Blutgerinnung

Einleitung

Blut übernimmt in unserem Körper unter anderem den Sauerstoffaustausch und -transport, die Versorgung des Gewebes und der Organe mit Nährstoffen und die Weiterleitung von Wärme. Es zirkuliert ständig durch den Körper. Da es flüssig ist, muss es bei Verletzung die Möglichkeit geben, den Blutfluss an der Verletzungsstelle zum Stillstand zu bringen. Diese Aufgabe übernimmt die sogenannte Blutgerinnung.

In der medizinischen Fachsprache wird die Blutgerinnung auch als Hämostase bezeichnet. Durch sie werden größere Blutverluste vom Körper vermieden. Dabei handelt es sich um einen komplexen Ablauf von mehreren Reaktionen, wobei viele verschiedene Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Neben einer Unterscheidung zwischen primärer (zelluläre) und sekundärer (plasmatische) Blutgerinnung, wird die sekundäre Blutgerinnung nochmals in einen intrinsichen (internen) und extrinsischen (externen) Weg eingeteilt. Beide führen durch unterschiedliche Kettenreaktionen zum Stoppen des Blutflusses. Daran sind vor allem die Thrombozyten beteiligt.

Intrinsische Blutgerinnung

Die intrinsische Blutgerinnung ist ein Teil der plasmatischen Blutgerinnung. Dabei bildet sich ein stabiles Netz aus Fibrin, wodurch die Blutung gestoppt wird. Dazu ist die Aktivierung verschiedener Faktoren notwendig. Hier werden zunächst die Thrombozyten aktiviert. Diese Aktivierung erfolgt durch den Kontakt von Thrombozyten und einer negativ geladenen Oberfläche, die meist aus Kollagen oder fremden Material wie Glas (z.B. bei einer Blutentnahme) besteht. Die aktivierten Thrombozyten veranlassen dann die Umwandlung vom inaktiven Faktor XII in den aktiven Zustand. Der aktive Faktor XII aktiviert nun Faktor XI und so nimmt die Gerinnungskaskade ihren Lauf. Diese Kaskade läuft stets nach dem selben Schema ab.

Vorerst letzter Faktor bei der intrinsischen Gerinnung ist der Faktor IX. Dieser aktiviert zusammen mit anderen Faktoren wie VIII die Endstrecke dieses Gerinnungsweges. Die gemeinsame Endstrecke der beiden Aktivierungswege bilden die aktivierten Faktoren X, V und Calcium. Dieser Komplex aktiviert den Faktor II, der auch Thrombin genannt wird. Durch dieses wird schließlich Fibrinogen in Fibrin umgewandelt, welches sich nun quer-vernetzt und ein Netz aus Fibrin bildet. In diesem Netz bleiben durch den Blutfluss Thrombozyten und auch Erythrozyten hängen. So wird schließlich eine Verletzung verschlossen. Durch Kontraktion von Aktin- und Myosin-Fasern in den Thrombozyten wird die Wunde zusätzlich zusammen gezogen und die Blutung wird noch weiter gestillt. Dies ist Teil der primären Blutgerinnung.

Extrinsische Blutgerinnung

Die extrinsische Gerinnung führt im Grunde zu dem gleichen Ergebnis wie die intrinsische. Lediglich die Aktivierung der Gerinnungskaskade ist unterschiedlich. Wenn Gewebe oder Gefäße verletzt werden, wird der inaktivierte Faktor III aktiviert. Diese Substanz befindet sich im Gewebe und aktiviert schließlich den Faktor VII. Der aktivierte Faktor VII bildet schließlich einen Komplex mit Kalzium, der dann den Faktor X aktiviert. Somit befinden wird uns bereits an der gemeinsamen Endstrecke der Gerinnung. Über mehrere Zwischenschritte wird schließlich Fibrin hergestellt. So bildet sich wie bereits beschrieben nach wenigen Minuten ein Blutgerinnsel, also ein Thrombus, der aus verschiedenen Zellen des Blutes wie Thrombozyten und Erythrozyten besteht.

Das Fibringerüst dient dazu, die Wunde zu verschließen und eine Blutung zu stoppen. Es soll demnach den normalen Blutfluss nicht behindern und wird nach einer gewissen Zeit wieder abgebaut. Dieser Vorgang wird als Fibrinolyse bezeichnet und durch ein Enzym namens Plasmin gefördert. Auch dieses Enzym steht unter einer Kontrolle und wird wiederum durch andere Substanzen gehemmt, damit es nicht zu einer überschießenden Fibrinauflösung kommt. Durch das Zusammenspiel verschiedener Stoffe, stellt der Körper sicher, kleinere Blutungen bei Verletzungen stoppen zu können.

