Zellatmung beim Menschen

Definition

Die Zellatmung, auch aerobe (von altgriechisch „aer“ - Luft) Zellatmung genannt, beschreibt beim Menschen den Abbau von Nährstoffen wie Traubenzucker oder Fettsäuren unter Verbrauch von Sauerstoff (O2) zur Energiegewinnung, welche für das Überleben der Zellen notwendig ist. Dabei werden die Nährstoffe oxidiert, d.h. sie geben Elektronen ab, während Sauerstoff reduziert wird, was bedeutet, dass es Elektronen aufnimmt. Die Endprodukte, welche aus dem Sauerstoff und den Nährstoffen entstehen, sind Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasser (H2O).

Funktion und Aufgaben der Zellatmung

Sämtliche Vorgänge im Körper des Menschen benötigen Energie. Körperliche Bewegung, die Gehirnfunktion, das Schlagen des Herzens, das Herstellen von Speichel oder Haaren und sogar die Verdauung erfordert Energie, um ablaufen zu können.

Darüber hinaus braucht der Körper Sauerstoff zum Überleben. Hier ist die Zellatmung von besonderer Bedeutung. Denn mithilfe von dieser und dem Gas Sauerstoff ist es dem Körper möglich, energiereiche Stoffe zu verbrennen und daraus die benötigte Energie zu gewinnen. Sauerstoff selbst liefert uns dabei keine Energie, es wird jedoch benötigt, um die chemischen Verbrennungsprozesse im Körper durchführen zu können und ist daher essentiell für unser Überleben.

Der Körper kennt viele verschiedene Arten von Energieträgern:

  • Glukose (Zucker) ist dabei der Hauptenergieträger und Grundbaustein sowie das aus allen stärkehaltigen Lebensmitteln gespaltene Endprodukt
  • Fettsäuren und Glycerin sind die Endprodukte der Spaltung von Fetten und können ebenfalls in die Energiegewinnung einfließen
  • Als letzte Gruppe der Energieträger gibt es noch die Aminosäuren, die als Produkt der Eiweißspaltung übrig bleiben. Diese können dann nach einer gewissen Umwandlung im Körper ebenfalls in der Zellatmung und damit zur Energiegewinnung genutzt werden

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Der am meisten vom menschlichen Körper verwendete Energieträger ist die Glucose. Dabei gibt es eine Kette an Reaktionen, die unter Verbrauch von Sauerstoff letztendlich zu den Produkten CO2 und H2O führen. Dieser Prozess umfasst die Glykolyse, also die Spaltung von Glukose und die Überführung des Produkts, dem Pyruvat über den Zwischenschritt des Acetyl-CoA in den Citratzyklus (Synonym: Zitronensäurenzyklus oder auch Krebs-Zyklus). In diesen Zyklus fließen auch die Spaltungsprodukte anderer Nährstoffe wie Aminosäuren oder Fettsäuren ein. Der Prozess, in welchem die Fettsäuren so „zerkleinert“ werden, sodass sie ebenfalls in den Citratzyklus einfließen können, nennt sich Beta-Oxidation.

Der Citratzyklus ist also eine Art Zulaufstelle, wo sämtliche Energieträger dem Energiestoffwechsel zugeführt werden können. Dabei findet der Zyklus in den Mitochondrien statt, den „Energiekraftwerken“ der menschlichen Zellen.

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Während all dieser Prozesse wird teilweise Energie in Form von ATP verbraucht, jedoch bereits auch schon gewonnen, wie dies zum Beispiel in der Glykolyse der Fall ist. Darüber hinaus entstehen überwiegend weitere Energiezwischenspeicher (z.B. NADH, FADH2), die Ihre Funktion als Energiezwischenspeicher nur während der Energiegewinnung erfüllen. Diese Zwischenspeichermoleküle fließen dann in den letzten Schritt der Zellatmung ein, nämlich den Schritt der oxidativen Phosphorylierung oder auch Atmungskette genannt. Dies ist der Schritt, auf den sämtliche Prozesse bisher hingearbeitet haben. Die Atmungskette, welche auch in den Mitochondrien stattfindet, besteht wieder ebenfalls aus mehreren Schritten, in welchen dann aus den energiereichen Zwischenspeichermolekülen der Allzweckenergieträger ATP gewonnen wird. Insgesamt entsteht so bei dem Abbau von einem Glukose-Molekül eine Summe von 32 ATP-Molekülen.

