Bestrafung in der Erziehung

Definition

Bestrafung in der Kindererziehung ist ein umstrittenes Thema. Bis weit in das 20. Jahrhundert gehörte Bestrafung zu den Eckpfeilern einer Kindererziehung. Bestrafungen können ganz unterschiedlich aussehen, so war im 19. Jahrhundert eine Tracht Prügel gängig. Heutzutage sind Kinder zumindest gesetzlich vor körperlicher Gewalt geschützt.

Im BGB §1631 heißt es, dass Kinder ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung haben. Bestrafungen in der Erziehung gibt es nach wie vor, jedoch sehen diese heutzutage ganz anders aus. Eine Bestrafung können Fernsehverbot oder Spielverbot sein.

Was ist erlaubt?

Eine Strafe ist entweder eine unangenehme Folge beziehungsweise Konsequenz, die auf negatives Verhalten des Kindes folgt oder das Beenden oder Ausbleiben einer für das Kind angenehmen Situation als Konsequenz seines Verhaltens. Erlaubt sind milde Strafen. Wenn ein Kind zum Beispiel nicht wie vereinbart sein Kinderzimmer aufräumt, kann eine Strafe so aussehen, dass es die nächsten Tage die Geschirrspülmaschine ein- und ausräumen muss.

Ein weiteres Beispiel ist, wenn ein älteres Kind nach dem Fußballtraining erneut viel zu spät nachhause kommt. Dann kann die Strafe sein, dass das Kind eine Woche lang nicht zum Fußballtraining gehen darf. Das Kind muss dann auf eine angenehme Situation verzichten und lernt im besten Fall aus dem Fehlverhalten. Erlaubt sind zum Beispiel:

  • Fernsehverbot, Verzicht auf Computer oder Handy

  • Verzicht auf Angenehmes als Konsequenz (Fußballtraining, mit Freunden/Freundinnen spielen)

  • Hausarrest

  • Haushaltsdienst (z.B. 3 Tage lang Geschirrspülmaschine ein- und ausräumen)

Was ist nicht erlaubt?

Kinder haben ein Recht auf eine ausnahmslos gewaltfreie Erziehung. Das bedeutet, dass jegliche Form von körperlichen Bestrafungen und seelischen Verletzungen absolut verboten sind. Ein Klaps auf den Po, eine Ohrfeige und noch drastischere Maßnahmen wie Schläge mit dem Rohrstock oder Gürtel, wie es früher üblich war, sind strengstens verboten. Gewalt gegen Kinder als Bestrafung in der Erziehung ist keinesfalls erlaubt. Jede Form von Bestrafung, die das Kind seelisch verletzt, ist ebenfalls verboten.

Außerdem sollte man Kinder nicht zu oft bestrafen, das schwächt das Selbstwertgefühl der Kinder und verursacht Motivationslosigkeit und Passivität. Bestrafungen sollten nur dann eingesetzt werden, wenn das Kind durch die logischen Konsequenzen aus dem Fehlverhalten lernen kann. Es muss die Folge seines Handelns begreifen können. Das bedeutet, dass Bestrafungen, die das Kind nicht nachvollziehen kann, nicht erlaubt sind, da sie keinen Zweck erfüllen.

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Pro

  • Handelt es sich bei einer Strafe um eine Folge des Handelns des Kindes, liegt für das Kind eine logische Konsequenz vor – das Kind lernt aus seinem Verhalten.

  • Führt das Verhalten des Kindes zu einer Konsequenz, die mit dem Ausbleiben einer angenehmen Situation assoziiert ist (z.B. Fußballtraining), wird das Kind in Zukunft versuchen, diesen Verzicht zu vermeiden. Da es weiter zum Fußballtraining gehen möchte, kommt das Kind in Zukunft pünktlich.

  • Kinder lernen, dass auf ihr Verhalten Konsequenzen erfolgen. Dadurch lernen sie Regeln zu befolgen, was ihnen das Schulleben oder später das Berufsleben unkomplizierter macht.

 

Eine sogenannte Mischform aus einer permissiven und autoritären Erziehung nennt sich "Autoritative Erziehung". Lesen Sie hierzu unseren Artikel Autoritative Erziehung.

Kontra

  • Häufige Strafen führen dazu, dass es dem Kind an Selbstwertgefühl mangelt. Das Kind verliert seine Motivation und verhält sich mit der Zeit zunehmend passiv.

  • Strafen, die nicht im logischen Zusammenhang mit dem Fehlverhalten des Kindes stehen, begreift das Kind nicht. Es ist dann nicht in der Lage, sein Fehlverhalten zu korrigieren.

  • Bestrafungen in der Erziehung können eine Distanz zwischen dem Kind und den Eltern aufbauen. Das Kind kann Angst entwickeln, etwas falsch zu machen oder die Eltern zu enttäuschen.

Wie sieht eine Erziehung ohne Bestrafung aus?

Eine Erziehung ohne Bestrafung kann so aussehen, dass die Eltern die Kinder aus einer Situation nehmen und gemeinsam zur Ruhe kommen. Man beruhigt sich und spricht gemeinsam über das Fehlverhalten des Kindes und versucht dem Kind zu erklären, was es falsch gemacht hat und warum es wichtig ist, dass das Kind diesen Fehler in Zukunft nicht mehr macht.