Blutgerinnungsstörungen

Wie jedes System unseres Körpers kann auch das Gerinnungssystem verschiedene Störungen aufweisen. Da die Gerinnung von vielen Faktoren und Stoffen im Gewebe oder Blut abhängig ist, ist es besonders wichtig, dass es zu keinen Unregelmäßigkeiten kommt. Gleichzeitig ist dadurch die Gerinnungskaskade aber auch sehr anfällig für Fehler. Je nachdem welcher Faktor von einer Störung betroffen ist, kann die Gerinnung stärker oder schwächer beeinflusst werden. Dies ist abhängig von dem Schweregrad der Störung. Im folgenden werden zwei Störungen näher erläutert.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter Blutgerinnungsstörung

Faktor 5-Leiden

Der Faktor V (5) spielt in der Gerinnungskaskade eine wichtige Rolle. Nach seiner Aktivierung stößt er zusammen mit dem aktivierten Faktor X die Bildung des Fibrins an, sodass bei einer Verletzung die Blutung durch ein Fibrinnetz zunächst gestoppt wird. Dieser Faktor V kann von einer Mutation, also einem Fehler in der DNA, betroffen sein. In der medizinischen Fachsprache bezeichnet man diese Störung als eine Faktor V-Leiden-Mutation. Es handelt sich dabei um einen vererbbaren Defekt, der einer der häufigsten angeborenen Störungen im Gerinnungssystem darstellt. Diese Störung bewirkt, dass der Faktor V in seiner Aktivität nicht mehr gestoppt werden kann. Normalerweise wird er durch ein Protein (Protein C) gespalten, wodurch er seine Funktion verliert und die Gerinnung wieder eingestellt wird. Funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr, arbeitet der Faktor V kontinuierlich weiter. Im Endeffekt bedeutet das, dass die gesamte Gerinnung mit einer höheren Aktivität abläuft als normal. Dies hat zur Folge, dass das Blut dicker wird. Dickeres Blut birgt die Gefahr, dass sich öfters Blutgerinnsel bilden.

Bei den betroffenen Patienten besteht somit eine erhöhtes Risiko für Blutgerinnsel. In der Medizin wird das auch als Thrombophilie bezeichnet. Die Blutgerinnsel, auch Thromben genannt, entstehen überwiegend in den Venen und können diese Verstopfen, was zu Schwäche im betroffenen Bereich oder auch Kopfschmerzen führen kann. Dieser Prozess wird auch als Thrombose bezeichnet. Thrombosen in den Beinen können Schmerzen und Schwellungen verursachen. Zudem besteht dann die Gefahr, dass das Blutgerinnsel sich löst und andere Gefäße in der Lunge oder auch im Gehirn verstopft. Eine Lungenembolie oder einen Schlaganfall sind daraus folgende, mögliche Konsequenzen. Behandelt wird die Erkrankung häufig, wenn ein erhöhtes Risiko einer Thrombose besteht, mit blutverdünnenden Medikamente. So wird das Blut flüssiger gehalten und die Wahrscheinlichkeit für Blutgerinnsel sinkt.

Lesen Sie mehr zum Thema hier Faktor 5-Leiden

Blutgerinnung zu stark

Ist die Blutgerinnung zu schwach, dauert eine Blutung länger an als normal. Es vergeht mehr Zeit, bis der Körper die Blutung gestoppt hat. Ist sie dagegen zu stark, läuft die Gerinnung verstärkt ab. Ein zu starke Blutgerinnung kann unterschiedliche Ursachen haben. Zwei davon wurden bereits ausführlich erläutert. Verantwortlich für solche Veränderungen können aber auch die Blutzusammensetzung, die Blutströmung und auch Änderungen an den Gefäßwänden sein. Es kann so zu einem Missverhältnis zwischen gerinnungsfördernden und gerinnungshemmenden Faktoren kommen. Patienten, die eine angeborene oder erworbene Blutgerinnungsneigung haben, sind einem erhöhten Thromboserisiko ausgesetzt. Sie neigen dazu vermehrt ein Blutgerinnsel zu entwickeln, was schwerwiegenden Folgen wie eine Lungenembolie haben kann.