Für die besonders Interessierten

Die Atmungskette enthält verschieden Proteinkomplexe, die hier eine sehr interessante Rolle spielen. Sie funktionieren als Pumpen, die unter Verbrauch der Zwischenspeichermoleküle Protonen (H+-Ionen) in den Hohlraum der Mitochondriendoppelmembran pumpen, sodass dort eine hohe Konzentration an Protonen herrscht. Dies bedingt einen Konzentrationsgradienten zwischen dem Intermembranraum und der Mitochondrienmatrix. Mithilfe von diesem Gefälle gibt es letztlich ein Proteinmolekül, was ähnlich wie eine Art Wasserturbine funktioniert. Angetrieben durch dieses Gefälle an Protonen synthetisiert das Protein aus einem ADP und einer Phosphatgruppe ein ATP-Molekül.

Hier finden Sie nähere Informationen: Was ist die Atmungskette?

ATP

Das Adenosin-Triphosphat (ATP) ist der Energieträger des menschlichen Körpers. Sämtliche Energie, die aus der Zellatmung entsteht wird zunächst in Form von ATP zwischengespeichert. Der Körper kann die Energie nur verwenden, wenn sie in Form des ATP-Moleküls vorliegt.

Wird die Energie es ATP-Moleküls verbraucht, so entsteht dabei aus dem ATP das Adenosin-Diphosphat (ADP), wobei eine Phosphatgruppe des Moleküls abgespalten und Energie frei wird. Die Zellatmung oder Energiegewinnung dient dabei dem Ziel, laufend aus dem sogenannten ADP wieder das ATP zu regenerieren, sodass der Körper dieses erneut verwenden kann.

Reaktionsgleichung

Aufgrund der Tatsache, dass Fettsäuren verschieden lang sind und auch Aminosäuren sehr unterschiedliche Strukturen haben, lassen sich für diese beiden Gruppen keine einfache Gleichung aufstellen, um deren Energieausbeute in der Zellatmung genau zu charakterisieren. Denn jede Strukturänderung kann bestimmen, in welchem Schritt des Citrat-Zyklus die Aminosäure einfließt.
Der Abbau der Fettsäuren in der sogenannten Beta-Oxidation ist abhängig von deren Länge. Je länger die Fettsäuren, desto mehr Energie kann aus Ihnen gewonnen werden. Dies variiert dann noch zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren, wobei ungesättigte minimal weniger Energie liefern, sofern sie die gleiche Menge haben.

Aus den bereits genannten Gründen lässt sich eine Gleichung am besten für den Abbau der Glukose beschreiben. Dabei entstehen aus einem Glukose-Molekül (C6H12O6) und 6 Sauerstoff-Molekülen (O2) insgesamt 6 Kohlendioxid-Moleküle (CO2) und 6 Wasser-Moleküle (H2O):

  • C6H12O6 + 6 O2 werden zu 6 CO2 + 6 H2O

Was ist die Glykolyse?

Die Glykolyse bezeichnet die Spaltung von Glukose, also Traubenzucker. Dieser Stoffwechselweg findet sowohl bei menschlichen Zellen statt wie auch bei anderen, z.B. bei Hefen im Rahmen der Gärung. Der Ort, an dem die Zellen die Glykolyse durchführen, ist das Zellplasma. Hier sind Enzyme vorhanden, welche die Reaktionen der Glykolyse beschleunigen, um damit sowohl direkt ATP zu synthetisieren als auch die Substrate für den Citratzyklus bereitzustellen. Dieser Prozess erzeugt Energie in Form von zwei Molekülen ATP und zwei Molekülen NADH+H+. Die Glykolyse stellt zusammen mit dem Citratzyklus und der Atmungskette, die beide im Mitochondrium lokalisiert sind, den Abbauweg des Einfachzuckers Glucose bis zum universalen Energieträger ATP dar. Die Glykolyse findet im Zytosol aller tierischen und pflanzlichen Zellen statt. Das Endprodukt der Glykolyse ist das Pyruvat, welches dann über einen Zwischenschritt in den Citratzyklus eingeleitet werden kann.

Insgesamt werden in der Glykolyse pro Glucosemolekül 2 ATP eingesetzt, um die Reaktionen durchführen zu können. Jedoch werden 4 ATP gewonnen, sodass effektiv ein Reingewinn von 2 ATP-Molekülen vorhanden ist. 

