Talgdrüsenkarzinom

Definition - Was ist ein Talgdrüsenkarzinom?

Bei einem Talgdrüsenkarzinom handelt es sich um einen seltenen, jedoch äußerst aggressiven, bösartigen Tumor der Talgdrüsen. Diese Drüsen befinden sich in der Haut bzw. den Augenlidern und sorgen hier mit ihrem sezernierten Talgfilm für einen Teil der Wasserdichtigkeit.
Daher unterscheidet man beim Talgdrüsenkarzinom zwischen einer häufigeren okulären (am Auge befindlichen) und einer extraokulären (den restlichen Körper betreffenden) Form. Die häufigere okuläre Form tritt zwar nach Entfernung seltener wieder auf, weist jedoch eine deutlich schlechtere Prognose auf.

Warum kommt es häufig am Augenlid / Auge vor?

Im Bereich der Augen kommen besondere Arten von Talgdrüsen vor. Dies sind zum einen die Zeis-Drüsen, die im Haarfollikel der Wimpern münden und zum anderen die Meibom-Drüsen, die an der Hinterkante des Augenlids münden und an der Produktion des Tränenfilms beteiligt sind.
Daneben finden sich im inneren Augenwinkel weitere Talgdrüsen, die der sogenannten Tränenkarunkel (Tränenwärzchen, das sind am innenren Augenwinkel befindet). 
Das okuläre (am Auge befindliche) Talgdrüsenkarzinom bezeichnet eine Entartung einer dieser Drüsenarten, meist sind die Meibom-Drüsen betroffen. 
Die Ursache, weshalb das Talgdrüsenkarzinom in ca. 75 % der Fälle in der Augenregion vorkommt, liegt vermutlich in der Gegebenheit, dass sowohl die Haut als auch die Augen einem gemeinsamen Ursprungsgewebe (Keimblatt) in der Embryonalentwicklung entstammen. Dieser Zusammenhang zeigt sich auch bei anderen Erkrankungen der Haut, wie z. B. dem schwarzen Hautkrebs, der neben seiner Haupterscheinungsform in der Haut ebenfalls im Auge vorkommen kann.
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Ursachen eines Talgdrüsenkarzinoms

Wenn ein Talgdrüsenkarzinom isoliert und nicht zusammen mit anderen Krebserkrankungen auftritt, sind dessen Ursachen weitgehend unbekannt.
Es wird vermutet, dass eine Strahlentherapie z. B. infolge eines Augentumors wie des Retinoblastoms, Talgdrüsenkarzinome verursachen kann. Auch ein Zusammenhang mit Medikamenten, die zur Gruppe der entwässernden Medikamente gehören, sogenannte Diuretika, stehen ursächlich im Verdacht.
Des Weiteren kann das Talgdrüsenkarzinom im Rahmen einer genetischen Erkrankung, dem Muir-Torre-Syndrom, auftreten. Hierbei kommen neben einer Entartung der Talgdrüsen auch Tumoren im Bereich des Darms, des Harntraktes, der Gebärmutter bei Frauen sowie gutartige Hauttumoren vor.

Diagnose eines Talgdrüsenkarzinoms

Die Diagnose wird oft durch eine Kombination aus klinischem Bild und einer Gewebeentnahme (Biopsie) gestellt. Auffällige Hautveränderungen bzw. Lidschwellungen am Auge werden lichtmikroskopisch (histologisch) untersucht.
Falls der Verdacht eines Talgdrüsenkarzinoms am Auge (okulär) bzw. des restlichen Körpers (extraokulär) in der Gewebeprobe bestätigt wird, erfolgt meist eine Computertomographie zur Beurteilung des gesamten Körpers bzw. der Augenhöhle sowie der angrenzenden Strukturen. Somit lassen sich zum einen die Tumorausbreitung und zum anderen eventuell bereits vorhandene Metastasen beurteilen.
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An diesen Symptomen kann man ein Talgdrüsenkarzinom erkennen

