Pflegegrade bei Demenz

Einleitung

Bei einer Demenz treten verschiedenste Defizite auf unterschiedlichsten Ebenen der Funktionalität des Gehirns auf. Sowohl Einschränkungen im Denken, also in den kognitiven Fähigkeiten, als auch Verluste in emotionalem oder sozialem Verständnis sind Teile des Krankheitsbildes.

Je weiter die Erkrankung und damit in den meisten Fällen auch die Demenz voranschreitet, desto unselbstständiger werden die Patienten im alltäglichen Leben. Immer mehr Fähigkeiten gehen verloren und müssen durch andere Hand ersetzt werden, bis eine vollständige Pflege benötigt wird. Dabei kann der Aufwand je nach Schweregrad der Demenz schwanken – somit werden auch demenzielle Patienten unterschiedlichen Pflegegraden zugeteilt.
Die fünf verschiedenen Pflegegrade helfen dabei bei einer Unterteilung und müssen durch qualifiziertes Personal bestimmt werden. Der Überprüfung der pflegerischen Anforderungen geht immer ein Antrag auf einen Pflegegrad voraus.

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Ehemalige Einteilung in Pflegestufen

Seit der neuen Pflegereform, die seit 1.1.2017 gültig ist, wurden die Pflegestufen von den Pflegegraden abgelöst. Dadurch hat sich die Situation für Demenzkranke in Deutschland deutlich verbessert. Zuvor wurden Demenzkranken nur dann Pflegebedürftigkeit zugesprochen, wenn sie neben der Demenz unter körperlichen Beschwerden litten. Je nachdem, wie stark eingeschränkt Demenzkranke in ihrer Alltagsbewältigung sind, erhalten sie die Pflegegrade 1, 2 oder 3. 

Neben aktuellen Informationen zu diesen ersten drei Pflegegraden finden Sie hier weiterhin Informationen zu den Pflegestufen 0 bis 3, da aufgrund der erst kürzlichen Änderung anfang des Jahres der Begriff "Pflegestufen" immer noch kursiert.

Wenn weitere körperliche Beschwerden vorliegen und damit die Pflegebedürftigkeit steigt, können Betroffene auch in höhere Pflegegrade eingestuft werden.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema: Pflegegrade und Pflegestufen

Antragstellung zur Pflegehilfe - So ist der Ablauf!

Wenn Angehörige demenzieller Patienten bemerken, dass eine selbständige Versorgung in den eigenen vier Wänden auf Dauer nicht mehr gewährleistet werden kann, muss der oder die Betroffene pflegerisch unterstützt werden. Besteht der Wunsch, weiterhin im eigenen Wohnsitz zu verbleiben oder kann das Geld für ein Pflegeheim nicht aufgebracht werden, so sollte Pflegehilfe beantragt werden:

  • Dies lässt sich einfach auf schriftlichem Wege ohne komplizierte Formulare durchsetzen. Die Pflegekasse, welche sich mit der entsprechenden Problematik auseinander setzt, kann über die Krankenversicherung kontaktiert werden.
  • Der Antragstellung folgt eine kostenlose Überprüfung des Pflegebedarfs, der bei dem Patienten besteht. Dies wird durch den MDK, dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, durchgeführt, welcher mit den Kranken- und Pflegekassen zusammenarbeitet.
  • Vor Besuch eines professionellen Mitarbeiters ist es ratsam, ein Pflegetagebuch mit den täglich anfallenden Aufgaben anzulegen und hilfreiche Notizen zu sammeln. Der Bericht über den Besuch wird anschließend durch den MDK an die Krankenkasse weitergeleitet, welche über die Vergabe von Pflegegraden entscheidet.
  • Oftmals fallen die Berichte demenzieller Patienten nicht sehr zufriedenstellend für die Angehörigen aus. Auch wenn es zu Einschränkungen im Alltag des Patienten und seiner Mitmenschen kommt, können grundsätzliche Fähigkeiten, wie Essen, Ankleiden und Hygiene, meist noch lange nach klinischer Manifestation der Demenz ausgeführt werden. 
  • Auch kann der Zustand des Patienten tagesabhängig schwanken und beim Besuch ein verzerrtes positives Bild der Gesamtsituation geben.
  • Sollten die Angehörigen nicht einverstanden mit dem Entschluss sein, kann gesetzlicher Widerspruch eingelegt und eine erneute Überprüfung gefordert werden.

