Grippevirus

Definition - Was ist der Grippevirus?

Das eine Grippevirus gibt es eigentlich gar nicht. Viel mehr handelt es sich bei den Auslösern der Grippe um eine ganze Gruppe an Viren, die sogenannten Influenzaviren Typ A, B und C.
Die einzelnen Stämme dieser Virenfamilie unterscheiden sich dabei hinsichtlich ihrer Proteinausstattung und verändern diese auch noch ständig.
Die Kategorisierung der Stämme erfolgt dabei anhand ihrer Ausstattung mit den zwei Proteinen Hämaglutinin (H) und Neuraminidase (N), was im Übrigen auch erklärt, warum etwa das Vogelgrippe-Virus auch als H5N1 bezeichnet wurde.

Aus diesem Grund kann man sich immer wieder mit der Grippe anstecken und deshalb ist auch jedes Jahr aufs Neue eine neue Impfung nötig, da die Viren unterschiedlich ausgestatte vorkommen. Zu beachten ist, dass hier die Rede von der echten Grippe, der Influenza, ist.
Grippale Infekte (Erkältungen) werden zwar umgangssprachlich häufig auch als Grippe bezeichnet, werden aber von ganz anderen Erregern verursacht und verlaufen in der Regel deutlich harmloser.

Aufbau des Grippevirus

Die Gene des Grippevirus liegen auf acht einzelnen RNA-Strängen, die quasi das Herz des Virus bilden.
Sie beinhalten alle nötigen Informationen für die Vervielfältigung des Virus sowie für die Produktion von bis zu elf Proteinen, die für die Funktionsfähigkeit des Virus benötigt werden.

Gemeinsam mit bestimmten Enzym-Komplexen, die für die Umsetzung der Gene in funktionsfähige Proteine zuständig sind, werden sie von einer dünnen Lipidhülle umgeben, die auch als Virusmembran bezeichnet wird. Man kann sich das Virus bis zu diesem Punkt also gewissermaßen als Seifenblase vorstellen. Die Virusmembran ist durchflochten von zwei Arten von Proteinen, dem Hämagglutinin (HA) und der Neuraminidase (NA), die wie Stacheln aus der „Seifenblase“ herausragen.

HA ermöglicht es dem Virus, sich an menschliche Zellen anzuheften und in diese einzudringen, um sich als „Schmarotzer“ an deren Stoffwechselmechanismen zu bedienen – darauf sind Viren im Gegensatz zu Bakterien nämlich zwingend angewiesen, da sie keinen eigenen Stoffwechsel haben. NA hat hingegen die Funktion, den in der menschlichen Zelle neu gebildeten Viren das Verlassen der Wirtszelle zu ermöglichen.

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Impfung

Für Personen ab 60 Jahren, Beschäftigte in Gesundheitsberufen und Menschen mit chronischen Erkrankungen empfiehlt das Robert-Koch-Institut eine jährliche Grippeimpfung.
Dass die Impfung jährlich erfolgen muss, liegt daran, dass viele verschiedene Stämme des Virus existieren und diese auch noch ständig ihre Geninformationen umschreiben, um den Abwehrmechanismen des Körpers zu entgehen (s.u.).

Aus diesem Grund wird jedes Jahr aufs Neue ein Impfstoff hergestellt, der einen Schutz gegen die in diesem Jahr am weitesten verbreiteten Stämme liefert. Die Impfung erfolgt als Einmal-Impfung im Herbst, bei Kindern bis zum 12. Lebensjahr kann die Impfdosis auf zwei Impfungen im Abstand von etwa vier Wochen aufgeteilt werden, um die Ansprechrate zu verbessern. Nach der Impfung benötigt das Abwehrsystem etwa zwei Wochen, um den Impfschutz aufzubauen.

Dies gelingt bei etwa 80-90% der Geimpften. In diesem Kontext sei zu betonen: Eine Erkältung (grippaler Infekt) ist keine Grippe und wird von anderen Erregern verursacht! Demzufolge kann die Grippe-Impfung auch nicht vor Erkältungen schützen.

Weshalb bekommt man die Grippe immer wieder?

