Welche Veränderungen sieht man im EKG bei Vorhofflimmern?

Einleitung

Das Vorhofflimmern ist eine sehr häufige Herzrhythmusstörung, die mit einer unkoordinierten elektrischen Leitungsfunktion in den Herzvorhöfen einhergeht.

Das Flimmern bezeichnet die oftmals nicht funktionalen und deutlich zu schnellen Kontraktionen (=Zusammenziehen) der Vorhöfe. Daher wird das Vorhofflimmern auch als tachykarde (zu schnelle) Herzrhythmusstörung bezeichnet.

In nahezu allen Fällen lässt sich das Vorhofflimmern im EKG darstellen. Besonders die P-Welle, die durch eine zielgerichtete und koordinierte Reizleitung in den Vorhöfen zustande kommt, wird durch das Vorhofflimmern verändert.

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Kann man Vorhofflimmern im EKG sehen?

Vom Vorhofflimmern spricht man, wenn in den Vorhöfen keine gerichtete Reizleitung stattfindet.

Im Normalfall wird die elektrische Erregung im Sinusknoten generiert. Dieser sitzt im rechten Vorhof. Von dort wird die Erregung zum AV-Knoten geleitet. AV-Knoten steht für Atrioventrikulatknoten. Dieser liegt, wie der Name sagt, zwischen den Vorhöfen (Atrien) und den Herzkammern (Ventrikel) und leitet die elektrische Erregung weiter in die Herzkammern.

Beim Vorhofflimmern ist diese Reizleitung im Vorhof gestört. Es kommt zu unkoordinierten und nicht zielgerichteten elektrischen Reizleitungen. Daher ist im EKG keine P-Welle mehr erkennbar. Meistens wird diese durch sogenannte Flimmerwellen ersetzt, die in den unterschiedlichen EKG-Ableitungen verschieden stark ausgeprägt sind. Der AV-Knoten hat während der Reizweiterleitung eine Wächterfunktion für die Herzkammern.

Sollte er unkoordinierte elektrische Reize erhalten (wie es beim Vorhofflimmern der Fall ist), leitet er diese Erregung nicht in die Kammern weiter. Stattdessen kann der AV-Knoten als zweiter Schrittmacher einspringen und einen eigenen Puls nur für die Herzkammern generieren. Normalerweise ist die dadurch entstandene Herzfrequenz etwas langsamer, was sich im EKG durch einen größeren Abstand zwischen den R-Zacken widerspiegelt. Dass das Vorhofflimmern im EKG nicht gezeigt werden kann, ist äußerst selten.

Wie sieht eine absolute Arrythmie im EKG aus?

Eine absolute Arrhythmie (auch „Tachyarrhythmia absoluta“ genannt) bezeichnet ein unkoordiniertes, deutlich zu schnelles Zusammenziehen (Kontraktion) von Herzvorhöfen und Herzkammern. Grund ist eine gestörte Reizleitung in den Vorhöfen zusammen mit einer gestörten Überleitung der elektrischen Erregung in die Kammern. Die unkoordinierte und gestörte Funktion der Vorhöfe zeichnet sich dadurch aus, dass keine gerichtete Reizleitung in den Vorhöfen stattfindet.

Deshalb lässt sich im EKG keine P-Welle finden. Meistens wird diese durch sogenannte Flimmerwellen ersetzt, die zwischen den einzelnen R-Zacken (Kontraktion der Herzkammern) erkennbar sind. Die Herzkammern kontrahieren zwar, allerdings tun sie dies sehr unregelmäßig, weshalb im EKG die R-Zacken in unregelmäßigen Abständen auftreten. Funktioniert die Reizleitung in den Herzkammern zielgerichtet, sind nahezu normale QRS-Komplexe zu erkennen, die allerdings nicht regelmäßig auftauchen. Eine unkoordinierte Reizleitung der Kammern führt zum sogenannten Kammerflimmern und zeichnet sich durch deformierte QRS-Komplexe aus.

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Wie sieht ein intermittierendes Vorhofflimmern aus?

Das intermittierende Vorhofflimmern zeichnet sich dadurch aus, dass es nach seinem Auftreten spontan wieder in einen normalen (den sogenannten Sinusrhythmus) übergeht. Dadurch kommt es im EKG zu Phasen, in denen keine P-Wellen erkennbar sind (Phase des Vorhofflimmerns), zudem wird dies meist von einer erhöhten Pulsfrequenz begleitet.

Anschließend „springt“ der Herzrhythmus wieder in seine gewohnte Form, die sich im EKG durch eine P-Welle, einen QRS-Komplet und eine T-Welle ausdrückt. Meist liegt auch die Herzfrequenz wieder im Normbereich. Nach einiger Zeit kann wieder Vorhofflimmern auftreten.

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Wie sieht ein paroxysmales Vorhofflimmern aus?