Daneben gilt es dem Kind die Möglichkeit zu geben aus seinen Fehlern zu lernen. Man kann dem Kind hin und wieder eine zweite Chance geben aus seinem Verhalten zu lernen. Wenn man den Impuls hat, das Kind für sein Fehlverhalten zu bestrafen, kann man kurz innehalten. Hat man das Gefühl, sich übergriff verhalten zu haben, kann man sich auch beim Kind entschuldigen und die Strafe auflösen.

Ein wesentlicher Aspekt einer Erziehung ohne Bestrafung ist das gemeinsame Gespräch über das Thema. Eltern und Kind setzen sich zusammen und besprechen das Handeln des Kindes. Man sucht gemeinsam nach einer Lösung und entscheidet gemeinsam. Manchmal kann es eine gute Möglichkeit sein, nach einem Konflikt gemeinsame Aktivitäten zur Entspannung und Entschleunigung zu machen.

Wenn die Stimmung zuhause kippt, kann eine Kissenschlacht alle auf andere Gedanken bringen. Wichtig bei einer Erziehung ohne Bestrafung ist die Bindung zwischen Eltern und Kind. Eine „freie“ Erziehung setzt eine gute Beziehung voraus. Gemeinsames Spielen, Lesen von Büchern oder Malen stärkt die Bindung zwischen Eltern und Kind enorm und kann es leichter machen in schwierige Situationen auszusitzen.

Ausführlichere Informationen zu einem Erziehungsstil, bei dem vor allem die freie Entwicklung des Kindes im Vordergrund steht, erhalten Sie unter dem Artikel: Antiautoritäre Erziehung.

Psychologische Aspekte der Bestrafung in der Erziehung

Es gibt Formen der Bestrafung, die sich entwicklungspsychologisch negativ auf die Entwicklung des Kindes auswirken können. „Der stille Stuhl“, „die stille Treppe“ oder das Kind mit dem Blick in die Ecke zu stellen sind Bestrafungen, die für das Kind kränkend, abwertend und demütigend sind. Sie sind destruktiv und nicht konstruktiv.

Ähnlich verhält es sich mit häufigen Strafen. Wird ein Kind sehr oft bestraft, ist das für ein Kind alles andere als schön. Es mindert das Selbstwertgefühl enorm und führt dazu, dass sich das Kind passiver verhält und die Motivation an vielen Dingen verliert.

Psychologen empfehlen logische Konsequenzen in der Erziehung. Je nach Autor wird dies als Bestrafung oder bestrafungsfreie Erziehung beschrieben. Logische Konsequenzen sind Folgen auf ein Fehlverhalten des Kindes. Macht ein Kind etwas falsch und versteht, was der Fehler für Auswirkungen hat, lernt das Kind daraus, weil es einen logischen Zusammenhang mit dem Fehlverhalten gibt.

Psychologen raten Eltern, sich genau zu überlegen, was man mit einer Bestrafung bewirken möchte. Eine Bestrafung in der Erziehung ergibt nur dann Sinn, wenn das Kind daraus lernt und sein Fehlverhalten begreift.

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Wie sieht Bestrafung in der Schule aus?

Leider gibt es in der Schule sinnvolle und sinnfreie Bestrafungsformen. Heute noch gibt es Lehrer, die Kinder anbrüllen oder bei unangenehmen Verhaltensweisen vor der ganzen Klasse in die Ecke stellen. Diese Bestrafungsformen sind ein absolutes No-Go.

Angemessene Strafen in der Schule sind Nachsitzen, wenn ein Kind wiederholt seine Hausaufgaben vergisst oder eine Strafarbeit, wenn ein Kind trotz Ankündigung fünfmal sein Mathebuch vergisst. Der Lehrer darf dem Kind zusätzliche Hausaufgaben aufbürgen, Strafarbeiten aufgeben, das Kind nachsitzen lassen oder von Schulveranstaltungen oder Ausflügen ausschließen.

Er darf einen Verweis an die Eltern herausgeben und das Kind in das Klassenbuch eintragen. In harten Fällen darf das Kind vom Unterricht ausgeschlossen oder in eine Parallelklasse versetzt werden. Jedoch darf der Lehrer Kinder nicht willkürlich bestrafen. Eine Bestrafung muss im Zusammenhang mit dem Fehlverhalten des Kindes stehen, angemessen sein und einen Sinn haben.

Einschreiten sollten Eltern, wenn der Lehrer zu weit geht. Ein Lehrer darf Kinder nicht schlagen, anbrüllen und beleidigen oder vor der Klasse vorführen, zum Beispiel wegen seiner schlechten Note.

Ein Lehrer darf nicht so weit in die Privatsphäre des Kindes eingreifen, dass er ein Zettelchen zwischen zwei Kindern laut vorließt oder das Handy eines Kindes länger als eine Schulstunde einbehält und Nachrichten durchließt.

Weitere Informationen zum Erziehungsauftrag in der Schule erhalten Sie unter Erziehungsauftrag.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 16.11.2018 - Letzte Änderung: 22.10.2021