Pflegegrad 4

Definition

Der Pflegegrad 4 beschreibt die „schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“. Schwer Pflegebedürftige, die diesem Pflegegrad zugeordnet werden, erhalten entsprechende Leistungen von der Pflegeversicherung. Die Betroffenen müssen einen Antrag auf Pflegegrad einreichen, der von einem Gutachter des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) oder MEDICPROOF bei Privatversicherten überprüft wird.
Neben neuen Antragstellungen auf Pflegebedürftigkeit, erhalten Pflegebedürftige mit Pflegestufe 3 und Pflegestufe 2 plus eingeschränkter Alltagskompetenz ebenfalls den Pflegegrad 4.

Welche Voraussetzungen braucht man für Pflegegrad 4?

Um den Pflegegrad 4 zu erhalten, muss zunächst ein Antrag auf Pflegegrad gestellt werden. Die Antragsstellung erfolgt durch den Betroffenen selbst oder durch einen gesetzlichen Betreuer. Ein Begutachter des MDK oder MEDICPROOF ermittelt schließlich den Pflegegrad der Antragsstellung mithilfe des „Neuen Begutachtungsassessments“ (NBA).

Das NBA besteht aus 6 verschieden Modulen, die jeweils mit einer bestimmten Punktzahl zu einem Testergebnis führen, dass dem Pflegebedürften einen Pflegegrad zuordnet.

  • Zu 10% geht das Modul „Mobilität“ in das NBA ein. Dazu gehören das Umsetzen oder Fortbewegen der Betroffenen im Alltag oder ein Positionswechsel/Lagewechsel.
  • "Kognitive und kommunikative Fähigkeiten“ machen 7,5% der erreichbaren Punktzahl aus. Damit sind eine örtliche und zeitliche Orientierung gemeint und wie der betroffene Pflegebedürftige an Gesprächen beteiligt ist. Verständnis der Gespräche und Aufforderungen spielen ebenfalls eine Rolle in der Bewertung der kommunikativen Fähigkeiten.  
  • Das Modul „Verhaltensweisen und psychische Problemlagen“ fließt auch zu nur 7,5% in die Untersuchung an. Damit sind Aspekte wie beispielsweise nächtliche Unruhe oder Aggression, körperlich und verbal, gemeint.
  • Ganze 40% der möglichen Punktzahl machen Themen aus, die unter den Bereich „Selbstversorgung“ fallen. Dazu gehören unter anderem Körperpflege, das Ankleiden sowie die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme des Pflegebedürftigen.
  • Das fünfte Modul heißt „Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen“. Es fließt zu 20% in die Fragen des NBA ein und umfasst zum Beispiel Injektionen von Medikamenten, Stoma- und Wundversorgung sowie Arztbesuche.
  • Letztes Modul ist die „Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte“. Dieses Modul macht 15% der Punktzahl des neuen Begutachtungsassessments aus. Die Kontaktpflege, selbstständige Beschäftigung und die Gestaltung des Tagesablaufs sind wichtige Aspekte bei der Bewertung dieses Moduls.

    Insgesamt sind 100 Punkte erreichbar. Die Voraussetzung, um den Pflegegrad 4 zu erhalten, ist, dass der betroffene Pflegebedürftige im NBA eine Punktzahl zwischen 70 und unter 90 Punkten erhält.

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Welche Leistungen erhält man mit dem Pflegegrad 4?

Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 4 haben Anspruch auf verschiedene Leistungen von der Pflegekasse. Da die entsprechenden Pflegebedürftigen in ihrer Selbstständigkeit stark beeinträchtig und auf Hilfe angewiesen sind, erhalten sie vergleichsweise viele Hilfeleistungen der Pflegeversicherung.

