Optische Täuschung

Optische Täuschungen oder Illusionen sind Wahrnehmungstäuschungen des Gesichtssinnes, demzufolge des Sehens. Optische Täuschungen können in allen Teilbereichen des Sehens auftreten, so gibt es zum Beispiel die Optische Täuschungen als Tiefenillusionen oder Optische Täuschungen als Farbillusionen.

Optische Täuschungen

Synonyme im weiteren Sinne

optische Illusionen, visuelle Illusion

Englisch: visual trick, optical illusion

Definition

Unter optische Täuschungen oder optische Illusionen versteht man Wahrnehmungstäuschungen des Gesichtssinnes, also des Sehens.
Diese können in fast allen Teilbereichen des Sehens vorkommen, so gibt es zum Beispiel die:

  • Tiefenillusionen
  • Farbillusionen
  • geometrische Illusionen
  • und viele mehr.

Wie entstehen optische Täuschungen

Optische Täuschungen kommen dadurch zustande, dass das Sehsystem einen Sehreiz falsch interpretiert.
Ein Bild, das uns am Ende bewusst wird, entsteht nämlich nicht allein durch objektive Informationen von Auge und Nervenzellen, sondern entsteht erst im Zusammenspiel mit unserem Gehirn.
Was wir also schließlich wahrnehmen, ist subjektiv und entsteht aus der Verarbeitung von einem Sehreiz mit vorhandenen Erfahrungen und Erinnerungen.

Mithilfe von zusätzlichen Informationen der übrigen Sinne oder durch das Entfernen von auslösenden Faktoren lassen sich optische Täuschungen häufig zeigen und beweisen.

In der Wahrnehmungspsychologie werden optische Täuschungen untersucht, da diese Rückschlüsse über die Weiterverarbeitung von optischen Reizen im Gehirn erlauben. Die Gestaltpsychologie nutzt optische Täuschungen, indem sie sie systematisch produziert und analysiert.
Lesen Sie dazu auch unsere Erklärung zur optischen Täuschung.

Typen von optischen Täuschungen

Es gibt praktisch unendlich viele verschiedene optische Täuschungen, die sich jedoch aufgrund ihrer Entstehung in verschiedene Gruppen einteilen lassen.

1. Relativität von Helligkeit

Gerade die Wahrnehmung von Helligkeitsunterschieden ist sehr subjektiv. Im Dämmerlicht erscheint der gleiche Farbton viel heller als bei starkem Sonnenlicht. Aus diesem Grunde wirkt ein grauer Balken, der überall den gleichen Grauwert hat, auch in einer dunklen Umgebung heller als in einer hellen Umgebung. Außerdem kann das Gehirn auch das Verhältnis von Licht und Schatten interpretieren. Das Gehirn hat die Erfahrung gemacht, dass ein Gegenstand im Schatten dunkler aussieht. Es schreibt folglich dem gleichen Farbton eine hellere Färbung zu, wenn es ihn in einem Schatteneffekt vermutet, da die Farbe ja „erst durch den Schatten dunkler geworden ist“.

2. Relativität von Farben

Wenn man etwa eine halbe Minute lang mit den Augen ein grünes Quadrat fixiert und danach direkt auf eine danebenliegende weiße Fläche blickt, erscheint hier ein rötliches Quadrat. Das liegt daran, dass wir auf der Netzhaut ein sogenanntes Nachbild in der Komplementärfarbe des zuvor betrachteten Objektes sehen (Komplementärfarben: rot-grün; blau-orange; lila-gelb). Das negative Nachbild entsteht dadurch, dass die Farbrezeptoren in der Netzhaut praktisch „ermüden“. Nach einer dauerhaften Erregung, die mindestens 30 Sekunden andauert, „erblinden“ diese Rezeptoren vorübergehend, was bedeutet, dass sie keine Signale mehr ans Gehirn senden. In der Zeit, die sie zum Regenerieren benötigen, überwiegen dann relativ die Signale der Komplementärfarben, die eigentlich weiße Fläche scheint also rot.

3. Relativität von Größe

Auch in der Optik ist alles relativ. Unser Gehirn bewertet eine Figur nicht für sich allein, sondern immer im Kontext. Ein Kreis, der von vielen kleinen Kreisen umgeben ist, kommt uns daher größer vor als ein Kreis gleicher Größe, der von vielen großen Kreisen umgeben ist. Der Eindruck von „relativ“ größer bzw. kleiner wird also übertragen.
Darüber hinaus wird ein Bild auch stets als Teil der dreidimensionalen Welt bewertet. Das bedeutet, dass das Gehirn bei der Verarbeitung von Bildern aus Erfahrung davon ausgeht, dass Gegenstände mit zunehmender Entfernung vom Auge kleiner werden. Auf Bildern, die uns den Eindruck von räumlicher Tiefe vermitteln, scheinen gleich große Gegenstände bzw. Personen am unteren Bildrand kleiner zu sein als hinten. Diese Art der optischen Täuschung kann man sich demnach in Architektur, Fotografie und Film zunutze machen, um bestimmte Objekte dem Auge des Betrachters größer oder kleiner bzw. näher oder entfernter vorkommen zu lassen.