Löst sich ein Blutgerinnsel kann es über den Blutkreislauf in die Lunge verschleppt werden und dort Gefäß verstopfen. Die Betroffenen leiden unter plötzlich einsetzenden Brustschmerzen und Luftnot. Blutgerinnsel können auch in Arterien entstehen. Besonders dann, wenn Engstellen aufgrund von Gefäßverkalkungen vorhanden sind. Arterielle Blutgerinnsel können in Gefäße des Gehirns fließen und im Falle eines Verschlusses zu einem Schlaganfall führen.

Weitere Informationen zu verschiedenen Störungen finden Sie unter Blutgerinnungsstörung

Beeinflussung der Blutgerinnung durch Medikamente

Die Blutgerinnung kann durch verschiedene Medikamente beeinflusst werden. Dabei unterscheidet man zunächst zwei große Gruppen von Medikamenten, die gezielt dazu verwendet werden die Gerinnung zu beeinflussen.
Zum einen sind das gerinnungshemmende Arzneimittel. Sie werden auch als Antikoagulanzien bezeichnet. Dazu zählen zum Beispiel Vitamin K-Antagonisten (Marcumar®), Aspirin und Heparine. Sie bewirken eine verzögert einsetzende Blutgerinnung indem sie an verschiedenen Stellen des Gerinnungssystem ansetzen. Sie werden häufig therapeutisch zur Vorbeugung eines Blutgerinnsels eingesetzt.
Zum anderen gibt es gerinnungsfördernde Medikamente wie Thrombin und Vitamin K. Letzteres fördert die Produktion der Gerinnungsfaktoren in der Leber. Eine Gabe ist nur sinnvoll wenn keine Beeinträchtigung in der Herstellung der Faktoren oder in der Aufnahme des Vitamins über den Darm vorliegt. Weiterhin gibt es eine Reihe von Medikamenten, die als Nebenwirkung die Blutgerinnung stören können.

Blutgerinnung in der Schwangerschaft

Durch die hormonellen Veränderungen, die eine Frau während der Schwangerschaft durchläuft, kann es auch zu Veränderungen in der Blutgerinnung kommen. Häufig stellt sich eine verstärkte Blutgerinnung ein, sodass Schwangere ein erhöhtes Risiko haben, Blutgerinnsel zu entwickeln. Das Vorhandensein einer Blutgerinnungsstörungen bei Frauen im gebärfähigen Alter spielt eine wichtige Rolle, da die Erkrankung nicht selten als Ursache für eine Fehlgeburt in Betracht gezogen werden kann. Die meisten Fehlgeburten erfolgen in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft.

Häufig ist keine klare Ursache zu finden und sie können gehäuft bei einer Frau vorkommen. Die ursächlichen Zusammenhänge zwischen einer Blutgerinnungsstörung mit erhöhter Thromboseneigung und einer Fehlgeburt sind noch nicht genau geklärt. Mediziner gehen davon aus, dass durch die Veränderung des Blutflusses die Gebärmutter nicht richtig durchblutet wird. Diese Störung der Durchblutung kann dann nach Einnistung der Eizelle zu einer Abstoßung des Embryos führen. Da eine Blutgerinnungsstörung aufgrund des Fehlens von auffälligen Symptomen nur schwer zu erkennen ist, kann es vorkommen, dass eine Frau mehrere Fehlgeburten erleidet bis die Ursache erkannt wird. Häufig sind es bestimmte Faktoren wie der Faktor V und II, die eine Fehlfunktion besitzen und zu Komplikationen führen. Frauen in der Schwangerschaft oder mit Kinderwunsch, die an einer angeborenen oder erworbenen Blutgerinnungsstörung leiden, sollten daher behandelt werden.

Bei Kinderwunsch wird empfohlen schon vor einer Schwangerschaft mit einer Behandlung mit blutverdünnenden Medikamenten zu beginnen. In der Schwangerschaft werden ebenfalls ausgewählte Medikamente verabreicht. Häufig wird hier auf das gerinnungshemmende Heparin zurück gegriffen, da es die Plazenta nicht überwinden kann. Dies bedeutet, dass es nicht vom mütterlichen Blutkreislauf in das des ungeborenen Kindes übertragen wird. Bezüglich einer Therapie ist eine gute Beratung durch den behandelnden Frauenarzt notwendig.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 16.11.2016 - Letzte Änderung: 25.07.2023