Endokarditis

Herzklappenentzündung, Herzinnenwandentzündung

Die Entzündung der Herzklappen (Endokarditis) stellt eine potenziell lebensbedrohliche, meist durch mikrobielle Erreger wie Viren, Bakterien oder Pilze ausgelöste Erkrankung dar. Nicht selten sind strukturelle Schädigungen der Herzklappen, die mit einem Funktionsdefekt einhergehen, die Folge.

In der Bundesrepublik Deutschland treten ca. 2 bis 6 Neuerkrankungen der Endokarditis pro Jahr unter 100.000 Einwohnern auf.

Männer sind im Durchschnitt doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Der Altersgipfel der Erkrankung Endokarditis liegt bei 50 Jahren.
Seit der Einführung der Antibiotikatherapie hat sich die Erkrankungshäufigkeit insgesamt nicht vermindert (was durch die verbesserte Therapie anzunehmen wäre), allerdings tritt die Herzklappenentzündung heute ca. 15 Jahre später auf als früher und es sind andere Keime als auslösende Faktoren verantwortlich.
Verschiedene Faktoren führen zu einer deutlichen Erhöhung des Erkrankungsrisikos:

  • Angeborene Herzklappenfehler (meistens sind die Klappen der größeren linken Herzkammer betroffen, d.h. die Aortenklappe sowie die Herzvorhof und Herzkammer trennende Mitralklappe)
  • angeborene Missbildungen vom Herz
  • Herzoperationen

Diese Faktoren erleichtern im Blut zirkulierenden Bakterien das Haften an der empfindlichen Herzinnenwand, die medizinisch auch Endokard genannt wird. Diese aus Bindegewebe, glatten Muskelzellen und elastischen Fasern bestehende Haut überzieht auch die Herzklappen.

Dies erklärt, warum Menschen mit einem gesundem Herz seltener an einer Herzklappenentzündung (Endokarditis) erkranken. Im ersten Jahr nach Ersatz einer Herzklappe (künstliche Herzklappe) erkranken etwa 2 bis 3 % der Operierten an einer Herzklappenentzündung. In den folgenden Jahren sinkt das Risiko wieder ab.
Eine erhöhte Gefährdung stellen des Weiteren sämtliche mit einer Schwächung des körpereigenen Immunsystems einhergehenden Prozesse dar. Dazu zählen u.a. einerseits Erkrankungen des blutbildenden Systems (weiße Blutzellen, sog. Leukozyten, nehmen die wichtige Aufgabe wahr, unseren Körper gegen spezifische Eindringlinge zu verteidigen), der Diabetes mellitus (= Zuckerkrankheit; siehe Krankheiten der Bauchspeicheldrüse) oder Chemotherapien.
Drogenabhängigkeit fördert das Auftreten von Herzklappenentzündungen (Endokarditis), da es bei intravenösen Injektionen häufig zur Verschleppung von Keimen kommt, welche dann direkt über die obere Hohlvene ins rechte Herz gelangen und vorwiegend die Trikuspidalklappe, welche rechten Herzvorhof und rechte Herzkammer voneinader trennt, schädigen.
In seltenen Fällen kann auch die zur Lungenstrombahn führende Pulmonalklappe betroffen sein.

Symptome und Diagnose

Symptome der Endokarditis

Die Beschwerden der Endokarditis sind anfangs oft grippeähnlich und nicht von anderen Allgemeinerkrankungen zu unterscheiden, was die eindeutige Diagnose erschwert.
Im Vordergrund stehen

  • Fieber (anfangs um die 38°C)
  • leichte körperliche Ermüdbarkeit
  • Appetitlosigkeit
  • Kopfschmerzen.

Es kann auch zu Gewichtsverlust, Schüttelfrost und Schweißausbrüchen sowie Muskel- und Gelenkschmerzen kommen.
Nach längerem Krankheitsverlauf ist häufig eine auf Blutarmut (Anämie) zurückzuführende, mit allgemeinem Schwächegefühl verbundene, blasse Hautfarbe, zu beobachten.