Pflegegrad 1

Der Pflegegrad 1 wird Pflegedürftigen zugeteilt, die bisher keine Pflegestufe hatten. Vorteilhaft ist dieser neue Pflegegrad vor allem für Patienten mit Demenz.

Gutachter des MDK prüfen den Pflegegradantrag und sprechen Pflegebedürftigen mit einer Punktzahl von 12,5 bis <27 im neuen Begutachtungsassessment diesen Pflegegrad zu. Diese Punktzahl wird anhand verschiedener Module berechnet, wie

  • Mobilität
  • kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  • Verhaltensweisen und psychische Schwierigkeiten
  • Selbstversorgung
  • Bewältigung von krankheits- oder therapiebezogenen Belastungen
  • Gestaltung des Alltags und des sozialen Lebens.

Der Pflegegrad 1 entspricht einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung der Selbstständigkeit, die aber noch recht gering ist. Menschen mit Pflegegrad 1 erhalten weder Pflegegeld für die Pflege zu Hause oder Pflegesachleistungen noch ambulante Geldleistungen.

Sie erhalten aber einen „zweckgebundenen ambulanten Entlastungsbetrag“ von 125€ im Monat. Vorgesehen ist dieser Betrag vor allem zur Finanzierung von Betreuung, Beaufsichtigung und Anleitung der Pflegebedürftigen zu tagesstrukturierenden Maßnahmen.

Pflegegrad 2

Mit der Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrade wurden automatisch alle Pflegebedürftigen mit Pflegestufe 0 und 1 in den Pflegegrad 2 überführt. Außerdem wird dieser Pflegegrad Menschen zugeschrieben, deren Selbstständigkeit erheblich beeinträchtigt ist. Hierfür ist eine Punktzahl von 27 bis 47,5 im neuen Begutachtungsassessment nötig.

Die Pflegebedürftigen erhalten ein monatliches Pflegegeld von 316€, wenn sie durch Angehörige zu Hause gepflegt werden. Außerdem stehen Ihnen Pflegesachleistungen von monatlich 689€ zu, die von ambulanten Pflegediensten direkt mit den Pflegekassen selbst abgerechnet werden.

Demenzkranke erhalten damit deutlich mehr Pflegegeld als zuvor im Pflegestufensystem.

Zusätzlich gibt es den neuen einheitlichen „Entlastungsbeitrag“ von 125€ monatlich, mit dem die Pflegebedürftigen zum Beispiel eine Einkaufshilfe oder Haushaltshilfe bezahlen können. Wenn nach einem Krankenhausaufenthalt Kurzzeitpflege benötigt wird, zahlen die Pflegekassen für bis zu vier Wochen Zuschüsse bis maximal 1.612€ im Jahr.

Pflegegrad 3

Demenzkranke mit bisheriger Pflegestufe 1 und Menschen mit Pflegestufe 2 wird nun der Pflegegrad 3 zugesprochen. Weiterhin Pflegebedürftige mit einer schweren Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Im NBA des MDK liegt die für den Pflegegrad 3 zu erreichende Punktzahl zwischen 47,5 und 70 Punkten. Die schwer Pflegebedürftigen erhalten ein monatliches Pflegegeld von 545€ bei einer häuslichen Pflege durch Angehörige sowie Pflegesachleistungen durch einen ambulanten Pflegedient von 1.298€ im Monat. Hinzu kommt der genannte Entlastungsbeitrag von 125€ monatlich für Haushaltshilfen, Einkaufshilfen oder ähnliches.

Pflegestufe 0

In der Öffentlichkeit wird immer wieder über die Kriterien der Vergabe von Pflegestufen diskutiert. Ein besonders umstrittenes Thema stellt dabei die Demenz, speziell die Alzheimer-Demenz, aber auch andere psychische Erkrankungen dar.
Die Einstufung wird von den Angehörigen oftmals als ungerecht und rücksichtslos empfunden. Diese Zustände entstehen durch die Schwerpunkte, welche in diversen Entscheidungen bezüglich der Bewertung getroffen werden.

