Amöben

Synonyme

amoibos (gr. wechselnd), Wechseltierchen

Definition

Unter dem Begriff „Amöben“ versteht man tierische Einzeller (sogenannte Protozoen), die keine feste Körperform besitzen. Amöben können ihre Körperstruktur über die Ausbildung von Scheimfüßchen (Pseudopodien) ständig ändern und sich auf diese Weise fortbewegen.

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Einleitung

Amöben werden als einzellige Organismen, die zur Gruppe der Protozoen gehören, zu den sogenannten Urtierchen gezählt. Sie sind ungefähr 0,1 bis 0,8 mm groß. In den meisten Fällen liegen Amöben als nackte Einzeller vor. Es gibt jedoch auch Gattungen, die über eine Art Schale verfügen (sogenannte Thecamoeben). Amöben werden weiterhin anhand verschiedener Kategorien in unterschiedliche Gattungen gegliedert. Während die meisten dieser Amöben-Gattungen für den Menschen vollkommen ungefährlich sind, können Amöben der Gattung Entamöba histolytica schwere Erkrankungen hervorrufen.

Vor allem Magen-Darm-Erkrankungen, die mit starken Durchfällen einhergehen können, werden von dieser Amöben-Gattung hervorgerufen. Darüber hinaus können Amöben im menschlichen Körper symptomlose Zysten oder den sogenannten Amöbenleberabszess bilden.

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Bei Amöben müssen grundsätzlich zwei Lebensformen unterschieden werden. Die sogenannten Trophozoiten siedeln sich vor allem im Magen-Darm-Trakt des Menschen an. Die zweite Lebensform der Amöben, stellt ansteckende Zysten dar, die vom Infizierten mit dem Stuhl ausgeschieden und somit auf andere Lebewesen übertragen werden kann. Die für den Menschen gefährliche Entamöba histolytica ist vor allem in den Tropen und Subtropen weit verbreitet. In diesen Regionen kann davon ausgegangen werden, dass ungefähr 70 Prozent der Bevölkerung Träger des Erregers ist. In Mitteleuropa treten Erkrankungen, die durch Amöben hervorgerufen werden, eher selten auf. Entwickelt sich jedoch nach einem Aufenthalt in den Tropen beziehungsweise Subtropen eine entsprechende Symptomatik, so sollte der behandelnde Arzt auf den Auslandsaufenthalt hingewiesen werden.

Pathogenität - Gesundheitsschädigung von Amöben

Die meisten Amöben- Gattungen sind für den Menschen vollkommen unbedenklich. Nur wenige Amöben werden als fakultativ humanpathogen (den Menschen möglicherweise schädigend) bezeichnet. Zu den, für den menschlichen Organismus gefährlichsten Amöben gehören jene Einzeller, die der Gattung der Entamoeba histolytica zugerechnet werden. Sie sind die Auslöser der sogenannten Amöbenruhr, einer schwerwiegenden Erkrankung, die bei den Betroffenen zu stark wässrigen Durchfällen führt.

Darüber hinaus muss beachtet werden, dass viele Amöben-Gattungen krankmachende Keime, beispielsweise Legionellen, tragen. Durch die Aufnahme infizierter, eigentlich unbedenklicher Amöben in den menschlichen Körper, können somit Legionellen-spezifische Erkrankungen hervorgerufen werden. Zudem können die Amöben-Gattungen Naegleria, Balamuthia und Sappina zu einer schweren Meningoenzephalitis (Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute, siehe auch Meningitis) führen.

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Amöbenruhr

Bei der Amöbenruhr handelt es sich um eine schwerwiegende Durchfallerkrankung, die vorwiegend in den tropischen und subtropischen Regionen auftritt. Auslöser dieser Erkrankung ist ausschließlich die Amöben-Gattung Entamoeba histolytica. Rein statistisch kann davon ausgegangen werden, dass in den kritischen Regionen etwa jeder Zehnte mit den für die Amöbenruhr ursächlichen Amöben infiziert ist. Jährlich können schätzungsweise 100.000 Todesfälle mit dieser Durchfallerkrankung in Zusammenhang gebracht werden. Auf Grund der steigenden Touristenzahlen in diesen Gebieten kommt der Erreger mittlerweile weltweit vor.

