Lebenserwartung bei einer Colitis ulcerosa

Einleitung

Die Colitis ulcerosa zählt zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Wie der Name schon sagt, verläuft die Erkrankung also chronisch. Das heißt, dass sie die meisten Betroffenen ein Leben lang begleitet. Bei chronischen Erkrankungen stellt sich daher bei vielen Patienten die Frage, ob die Erkrankung einen Einfluss auf die Lebenserwartung hat oder nicht. Dieser Frage soll in den nachfolgenden Abschnitten genauer auf den Grund gegangen werden.

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Welchen Einfluss hat die Colitis ulcerosa auf die Lebenserwartung?

Patienten mit Colitis ulcerosa haben aus medizinischer Sicht keine wesentliche Einschränkung der Lebenserwartung zu befürchten. Aus statistischer Sicht sieht das ein klein wenig anders aus. Das hat damit zu tun, dass die Colitis ulcerosa mit bestimmten Komplikationen einhergehen kann, die potentiell lebensbedrohlich verlaufen können und somit einen Einfluss auf die Lebenserwartung haben.
Typische Komplikationen sind: 

  • Das sogenannte toxische Megakolon. Der Darm dehnt sich hierbei in einem bestimmten Abschnitt immer weiter auf. Er wird so groß, dass die Gefahr besteht, dass er perforiert, also platzt. Man spricht dann von einer Darmperforation. Eine solche Darmperforation ist ein akut lebensbedrohliches Krankheitsbild. Es ist eine umgehende operative Versorgung notwendig. Etwa 4% der Patienten die an einem toxischen Megakolon leiden, das noch nicht geplatzt ist, versterben daran. Kommt es zu einer Darmperforation, liegt die Sterblichkeit sogar bei etwa 20%.
  • Eine weitere potentiell schwere Komplikation der Colitis ulcerosa sind Darmblutungen. Bei ausgeprägten Blutungen ist unter Umständen ebenfalls eine sofortige operative Therapie notwendig. Die Sterblichkeit ist bei rascher und adäquater Behandlung jedoch sehr gering.
  • Es gibt außerdem eine wichtige Langzeit-Komplikation der Colitis ulcerosa: Patienten die an einer Colitis leiden, entwickeln im Verlauf der Jahre ein deutlich erhöhtes Darmkrebsrisiko. Das Risiko steigt nach 10 Erkrankungsjahren gegenüber der gesunden Normalbevölkerung deutlich an. Darmkrebs ist unbehandelt tödlich. Daher kann das erhöhte Darmkrebsrisiko bei Colitis ulcerosa statistisch gesehen zu einer erniedrigten Lebenserwartung führen. Real ist es jedoch so, dass alle Patienten die seit vielen Jahren an einer Colitis ulcerosa leiden, engmaschigen Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchungen (Koloskopien) zugeführt werden. Hierbei wird der Darm gespiegelt und auf mögliche Krebs-Vorstufen untersucht. Wird eine solche Vorstufe oder eine Krebs-Wucherung frühzeitig erkannt und entfernt, ist die Sterblichkeit sehr gering. Zusammengefasst kann also gesagt werden, dass die Lebenserwartung eines Patienten mit Colitis ulcerosa, der sich in regelmäßiger ärztlicher Überwachung und Behandlung befindet, kaum bis nicht eingeschränkt ist.

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Welchen Einfluss haben die Schübe auf die Lebenserwartung?

Die Colitis ulcerosa ist zwar eine chronische Erkrankung, verläuft jedoch von Patient zu Patient unterschiedlich. Es gibt Patienten, die nach einem Schub jahrelang ohne Beschwerden leben. Andere Patienten, haben sehr häufige Schübe. Die Frequenz der Schübe ist ein Indikator für die Aktivität der Erkrankung. Je aktiver die Erkrankung ist, desto aggressiver greift sie die Darmwand an. Bei einer Erkrankung mit hoher Krankheitsaktivität, ist also das Risiko von Komplikationen wie dem toxischen Megakolon oder akuten Blutungen höher als bei Erkrankungen, die mit einer niedrigen Aktivität / Schubfrequenz einhergehen. Auch das Darmkrebsrisiko hängt damit zusammen, wie stark die Darmwand durch die Erkrankung geschädigt wurde. Das bedeutet also, dass Patienten mit häufigen starken Schüben ein höheres Komplikationsrisiko haben als Patienten mit seltenen Schüben und niedriger Krankheitsaktivität. Statistisch gesehen, ist die Lebenserwartung bei einer Erkrankung mit hoher Krankheitsaktivität / häufigen Schüben also etwas geringer. Medizinisch gesehen unterscheidet sich bei regelmäßiger fachärztlicher Vorstellung und Betreuung die Lebenserwartung von Patienten mit höherer und niedrigerer Schubfrequenz kaum.