Hat man eine Viruserkrankung durchstanden, ist man in vielen Fällen danach immun gegen das betreffende Virus, kann also nicht erneut an der gleichen Infektion erkranken. Für das Grippevirus gilt das prinzipiell zwar auch, allerdings ist man nach durchstandener Grippe eben nur gegen den einen Virusstamm immun, der für die Erkrankung verantwortlich war.
Leider existieren aber, wie oben beschrieben, zahlreiche verschiedene Stämme des Grippevirus, sodass man auch immer wieder die Grippe bekommen kann. Darüber hinaus verändern die einzelnen Stämme auch noch stetig ihren Gencode durch Gendrift und Genshift (s.u.), sodass sie für das Immunsystem noch schwerer berechenbar werden.
Eine Grippe-Impfung bietet jedoch den Vorteil, dass in ihr die im jeweiligen Herbst am weitesten verbreiteten Stämme enthalten sind, sodass der Geimpfte zumindest für diese Wintersaison einen breiten Schutz erhält und sein Risiko, an einer Grippe zu erkranken, erheblich reduziert werden kann.

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Warum ist die Grippewelle mal schlimmer und mal weniger schlimm ?

Dass Grippewellen von Jahr zu Jahr ganz unterschiedlich schlimm ausfallen, liegt in dem ständigen Wechselspiel zwischen genetischen Veränderungen der Viren und der Anpassung des menschlichen Immunsystems an ebendiese begründet. Ein Beispiel: In einem Winter gibt es eine besonders schwere Grippewelle und es steckt sich im Verlauf des Winters ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung an.
Alle Infizierten sind jetzt gegen den verantwortlichen Virus-Stamm immun. Durchläuft der Stamm in den nächsten Monaten keine gravierenden genetischen Veränderungen, wird er im darauffolgenden Winter keine besonders schlimme Grippewelle mehr auslösen können, da die Mehrzahl der Menschen noch immer immun gegen ihn ist.
Das gegenteilige Beispiel: Der Winter verläuft glimpflich und die alljährliche Grippewelle fällt nur sehr schwach aus, doch in den Folgemonaten bis zum nächsten Winter verändert sich der verantwortliche Virus-Stamm durch Gendrift und Genshift erheblich. Jetzt sind alle, auch diejenigen, die sich im vergangenen Winter schon mit dem Stamm angesteckt hatten, der Grippe wieder ausgeliefert und die Grippewelle schlägt umso stärker zu.

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Grippe-Virus-Typen

Innerhalb der Gruppe der Grippeviren existieren drei Typen, die als Verursacher einer „echten“ Grippe in Betracht kommen: A, B und C.
Während Typ C nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt, tritt Typ B vor allem bei Kindern und Jugendlichen in Erscheinung, ruft in der Regel aber nur relativ leichte Grippeerkrankungen hervor.
Typ A hingegen ist gewissermaßen der Prototyp des Grippevirus: Er ist für einen Großteil der echten Grippeerkrankungen verantwortlich und kann dabei mitunter besonders komplizierte Krankheitsverläufe provozieren. Die Erreger der Spanischen Grippe, die vor etwa 100 Jahren im Rahmen einer Pandemie weltweit Millionen Todesopfer forderte, gehören beispielsweise ebenso zum Typ A wie das Vogelgrippe-Virus H5N1 und das Schweinegrippe-Virus H1N1.
Hier wird ein zentrales Unterscheidungsmerkmal der Virus-Typen deutlich: Nur Viren des Typs A können auch andere Säugetiere befallen, während für die Typen B und C der Mensch den einzigen Wirt darstellt.

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Gendrift

Die RNA von Grippeviren besteht aus 8 Segmenten eines langen Stranges, der wiederum vier verschiedenen Basen enthält, die sich in einem festgelegten Muster abwechseln – das gleiche Bauprinzip wie bei der menschlichen DNA. Wenn die Viren sich vermehren, muss auch ihr in der RNA gespeichertes Erbgut vervielfältigt werden.
Bei den Kopier- und Zusammenbauvorgängen für die neue RNA treten gelegentlich Fehler auf, meist in Form von Punktmutationen. Dieser Begriff beschreibt den Einbau einer einzelnen falschen Base in die Basensequenz des neu zusammengefügten RNA-Strangs. Viren verfügen jedoch, im Gegensatz etwa zu menschlichen Zellen, nicht über entsprechende Reparaturmechanismen, um die Fehler zu bereinigen. Dass dies kein Nach-, sondern vielmehr ein Vorteil für die Viren ist, lässt sich folgendermaßen erklären: Die geänderte RNA-Sequenz schlägt sich in einer Veränderung der auf der Oberfläche der Viren vorhandenen Proteine nieder, auf die sich die menschlichen Immunzellen erst einmal neu einstellen müssen. Dies nimmt jedoch eine Weile in Anspruch.
Auf diese Weise trägt Gendrift zu der Fähigkeit des Grippevirus bei, immer wieder dem menschlichen Abwehrsystem einen Schritt voraus zu sein und verhindert so die Entstehung einer Immunität gegen die Grippe.