Bei bestehenden, hämodynamisch relevanten (d.h. sich auf den Blutfluss auswirkenden) Klappenschäden ist Atemnot das Hauptsymptom der Endokarditis: Schließt eine Herzklappe nicht mehr richtig (= Klappeninsuffizienz), fließt während der Phase der Füllung der Herzkammern (die Phase der Herzaktionen wird als Diastole bezeichnet) Blut zurück in den Vorhof und dieser leiert aus (medizinisch: er dilatiert). Das rückfließende Blut ist auch dafür verantwortlich, dass größere Blutmengen als normal vom Herz in den Körper gepumpt werden müssen. In der Folge vergrößert sich das Herz (Hypertrophie); vergleichbar mit einem stark trainierten Muskel. Schädlich wird dieser natürlicherweise ablaufende Anpassungsprozess des Herzmuskels an Mehrarbeit, wenn er dadurch so groß wird, dass die versorgenden Blutgefäße nicht mehr eine ausreichende Versorgung mit Sauerstoff gewährleisten können.
Bei Männern ist das der Fall, wenn das sog. kritische Herzgewicht von 500g überschritten wird, bei Frauen liegt es bei 400g.

Im Rahmen der Endokarditis können nicht nur Undichtigkeiten der Klappen, sondern auch Verengungen (sog. Stenosen) der Ausstrombahn die Folge sein.
Wie auch bei der Klappeninsuffizienz gelangt bei der Verengung der Herzklappe (Stenose) dann, während sich der Herzmuskel in der sog. Auswurfphase (Systole) zusammenzieht, nicht genügend Sauerstoff reiches Blut in die inneren Organe und der Betroffene leidet ebenfalls unter Atemnot (medizinisch: Dyspnoe).

Eine Möglichkeit, eine Endokarditis zu diagnostizieren, ist das so genannte Schluckecho. Dabei prüft man durch Verschlucken eines Ultraschallkopfes die Funktionsweise des Herzens. 

Lesen Sie viele weitere Informationen unter unserem Thema: Symptome einer Endokarditis

Wie läuft die Diagnosestellung einer Endokarditis ab?

Die Diagnosestellung unterschiedet sich danach, ob der Verdacht auf eine infektiöse bakterielle Endokarditis oder eine nicht-erregerbedingte Endokarditis besteht. Die infektiöse Endokarditis wird anhand mehrerer Kriterien diagnostiziert.
Die beiden wichtigsten Kriterien stellen sogenannte „positive Blutkulturen“ und Auffälligkeiten im Ultraschall oder der CT-Untersuchung dar. Um erstere zu erhalten, wird dem Patienten an mehreren Stellen Blut abgenommen. Dieses wird in spezielle Flaschen gespritzt, in denen Bakterien herangezüchtet werden können. Die sogenannten „Blutkulturen“ dienen zum Nachweis von Bakterien, die im Blut zirkulieren, und liefern einen wichtigen Hinweis auf eine mögliche Endokarditis.
Können in der Ultraschalluntersuchung zusätzlich Auffälligkeiten der Herzinnenwände oder Klappen festgestellt werden, ist der Verdacht auf eine Endokarditis bestätigt. Werden diese Hauptkriterien nicht hinreichend erfüllt, können weitere Untersuchungen hinzugezogen werden, um die Diagnose der Endokarditis dennoch stellen zu können.
Wichtige weitere Kriterien, die eine Verdachtsdiagnose erhärten können, sind Drogenmissbrauch, weitere Herzerkrankungen, hohes Fieber oder bestimmte Gefäßerkrankungen.

Abbildung Herz mit Herzklappen

  1. Hauptschlagader (Aorta)
  2. linker Vorhof
  3. linke Vorhofklappe = Mitralklappe (geschlossen)
  4. linke Herzklappe = Aortenklappe (geöffnet)
  5. linke Herzkammer
  6. rechte Herzkammer
  7. untere Hohlvene (Vena cava inferior)
  8. rechte Herzklappe= Pulmonalisklappe (geöffnet)
  9. rechter Vorhof (Atrium)
  10. obere Hohlvene (Vena cava superior)

Behandlung der Endokarditis

Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika, da die Endokarditis häufig durch bakterielle Erreger ausgelöst wird. Wichtig ist der frühzeitige Beginn der Therapie, um Komplikationen der Infektion zu vermeiden. Je nachdem, ob es sich bei der betroffenen Herzklappe um die ursprüngliche, eigene Herzklappe des Patienten oder aber um eine Klappenprothese handelt, werden unterschiedliche Antibiotika eingesetzt.

Bei einer Endokarditis der Nativklappen – also der patienteneigenen Herzklappen – kommen so beispielsweise die Antibiotika Ampicillin-Sulbactam, Amoxicillin-Clavulansäure, Ciprofloxacin und Gentamicin zum Einsatz. Mit den gleichen Wirkstoffen wird therapiert, wenn eine Klappenprothese nach Ablauf des ersten Jahres nach der Operation betroffen ist. Die Therapiedauer beträgt in diesem Fall in der Regel vier bis sechs Wochen.