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Welchen Einfluss hat die Therapie auf die Lebenserwartung?

Die Therapie der Colitis ulcerosa beeinflusst maßgeblich die Krankheitsaktivität. Ohne Behandlung verläuft die Colitis in den meisten Fällen deutlich aggressiver als mit Behandlung. Eine medikamentöse Therapie kann bei einem gewissen Teil der Patienten sogar eine Remission erreichen, hier kommt die Erkrankung also ganz zur Ruhe. Sie kann jedoch jederzeit wieder ausbrechen. Die medikamentöse Therapie hat daher einen entscheidenden Einfluss auf das Komplikationsrisiko der Colitis ulcerosa. Unter einer adäquaten Therapie kommt es deutlich seltener zu Komplikationen wie dem toxischen Megakolon oder Darmblutungen.
Auch das Darmkrebsrisiko hängt ein Stück weit von der Krankheitsaktivität ab. Auch bei einer medikamentös gut behandelten Colitis bleibt jedoch ein gewisses Komplikationsrisiko bestehen sodass bei jedem Patienten mit Colitis, auch bei den medikamentös sehr gut eingestellten, eine regelmäßige Vorstellung beim und Betreuung durch einen Facharzt notwendig ist. Darmkrebsvorsorgeuntersuchungen müssen auch bei medikamentös optimal  eingestellten Patienten ab einer bestimmten Krankheitsdauer regelmäßig durchgeführt werden. Grundsätzlich wirkt sich die medikamentöse Therapie also positiv auf die Lebenserwartung und vor allem die Lebensqualität der Patienten aus.

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Welchen Einfluss hat das Entartungsrisiko auf die Lebenserwartung?

Das Risiko, an Darmkrebs (Kolonkarzinom) zu erkranken, ist bei Patienten mit Colitis ulcerosa gegenüber der Normalbevölkerung erhöht. Dabei steigt das Darmkrebsrisiko exponentiell mit der Krankheitsdauer an. Je länger die Erkrankung andauert, desto höher ist als das Risiko, dass sich Darmkrebs entwickelt. Nach einer Erkrankungsdauer von 10 Jahren liegt das Risiko aktuellen Studien zufolge bei etwa 2%, nach 20 Erkrankungsjahren bei etwa 8% und nach 30 Erkrankungsjahren bei etwa 18%. Dies verdeutlicht die große und wichtige Rolle der Darmkrebsvorsorge (Vorsorge-Koloskopie) bei Patienten mit Colitis ulcerosa. In Deutschland wird die Darmkrebsvorsorge gesunden Patienten ab dem 55. Lebensjahr empfohlen und von den Krankenkassen übernommen.
Bei Patienten mit Colitis ulcerosa müssen die Vorsorgeuntersuchungen deutlich früher begonnen und häufiger durchgeführt werden. Wird eine Entartung im Bereich der Darmschleimhaut durch eine Darmspiegelung frühzeitig erkannt, sind die Behandlungschancen sehr gut und die Lebenserwartung wird dadurch kaum beeinträchtigt. Werden die regelmäßigen Vorsorgekoloskopien nicht in Anspruch genommen, besteht ein überdurchschnittlich hohes Risiko, dass der Darmkrebs erst in einem fortgeschritten Stadium diagnostiziert wird. Dann sind die Behandlungschancen schlechter. Darmkrebs in fortgeschrittenen Stadien kann einen wesentlichen Einfluss auf die Lebenserwartung haben.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 03.05.2018 - Letzte Änderung: 12.01.2023