In Deutschland wurden in den letzten Jahren bis zu 200 Fälle von Amöbenruhr verzeichnet. Bei der Amöbenruhr müssen grundsätzlich verschiedene Formen, die sich in ihrer Symptomatik und Ausprägung unterscheiden, differenziert werden. Beim symptomlosen intestinalen Befall (sogenannte Darmlumeninfektion) siedeln die ursächlichen Amöben lediglich im Innenraum des Darmrohres. Diese Form der Infektion verursacht in der Regel keinerlei Beschwerden. Bei der invasiv intestinalen Amöbenruhr hingegen ist auch das Darmgewebe von Amöben infiltriert. Betroffene Personen entwickeln im Zuge dessen ausgeprägte Beschwerden. Die sogenannte extraintestinale Amöbenruhr stellt die schwerwiegendste Form der Erkrankung dar. Bei den Betroffenen lassen sich auch außerhalb des Gewebes Amöben finden. Auf diese Weise kann es neben den typischen Durchfällen auch zur Entstehung von Leber- oder Hirnabszessen kommen.

Symptome von Amöben-Trägern

Je nach Art der Amöbenruhr kann es bei den betroffenen Personen zu einer mehr oder weniger starken Symptomausprägung kommen. Während Amöben-Träger mit einer reinen Darmlumen-Infektion in den meisten Fällen keinerlei Symptome entwickeln, leiden andere Patienten typischerweise unter starkem, wässrigem Durchfall. Die symptomlose Darmlumen-Variante tritt bei ungefähr 80 bis 90 Prozent aller Amöben-Infektionen auf. Varianten der Amöbenruhr, die zu starkem Durchfall führen, sind hingegen unter allen Amöben-Infektionen vergleichsweise selten.

Bei einer invasiven intestinalen Amöbenruhr lassen sich auch im Darmgewebe Amöben nachweisen. Aus diesem Grund kommt es bei den betroffenen Patienten zu ausgeprägten Symptomen. Typischerweise tritt bei der Mehrzahl der Betroffenen frühzeitig ein blutig-schleimiger, Himbeergelee-artiger Durchfall auf. Zudem gehören krampfartige Bauchschmerzen und Schmerzen beim Stuhlgang zu den häufigsten Symptomen dieser Variante der Amöbenruhr.

Auf Grund des Amöben-Befalls des Darmgewebes können Nährstoffe nur noch unzureichend aufgenommen werden. Ein Großteil der für die normalen Organabläufe notwendigen Energieträger wird ungenutzt mit dem Durchfall ausgeschieden. Patienten, die an intestinaler Amöbenruhr leiden, verlieren deshalb in der Regel recht zügig an Gewicht. Bei ungefähr 30 bis 40 Prozent der Patienten mit intestinaler Amöbenruhr und starkem Durchfall tritt außerdem hohes Fieber auf.

Von einer extraintestinalen Amöbenruhr spricht man, wenn die ursächlichen Amöben nicht nur das Darmgewebe befallen, sondern auch in anderen Organen nachweisbar sind. In den meisten Fällen treten die ursächlichen Amöben ausgehend vom Darmgewebe in die Leber, das Gehirn und/oder die Milz über. In diesem Zusammenhang stellt die Amöben-Infektion der Leber jedoch die häufigste Variante dar. Personen mit extraintestinaler Amöbenruhr müssen nicht zwingend an Durchfall leiden. Das Auftreten von Durchfall schließt eine extraintestinale Infektion jedoch auch nicht aus. Bei einem Befall des Lebergewebes bildet sich zumeist ein faustgroßer, meist einzelner Abszess (sogenannter Amöbenleberabszess). Es handelt sich dabei um einen mit eitrigem Sekret gefüllten Hohlraum im Lebergewebe.

Das Vorliegen eines solchen Amöbenleberabszesses macht sich in der Regel durch folgende Beschwerden bemerkbar:

Infektion

Während der Amöben-Infektion werden die mit dem Stuhl ausgeschiedenen Amöben-Zysten übertragen. Eine Infektion findet vor allem dann statt, wenn wenig bis gar kein Wert auf Hygiene gelegt wird. Amöben-Zysten können sowohl durch kontaminierte Nahrungsmittel, als auch durch verseuchtes Trinkwasser übertragen werden. Eine direkte Infektion über den Mund kann bei entsprechendem Kontakt ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Unmittelbar nach der eigentlichen Infektion entstehen im menschlichen Körper aus den Amöben-Zysten erneut Trophozoiten. Diese können sich anschließend im Darm und/oder in anderen Organen ansiedeln und zur Amöbenruhr führen. Zudem muss beachtet werden, dass eine Amöben-Infektion nicht bei jedem Menschen zu einer Erkrankung führen muss. Sogenannte „symptomlose Träger“ weisen keinerlei Beschwerden auf, können die ursächlichen Einzeller jedoch weitergeben.