Genshift

Befallen zwei Grippeviren unterschiedlicher Stämme eine menschliche Zelle, kann es bei der Vermehrung der Viren zum Austausch eines oder mehrerer RNA-Segmente kommen.

Durch diese genetische Rekombination kann sich auch die Struktur von Antigenen der Viren ändern, also von Proteinen auf der Oberfläche der Viren, die als Erkennungsmerkmale für menschliche Abwehrzellen dienen. Für einen gewissen Zeitraum sind die Viren durch diese Modifikation ihrer Oberflächenproteine gewissermaßen „undercover“ unterwegs und können vom Immunsystem nicht erkannt und damit auch nicht ausgeschaltet werden.

Eine besonders eindrucksvolle Form des Genshifts besteht in der Entwicklung völlig neuer Subtypen des Influenza-Virus. So entstehen weltweite Grippe-Pandemien meist durch den Genshift-getriebenen Austausch von Genen zwischen menschlichen und aviären (von Vögeln stammenden) Influenza-Viren.

Der typische Übertragungsweg des Grippevirus

Die Ansteckung mit dem Grippevirus ist ein klassisches Beispiel für eine Tröpfcheninfektion. Dieser Begriff beschreibt einen Übertragungsweg über virushaltige Tröpfchen, die etwa beim Nießen oder Husten in die Luft oder an die Hände gelangen. Wenn sie dann zügig durch Einatmen oder Kontakt der Hände mit dem Mund, der Nase oder den Augen auf die Schleimhäute anderer Personen gelangen, können sie sich bei diesen einnisten und schon ist der Übertragungsweg komplett.
Aus diesen Überlegungen werden einige der Grundregeln im Rahmen einer Grippewelle oder im Falle einer eigenen Grippeerkrankung ersichtlich:
Auf Händeschütteln sollte naheliegenderweise ebenso verzichtet werden wie auf anderen direkten körperlichen Kontakt zu Erkrankten.
Besonders schlimme „Virenschleudern“ wie Türklinken oder Haltestangen in öffentlichen Verkehrsmitteln sollte man meiden. Zudem ist regelmäßiges gründliches Händewaschen von zentraler Bedeutung. Muss man nießen oder husten, so sollte man das nicht in die Hand, sondern in den Ärmel oder ein Taschentuch tun. Auch regelmäßiges Lüften senkt das Ansteckungsrisiko.

Wie lange ist der Grippevirus ansteckend?

Das tückische am Grippevirus ist, dass Infizierte mitunter schon bis zu 24 Stunden vor dem Auftreten erster Symptome ansteckend sein können. Die Betroffenen wissen also noch gar nicht, dass sie den Virus in sich tragen und treffen dementsprechend auch keine Maßnahmen, die Verbreitung des Virus einzudämmen. Erst, wenn die körperlichen Beschwerden einsetzen, beginnen Sie etwa damit, engen Körperkontakt zu vermeiden (oder gar ganz zuhause zu bleiben) oder sich häufiger als sonst die Hände zu waschen.
Über die ganze Dauer der Erkrankung ist anschließend eine Ansteckungsgefahr gegeben.
Diese kann zu 100% erst nach dem vollständigen Abklingen der Symptome ausgeschlossen werden, mit einer Einschränkung: Bei Kindern und Immungeschwächten sind auch nach dem Verschwinden der Symptome unter Umständen noch ausreichend Viren für eine Ansteckung vorhanden. Diesem Umstand sollte daher insofern Rechnung getragen werden, dass bei den betreffenden Personengruppen noch für mindestens 24 Stunden nach dem Ende der Symptome die üblichen Vorsichtsmaßnahmen fortgeführt werden sollten.

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Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 03.08.2018 - Letzte Änderung: 25.07.2023