Erbrechen nach einer Narkose

Einleitung

Das Erbrechen nach einer Narkose ist eine Nebenwirkung einer Narkose, die von vielen Patienten gefürchtet wird. In der medizinischen Fachsprache wird auch vom sogenannten post operative nausea and vomiting, kurz PONV, gesprochen. Ohne eine Prophylaxe leiden bis zu 30 % der Patienten nach einer Allgemeinanästhesie unter Übelkeit und Erbrechen, sodass es sich um eine relativ häufige Nebenwirkung handelt. Letztendlich ist jeder 3. Patient von Übelkeit und Erbrechen nach einer Operation betroffen.
Es gibt verschiedene Faktoren, die dazu führen können. Dazu gehören beispielsweise Medikamenteneigenschaften, aber auch das Alter sowie das Geschlecht spielen eine Rolle. Jüngere Menschen sowie Frauen sind im Vergleich zur Restbevölkerung deutlich häufiger betroffen. Es sind jedoch nicht alle Entstehungsmechanismen vollständig verstanden.

Dauer

Das Erbrechen nach der Narkose beginnt in der Regel unmittelbar nach dem Eingriff bzw. nach dem Erwachen des Patienten. Die Dauer und Stärke der Übelkeit und des Erbrechens sind jedoch ganz unterschiedlich und hängen von verschiedenen Faktoren ab.
Gewisse Medikamente, bspw. Opioide und Inhalationsnarkotika, bergen ein höheres Risiko für ein Erbrechen nach der Narkose als andere Medikamente. Darüber klärt der Narkosearzt (Anästhesist) den Patienten jedoch individuell vor dessen Eingriff auf.

Weiterhin ist das Erbrechen auch von individuellen Faktoren des Betroffenen abhängig, sodass sich eine Dauer nur sehr schwer einschätzen lässt. In der Regel erfolgt eine gute Prophylaxe durch die Ärzte, dennoch kann ein Erbrechen nach der Narkose auftreten. Meistens dauert es bis zu 24 Stunden mit Unterbrechungen an. Die Wahrscheinlichkeit für ein Wiederauftreten des Erbrechens ist innerhalb von 35 Stunden nach dem Eingriff immer noch hoch. Um die Dauer dieser Periode zu durchbrechen empfiehlt es sich frühzeitig mit einer medikamentösen Therapie gegen das Erbrechen vorzugehen. Meistens kommen Kombinationen mehrerer Medikamente zum Einsatz.

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Ursachen

Die Entstehung und alle Ursachen für das Erbrechen nach einer Narkose sind zu dem jetzigen Zeitpunkt der Forschung noch nicht abschließend geklärt. Es gibt jedoch einige Risikofaktoren, die als gesichert erscheinen. Man unterscheidet patientenbedingte von den anästhesiebedingten Risikofaktoren.

Ein höheres Risiko besitzen Frauen und jüngere Menschen gegenüber der restlichen Bevölkerung. Auch scheinen Menschen öfter betroffen zu sein, die in ihrem Leben bereits an einer Reiseübelkeit litten. Weiterhin sind Raucher weitaus seltener betroffen als Nichtraucher. Nachdem man in der Vergangenheit bereits unter Erbrechen nach einer Narkose gelitten hat, erhöht sich das Risiko nach einem Eingriff erneut darunter zu leiden.

Auch gewisse Aspekte der Anästhesie stellen Risikofaktoren für das Erbrechen nach der Narkose dar. Letztendlich sind die genauen Ursachen dafür jedoch nicht klar. Sogenannte volatile Anästhetika scheinen dabei ein erhöhtes Risiko zu verursachen. Das sind Anästhetika, die inhaliert werden. Auch die Gabe von Opioiden nach oder während der Operation scheinen das Risiko für das Erbrechen nach der Narkose zu erhöhen. Die Art der Operation scheint einen Einfluss zu haben, gesichert ist dieser Faktor jedoch nicht.

Das Erbrechen selbst entsteht durch spezielle Rezeptoren im Gehirn, an die Botenstoffe wie zum Beispiel Serotonin oder Dopamin binden. Es ist ein komplizierter Prozess, der durch das Zusammenspiel verschiedener Strukturen der Speiseröhre, des Gleichgewichtsapparates und des Nervensystems entsteht. Weshalb jedoch insbesondere nach einer Narkose Erbrechen und Übelkeit entsteht, ist nicht geklärt.