4. Bewegungsillusionen

Es gibt viele optische Täuschungen, bei denen der Betrachter glaubt, dass Teile eines Bildes sich bewegen würden. Um diese Illusion auszulösen, muss in manchen Fällen der Kopf selbst bewegt werden, manchmal jedoch auch nicht. Die Bewegung ist im Regelfall an jenen Stellen zu bemerken, die in diesem Augenblick nicht vom Auge fokussiert werden. Eine Bewegungsillusion entsteht immer dann, wenn man ein (häufig kleines) Objekt ansieht, das sich vor einer Umgebung befindet, die keinen Anhaltspunkt für eine räumliche Lage gibt.

5. Relativität von parallel/ gerade

Linien, die eigentlich gerade sind, können dem Betrachter schief erscheinen, wenn der Gesamteindruck des Bildes zum Beispiel durch unterschiedliche Farbspiele oder andere Störelemente irritiert wird. Dadurch wirken gerade Linien häufig gekrümmt.

Auch zwei Parallelen können zueinander schief erscheinen, wenn andere Linien in der Umgebung sich störend auf das Gesamtbild auswirken.

Dieses Phänomen der optischen Täuschung wurde 1874 zum ersten Mal von Hugo Münsterberg beschrieben und ist aus diesem Grund auch unter dem Namen „Münsterberg-Täuschung“ bekannt.

6. Verstärkung von Kontrasten

Bei der Verarbeitung von Sehinformationen werden bereits vorhandene Kontraste von Bildern durch das Gehirn verstärkt. Bei einem weißen Gitternetz auf schwarzem Untergrund meint ein Betrachter, in den Schnittpunkten der weißen Linien graue Farbtupfer aufleuchten zu sehen, weil die Kontraste überbetont werden. Die grauen Flecken sind allerdings nur zu sehen, solange man sich nicht auf sie konzentriert. Weil diese Beobachtung erstmals von Ludimar Hermann angestellt wurde, wird das Gitter entsprechend auch als Hermann-Gitter bezeichnet.

7. Wahrnehmung nicht vorhandener Objekte

Das Gehirn richtet sich bei der Verarbeitung von Seheindrücken sehr stark nach Linien und Kanten, da diese für es eine Orientierung darstellen. Außerdem neigt es dazu, bei der Erkennung von Mustern zu versuchen, Bekanntes wiederzuentdecken. Folglich werden Linien und Kanten bei der Wahrnehmung ergänzt, die dann dazu dienen, dass ein bekanntes Objekt entsteht. Das führt dazu, dass man sich zum Beispiel beim Betrachten eines Bildes mit Kreisen, die an bestimmten Stellen Aussparungen haben, einbildet, ein weißes Dreieck zu erkennen.

8. Unterschiedlich wahrnehmbare Objekte

Einige Objekte können aus verschiedenen Sichtweisen auf mehrfache Art und Weisen wahrgenommen werden. Dazu zählen die sogenannten Kipp-Figuren wie der Necker-Würfel. Hier bestimmt unsere individuelle Erfahrung die Lage, in der die Figur (der Würfel) vorzugsweise wahrgenommen wird, wobei man allerdings trotzdem in der Lage ist, beide Betrachtungsweisen nachzuvollziehen. Der Ausdruck „Kipp-Figur“ kommt daher, dass der Würfel scheinbar kippt, wenn man sich bei längerem Betrachten auf die eine Lage des Würfels konzentriert.

Optische Täuschungen im Alltag

In diversen Bereichen des täglichen Lebens lassen sich optische Täuschungen gezielt einsetzen, um bestimmte Effekte zu erzielen. So wird zum Beispiel beim Film die Bewegungsillusion ausgenutzt, wodurch das schnelle Hintereinanderreihen von einzelnen Bildern die Illusion einer Bewegung erzeugt. Auch in der Malerei werden einige optische Täuschungen als Stilmittel verwendet, zum Beispiel um optische Vergrößerungen zu erzielen.

Andererseits treten natürlich auch im Alltag ungewollte optische Täuschungen ein, die unsere Wahrnehmung austricksen, was zu Verwirrungen führen kann. So scheinen unter gewissen Gegebenheiten zum Beispiel Straßen bergab zu führen, die in Wirklichkeit bergauf verlaufen und umgekehrt. Das Phänomen der Bewegungsillusion lässt sich zum Beispiel immer dann beobachten, wenn sich ein einzelner Stern am dunklen Himmel befindet, der sich dann zu bewegen scheint.

Zusammenfassung

Optische Täuschungen sind fester Bestandteil unseres täglichen Lebens. Sie beruhen auf der Tatsache, dass unsere Wahrnehmung subjektiv ist und objektive äußere Reize stark durch das Gehirn und bereits gemachte Erkenntnisse und Erfahrungen beeinflusst werden. Häufig nehmen wir optische Täuschungen nur unbewusst wahr oder realisieren gar nicht, dass wir einer Illusion erliegen, bis das Ausschalten der auslösenden Faktoren oder das Hinzuziehen von Informationen der anderen Sinnesorgane das Gegenteil belegt. Das wird in unterschiedlichen Bereichen wie Film, Malerei oder Architektur ausgenutzt.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 19.04.2011 - Letzte Änderung: 21.06.2024