Die Glykolyse zehn Reaktionsschritte bis aus einem Zucker mit 6 Kohlenstoffatomen zwei Moleküle Pyruvat entstehen, die jeweils aus drei Kohlenstoffatomen aufgebaut sind. In den ersten vier Reaktionsschritten wird der Zucker mit Hilfe zweier Phosphate und einer Umlagerung zu Fructose-1,6-bisphosphat. Dieser aktivierte Zucker wird nun in zwei Moleküle mit jeweils drei Kohlenstoffatomen gespalten. Durch weitere Umlagerungen und der Entfernung der beiden Phosphatgruppen entstehen letztlich zwei Pyruvate. Wenn nun Sauerstoff (O2) zur Verfügung steht, kann das Pyruvat weiter zu Acetyl-CoA verstoffwechselt werden und in den Citratzyklus eingeschleust werden. Insgesamt bringt die Glykolyse mit 2 Molekülen ATP und zwei Molekülen NADH+H+ eine relativ niedrige Energieausbeute. Jedoch stellt sie den Grundstein für den weiteren Abbau des Zuckers und ist damit unerlässlich für die Gewinnung von ATP in der Zellatmung.  

An dieser Stelle ist es sinnvoll die Trennung von aerober und anaerober Glykolyse vorzunehmen. Die aerobe Glykolyse führt zu dem oben beschriebenen Pyruvat, welches dann weiter zur Energiegewinnung herangezogen werden kann.
Die anaerobe Glykolyse hingegen, welche unter Bedingungen des Sauerstoff-Mangels stattfindet, kann das Pyruvat nicht mehr weiterverwendet werden, da der Citratzyklus Sauerstoff benötigt. Im Rahmen der Glykolyse entsteht noch das Zwischenspeichermolekül NADH, welches an sich energiereich ist und unter aeroben Bedingungen auch in den Krebszyklus fließen würde. Jedoch ist das Ausgangsmolekül NAD+ notwendig, um die Glykolyse aufrecht zu erhalten. Daher „beißt“ der Körper hier in den „sauren Apfel“ und wandelt dieses energiereichere Molekül wieder in seine Ausgangsform um. Dabei wird das Pyruvat verwendet, um die Reaktion durchführen zu können. Dabei entsteht aus dem Pyruvat das sogenannte Laktat oder auch Milchsäure genannt.

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Was ist die Atmungskette?

Die Atmungskette ist der letzte Teil des Abbauweges der Glucose. Nachdem der Zucker in der Glykolyse und im Citratzyklus verstoffwechselt worden ist, hat die Atmungskette die Funktion, die dabei entstandenen Reduktionsäquivalente (NADH+H+ und FADH2) zu regenerieren. Dabei entsteht der universale Energieträger ATP (Adenosintriphosphat). Die Atmungskette ist wie der Citratzyklus in den Mitochondrien lokalisiert, die deswegen auch als „Kraftwerke der Zelle“ bezeichnet werden. Die Atmungskette besteht aus fünf Enzymkomplexen, die in die innere Mitochondrienmembran eingelagert sind. Die ersten beiden Enzymkomplexe regenerieren jeweils NADH+H+ (oder FADH2) zu NAD+ (oder FAD). Während der Oxidation des NADH+H+ werden vier Protonen vom Matrixraum in den Intermembranraum transportiert. Auch bei den folgenden drei Enzymkomplexen werden jeweils 2 Protonen in den Intermembranraum gepumpt. So entsteht ein Konzentrationsgefälle, welches zur ATP-Herstellung genutzt wird. Hierzu fließen Protonen vom Intermembranraum durch eine ATP-Synthase zurück in den Matrixraum. Die frei werdende Energie wird dazu genutzt, aus ADP (Adenosindiphosphat) und Phosphat schließlich ATP herzustellen. Eine weitere Aufgabe der Atmungskette ist es, die durch die Oxidation der Reduktionsäquivalente anfallenden Elektronen abzufangen. Dies wird durch die Übertragung der Elektronen auf Sauerstoff bewerkstelligt. Durch das Zusammenführen von Elektronen, Protonen und Sauerstoff entsteht so am vierten Enzymkomplex (Cytochrom-c-Oxidase) normales Wasser. Dies erklärt auch, wieso die Atmungskette nur ablaufen kann, wenn genügend Sauerstoff vorhanden ist.

Welche Aufgaben haben die Mitochondrien bei der Zellatmung?

Die Mitochondrien sind Organellen, die nur in eukaryotischen Zellen vorkommen. Sie werden auch als die „Kraftwerke der Zelle“ bezeichnet, da in ihnen die Zellatmung stattfindet. Das Endprodukt der Zellatmung ist das ATP (Adenosintriphosphat). Dieses ist ein universeller Energieträger, der im ganzen menschlichen Organismus benötigt wird. Voraussetzung für die Zellatmung ist die Kompartimentierung der Mitochondrien. Das bedeutet, dass es im Mitochondrium voneinander getrennte Reaktionsräume gibt. Bewerkstelligt wird dies durch eine innere und äußere Membran, sodass es einen Intermembranraum und einen inneren Matrixraum gibt.