An einem Talgdrüsenkarzinom erkranken v. a. ältere Menschen ab 60 Jahren. Es gibt außerdem ein gehäuftes Auftreten beim weiblichen Geschlecht sowie bei asiatischer Herkunft.
Die extraokuläre Form (nicht die Augen betreffende Form) tritt meist im Bereich des Kopfes und Nacken auf und zeigt sich als erhabene Stelle auf der Haut.
Die die Augen betreffende (okuläre) Form tritt am häufigsten in den Meibom-Drüsen am Oberlid auf, da hier die meisten Talgdrüsen sitzen. Das Talgdrüsenkarzinom kommt fast immer einseitig statt beidseitig vor. Der Tumor ist fest und hat durch seinen Fettgehalt eine gelbliche Farbe. Er ist typischerweise nicht schmerzhaft und wächst nur langsam. In vielen Fällen kann ein Wimpernverlust beobachtet werden.
Bei etwa einem Drittel aller Talgdrüsenkarzinome findet eine Zellstreuung in die Bindehaut des Auges statt. Diese erscheint dann gerötet und geschwollen und spricht nicht auf eine Therapie an. Zusätzlich ist das Lid hierbei im Allgemeinen nicht geschwollen.
Ein Talgdrüsenkarzinom am Auge kann mit einem entzündlichen Hagelkorn verwechselt werden. Im Gegensatz hierzu tritt das Hagelkorn allerdings akut auf, ist schmerzhaft und verschwindet meist innerhalb weniger Wochen wieder. Bei einem entfernten Hagelkorn, das wieder nachwächst, sollte man an ein Talgdrüsenkarzinom denken.
Eine weitere Differenzialdiagnose ist das Basaliom, eine spezielle Form des Hautkrebses, der allerdings überwiegend am Unterlid auftritt.

Behandlung und Therapie eines Talgdrüsenkarzinoms

Ein Talgdrüsenkarzinom kann nicht konservativ oder alleinig medikamentös behandelt werden. Aufgrund der Aggressivität des Tumors ist die Therapie der Wahl daher die großzügige operative Entfernung.
Sollten Lymphknoten befallen sein, werden diese ebenfalls entnommen und das verbleibende Gewebe hier zusätzlich noch nachbestrahlt.
Falls bei einem fortgeschrittenen am Auge befindlichen (okulären) Talgdrüsenkarzinom die Augenhöhle mitbetroffen ist, wird diese im Ganzen mitentfernt. Hierbei kann im späteren Verlauf bei Wunsch des Patienten ein Glasauge eingesetzt werden.
Nach der operativen Tumorentfernung erfolgt meist eine sich anschließende Strahlentherapie. Da der Tumor dazu neigt, an der entnommenen Stelle wieder nachzuwachsen, sind regelmäßige klinische Kontrollen notwendig, um im Zweifel frühzeitig agieren zu können.
Lesen Sie mehr zum Thema unter: Wirkung der Strahlentherapie und Verhaltensweise während der Strahlentherapie
Bei inoperablen Patienten, die z.B. aufgrund ihres schlechten Allgemeinzustandes nicht operiert werden können, kann auch eine Bestrahlung als primäre, alleinige Therapie angewandt werden. Dies stellt allerdings dann eine palliative Behandlungsform dar, das Ziel ist nicht mehr die Heilung der Erkrankung sondern die Linderung der Symptome und die Förderung der Lebensqualität.
Lesen Sie mehr zum Thema: Tumor - Allgemeine Therapieansätze und Palliative Therapie

Prognose bei einem Talgdrüsenkarzinom

In bis zu 40 % der Fälle tritt der Tumor an der entfernten Stelle innerhalb der ersten Jahre nach Operation wieder auf. Bei okulärer Lokalisation (am Auge) ist das Risiko mit 20 % geringer.
Es handelt sich beim Talgdrüsenkarzinom um einen äußerst aggressiv wachsenden Tumor, der mit zunehmender Größe rasch Metastasen (Tochtergeschwülste) bilden kann. Daher ist die zunehmende Tumorgröße auch ein prognostisch ungünstiger Parameter.
Weitere ungünstige Faktoren sind das Eindringen des Tumors in Gefäße und ein Auftreten des Tumors an mehreren Stellen im Körper. Weiterhin ist eine geringe Differenzierung der Zellen in der Gewebeuntersuchung als ungünstig zu betrachten. Hierbei wird beurteilt, wie weit die Zellen von den Zellen des Ursprunggewebes abweichen.

Bildet ein Talgdrüsenkarzinom Metastasen?

In etwa einem Viertel der Fälle entwickeln sich im Verlauf Metastasen, welche im Rahmen der Diagnostik der Tumorausbreitung durch eine Computertomographie erkannt werden können. Diese breiten sich fast immer über die Lymphabflusswege in die Lymphknoten von Kopf und Hals aus.
Teilweise finden sich Metastasen auch in der Ohrspeicheldrüse. Eine Metastasierung über das Blut in Organe wie Leber, Lunge oder Gehirn findet selten und erst sehr spät statt.
Liegen Metastasen vor, liegt im Allgemeinen eine inoperable Situation vor und es erfolgt eine palliative Therapie mit Bestrahlung und Chemotherapie.
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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 01.12.2017 - Letzte Änderung: 19.07.2023