Der Begriff „paroxysmal“ stammt aus dem Griechischen und lässt sich am besten mit dem Begriff „anfallsartig“ übersetzen. Im medizinischen Sprachgebrauch wird er synonym mit dem Begriff „intermittierend“ verwandt. Daher zeichnet sich das paroxysmale (=intermittierende) Vorhofflimmern durch einen spontanen Wechsel zwischen Phasen des normalen (Sinusrhythmus) und Phasen des Vorhofflimmerns aus.

Während des paroxysmalen Vorhofflimmerns ist meist keine P-Welle im EKG erkennbar. Der Sinusrhythmus liegt in der Regel normofrequent mit P-Welle, QRS-Komplex und T-Welle vor.

Wie sieht ein WPW im EKG aus?

Das WPW (Wolff-Parkinson-White-Syndrom) ist eine Erkrankung aus dem Spektrum der Herzrhythmusstörungen. Über zusätzliche Leitungsbahnen zwischen den Vorhöfen und den Herzkammern wird die elektrische Erregung meist schneller auf die Kammern übertragen.

Dies führt zu einem tachykarden (schneller Herzschlag) Bild im EKG. Zudem ist die Delta-Welle, die sich im Bereich des QRS-Komplexes (der das Zusammenziehen der Herzkammern repräsentiert) im EKG zu erkennen. Der QRS-Komplex stellt sich dadurch verbreitert da.

Aufgrund von pathologischen (=krankhaften) Rückleitungen der Erregung in die Vorhöfe kann es zum Vorhofflimmern mit den entsprechenden Zeichen im EKG kommen.

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P-Welle

Die P-Welle im EKG repräsentiert die Erregungsleitung in den Vorhöfen.

Der körpereigene Schrittmacher des Herzens, der Sinusknoten, liegt im rechten Vorhof. Von dort aus wird der elektrische Reiz über die Vorhöfe in Richtung der Kammern geleitet. Dieser Vorgang wird im Normalfall durch die P-Welle abgebildet.

Beim Vorhofflimmern findet die Reizweiterleitung in den Vorhöfen nicht mehr koordiniert statt. Dadurch wird die Form der P-Welle verändert. In den meisten Fällen kommt es zu einer vollkommen ungerichteten und chaotischen Reizleitung in den Vorhöfen. Dies hat zur Folge, dass an der eigentlichen Stelle der P-Wellen nur noch sogenannte Flimmerwellen oder keine Wellen mehr erkennbar sind.

Wann brauche ich ein Langzeit-EKG?

Das Langzeit-EKG bezeichnet die Aufnahme der elektrischen Ströme des Herzens über einen Zeitraum von 24 Stunden. Allgemein wird es eingesetzt, um mögliche Herzrhythmusstörungen zu detektieren.

Bei persistierendem (anhaltendem) Vorhofflimmern ist ein Langzeit-EKG normalerweise nicht indiziert, da eine solche Herzrhythmusstörung im Krankenhaus überwacht werden muss. Im Gegensatz dazu, ist das paroxysmale oder intermittierende Vorhofflimmern eine Indikation für ein Langzeit-EKG. Bei dieser Form des Vorhofflimmerns treten kurze unkoordinierte Episoden im Reizleitungssystem der Vorhöfe auf. Diese verschwinden allerdings nach kurzer Zeit wieder.

Mittels eines Langzeit-EKGs lassen sich sowohl die Länge als auch die Häufigkeit dieser Episoden und somit die Schwere der Erkrankung abschätzen.

Profitiere ich von einem Tele-EKG/mobile Apps?

Das Tele-EKG bezeichnet den Einsatz eines mobilen EKG-Rekorders. Er ist besonders dafür geeignet, Herzrhythmusstörungen frühzeitig zu erkennen. Allen voran profitieren Personen, die an Vorhofflimmern leiden, davon.

Ein Vorhofflimmern drückt sich nicht immer durch schwerwiegende kardiologische Beschwerden aus und wird daher oftmals nicht sofort diagnostiziert. Gerade zu Beginn der Erkrankung tritt das Vorhofflimmern meist nur anfallsartig (intermittierend) auf und verschwindet nach kurzer Zeit wieder.

Daher kann es in der normalen Diagnostik, bei der ein einfaches EKG verwendet wird, oftmals nicht erkannt werden. Dies liegt vor allem daran, dass das Vorhofflimmern selten genau in den fünf Minuten auftritt, in denen das EKG geschrieben wird. Auch mit einem Langzeit-EKG kann das Vorhofflimmern nicht immer diagnostiziert werden. Gerade wenn es noch sehr selten auftritt, muss es nicht zwangsläufig in den 24 Stunden der Langzeitmessung vorkommen. Dennoch kann auch ein so selten auftretendes Vorhofflimmern bereits eindeutig gesundheitsschädliche Folgen haben. Wer die Diagnose des Vorhofflimmerns bereits erhalten hat, kann von mobilen Apps profitieren. Moderne Eventrecorder oder Schrittmacher können mit dem Smartphone per App kommunizieren und so bei Problemen einen sofortigen Alarm auslösen. Auch eine direkte Benachrichtigung des zuständigen Arztes ist möglich.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 03.10.2017 - Letzte Änderung: 19.07.2023