Postoperative Darmatonie

Definition

Die postoperative Darmatonie ist eine Lähmung des Darms, welche nach einer Operation auftritt. Den Darm kann man sich vereinfacht als einen Muskelschlauch vorstellen, dessen Aufgabe es unter anderem ist, die aufgenommene Nahrung zu verdauen und weiter zu transportieren. Der Darm besitzt hierfür ein eigenes Nervensystem, welches die Muskeln im Darm dazu anregt sich anzuspannen. Durch das regelmäßige An- und Entspannen der Muskulatur des Darmes wird die Nahrung immer ein Stückchen weitergeschoben. Bei der postoperativen Darmatonie ist das darmeigene Nervensystem aufgrund der Operation vorübergehend fehlreguliert und es kommt zu einer Lähmung der Darmmuskulatur. Dies kann zu verschiedenen Beschwerden, wie Bauchschmerzen und Übelkeit führen.

Wie lange der Darm gelähmt bleibt, ist abhängig von der Art und der Dauer der Operation. Für die Dauer der Lähmung spielt außerdem eine Rolle, welcher Teil des Darms betroffen ist. So dauert beispielsweise eine Lähmung des Dickdarms in der Regel länger an, als eine Lähmung des Dünndarms. Eine postoperative Darmatonie tritt nicht nur nach Operationen am Darm selbst auf, sondern kann auch nach Operationen an Niere, Harnblase oder an Geschlechtsorganen von Mann und Frau auftreten.

Ursache

Bei der postoperativen Darmatonie ist eine Operation, die vorübergehend zu einer Fehlsteuerung des Nervensystems des Darms führt, Grund für die Lähmung der Darmmuskulatur. Wie es bei der postoperativen Darmatonie genau zu dieser Fehlsteuerung des darmeigenen Nervensystems kommt, ist noch nicht abschließend geklärt. Es werden allerdings eine durch bestimmte Zellen im Darm ausgelöste Entzündung, sowie eine direkte mechanische Reizung des Darms und weitere Faktoren vermutet. Weitere Ursachen für eine Lähmung der Darmmuskulatur ohne vorige Operation sind zum Beispiel Durchblutungsstörungen oder angeborene Fehlbildungen des Darms.

Symptome

Typische Beschwerden, welche bei der postoperativen Darmatonie auftreten, sind Verstopfung bis hin zum Stuhlverhalt. Dadurch kommt es zu Bauchschmerzen, einem aufgeblähten Bauch, zu Übelkeit und möglicherweise sogar zu Erbrechen. Außerdem haben Patienten, die unter einer postoperativen Darmatonie leiden, ein erhöhtes Risiko für Infekte, da sich die Zeit ihres Aufenthaltes im Krankenhaus verlängert.

Bei Fortbestehen der postoperativen Darmatonie kann es zu Komplikationen kommen. Eine Komplikation der postoperativen Darmatonie ist beispielsweise ein kompletter Darmverschluss. Durch den kompletten Darmverschluss entsteht im Darm eine massive Entzündung mit Sauerstoffunterversorgung der Darmwand, was zu stärksten Bauchschmerzen führt. Wenn die Darmwand durch die Sauerstoffunterversorgung zugrunde geht, kann es zu Blutungen und Blutbeimengungen im Stuhl kommen. Im schlimmsten Fall treten Darmbakterien durch die geschädigte Darmwand in die Bauchhöhle ein, wodurch es zu einer Bauchfellentzündung kommt, welche stets lebensgefährlich ist.

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Diagnostik

Ob bei dem Patienten eine postoperative Darmatonie vorliegt, erschließt sich meist aus einer einfachen Befragung des Patienten. Die Diagnose einer postoperativen Darmatonie liegt nahe, wenn der Patient nach einer Operation die typischen Beschwerden, wie Bauchschmerzen, Stuhlverhalt und Übelkeit angibt. Durch Abtasten und Abhören des Bauches mithilfe eines Stethoskops kann der Verdacht auf eine postoperative Darmatonie bestätigt werden. Liegt bei dem Patienten eine postoperative Darmatonie vor, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Patient beim Abtasten Schmerzen angibt. Beim Abhören kann dem Arzt auffallen, dass die typischen Geräusche, wie sie beim regelmäßigen An- und Entspannen des Darms entstehen, fehlen. Weiterhin kann die postoperative Darmatonie mithilfe einer Röntgenübersichtsaufnahme des Bauches und einer Ultraschalluntersuchung des Bauches verifiziert werden.

Therapie

Bei der postoperativen Darmatonie kommen verschiedene Behandlungsmaßnahmen in Betracht. Gemeinsames Ziel all dieser Maßnahmen ist dabei die Wiederherstellung einer normalen Steuerung der Darmmuskulatur durch das darmeigene Nervensystem. In der Regel wird die postoperative Darmatonie konservativ behandelt. Eine wichtige Maßnahme ist die vorübergehende Nahrungskarenz, also den vollständigen Verzicht auf Nahrungsaufnahme, solange bis sich die Darmtätigkeit wieder normalisiert hat. Damit soll eine zusätzliche Belastung des Darms verhindert und Erbrechen vorgebeugt werden. Hat sich die Aktivität des Darms wieder normalisiert, kann mit einem vorsichtigen Kostaufbau begonnen werden.

Anregend auf die Funktion des Darms wirken auch Einläufe und feucht-warme Wickel, die bei der postoperativen Darmatonie ebenfalls Anwendung finden. Desweiteren spielen Medikamente bei der Behandlung der postoperativen Darmatonie eine Rolle. Zum Einsatz kommen zum Beispiel Medikamente aus der Gruppe der sogenannten Parasympathomimetika. Parasympathomimetika regen die Aktivität des Darms an. Ein Vertreter dieser Gruppe ist das Neostigmin. Weitere Medikamente sind zum Beispiel das Metoclopramid, ein sogenannter Dopaminrezeptor-Antagonist, welches eine Beschleunigung der Magenentleerung bewirkt. Weiterhin kommen Abführmittel, sogenannte Laxantien zum Einsatz. Eine operative Behandlung ist in der Regel nicht erforderlich. Bei den Komplikationen einer postoperativen Darmatonie, wie beispielsweise dem kompletten Darmverschluss oder der Bauchfellentzündung, handelt es sich allerdings um Notfälle, welche einer sofortigen Operation bedürfen.

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Prognose

Sobald sich die Darmfunktion nach einer postoperativen Darmatonie wieder normalisiert hat, ist keine weitere Behandlung mehr erforderlich. Die normale Darmfunktion wird in der Regel nach einigen Stunden bis mehreren Tagen komplett wiedererlangt.

Prophylaxe

Wie man das Auftreten einer postoperativen Darmatonie verhindern kann, ist noch nicht vollständig geklärt. Allerdings ist bekannt, dass sich einige Faktoren positiv auf den Verlauf der Darmlähmung auswirken. Hierzu gehört zum Beispiel die Größe der Wunde, die durch die Operation entsteht. Je kleiner diese ist, desto besser ist der Verlauf. Weiterhin wirken sich eine frühe Förderung der Beweglichkeit des Patienten, sowie eine adäquate Schmerztherapie unmittelbar nach der Operation, ebenfalls positiv aus.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 19.12.2014 - Letzte Änderung: 22.10.2021