Ist die Klappen-OP weniger als ein Jahr her und ist die entsprechende Herzklappe dann von einer Endokarditis betroffen, werden bevorzugt die Antibiotika Vancomycin, Rifampicin und Gentamicin eingesetzt. Dabei werden Vancomycin und Rifampicin meist über sechs Wochen oder mehr, Gentamicin für etwa zwei Wochen verabreicht. Die Therapie der Endokarditis muss dabei intravenös erfolgen, das heißt, dass die Antibiotika mittels Infusion direkt in eine Vene gegeben werden. Nur auf diese Weise erreicht genug des Wirkstoffs die Herzklappen, sodass die Bakterien abgetötet werden können. Das liegt daran, dass die Herzklappen selbst nicht durchblutet sind und die Medikamente daher nur durch den Blutstrom durch die Herzhöhlen an ihren Wirkort gelangen.

Dementsprechend werden Patienten mit Endokarditis im Krankenhaus behandelt. Der Therapieerfolg muss regelmäßig kontrolliert werden. Ist die Herzklappe schwer betroffen, muss gegebenenfalls eine operative Sanierung in Betracht gezogen werden, um Komplikationen zu vermeiden. Andernfalls können sich Teile der Wucherungen auf der Herzklappe lösen und beispielsweise Schlaganfälle auslösen. Auch wenn eine Herzschwäche oder sonstige Komplikationen drohen, muss oftmals eine operative Therapie erfolgen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Therapie der Endokarditis

Leitlinie zur Endokarditis

Die Leitlinie zur Endokarditis wird regelmäßig überarbeitet und an den aktuellsten medizinischen Kenntnisstand angepasst. Die Leitlinie enthält Handlungsempfehlungen für behandelnde Ärzte von Patienten mit der entsprechenden Erkrankung und zeigt dementsprechend die bewährtesten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen auf. Dabei sind die Ärzte nicht an die Leitlinien gebunden, sondern können diese auch lediglich als Orientierung nutzen. Auch gibt die Leitlinie Empfehlungen zur Endokarditisprophylaxe und wichtigen hygienischen Maßnahmen, die im Kontakt mit an Endokarditis erkrankten Patienten einzuhalten sind.

Durch den Einsatz der Leitlinien soll die standardisierte Versorgung von Patienten mit verschiedenen Erkrankungen allgemein verbessert werden, indem allen Ärzten flächendeckend Empfehlungen für Diagnostik und Therapie zur Verfügung gestellt werden, die den aktuellsten Lehrmeinungen entsprechen.

Ursachen und Prophylaxe

Krankheitsentstehung und Ursachen der Endokarditis

Voraussetzung für eine zu strukturellen Schäden an den Herzklappen führende Entzündung ist eine vermehrte Ausschwemmung von Erregern ins Blut (dies wird auch als Bakteriämie bezeichnet).
Häufige Ausgangspunkte („Herde“ der Endokarditis) sind:

Beim Gesunden führt die vermehrte Keimbelastung zu einer Aktivierung des Immunsystems: Weiße Blutzellen produzieren körpereigene Eiweißstoffe (sog. Antikörper), um die Erreger als körperfremde Eindringlinge zu markieren, so dass diese dann anschließend von Fresszellen (die eine eigene andere Untergruppe weißer Blutzellen darstellen und auch als Makrophagen bezeichnet werden) beseitigt werden.

Bei Vorschädigungen (s. oben) kommt es, abhängig von der Aggressivität des Erregers und der Abwehrlage des Betroffenen, zu einer raschen Klappenzerstörung (als akut wird ein Krankheitsverlauf innerhalb von 40 Tagen bezeichnet).
Die sog. subakute Endokarditis verläuft schleichend; die Beschwerden sind hier deutlich weniger stark ausgeprägt als bei der akuten Form. Der Grund ist, dass zahlenmäßig andere, weniger aggressive Erreger Ausschlag gebend sind.