Wie ansteckend sind Amöben?

Die bedeutendste Amöbe, die den Menschen betrifft, Entamoeba histolytica, vermehrt sich im Darm des Menschen und befällt üblicherweise keine Tiere. Bei einer aktiven Infektion scheidet der Wirt viele Millionen ansteckende Zysten mit dem Stuhl aus, die bei oraler Aufnahme eine erneute Infektion auslösen können. Der Erreger ist also auf eine fäkal-orale Übertragung angewiesen und daher vor allem in Gebieten mit schlechter Abwasser-Infrastruktur und Trinkwasserhygiene verbreitet.

Bei Reisen in die Tropen sollten gewisse Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, so sollte man im Zweifelsfall Leitungswasser abkochen und kein ungewaschenes Obst verzehren. Nicht jede Ansteckung führt auch zu einer Ausbreitung der Erreger im Darm. In manchen Fällen überleben die Erreger einige Wochen im Darm, ohne Symptome auszulösen und sterben dann wieder ab. Es kann auch zu einem dauerhaften Befall kommen, der unter Umständen erst nach Monaten oder Jahren zu einer Erkrankung führt. In solchen unklaren Fällen ist es besonders wichtig, den behandelnden Arzt über frühere Reisen in Tropengebiete zu informieren.

Diagnose

Das Mittel der Wahl in der Diagnostik der Amöbenruhr ist die Stuhluntersuchung. Diese muss zum einwandfreien Nachweis von Amöben mindestens drei Mal, an drei aufeinanderfolgenden Tagen durchgeführt werden. Sowohl Amöben-Zysten, als auch Trophozoiten können mit Hilfe eines Mikroskops im Stuhl nachgewiesen werden. Bei dieser Untersuchungsmethode muss jedoch beachtet werden, dass die Trophozoiten sehr kurzlebig sind. Sie können aus diesem Grund nur innerhalb eines Zeitfensters von ungefähr 10 bis 15 Minuten nachgewiesen werden. Darüber hinaus sollte beim Verdacht auf das Vorliegen einer Amöben-Infektion eine Blutuntersuchung durchgeführt werden

. Diese Untersuchungsmethode ist jedoch zum Nachweis der eigentlichen Infektion eher ungeeignet. Lediglich die Auswirkungen des Amöbenbefalls, beispielsweise Dehydratationen durch den starken Durchfall oder Veränderungen der Leberwerte bei Amöbenleberzysten, können auf diese Weise dargestellt werden. Auch mit Hilfe verschiedener bildgebender Verfahren (Ultraschalluntersuchung, Computertomographie, Magnetresonanztomographie) kann ein möglicherweise vorliegender Leberabszess dargestellt werden.

Therapie

Die Behandlung der Amöben-Infektion richtet sich sowohl nach der Form, als auch nach der Ausprägung der Erkrankung. Sogenannte Kontaktamöbizide (beispielsweise Diloxanidfuroat) bleiben nur im Darm. Sie dienen vor allem der Behandlung von asymptomatischen Amöben-Trägern. Darüber hinaus können diese Medikamente zur Nachbehandlung der intestinalen Amöbenruhr angewendet werden. Gewebsamöbizide (beispielsweise Dehydroemetin) hingegen gelangen zusätzlich in den Blutkreislauf und können deshalb zur Therapie der extraintestinalen Amöbenruhr eingesetzt werden. Wegen möglicher schwerer Nebenwirkungen dieser Medikamente, werden sie mittlerweile nur noch bei stark ausgeprägten Erkrankungsfällen eingesetzt.

Alternativ können Kontakt- und Gewebsamöbizide verabreicht werden. Diese Medikamente zur Behandlung der Amöbenruhr bleiben im Darm und können zusätzlich ins Blut übertreten. Aus diesem Grund können sowohl die intestinale, als auch die extraintestinale Form der Amöbenruhr auf diese Weise behandelt werden. Darüber hinaus muss bei einem Patienten, der an Amöbenruhr leidet, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Andernfalls kann es durch die starken, wässrigen Durchfälle schnell zur Dehydratation kommen.

Prävention (Vorbeugung)

Bei einem Aufenthalt in den tropischen oder subtropischen Regionen empfiehlt es sich bestimmte Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Auf diese Weise kann das Risiko einer Amöben-Infektion weitestgehend reduziert werden. Trinkwasser sollte vor dem Verzehr immer abgekocht oder durch Filtration entkeimt werden. Auf den Genuss von Salaten sollte in den betroffenen Regionen vollständig verzichtet werden. Darüber hinaus darf Obst nie ungeschält gegessen werden. Aus diesem Grund sollte nur schälbares Obst verzehrt werden. Im Allgemeinen ist bei der Nahrungsumstellung zu beachten, dass diese stets langsam und vorsichtig erfolgt sollte.