Die Grundpflege muss gewährleistet sein. Dazu gehören die Körperpflege, das tägliche Kleiden, der Gang zur Toilette und die Aufnahme von Nahrungsmitteln und das Trinken. Außerdem müssen die Wege, welche zur Durchführung der verschiedenen Aktivitäten gemacht werden müssen, bewältigt werden. Freizeitaktivitäten und die Krankheit positiv beeinflussende Maßnahmen werden nicht mit einberechnet.

Die Pflegestufe 1 bedeutet, dass ein täglicher Zeitaufwand von mindestens 90 Minuten benötigt wird, um den Patienten in den eigenen vier Wänden wohnen zu lassen. Von diesem Zeitraum muss mindestens die Hälfte auf Aktivitäten entfallen, die zum Bereich der Grundpflege zählen.
Besonders demenzielle Patienten, die häufig keine großen körperlichen Einschränkungen vorzuweisen haben, sind auch mit ihrer Erkrankung noch befähigt, sich selbstständig die Zähne zu putzen oder sich morgens vollständig zu kleiden, wenn die Sachen am Abend herausgelegt wurden.
Genau diese Eigenständigkeit sollte so lang wie nur möglich erhalten bleiben und nicht durch Fürsorge unterdrückt werden. Allerdings fehlen im Endbericht oftmals genau diese Minuten, welche der Patient keine Hilfe benötigt, um eine Pflegestufe zu erreichen.

Die Pflegestufe 0 schafft hier Abhilfe. Es handelt sich dabei um eine Leistung, die ebenfalls bewilligt werden muss, bei der aber „nur“ eine „eingeschränkte Alltagskompetenz“ vorliegen muss. Seit 2015 können diesbezüglich monatlich 208 Euro finanzielle Unterstützung geleistet werden, welche dem Patienten ermöglicht, zusätzlich gerontopsychiatrische (Gerontopsychiatrie = Fachgebiet für psychische Erkrankungen älterer Menschen) Angebote wahrzunehmen.
Durch die 2015 beschlossene Pflegereform ist außerdem für Personen, welche in den betreffenden Patientenkreis angehören, ein Pflegegeld von 123 Euro angesetzt. Monatlich können Sachleistungen von maximal 231 Euro gezahlt werden.

Pflegestufe 1

Wie bereits bei „Pflegestufe 0“ erwähnt, wird die Pflegestufe 1 durch einen pflegerischen Aufwand von mindestens 90 Minuten definiert. Dabei muss über die Hälfte der Zeit auf die Unterstützung bei mindestens zwei Tätigkeiten entfallen, welche den Bereich der Grundpflege abdecken (Körperpflege, das tägliche Kleiden, der Gang zur Toilette und die Aufnahme von Nahrungsmitteln und Trinken).
Bis 90 Minuten pflegerischer Aufwand zusammenkommen, muss die demenzielle Erkrankung bereits so weit vorangeschritten sein, dass es zu entsprechenden Einschränkungen im alltäglichen Handeln des Patienten kommt. Dieser Zeitpunkt kann je nach Art der Grunderkrankung, aber auch individuell nach Zustand des Patienten früher oder später eintreten.

Wird die Pflegestufe 1 erreicht, ergibt dies seit 2015 ein monatliches Pflegegeld von 244 Euro. Wird eine Pflegekraft eingestellt oder ein Pflegedienst mit der Fürsorge um den Patienten beauftragt, so werden bis zu 468 Euro in Sachleistungen gezahlt.
Überschreiten die Kosten der pflegerischen Tätigkeiten, ob eigenständig oder durch Fachpersonal, die Zahlungen durch die Kassen, ist dies meist nicht zu ändern. Ergibt sich im Laufe der Zeit die Vermutung, dass die Pflegestufe nicht mehr zutreffend ist und erhöht werden muss, kann erneut ein Antrag auf Überprüfung gestellt werden.

Pflegestufe 2

Ab der Pflegestufe 2 werden Patienten als schwer pflegebedürftig eingestuft. Dabei muss ein pflegerischer Aufwand von mindestens drei Stunden täglich geleistet werden. Die Grundpflegetätigkeiten sollten zwei Drittel der Zeit, also mindestens zwei Stunden täglich, einnehmen und zu drei verschiedenen Zeitpunkten, über den Tag verteilt, stattfinden. Eine Unterstützung im Haushalt, welche mehrmals in der Woche geleistet werden muss, zählt ebenso zu den notwendigen Kriterien.