Eine weitere, heute durch Vorbeugung mit Antibiotika selten gewordene Verlaufsform der Herzinnenwandentzündung, stellt eine Überempfindlichkeitsreaktion unseres Immunsystems dar.
Anders als bei der in erster Linie durch Erreger verursachten (und deshalb auch als „infektiöse Endokarditis“ bezeichneten) Form, läuft die Entzündung im Klappeninneren ab.
Verantwortlich ist eine vorausgegangene, durch sog. Beta-hämolysierende Streptokokken hervorgerufene Entzündung, bei deren Bekämpfungsversuch körpereigene Abwehrstoffe nicht nur wie gewünscht mit Wandbestandteilen der Erreger, sondern auch mit zufälligerweise ähnlich aussehenden körpereigenen Bestandteilen von Eiweißmolekülen des Herzens oder der Gelenke reagieren.
Während der Begriff des „rheumatischen Fiebers“ die Reaktion des gesamten Körpers bezeichnet, wird die speziell das Herz betreffende Teilkomponente analog „Endokarditis rheumatica“ genannt.

Seltenere Sonderformen der Herzinnenhautentzündung treten auf bei:

  • Krebserkrankungen („Endokarditis marantica“)
  • Autoimmunerkrankung Lupus Erythematodes („Endokarditis thrombotica Libman-Sacks“)

Ein allergischer Auslöser wird bei der durch überschießende Bindegewebsbildung zu Herzinsuffizienz / Herzschwäche führenden „Endokarditis parietalis fibroplastica Löffler“ vermutet.

Erreger der Endokarditis

In der Regel sind verschiedene Bakterien die Erreger einer infektiösen Endokarditis. Am häufigsten handelt es sich dabei um Staphylokokken, insbesondere das Bakterium Staphylococcus aureus. Dieses ist für etwa 45-65% der Endokarditiden verantwortlich. Der zweithäufigste Endokarditiserreger gehört zu den Streptokokken und wird als Streptococcus viridans bezeichnet. Er verursacht etwa 30% der Endokarditiden.

Weitere Erreger, die in Frage kommen, aber deutlich seltener auftreten als die bereits genannten, sind zum Beispiel Staphylococcus epidermidis, Enterokokken, weitere Streptokokken sowie Pilze (Aspergillus fumigatus). Letztere spielen vor allem bei immungeschwächten Patienten eine Rolle, zum Beispiel bei Patienten mit HIV, nach Organtransplantationen oder Chemotherapie.

Endokarditisprophylaxe

Die Empfehlungen für eine Endokarditisprophylaxe sind in den letzten Jahren zunehmend eingeschränkt worden, um unnötige Antibiotikagaben zu vermeiden und so der zunehmenden Resistenzlage der Bakterien vorzubeugen. Empfohlen wird eine Endokarditisprophylaxe heutzutage bei Patienten mit Herzklappenersatz, Patienten mit überstandener Endokarditis, Patienten mit bestimmten angeborenen Herzfehlern, beziehungsweise operierten Herzfehlern mit Einsatz prothetischen Materials.

Da insgesamt keine Einigkeit darüber besteht, inwiefern auch darüber hinaus eine Endokarditisprophylaxe erfolgen sollte, handelt es sich letzten Endes um eine Einzelfallentscheidung. Die Prophylaxe umfasst die Gabe von Antibiotika und sollte insbesondere nach Eingriffen im Mund- und Rachenraum erfolgen, zum Beispiel bei zahnärztlichen Behandlungen wie der Entfernung von Zahnstein und Wurzelkanalbehandlungen, bei der Entfernung der Mandeln (Tonsillektomie) und sonstigen Eingriffen in diesem Bereich. Hochrisikogruppen wird zudem eine Endokarditisprophylaxe bei vielen anderen operativen Eingriffen empfohlen, zum Beispiel bei Eingriffen im Magen-Darm- oder Atemwegsbereich sowie im Urogenitaltrakt.

Das Antibiotikum wird dabei circa 30-60 Minuten vor dem Eingriff verabreicht. Bei zahnärztlichen Eingriffen werden bevorzugt Amoxicillin oder Ampicillin, bei Eingriffen im Urogenital- oder Magen-Darm-Trakt Ampicillin oder Piperacillin eingesetzt. Die ausgewählten Antibiotika richten sich dabei nach der zu erwartenden Keimflora des operierten Areals. Bei besonderen Keimen muss die Antibiotikaprophylaxe entsprechend angepasst werden.

