Superantigene

Was sind Superantigene?

Ein Superantigen gehört zu der Gruppe der Antigene. Diese Antigene sind Strukturen aus Kohlenhydraten, Fetten, Proteinen oder Kombinationen davon, die von Bakterien oder Viren gebildet werden können. Anhand der Antigene kann das Immunsystem des menschlichen Körpers eine Immunantwort starten, indem das Antigen an einen Antikörper bindet. Im Gegensatz zu normalen Antigenen sind die Superantigene nicht auf eine Zwischenstufe der Immunantwort angewiesen. sodass Superantigene unmittelbar eine sehr starke, unspezifische und überschießende Immunantwort auslösen können, wie beispielsweise das Toxische Schocksyndrom (TSS).

Was macht ein Superantigen?

Die Wirkung eines Superantigens lässt sich zu Teilen mit der Wirkung normaler Antigene vergleichen. Bei beiden kommt es zu einer Aktivierung des Immunsystems, das mit einer Immunreaktion darauf antwortet. Während normale Antigene eine kontrollierte Immunreaktion hervorrufen, an dessen Ende meist eine adäquate Bekämpfung des Erregers steht, kommt es bei einem Superantigen zu einer massiven Aktivierung von Immunzellen, die über Mediatoren bis hin zu einem Kreislaufversagen führen können.
Die massive Wirkung der Superantigene liegt darin begründet, dass diese im Vergleich zu normalen Antigenen nicht durch so genannte Antigen-präsentierenden Zellen aufgenommen und in kleine Fragmente aufgespalten werden. Viel mehr haben sie eine sehr hohe Affinität zu mehreren Rezeptoren an der Oberfläche von Immunzellen wie den T-Lymphozyten, wodurch ein regulatorischer Schritt des Immunsystems umgangen wird.
Auch kann ein Superantigen mehrere Rezeptoren auf einmal binden, was seine Wirkung weiter verstärkt. Dadurch wird die im Vergleich zu normalen Immunantworten bis zu zwanzigfache Anzahl an Immunzellen aktiviert.
Wie bei jedem Prozess im Körper kann jedoch auch eine erhöhte Reaktion der Immunzellen mit dem starken Ausstoß von Mediatoren bzw. Zytokinen wie Interleukinen Schaden anrichten. Neben der Wirkung als Superantigen kann es auch als normales Antigen eine adäquate Immunantwort auslösen.

Struktur eines Superantigens

Superantigene zählen zu der Gruppe der globulären Proteine. Dies bedeutet, dass sie mehrere Domänen besitzen, die sich bei Herstellung des Proteins in immer gleicher Weise falten und spezifische Aufgaben übernehmen. Im Falle der Superantigene existieren vier Domänen mit unterschiedlichen Funktionen wie Bindung von Rezeptoren und Regulation der Aktivität eines Rezeptors. Zum einen kann ein Rezeptor auf den Antigen-präsentierenden Zellen gebunden werden. Zum anderen wird der so genannte T-Zell-Rezeptor auf T-Lymphozyten gebunden. Nach Bindung der beiden Zellen kommt es durch das Superantigen zum Freisetzen der Entzündungsmediatoren.

Wie aktiviert ein Superantigen das Immunsystem?

Ein Superantigen kann nach Bindung an den T-Zell-Rezeptor die T-Lymphozyten aktivieren. Außerdem können Superantigene nach Bindung von zwei verschiedenen Zellen die Immunzellen aktivieren. Dabei besitzt jede Domäne des Superantigens eine Aufgabe. Wie die meisten globulären Proteine besitzen auch die Superantigene Bindungsdomänen, mit deren Hilfe eine Struktur auf der Oberfläche von Zellen gebunden wird. Weiterhin besitzen sie so genannte regulatorische Domänen, die die Affinität und Aktivität des Proteins bzw. der Zielzelle zu einer Domäne verändern kann. Ingesamt führt ein Zusammenspiel aller Domänen der Superantigene zu einer Aktivierung der Immunzellen.