Die Pflegestufe 2 wird bei einer stark vorangeschrittenen demenziellen Erkrankung wahrscheinlich erreicht. Meist bestehen zu diesem Zeitpunkt aufgrund des zumeist hohen Alters der Patienten zusätzliche Nebenerkrankungen, die den Zustand zusätzlich einschränken.
Eine vollkommene Immobilität und ganzzeitige Bettlägerigkeit ist hierbei noch nicht beschrieben. Der beschriebene Aufwand kann auch durch Anleitung oder Übernahme verschiedenster Tätigkeiten Zustandekommen, selbst wenn der Patient körperlich den Umständen entsprechend fit und gut zu Fuß ist.

Durch die Pflegestufe 2 steigert sich das Pflegegeld im Vergleich zur vorherigen Stufe auf fast das doppelte. Der Satz ist zu 2015 durch die Pflegereform zu den vorherigen Jahren gestiegen. Werden die pflegerischen Tätigkeiten durch Angehörige übernommen, kommt ein Pflegegeld von 458 Euro zusammen. Bei Verlagerung der pflegerischen Tätigkeiten auf außenstehendes Fachpersonal, können Sachleistungen bis 1144 Euro übernommen werden.

Pflegestufe 3

Pflegestufe 3 ist die höchste Stufe, die für pflegerischen Bedarf vergeben werden kann. Die Vergabe geht mit einem äußerst schlechten Zustand des Patienten einher und bedeutet somit sehr viel Arbeit für die umsorgenden Menschen.
Zu der schweren Demenz, welche der Patient im Zuge seiner Grunderkrankung ausgebildet hat, kommen weitere meist altersbedingte Krankheiten, die oftmals schon alleine eine pflegerische Intervention notwendig machen würden. In Zeitaufwand ausgedrückt, müssen mindestens fünf Stunden am Tag pflegerische Dienste benötigt werden. Davon entfallen, wenn Pflegestufe 3 bewilligt werden soll, vier Stunden auf die Aktivitäten der Grundpflege. Außerdem muss der Bedarf bestehen, rund um die Uhr Hilfe leisten zu können. Wird Hilfe in den Nachtstunden zwischen 22 und 6 Uhr morgens benötigt, zum Beispiel beim nächtlichen Toilettengang, so zählen diese als normale Stunden in die Gesamtsumme mit ein. Als alleiniges Kriterium für Pflegestufe 3 reicht nicht aus, dass auch nachts Hilfe benötigt wird, wenn insgesamt über den Tag nicht mindestens fünf Stunden lang Pflegedienste benötigt werden.

Da die dritte Stufe die letzte darstellt, der pflegerische Aufwand dennoch gesteigert sein kann, wurde eine Härtefallregelung in Kraft gesetzt. Diese erlaubt eine nochmalige Erhöhung der Zahlungen durch die Kassen. Die Kriterien dafür sind abermals strengstens festgelegt.
Es bestehen zwei Möglichkeiten: Es müssen die Mindestanforderungen der Pflegestufe 3 deutlich überschritten sein und auch der nächtliche Aufwand die Fähigkeiten einer Person übersteigen, wie es bei der Mobilisierung oder Lagerung stark übergewichtiger Personen der Fall sein kann.
Wenn kein mehrköpfiges Personal benötigt wird, aber dennoch mindestens sieben Stunden Pflegezeit zur Erfüllung aller Aufgaben gebraucht werden, sind die Kriterien für einen Härtefall ebenfalls erfüllt, solang zwei Stunden Pflege in der Nacht stattfinden.

In Zahlungen ausgedrückt erhalten Angehörige von Patienten mit Pflegestufe 3 monatlich 728 Euro Unterstützung bei Eigenversorgung oder aber 1612 Euro für pflegerische Sachleistungen. Letztere Summe kann durch einen Härtefallantrag auf 1995 Euro aufgestockt werden und eine angemessene Pflege gewährleisten.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 04.11.2015 - Letzte Änderung: 06.11.2021