten.

Dies sollten Betroffene vor einem Eingriff bei ihrer Krankenkasse erfragen.
Die Sedierung ist im Vergleich zur Vollnarkose die kostengünstigere Alternative und zeitgleich auch nebenwirkungsärmer.
Die notwendige lokale Betäubung, welche auch bei sedierten Patienten durchgeführt wird, ist immer eine Kassenleistung.

Diese Medikamente werden eingesetzt

Es gibt viele verschiedene Gruppen an Medikamenten, welche für eine Sedierung genutzt werden können.
Die erste Gruppe sind die Benzodiazepine.
Hierzu gehören Diazepam, Lorazepam, Midazolam und viele weitere.
Die Einteilung der Benzodiazepine erfolgt nach der Wirkdauer.
Benzodiazepine haben einen schnellen Wirkeintritt.

Die nächste Gruppe der sedierenden Medikamente sind die Antidepressiva, zu denen Doxepin und Amitryptilin gehören.
Diese werden normalerweise zur Dämpfung von einem erhöhten Stressniveau auf ein normales Level genutzt und nicht zur Dämpfung bei Operationen.

Eine weitere Medikamentengruppe sind die Narkotika, wie Thiopental, Ketamin und Propofol.
Diese können in geringer Dosierung für eine Sedierung sorgen und in höherer Dosis für eine Vollnarkose genutzt werden.

Auch die Gruppe der Neuroleptika wirkt sedierend.
Neuroleptika, wie das Haloperidol, werden besonders bei psychotischen Zuständen zur Dämpfung gegeben.

Die starken Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide, wie Morphium oder Fentanyl, haben ebenfalls eine sedierende Wirkung.

Weitere Gruppen sind Barbiturate und Antihistaminika.
Zur leichten Sedierung können auch pflanzliche Mittel genutzt werden.
Hierzu zählen Baldrian, Zitronenmelisse, Passionsblume und echtes Johanniskraut.
Für Kurzeingriffe sind die Benzodiazepine nahezu immer das Mittel der Wahl.

Wie Johanniskraut als eine beliebte Heilpflanze wirkt, lesen Sie in unserem Artikel: So wirkt Johanniskraut

Dormicum

Dormicum ist ein Handelsname des Wirkstoffs Midazolam und somit ein Benzodiazepin.
Midazolam gehört zu den kurzwirksamen Benzodiazepinen und wird daher bevorzugt in der Prämedikation vor Operationen und bei Kurzeingriffen verwendet.
Es wirkt schlaffördernd und beruhigend.
In der Notfallmedizin wird Midazolam genutzt um die Nebenwirkungen von dem Schmerzmittel Ketamin abzupuffern.
Eine Dauerinfusion mit Midazolam kann zur Langzeitsedierung in der Intensivmedizin eingesetzt werden.

In der Spätschwangerschaft und bei stillenden Müttern ist Midazolam nicht zu empfehlen.

Sedierung bei Kindern – Das ist zu beachten

Bei Kindern ist eine Sedierung für diagnostische Verfahren, wie das MRT, oder kurze Eingriffe häufiger nötig, als bei Erwachsenen.
Dies liegt lediglich daran, dass Kinder noch kein Verständnis für die Notwendigkeit einer Maßnahme haben und daher nicht stillhalten.
Kinder haben je nach Alter einen anderen Stoffwechsel als Erwachsene, daher kann die Dosierung von sedierenden Medikamenten nicht einfach auf das Körpergewicht runtergerechnet werden.
Häufig benötigen kleine Kinder deutlich höhere Dosierungen um die gleiche Wirkung wie bei Erwachsenen zu erreichen.

Viele sedierende Medikamente sind schon im Säuglingsalter zugelassen.
Einige Benzodiazepine lassen sich nicht nur über einen venösen Zugang verabreichen, sondern können auch über die Nasenschleimhaut oder als Zäpfchen gegeben werden, was die Angst der Kinder vor der Sedierung bereits reduziert.
Bei allen sedierenden Verfahren im Kindesalter muss sichergestellt sein, dass ein Arzt, welcher Erfahrung mit Kinderintubation und venösen Zugängen bei Kindern, anwesend ist.
Die Ausstattung in den verschiedenen Abteilungen, wie der Radiologie, muss eine notfallmäßige Versorgung des Kindes ermöglichen.

Bei Kindern kommt häufiger als bei Erwachsenen zu den sogenannten paradoxen Reaktionen auf Benzodiazepine und die Kinder werden unruhig und ängstlich.
In diesem Fall muss eine Alternative zur Sedierung mit Benzodiazepinen vorgehalten werden.

Alle weiteren Informationen rund um die Narkose bei Kindern finden Sie im folgenden Artikel: Narkose bei Kindern - Ablauf, Risiken, Nebenwirkungen

Sedierung trotz Erkältung?

Eine leichte Erkältung stellt keine Kontraindikation für eine Sedierung dar.
Bei fiebrigen Infekten sollten jedoch medizinisch nicht notwendige Eingriffe verschoben werden.

In Notfällen ist auch eine Sedierung während eines fiebrigen Infekts möglich.
Bei einer starken Erkältung können die Atemwege gereizt und geschwollen sein, was eine Intubation im Notfall erschwert.
Bei notwendigen Prozeduren ist dies jedoch dennoch möglich.

Sedierung in der Schwangerschaft?

Einige sedierende Medikamente sind plazentagängig und muttermilchgängig.
Das bedeutet, dass die Gabe der Medikamente nicht nur die Mutter betrifft, sondern auch das Kind.
Benzodiazepine, die am häufigsten eingesetzten Sedativa, sind in der Spätschwangerschaft und Stillzeit nur bei absoluter Notwendigkeit einzusetzen, da sie zu Atemproblemen und Trinkschwäche beim Neugeborenen führen können.

Verschiedene Medikamente sind zu verschiedenen Zeitpunkten in der Schwangerschaft problematisch.
Im letzten Trimenon kann eine Sedierung mit Lachgas vorgenommen werden, da dies keine klinischen Schäden am Kind gezeigt hat.

Welche Alternativen zur Sedierung gibt es?

Bei einigen Betroffenen ist eine Sedierung aus verschiedenen Gründen nicht durchführbar.
Dies kann zum Beispiel durch eine Schwangerschaft oder auf Patientenwunsch sein.
Viele Eingriffe, welche in Sedierung vorgenommen werden, können auch in ausschließlich regionaler Anästhesie durchgeführt werden.

Bei zahnärztlichen Behandlungen oder auch bei Magenspiegelungen ist eine Sedierung nur eine Möglichkeit dem Betroffenen den Eingriff angstfrei und stressarm zu gestalten, aber keine Notwendigkeit.
Bei gegebener Notwendigkeit, wie dem Stillhalten im MRT, kann eine Vollnarkose die Sedierung ersetzen.
Eine Vollnarkose bedeutet im Gegensatz zur Sedierung, dass der Betroffene beatmet werden muss und eine durchgängige Kontrolle des Kreislaufs erforderlich ist.

Neben der medikamentösen Sedierung ist auch eine Hypnose oder eine verhaltenstherapeutische Begleitung bei Eingriffen möglich.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 07.12.2018 - Letzte Änderung: 22.10.2021