Erfahren Sie hier mehr zum Thema: Endokarditisprophylaxe

Formen der Endokarditis

Endokarditis acuta

Die Endokarditis acuta stellt, wie der Name vermuten lässt, die hochakute Form der Erkrankung dar. Sie steht im Gegensatz zur Endokarditis lenta, die nur schleichend verläuft und mit gar keinen oder nur geringen Beschwerden einhergehen kann.
Bei der akuten Endokarditis hingegen treten die Symptome, Veränderungen und lebensbedrohlichen Komplikationen oft innerhalb weniger Stunden ein. Zunächst kommt es auch hier zu Fieber, Schwäche und erhöhtem Herzschlag. Schnell können sich jedoch Herzgeräusche, ein Herzrasen, Herzklappenschäden und sogar eine Herzschwäche anschließen. In diesem Sonderfall muss schnellstmöglich die antibiotische Therapie eingeleitet werden, da hauptsächlich sogenannte „Staphylokokken“ für diese Form der Endokarditis verantwortlich sind.
Bei schweren Komplikationen kann auch ein operatives Einschreiten notwendig sein. Hierbei werden zerstörte Klappen rekonstruiert und alle potentiellen infektiösen Bestandteile werden, sofern möglich, entfernt.

Endokarditis lenta

Die Endokarditis lenta ist eine Unterform der allgemeinen Endokarditis und steht der Endokarditis acuta als weitere Verlaufsform gegenüber. Während sich letztere durch einen sehr plötzlichen, akuten und oftmals schweren Verlauf äußert, handelt es sich bei der Endokarditis lenta um eine schleichende Verlaufsform. Am häufigsten wird sie durch den Erreger Streptococcus viridans verursacht. Innerhalb von Wochen bis Monaten bildet der Erreger seine Absiedlungen und Wucherungen auf der Herzklappe und führt allmählich zu den typischen Symptomen. Diese können durch den vergleichsweise langsamen Verlauf jedoch zunächst oft verkannt werden und sich nur unterschwellig bemerkbar machen. Es kommt im Verlauf oftmals zu Fieber und Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit und auch Blutarmut. Mit fortschreitender Erkrankung verschlechtert sich auch der Allgemeinzustand des Patienten weiter, sodass die Symptome irgendwann deutlicher hervortreten.

Libmann-Sacks Endokarditis

Die Libmann-Sacks-Endokarditis stellt eine Variante der Erkrankung dar, die keine infektiöse Ursache hat und somit als steril bezeichnet werden kann. Weder Bakterien, noch andere Erreger verursachen die Veränderungen der Herzinnenwände, sondern vermutlich stecken autoimmunologische Erkrankungen hinter der Endokarditis. Zugrunde liegt oft die Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes. Durch autoimmunologische Prozesse im Körper bilden sich Ablagerungen verschiedener Zellen des Blutes an den Herzklappen.
In der Folge bilden sich an den Herzklappen Krusten, die zwar oft harmlos, in seltenen Fällen aber zu Beschwerden und schädlichen Veränderungen der Klappen führen können. Mitunter können Muskelstränge des Herzens reißen und Klappeninsuffizienzen können sich ausbilden.
Häufig jedoch bleibt die Libmann-Sacks-Endokarditis beschwerdefrei und unentdeckt.

Endokarditis rheumatica

Die Endokarditis rheumatica ist eine Komplikation eines rheumatischen Fiebers, einer Autoimmunerkrankung, die mit einem bakteriellen Infekt zusammenhängt.
In den meisten Fällen fand etwa zwei Wochen vor den Beschwerden eine Infektion mit Streptokokken im Rachen statt. Die Infektion selbst kann harmlos verlaufen, in der Folge kann der Körper jedoch Antikörper gegen körpereigene Strukturen entwickeln, wodurch es zu Fieber, Schwäche, Müdigkeit und rheumatischen Veränderungen der Gelenke kommen kann.
Eine der gefürchteten Komplikationen des rheumatischen Fiebers stellt die Herzbeteiligung in Form der rheumatischen Endokarditis dar. Hierbei lagern sich Zellen des Blutes an den Herzklappen an und können Narben und Verkalkungen hervorrufen.
Als Folge können Veränderungen an den Herzklappen auftreten, die mitunter schwere Folgen haben können. In der Behandlung muss bei schweren Beteiligungen des Herzens eine medikamentöse Unterdrückung des Immunsystems zur Kontrolle der körpereigenen Antikörper erfolgen.

Verlauf und Prognose

Dauer einer Endokarditis

Die Endokarditis sollte frühzeitig therapiert werden, um Komplikationen und Folgeschäden zu vermeiden. Wird die Antibiotikatherapie rechtzeitig angesetzt, klingt die Erkrankung über die Dauer der Therapie von etwa vier bis sechs Wochen wieder ab. Wichtig ist die regelmäßige Kontrolle des Therapieerfolgs, da nur auf diese Weise sicher gegangen werden kann, dass es nicht zu Komplikationen gekommen ist.