  • Die Pflegebedürftigen erhalten zunächst Pflegegeld, wenn sie durch Angehörige oder Freunde/Bekannte im eigenen Zuhause betreut werden. Dabei haben die Pflegebedürften Anspruch auf ein Pflegegeld von monatlich 728€.  
  • Daneben erhalten Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 4 sogenannte Pflegesachleistungen. Wird der Pflegebedürftige im häuslichen Umfeld durch einen ambulanten Pflegedienst versorgt, stehen ihm Pflegesachleistungen in Höhe von 1.612€ monatlich zu. Die Pflegesachleistungen sind für die Pflege, Betreuung und Hilfen bei der Haushaltsführung gedacht.
  • Betroffenen steht seit 2017 außerdem der neue „Entlastungsbeitrag“ zu. Dieser beträgt 125€ monatlich und wird für Betreuungs- und Entlastungsdienstleistungen gemeint. Damit ist zum Beispiel die Teilnahme an Betreuungsgruppen für geistige und körperliche Aktivierung gemeint sowie ein Alltagsbegleiter für Spaziergänge, Einkaufshilfen oder Haushaltshilfen.
  • Daneben steht den Pflegebedürftigen Kurzzeitpflege nach einem Krankenhaushalt zu. Sie haben Anspruch auf einen Zuschuss für Kurzzeitpflege im Wert von 1.612€.
  • Darüber hinaus gibt es eine sogenannte Verhinderungspflege. Für den Fall, dass der pflegende Angehörige/Freund/Bekannte des Pflegebedürftigen selbst krank ist oder Urlaub macht, kann der Pflegebedürftige eine „Verhinderungspflege“ durch professionelle Pflegekräfte bekommen. Dafür stehen 28 Tage im Jahr 1.612€ zur Verfügung.
  • Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4 erhalten monatlich 1.612 € für Tages- und Nachtpflege.
  • Pflegebedürftige können außerdem die Finanzierung für Pflegehilfsmittel, Wohnraumanpassung sowie Pflegekurse für Angehörige beantragen. So haben Betroffene Anspruch von 40€ monatlich für medizinische Hilfsmittel, zum Beispiel Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel oder Bettschutzeinlagen. Für einen medizinisch notwendigen Wohnraum werden Maßnahmen von bis zu 4.000€ von der Pflegekasse finanziert. Damit sind Umbauten gemeint, wie der Einbau eines Treppenlifts oder ein barrierefreies Badezimmer mit behindertengerechter Dusche etc..
  • Ist für den Betroffenen mit Pflegegrad 4 eine Pflege in einem Pflegeheim nötig, gewährleistet die Pflegeversicherung monatlich 1.775€ für die Pflege und Betreuung in einem Pflegeheim (stationäre Pflege). Häufig sind die Kosten für das Pflegeheim damit leider nicht gedeckt und Bewohner müssen einen Eigenanteil tragen.

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Welche Vergütung erhält man, wenn man als Angehöriger pflegt?

Pflegt man als Angehöriger, Freund oder Bekannter einen Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 4, erhält man ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 728€. Dem pflegenden Angehörigen stehen außerdem kostenlose Pflegekurse zu. Diese werden seit 2017 von Pflegekassen gemäß § 45 SGB XI angeboten.

Weitere Informationen hierzu finden Sie auf folgeder Seite: Häusliche Pflege

Wie stellt man den Antrag?

Um einen Antrag auf einen Pflegegrad zu stellen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine Möglichkeit ist ein direkter Anruf bei der Krankenkasse. Die Krankenkasse bei der man versichert ist, ist mit der zuständigen Pflegekasse assoziiert. Entweder man lässt sich über die Krankenkasse mit der Pflegkasse verbinden oder ruft, wenn man die Kontaktdaten hat, direkt die zuständige Pflegekasse an. Man teilt dabei telefonisch mit, dass man für eine bestimmte Person oder sich selbst einen Antrag stellen möchte.
Man kann sich außerdem schriftlich um eine Antragsstellung bemühen. Dafür schreibt man einen Brief mit den Worten „Hiermit beantrage ich, XY, die Leistungen der Pflegeversicherung und bitte um kurzfristige Begutachtung.“. Außerdem fügt man den vollen Namen, Anschrift und Versichertennummer hinzu. Man kann diesen Brief an die Krankenkasse senden, welche den Antrag dann an die Pflegekasse weiterleitet, oder direkt an die Pflegekasse schicken.
Darüber hinaus gibt es in vielen Orten die Möglichkeit, sich vor Ort an einem „Pflegestützpunkt“ zu melden und mit Unterstützung einen Antrag zu stellen.

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Wo stellt man den Antrag?

Den Antrag auf einen Pflegegrad stellt man bei den Pflegekassen. Die Pflegekassen sind Träger der sozialen Pflegeversicherung. Die Pflegeversicherung ist mit der Krankenkasse verbunden. Das bedeutet, wenn ich bei der TK oder AOK versichert bin, ist die für mich zuständige Pflegekasse dort anzutreffen. Den Antrag kann ich bei der Pflegeversicherung direkt stellen oder bei meiner Krankenversicherung, welche den Antrag dann weiterleitet.
Man kann den Antrag vor Ort in einer Niederlassung der Krankenkasse stellen, aber auch telefonisch oder per Post. In größeren Städten gibt es „Pflegestützpunkte“. Dort gibt es Helfer, die einen mit dem Antrag auf Pflegegrad unterstützen.

Kurzzeitpflege

Kurzzeitpflege bezeichnet eine vollstationäre Pflege, die ein Pflegebedürftiger zum Beispiel nach einem Krankenhausaufenthalt benötigt. Ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 4 hat Anspruch auf einen Zuschuss von bis zu 1.612€ für Kurzzeitpflege bis zu 28 Tage im Jahr. Das bedeutet, dass wenn ein Pflegebedürftiger nach einem Krankenhausaufenthalt intensive (vollstationäre) Pflege benötigt, er vier Wochen lang von der Pflegekasse bezuschusst wird.
Dabei gibt es Besonderheiten. Wenn der betroffene Pflegebedürftige im laufenden Jahr keine „Verhinderungspflege“ beansprucht, stehen ihm bis zu 3.224€ Zuschuss für maximal 8 Wochen Kurzzeitpflege zu. Die Pflegekassen gewähren den Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 4 in den bis zu 8 Wochen Kurzzeitpflege die Hälfte ihres Pflegegeldes, also 364€ im Monat.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 13.12.2017 - Letzte Änderung: 19.07.2023