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Opioide Schmerzmittel

Opioide Schmerzmittel werden in fast jeder Narkose zur ausreichenden Schmerfreiheit verabreicht.
Eine der häufigsten Nebenwirkungen nach Einnahme von Opioiden sind Übelkeit und Erbrechen. Dies ist auf die spezielle Wirkung von Opoidmedikamenten im Gehirn zurück zu führen. Unter anderem stimulieren Opioide Dopamin-abhängige Rezeptoren in der Area postrema, wodurch das Brechzentrum in der Formatio reticularis stimuliert wird und zu Übelkeit und Erbrechen führt.

Ist eine Neigung zu postoperativer Übelkeit bekannt, oder bestehen viele Risikofaktoren für das Auftreten von postoperativer Übelkeit, können direkt nach Einleitung der Narkose antiemetische Medikamente (gegen Übelkeit und Erbrechen) zu Prophylaxe verabreicht werden.

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Diagnose

Die Diagnose lässt sich relativ einfach stellen.
Die Patienten klagen nach dem Eingriff über Übelkeit und Erbrechen. Ihr Allgemeinzustand ist dadurch verschlechtert. Es kann durch das Erbrechen zu Komplikationen kommen, die dann diagnostisch weiter abgeklärt werden müssen. Dazu gehören Störungen des Elektrolythaushaltes oder eine Behinderung der Atmung.

Die primäre Diagnose der postoperativen Übelkeit und des Erbrechens lassen sich jedoch ganz einfach dadurch stellen, dass der Patient sich unmittelbar nach einem chirurgischen Eingriff erbricht und ihm schlecht ist.

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Wie lange dauert die Übelkeit an?

Wie lange die postoperative Übelkeit anhält, ist sehr individuell und lässt sich nicht verallgemeinern.
Einige Betroffene haben nur leichte Übelkeit in der ersten Stunde nach dem Aufwachen aus der Narkose, andere leiden noch Stunden an schwerem Erbrechen. Auch die Dauer und Art der Operation gibt keinen Anhalt über die Stärke der hinterher möglicherweise auftretende Übelkeit.
Lediglich die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von postoperativer Übelkeit lässt sich mithilfe des Apfel-Scores berechnen und die Indikation für eine Prophylaxe stellen.

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Begleitende Symptome

Das Erbrechen nach der Narkose stellt einen unangenehmen Zustand dar. Die Patienten klagen über Übelkeit und einen Brechreiz. Dadurch ist das allgemeine Wohlbefinden verständlicherweise eingeschränkt, sodass auch die Wahrnehmung postoperativer Schmerzen anders sein kann. Subjektiv erscheinen vielen Patienten ihre Beschwerden dann stärker und sie fühlen sich unwohl und krank.

Durch das Erbrechen kann es zu Störungen des Elektrolythaushaltes kommen, die ganz verschiedene Folgeerscheinungen nach sich ziehen können, wie bspw. eine erhöhte Herzfrequenz oder ein Zittern. Bei fehlenden Schutzreflexen kann es passieren, dass Magensaft durch das Erbrechen in die Atemwege gelangt, sodass im schlimmsten Fall ein Mendelson-Syndrom entstehen kann. Dabei handelt es sich um eine Lungenentzündung, die innerhalb von 2 bis 12 Stunden Atemprobleme mit Luftnot und einer mangelnden Versorgung mit Sauerstoff führen kann.

Auch eine Verlegung der Atemwege, welche man als Atemwegsobstruktion bezeichnet, kann im Rahmen des postoperativen Erbrechens entstehen. Gefährdet sind vor allem Patienten, die vor einer Operation feste Nahrung zu sich genommen haben.

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Therapie

Man kann selbst nicht viel dagegen tun, um sich nach dem Eingriff nicht zu erbrechen. Wenn man darunter leiden sollte, ist es wichtig, sich frühzeitig bei der Pflege oder dem ärztlichen Personal zu melden.
Es ist nämlich sehr wichtig, dass diese schnell eine Therapie einleiten, um das Erbrechen zu bessern oder zu stoppen. Es empfiehlt sich Ruhe zu bewahren und zu versuchen, sich zu beruhigen und zu entspannen. Die Nahrungsaufnahme sowie das Trinken sind ohnehin nach einer Operation meistens nicht direkt erlaubt. Bei Übelkeit und Erbrechen sollte man dies jedoch auch von selbst unterlassen, um keinen weiteren Brechreiz zuzuführen und das Risiko einer Aspiration zu verringern.
Zur Behandlung werden sogenannte Antiemetika gegeben, die relativ schnell eine Besserung der Symptome bewirken sollten.