Folgen der Aktivierung

Nach der Aktivierung der Immunzellen, vor allem der T-Lymphozyten, durch Bindung des T-Zell-Rezeptors durch das Superantigen kommt es zu einer übermäßigen Immunreaktion. Im Vergleich zu einer normalen Immunreaktion kann sie um bis zum Zwanzigfachen der höchsten normalen Immunreaktion erhöht sein. Dabei findet eine Aktivierung von bis zu 20% der T-Lymphozyten statt. Dies führt insgesamt zu einer massiven Ausschüttung so genannter Zytokine, die systemisch, das heißt im gesamten Organismus, wirken. Auch besitzen diese Zytokine vielfältige Wirkungsmechanismen, weshalb es zu einer relativ komplizierten Symptomatik bei der betroffenen Person kommen kann. Meist führt dies jedoch zu einem Versagen des Kreislaufs. Auch wird ein Zusammenhang zwischen Superantigenen und Erkrankungen wie

  • Diabetes mellitus,
  • Rheumatoide Arthritis,
  • Multiple Sklerose und
  • einer Endokarditis diskutiert.

Beispiele für ein Superantigen

Die Superantigene sind in der Regel bakteriellen oder viralen Ursprungs. Am bekanntesten ist wohl das Superantigen des Bakterium Staphylococcus aureus. Dieses Antigen wird Toxic shock Syndrom Toxin (TSST-1) genannt und ist verantwortlich für das toxische Schocksyndrom (TSS). Dieses Bakterium kann weiterhin ein so genanntes exofoliatives Toxin bilden, welches ebenfalls als Superantigen gilt.
Das TSST-1 kann ebenfalls durch das Bakterium Streptococcus pyogenes gebildet werden. Auch die Scharlach-Toxine Spe-A, Spe-B und Spe-C werden von diesem Bakterium gebildet und gelten als Superantigen. Gram-negative Bakterien können die Superantigene MAM und YPM bilden. Andere Superantigen sind SPEH, SPEJ oder auch SMEZ.

Toxic shock syndrome (TSS)

Das Toxic shock syndrome oder auch toxisches Schocksyndrom (TSS) ist ein sehr akutes Syndrom, welches durch das Toxic shock Syndrom Toxin (TSST-1) hervorgerufen wird. Ca. 1% der Bakterien des Stammes Staphylococcus aureus ist in der Lage, dieses TSST-1 zu bilden. Häufig tritt es bei jungen Frauen auf, die während ihrer Menstruation Tampons zu lange benutzen.  Wie die anderen Superantigene stimuliert auch das TSST-1 Immunzellen zur Bildung und Sekretion von Zytokinen. Im Verlauf des TSS kommt es zu

  • Fieber,
  • Schüttelfrost,
  • Muskelschmerzen,
  • Übelkeit und Erbrechen,
  • zeitweisem Bewusstseinsverlust oder auch
  • Rötungen der Haut,
  • Ablösen der Haut,
  • Versagen des Kreislaufs, der Niere oder Leber.

Unbedingt sollte das TSS in einem Krankenhaus von einem Arzt behandelt werden!

Wie unterscheidet sich ein Superantigen von einem Antigen?

Ein Superantigen unterscheidet sich von einem Antigen in seiner Struktur und seiner Wirkung.
Antigene bestehen zwar auch aus Kohlenhydraten, Fetten, Proteinen oder Kombinationen davon, allerdings besitzen sie eine kleinere Größe als Superantigene. Auch nach Bindung an einen Rezeptor spezieller Immunzellen wird diese nochmals verkleinert, damit sie von den Antigen-präsentierenden Zellen präsentiert werden können.
In der Wirkung der Antigene ist eine weitaus weniger fulminante Auswirkung zu erwarten.

So gefährlich sind Superantigene

Die Gefahr, die von Superantigenen ausgeht, ist je nach Art unterschiedlich. Zwar wird vermutet, dass einige Superantigene Erkrankungenen wie die rheumatoide Arthritits hervorrufen können, allerdings sind diese nicht lebensgefährlich. Trotzdem können einige Superantigene im Zusammenhang mit potentiell tödlichen Erkrankungen stehen. Hierbei ist vor allem das TSST-1 zu nennen, das häufig starke Auswirkungen hat. Auch Superantigene, die eine Endokarditis oder Spätfolgen in der Niere verursachen, sind potentiell lebensbedrohlich.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 07.05.2019 - Letzte Änderung: 25.07.2023