Amöbeninfektion im Auge

Eine Amöbeninfektion kann unter Umständen nicht bloß den Magen-Darm-Trakt, sondern auch das Auge betreffen. Hornhautentzündungen werden in den meisten Fällen durch bakterielle Erreger hervorgerufen. Eine Infektion durch virale Erreger oder Pilze ist zwar weniger häufig, kann dennoch vorkommen. Neuesten Erkenntnissen zufolge können jedoch auch Amöben entzündliche Prozesse im Auge, genauer im Bereich der Hornhaut, hervorrufen.

Gerade eine durch Amöben (sogenannte Akanthamöben) hervorgerufene Entzündung im Auge kann sehr gefährlich werden. Grund dafür ist die Tatsache, dass die ursächlichen Amöben in die Hornhaut eindringen und auf diese Weise auch Entzündungen im gesamten Auge verursachen können. In Folge dessen kann es bei den Betroffenen sogar zur vollständigen Erblindung kommen.

Die Symptome einer Amöben-Infektion im Auge sind gerade zu Beginn recht unspezifisch. Betroffene Personen bemerken in der Regel zuerst eine ausgeprägte Rötung und vermehrten Tränenfluss. Darüber hinaus kann die Sehstärke bereits zu beginn stark eingeschränkt sein. Betroffene Patienten berichten gewöhnlich davon, dass sie nicht mehr scharf, sondern mehr und mehr verschwommen sehen. Erst im Verlauf der Erkrankung kommt es typischerweise zu starken Schmerzen.

Zu diesem Zeitpunkt kann davon ausgegangen werden, dass die Nervenzellen im Auge bereits durch die ursächlichen Parasiten geschädigt wurden. Eben dieses verzögerte Auftreten der Schmerzsymptomatik erlaubt eine Abgrenzung zwischen bakterieller Hornhautentzündung und Amöben-Infektion. Werden die entzündlichen Prozesse durch bakterielle Erreger hervorgerufen, so treten die Schmerzen in der Regel deutlich früher auf. Da es sich bei der, durch Amöben verursachten Entzündung im Auge um ein schwerwiegendes Krankheitsbild handelt, muss schon beim ersten Verdacht eine umfangreiche Diagnostik eingeleitet werden. Nur durch eine zeitnahe Identifizierung der ursächlichen Parasiten und der zügigen Einleitung einer geeigneten Behandlung, kann eine bleibende Beeinträchtigung der Sehleistung vermieden werden.

Was sind "Gehirn fressende" Amöben

Als Gehirn fressende Amöben werden nicht ganz zutreffend amöbenähnliche, einzellige Lebewesen mit dem Namen Naegleria fowleri bezeichnet. Sie sind etwa 30 Mikrometer groß und können sich mittels Pseudopodien (Scheinfüßchen) bewegen. Naegleria fowleri kommt vor allem in Gewässern oder in feuchter Erde vor und ist weltweit verbreitet. Weiterhin kommt er in Seen, Schwimmbädern und Abwässen vor.

Er lebt üblicherweise von Bakterien und abgestorbenem Pflanzenmaterial. Gelangt mit Naegleria fowleri infiziertes Wasser in die Nase, kann der Erreger über den Riechnerven bis in das Gehirn vordringen. Symptomatische Infektionen verlaufen fast immer tödlich. Die Amöben sind zwar nicht in der Lage, das Gehirn zu fressen, verbreiten sich allerdings im Hirnwasser und lösen eine schwere eitrige Hirnhautentzündung (Meningitis) aus.

Zwischen Infektion und ersten Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Kopfschmerzen und Nackensteifigkeit vergehen etwa eine Woche, der Tod tritt meist nach einer weiteren Woche ein. Auch eine frühzeitige Behandlung führt selten zum Überleben. Allerdings führt möglicherweise nicht jede Infektion tatsächlich zu einer Erkrankung. Es bleibt nur, eine mögliche Ansteckung zu verhindern. Geeignete Maßnahmen sind Desinfektion von Schwimmbadwasser und das Meiden von natürlichen, vor allem warmen, stehenden Gewässern. Die Erkrankung ist sehr selten, so sind in den USA in 50 Jahren kaum mehr als 100 Menschen erkrankt, allerdings sind häufig junge Menschen betroffen.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 07.10.2015 - Letzte Änderung: 25.07.2023