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Homöopathie

Homöopathische Mittel haben nachweislich weder einen Nutzen noch einen Vorteil zur Behandlung des Erbrechens nach einer Narkose. Es ist strengstens davon abzuraten nach einer Operation irgendwelche homöopathischen Mittel einzunehmen. Einige dieser Mittel enthalten Alkohol oder pflanzliche Inhaltsstoffe, die das Erbrechen nur noch verstärken können.

Außerdem ist insbesondere im Krankenhaus vom eigenständigen Einnehmen von Medikamenten, außer es sollte mit den behandelnden Ärzten abgesprochen sein, unbedingt abzusehen, da für einen guten Therapieerfolg immer bekannt sein muss, was der Patient einnimmt.
Problematisch sind insbesondere Substanzen, deren genaue Inhaltsstoffe nicht bekannt sind. Sollte es zu Komplikationen, Allergien oder anderen Problemen kommen, können Ärzte und das Pflegepersonal nicht adäquat darauf reagieren. Gerade nach einer Narkose sollte der Körper jedoch geschont werden und jegliche Komplikation ist zu vermeiden.

Erbrechen nach einer Narkose beim Kind oder Kleinkind

Auch Kinder sind von Erbrechen nach einer Narkose betroffen. Dabei sind Kinder vor dem 3. Lebensjahr eher selten betroffen.
Nach dem 3. Lebensjahr nimmt die Häufigkeit jedoch zu, sodass sie zwischen dem 6. und dem 10. Lebensjahr ihren Häufigkeitsgipfel erreicht. Die Problematik bei Kindern und Säuglingen besteht darin, dass nicht dieselben Risikofaktoren wie für Erwachsene angenommen werden können, um das Risiko für das Erbrechen nach der Operation abschätzen zu können.

Es wurde ein vereinfachtes System entwickelt, um das Risiko ungefähr abschätzen zu können. Demnach sind Kinder nach dem 3. Lebensjahr häufiger von Erbrechen nach der Narkose betroffen. Weiterhin haben Kinder, die selbst oder deren Verwandten 1. Grades bereits einmal unter einer Reisekrankheit gelitten haben, ein höheres Risiko, sich nach einer Narkose zu erbrechen. Es gibt noch zwei weitere Risikofaktoren, die für Kinder gelten. Dies ist zum einen ein Eingriff, der länger als 30 Minuten dauert, und zum anderen eine Schieloperation (Strabismusoperation). Es ist jedoch nicht klar, warum dies so ist.

Auch für Kinder gelten die selben Therapie- und Vorsorgemaßnahmen wie für Erwachsene. Jedoch kann die Dosierung der verwendeten Medikamente variieren. Die Medikamente werden anders als bei Erwachsenen nicht nach einem festen Dosierungsschema gegeben, sondern werden speziell an das Körpergewicht des Kindes angepasst.

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Was kann man im Vorfeld tun, um Erbrechen nach einer Narkose zu verhindern?

Das Erbrechen nach einer Narkose ist leider nichts, das man in besonderem Maße durch das eigene Verhalten beeinflussen kann. Die meisten Risikofaktoren sind Dinge, an denen sich eben nichts ändern lässt, wie bspw. das Alter oder Geschlecht.
Auch auf die Medikamentenwahl der Anästhesie hat man als Patient keinen Einfluss und oftmals sind gewisse Medikamente, die das Erbrechen mitverursachen können, notwendig für den Eingriff. Als Patient sollte man vor einer Narkose, die Anweisungen des Narkosearztes befolgen. Insbesondere ist es wichtig, vor einer Narkose nicht zu essen und nicht zu trinken. Der Narkosearzt teilt im Vorfeld die Länge des Zeitraums mit, in dem man nicht essen und trinken sollte. Für die Narkose ist dies sehr wichtig, da es sonst zu Komplikationen kommen kann. Direkt kann man jedoch keinen Einfluss auf das Erbrechen nach der Narkose nehmen.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 28.11.2016 - Letzte Änderung: 22.10.2021