Im Verlauf der Atmungskette werden Protonen (Wasserstoffionen, H+) in den Intermembranraum transportiert, sodass ein Konzentrationsunterschied an Protonen entsteht. Diese Protonen kommen von verschiedenen Reduktionsäquivalenten, wie NADH+H+ und FADH2, die dadurch zu NAD+ und FAD regeneriert werden.

Die ATP-Synthase ist das letzte Enzym der Atmungskette, wo letztlich ATP entsteht. Angetrieben durch den Konzentrationsunterschied fließen die Protonen aus dem Intermembranraum durch die ATP-Synthase hindurch in den Matrixraum. Durch diesen Fluss an positiver Ladung wird Energie frei, die genutzt wird, um aus ADP (Adenosindiphosphat) und Phosphat ATP herzustellen. Die Mitochondrien eignen sich für die Atmungskette besonders gut, da sie durch die doppelte Membran zwei Reaktionsräume haben. Darüber hinaus laufen viele Stoffwechselwege (Glykolyse, Citratzyklus), die die Ausgangsstoffe (NADH+H+, FADH2) für die Atmungskette bereitstellen im Mitochondrium statt. Diese räumliche Nähe stellt einen weiteren Vorteil dar und machen die Mitochondrien zum optimalen Ort für die Zellatmung.

Hier erfahren Sie alles rund um das Thema Atmungskette

Energiebilanz

Die Energiebilanz der Zellatmung im Fall der Glukose ist unter Entstehung von 32 ATP-Molekülen pro Glukose so zusammenzufassen:

C6H12O6 + 6 O2 werden zu 6 CO2 + 6 H2O + 32 ATP

(Der Übersicht zuliebe wurde in den Edukten das ADP und der Phosphatrest Pi weggelassen)

Unter anaeroben Bedingungen, also Sauerstoffmangel, kann der Citratzyklus nicht ablaufen und es kann nur über die aerobe Glykolyse Energie gewonnen werden:

C6H12O6 + 2 Pi + 2 ADP werden zu 2 Laktat + 2 ATP. + 2 H2O. Es wird also pro Glucosemolekül nur knapp 6% des Anteils gewonnen, wie es bei der aeroben Glykolyse der Fall wäre.

Erkrankungen im Zusammenhang mit der Zellatmung

Die Zellatmung ist essentiell für das Überleben, d.h. dass viele Mutationen in den Genen, welche für die Proteine der Zellatmung, z.B. Enzyme der Glykolyse, kodieren, letal (tödlich) sind. Dennoch kommen genetische Erkrankungen der Zellatmung vor. Diese können ihren Ursprung sowohl in der nukleären DNA haben als auch von der mitochondrialen DNA herrühren. Die Mitochondrien enthalten selbst eigenes Erbgut, welches für die Zellatmung notwendig ist. Diese Erkrankungen zeigen jedoch eine ähnliche Symptomatik, da sie alle die Gemeinsamkeit haben, in die Zellatmung einzugreifen und diese zu stören.

Erkrankungen der Zellatmung weisen häufig ähnliche klinische Krankheitsbilder auf. Besonders kommt es hierbei zu Störungen von Geweben, welche besonders viel Energie brauchen. Diese beinhalten besonders die Nerven-, Muskel-, Herz-, Nieren- und Leberzellen. Es kommt daher häufig auch schon in jungen Jahren, wenn nicht sogar zum Zeitpunkt der Geburt, zu Symptomen wie Muskelschwäche oder Anzeichen einer Hirnschädigung. Außerdem spricht auch eine ausgeprägte Laktatazidose (eine Übersäuerung des Körpers mit Laktat, welches sich anreichert, da das Pyruvat nicht ausreichend im Citratzyklus abgebaut werden kann). Auch kann es zu Fehlfunktion der inneren Organe kommen.

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Die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Zellatmung sollte von Spezialisten übernommen werden, da das Erkrankungsbild sehr vielfältig und unterschiedlich ausfallen kann. Der heutige Stand ist, dass es noch keine kausale und heilende Therapie gibt. Die Erkrankungen können lediglich symptomatisch behandelt werden.

Da die mitochondriale DNA in einer sehr komplizierten Weise von der Mutter an die Kinder weitergegeben wird, sollten sich Frauen, die unter einer Erkrankung der Zellatmung leiden, bei Kinderwunsch an einen Spezialisten wenden, da nur dieser die Wahrscheinlichkeit für die Vererbung annähernd abschätzen kann.

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen zum Thema Laktatazidose und ähnlichen Themen erhalten Sie auf folgenden Seiten:

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 20.03.2017 - Letzte Änderung: 25.07.2023