Da die Herzklappen nicht durchblutet sind, ist es für den Körper allein ohne Therapie äußerst schwierig, die Infektion zu bekämpfen. Daher ist die rechtzeitige medizinische Versorgung betroffener Patienten so wichtig und ermöglicht die Eingrenzung der Erkrankung auf eine Dauer von einigen Wochen.

Ist eine Endokarditis ansteckend?

Eine Endokarditis ist in der Regel nicht ansteckend. Ausgelöst wird sie lediglich durch geringe Mengen Bakterien, die im Mundraum oder Körper vielfach vorkommen und nur durch kleinere Verletzungen in die Blutbahn gelangen können.
Der infektiöse Herd befindet sich anschließend lediglich am Herzen, wo sich kleine Abszesse, Abkapselungen der Bakterien bilden können. 

Prognose der Endokarditis

Etwa dreißig Prozent aller Betroffenen sprechen allerdings schlecht auf die Medikamente (Antibiotika) an, so dass es zu weitreichenden Schädigungen der Herzklappen kommt.
Dann ist eine Operation mit Ersatz durch künstliche Klappen als lebensrettende Maßnahme häufig unumgänglich.

Komplikationen der Endokarditis

Gefürchtete Komplikationen der Herzklappenentzündungen (Endokarditis) stellen Absiedlungen der bakteriellen Ablagerungen auf den Herzklappen dar. Diese werden als Vegetationen bezeichnet und kann man sich als kleine Bakterienhaufen vorstellen, die auf der Herzklappe wachsen.
Diese können durch das pumpende Herz mit dem Blutstrom fortgerissen werden und dann die Blutzufuhr anderer innerer Organe durch Verschluss des zuführenden Gefäßes durch den “Bakterienhaufen” unterbrechen.
Die Folge dieser sog. septischen Embolien sind Funktionsausfälle des entsprechenden Organs mit den jeweils charakteristischen Beschwerden.
Ist das Gehirn betroffen, droht ein lebensgefährlicher Infarkt (Schlaganfall = Apoplex).
Bei Verschluss von Gefäßen, die die Lunge versorgenden (selten ist die Lungenarterie selbst durch ein Gerinnsel verstopft, da sie den größten Durchmesser hat), kommt es zum sich in erster Linie durch starke Atemnot, beschleunigte Atmung (Tachypnoe), Schmerzen auf der Brust (Brustschmerzen) sowie im Extremfall durch Bewusstlosigkeit bemerkbar machenden Lungenembolie.
Wird die Niere bei Verlegung des sie versorgenden Gefäßes nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt, ist die Filtration des Bluts durch die kleinen als Filter dienenden Blutkapillarschlingen der Niere (die sog. Glomeruli) nicht mehr in ausreichendem Maße möglich und die Harnproduktion versiegt:
Stufen des Nierenversagens:

  • Oligurie: es wird mit weniger als 500 ml in 24 Stunden zu wenig Harn gebildet
  • Anurie: es wird kein Harn bzw. weniger als 100 ml Harn in 24 Stunden gebildet

Wie bei allen Organen hängt das Ausmaß der Funktionsausfälle und Beschwerden von der Größe des verschlossenen Gefäßes ab.
Kleine Niereninfarkte laufen oft unbemerkt ab, während größere mit plötzlich auftretendem Flankenschmerz, Erbrechen, Übelkeit und Fieber einhergehen. Im Urin sind, bedingt durch die Nierenschädigung, Blut und Eiweiße nachweisbar.

Kleine Gerinnsel führen ebenfalls zu punktförmigen Blutungen der Haut (sog. Petechien) und sind oft wichtige Wegweiser bei der Erkennung der Herzmuskelentzündung (Endokarditis).
Typischerweise treten sie an den Fingerbeeren und Füßen auf. Nach ihrem Erstbeschreiber, dem Internisten Sir William Osler (im Jahr 1885), werden die 2 bis 5 mm großen, nicht schmerzhaften Hautveränderungen, als Osler-Knötchen bezeichnet. Nicht zu verwechseln ist diese Erkrankung mit dem Morbus Osler.
Herzmuskelentzündungen (Endokarditis) selbst sind dagegen schon lange bekannt und konnten noch bei 600 bis 700 Jahre alten Mumien in Südamerika nachgewiesen werden.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 21.05.2007 - Letzte Änderung: 19.07.2023